Der Vereinigungsparteitag beschließt die Verschmelzung beider Parteien
Tags darauf, am 7. April 1946, fand der Vereinigungsparteitag von SPD und KPD in der Mark Brandenburg statt. Trotz manifestierter Einheit herrschte auf dem Parteitag gedämpfte Stimmung unter den SPD-Delegierten. Hartnäckig versuchten sie, in der unvermeidlich gewordenen neuen Einheitspartei den eigenen Einfluss und die sozialdemokratische Identität zu bewahren. Das wurde besonders in den Diskussionen über das Parteistatut deutlich. Im sozialdemokratischen Grundverständnis von innerparteilicher Demokratie wurden die Ortsgruppen als Basis der Organisationsstruktur der Partei betrachtet. In den Ortsgruppen sahen viele SPD-Mitglieder die institutionelle Garantie für einen sozialdemokratischen Einfluss in der zukünftigen Einheitspartei. Damit stießen sie auf den Widerspruch der KPD, die die Betriebsgruppen als Grundelement in der Organisationsstruktur der sozialistischen Einheitspartei betrachteten.
Auf dem Höhepunkt des Vereinigungsparteitages votierten die Delegierten einstimmig für den Zusammenschluss von KPD und SPD und wählten Friedrich Ebert und Willy Sägebrecht zu gleichberechtigten Vorsitzenden der brandenburgischen SED. Der Vereinigungsparteitag setzte einen Schlussstrich unter die Einheitskampagne in der Mark Brandenburg.
Transformation der Einheitspartei zur stalinistischen Kaderpartei
Das Ziel der Einheitskampagne war, wie in allen Ländern und Provinzen der sowjetischen Besatzungszone, nicht die von der KPD propagierte Wiederherstellung der Einheit der Arbeiterklasse, sondern die Ausschaltung der Sozialdemokratischen Partei als politischen Konkurrenten im Vorfeld der für die im Herbst 1946 anberaumten Gemeinde-, Kreis- und Landtagswahlen in der SBZ und die Sicherung der Vormachtstellung der Kommunist:innen in der neuen Einheitspartei.
Nach dem Zusammenschluss begannen sie, auch mit Unterstützung von sozialdemokratischen Funktionär:innen, die SED zu einer stalinistischen Kaderpartei zu transformieren, in der für sozialdemokratische Traditionslinien kein Platz mehr war und hunderttausende Sozialdemokrat:innen keine politische Heimat fanden. Viele von ihnen wurden zur Anpassung gezwungen, aus der Partei ausgeschlossen, sofern sie nicht selbst die Mitgliedschaft beendeten, zur Flucht in den Westen getrieben oder schlichtweg kriminalisiert.
René Schroeder
Der erste Teil zur Entwicklung der SPD Brandenburg in den Jahren 1945/1946 ist hier nachzulesen.
Quellen und Literatur:
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Dahrendorf, Ralf (Hg.): Gustav Dahrendorf – Der Mensch, das Mass aller Dinge – Reden und Schriften zur deutschen Politik 1945–1954, Hamburg 1955.
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Hoffmann, Dierk: Otto Grotewohl (1894-1964) – Eine politische Biographie, München 2009.
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Hurwitz, Harold: Zwangsvereinigung und Widerstand der Sozialdemokraten in der sowjetischen Besatzungszone und Berlin – Sonderdruck für den Verein für Politische Bildung und Soziale Demokratie e.V. (DDR), Bonn 1990.
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Rosner, Fanny/Schiel, Ilse/Voßke, Heinz (Hg.): Vereint sind wir alles – Erinnerungen an die Gründung der SED, 2. Auflage, (Ost-) Berlin 1971.
Schroeder, René: Friedrich Ebert (1894-1979) – Ein Leben im Schatten des Vaters, Berlin 2021.