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Name: Themen und Perspektiven

Warum kann Integration nur in den Kommunen gelingen?

Deutschland ist seit Jahrzehnten Einwanderungsland. Im Jahr 2018 betrug der Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund (Zugewanderte aus dem Ausland und ihre Nachkommen) im Bundesgebiet gut 25 Prozent. Auch in Bayern hat fast ein Viertel der 13 Millionen Einwohner_innen ausländische Wurzeln, also rund drei Millionen Personen.

Zahllose Menschen haben seit dem Zweiten Weltkrieg im Freistaat Bayern aus den unterschiedlichsten Gründen ein neues Zuhause gefunden: Heimatvertriebene, „Gastarbeiter“, ab 1990 Bürger_innen aus der ehemaligen DDR, Spätaussiedler_innen und Geflüchtete. In Folge dieser Einwanderungsbewegungen haben sich die Anforderungen an ein Miteinander in Vielfalt über die Jahrzehnte hinweg immer wieder verändert.

Neue Heimat Bayern

Ziehen Menschen nach Bayern lassen sie sich in einer der 2.056 Gemeinden, Märkte und Städte nieder. Tatsächlich ist Bayern nach Nordrhein-Westfalen das Bundesland mit der stärksten Zuwanderung. Im Jahr 2018 zogen 284.037 Menschen nach Bayern, davon knapp 91 Prozent mit ausländischer Staatsangehörigkeit. Im gleichen Zeitraum verließen über 200.000 Personen den Freistaat, auch hiervon waren gut 83 Prozent ausländische Staatsbürger_innen.

Für die Integration spielen die Kommunen eine ganz wesentliche Rolle. Auch wenn die gesetzlichen Weichen für das Leben Zugewanderter primär auf Bundesebene gestellt werden, sind es die Kommunen, die die wichtigsten Leistungen im Auftrag des Staates zur Verfügung stellen.

Hier kommen die Menschen erstmals in Kontakt mit Behörden und Bürokratie; hier stellen sie ihre Anträge auf Asyl, auf eine Aufenthalts- und/oder Arbeitserlaubnis. Die Kommunen sorgen dafür, dass sie ein Dach über dem Kopf haben und Sozialleistungen erhalten, wenn sie Anspruch darauf haben. Sie bieten Sprach- und Integrationskurse an und kümmern sich darum, dass ihre Kinder einen Platz im Kindergarten oder in der Schule erhalten.

Das Ziel einer gelungenen Integration muss sein, alle Menschen, die dauerhaft in Deutschland leben, in die Gesellschaft miteinzubeziehen. So sollen sich Zugewanderte ebenso wie Alteingesessene in das kulturelle, sportliche, religiöse und soziale Leben ihrer Gemeinde einbringen können. Auf Basis eines respektvollen Miteinanders und der allgemeinen Anerkennung, dass andere Sicht- und Lebensweisen gleichberechtigt nebeneinander existieren, ist ein friedliches Miteinander in Vielfalt möglich und für alle erstrebenswert.

Kommunen als Ort der Integration

Wie gut der Einstieg in eine neue Gesellschaft und mitunter fremde Kultur gelingt, hängt von zahlreichen Faktoren ab: Existieren Sprachbarrieren und können diese durch Sprachmittler behoben werden? Werden ausreichend Sprach- und Integrationskurse angeboten und werden die Kommunen bei ihrer Arbeit durch staatliche Stellen und bürgerschaftliches Engagement unterstützt?

Die oft in Netzwerken arbeitenden Gruppen und Einzelpersonen helfen Neuankömmlingen bei der ersten Orientierung im neuen Land. Beispiele für diese Unterstützung können Sprach-Cafés, Frauentreffs  und gemeinsame Kochkurse sein, Hausaufgaben-Hilfe für Kinder, die erst die deutsche Sprache lernen müssen oder die Unterstützung bei alltäglichen Problemen wie der Gang zum Arzt oder zu Behörden.

Gerade für Menschen mit Fluchthintergrund ist ein guter Kontakt zu ehrenamtlichen Helfer_innen und Initiativen vor Ort häufig entscheidend, um anfängliche Unsicherheiten und Ängste (auf beiden Seiten) abzubauen. Gleichzeitig ist ein gutes Verhältnis zwischen Ehrenamtlichen und lokalen Behörden ausschlaggebend dafür, dass die Integration für alle Beteiligten erfolgreich gelingt.

Dafür ist allerdings auch entscheidend, dass Kommunalpolitik und Verwaltung mit den Vertreter_innen der lokalen Zivilgesellschaft Ziele und die zur Realisierung notwendigen Schritte und Maßnahmen abstimmen. Dazu notwendig sind nicht nur der politischen Wille, sondern auch ausreichende finanzielle Mittel.

Wie können Kommunen Integrationsprozesse unterstützen?

Wie in allen kommunalpolitischen Bereichen können Kommunen auch für Integrationsmaßnahmen über ihre Pflichtaufgaben hinaus freiwillige Leistungen erbringen und anbieten. Darunter fallen alle  Maßnahmen, die über die grundlegende Versorgung etwa mit Wohnraum hinausgehen und von den Kommunen in Eigenregie übernommen werden können – aber nicht müssen.

Als mögliche Beispiele sind interkulturelle Aus- und Weiterbildungsprogramme für das haupt- und ehrenamtliche Personal in Behörden, Wohn- und  Betreuungsstätten zu nennen. Ebenso der gezielte Einsatz von Integrationslotsen (ehrenamtliche Helfer_innen, die aufgrund ihres eigenen Migrationshintergrundes vermittelnd tätig werden) oder Eltern- und Schülermentor_innen, die die Familien in einem ihnen fremden Bildungssystem unterstützen und ihnen dabei helfen, Hindernisse und Benachteiligungen abzubauen.

Auch der Abbau von Hürden zur Arbeitsaufnahme kann ein besonders effektives Mittel für schnellen Eingliederung sein. Fachspezifische Intensivsprachkurse, die Vermittlung von Praktika oder eine gezielte Vernetzung zwischen lokalen Akteur_innen der Wirtschaft, in den Arbeitsagenturen und den Geflüchteten selbst können langfristig positive Impulse setzen.

Leider ist die Leistungsfähigkeit der Kommunen in diesen Bereichen oftmals unterschiedlich gut entwickelt. Das hat sich besonders in den Jahren 2015 und 2016 gezeigt, als innerhalb kürzester Zeit sehr viele Menschen aufgenommen und versorgt werden mussten. In vielen Gemeinden hat es deshalb Spannungen gegeben, nicht nur zwischen lokalen Behörden und denen auf Bundesebene, sondern auch zwischen Vertreter_innen der Kommunen und ihren Bürger_innen.

Wie kann Integration gelingen?

Die Jahre nach 2015 haben die Kommunen in Bayern nicht nur vor große Herausforderungen gestellt, sondern auch gezeigt, was möglich ist, wenn viele Mitglieder der Gesellschaft zusammenhalten und mitanpacken. Damals wurde deutlich, welch zentrale Rolle ehrenamtliches Bürgerengagement bei der Integration von Menschen spielt. Es zeigte sich aber auch, dass die gesellschaftliche und soziale Integration von Migrant_innen und Geflüchteten nur gelingen kann, wenn sich alle Beteiligten gleichermaßen anstrengen.

Die beschriebenen Wege und Mittel sollen verdeutlichen, dass die aufnehmende Gesellschaft mit allen Akteur_innen in der Kommune viel dazu beitragen kann, indem sie die Neuankömmlinge mit den richtigen Angeboten zum Mitmachen einlädt. Das setzt aber auch voraus, dass diese – egal aus welchen Gründen sie nach Deutschland gekommen sind – die Bereitschaft zeigen, die neue Sprache zu lernen sowie kulturelle und rechtliche Normen in Deutschland zu respektieren. Ein Scheitern von Integration wäre für alle Seiten fatal.

Weitere Informationen erhalten Sie hier:

https://www.fes.de/kommunalakademie/grundwissen-kommunalpolitik

Bei Fragen und Rückmeldungen wenden Sie sich gerne an die KommunalAkademie Bayern:

https://www.fes.de/regionalbuero-regensburg

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