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Name: Themen und Perspektiven

Bezahlbarer Wohnraum in Bayern - aber wie?

In vielen Regionen und Städten Bayerns ist bezahlbarer Wohnraum Mangelware. Selbst „normal“ verdienende Menschen zahlen für Mieten aktuell nicht selten 40 % ihres Nettoeinkommens und mancher Orts noch mehr.

Was ist los am Wohnungsmarkt?

Die Wohnungsmärkte in Bayern stehen zeitgleich von zwei Seiten unter Druck: In den von Abwanderung betroffenen Teilen des Freistaats stehen immer mehr Wohnungen leer. In Großstädten und den umliegenden Gemeinden hingegen, Universitäts- und Hochschulstandorten wie auch in attraktiven mittleren und kleinen Städten fehlen bezahlbare Mietwohnungen.

In der Wohnungspolitik sind immer Initiativen der Kommunen gefragt: In ländlichen Regionen sollten sie die Wohnbedürfnisse älterer Menschen aufgreifen, ihre Ortskerne erhalten oder wiederbeleben. Wo die Nachfrage das Angebot übertrifft, können die Städte viele Weichen stellen, um Wohnen wieder erschwinglich zu machen.

Welche Ursachen hat die aktuelle Wohnungsfrage?

Große Städte in Bayern ziehen besonders junge Menschen und Familien an und wachsen weiter. Die Zahl der Haushalte steigt und damit auch die Nachfrage nach Wohnungen, ebenso der Bedarf an Wohnfläche pro Kopf. Bereits 42 % der Haushalte im Freistaat sind Ein-Personen-Haushalte. In Bayern leben über 13 Millionen Menschen, ein Plus von 5,4 % gegenüber 2011. Im gleichen Zeitraum stieg die Zahl der Haushalte aber um satte 13,6 %.

Die Zahl neu errichteter Wohnungen bleibt seit langem weit hinter dem Bedarf zurück. Daher steigen die Mieten; ein Ende ist nicht in Sicht. Dazu ist der deutsche Wohnungsmarkt ein viel zu rentables Investment für Aktiengesellschaften und Fonds aus dem In- und Ausland.

Was bedeutet bezahlbar?

„Bezahlbar“ ist eine Miete inklusive Nebenkosten, die auf Dauer maximal ein Drittel des Nettoeinkommens eines Haushaltes beansprucht. Getrieben durch explodierende Grundstückspreise und niedrige Zinsen werden aber vor allem hochpreisige Wohnungen gebaut. Dafür werden Mieten verlangt, die  Durchschnittsverdiener längst nicht mehr bezahlen können. Im Extremfall droht die Obdachlosigkeit. Zum 30. Juni 2017 waren in Bayern über 15.500 wohnungslose Personen registriert.

Pro Jahr fallen nach wie vor Zigtausende von Mietwohnungen aus der Sozialbindung und werden nun den "Gesetzen des Marktes" unterworfen. Gab es in Bayern 1988 noch knapp 500.000 öffentlich geförderte preiswerte Wohnungen, waren es Ende 2018 nur noch 137.000. Die Zahl neu gebauter Sozialwohnungen in Bayern (2018: ca. 6000) gleicht nicht annähernd aus, was an mietpreisgebundenem Wohnraum verloren geht.

Was können die Kommunen unternehmen?

Weit mehr Städte und Gemeinden als noch vor vier, fünf Jahren ergreifen Initiativen für den Bau bezahlbaren Wohnraums. Sie können in Bebauungsplänen eine verbindliche Quote für die Errichtung preiswerter öffentlich geförderter Wohnungen verankern, oft 30 % oder 40 %. Mehrere Kommunen verfolgen aktiv Wohnbauflächenmanagement und bringen Eigentümer größerer Grundstücke und Bauträger an einen Tisch.

Bei einer „Konzeptvergabe“ erhält nicht mehr der Höchstbietende den Zuschlag bei einem kommunalen Grundstücksverkauf, sondern die Bauträger, die das beste Bebauungs- und Nutzungskonzept vorlegen. So kommen auch gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften und Genossenschaften zum Zug, die preiswerten Geschoßwohnungsbau verwirklichen wollen.

Viele Kommunen verkaufen ihre Grundstücke nicht mehr, sondern vergeben sie nur noch in Erbpacht. Eine „Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme“ (SEM) realisiert das öffentliche Interesse an einer Bebauung großer Flächen. Damit werden die aktuellen Grundstückspreise eingefroren und die Gemeinde genießt Vorkaufsrecht. Bei dem Verkauf von baureifen Parzellen streicht die Kommune den entstandenen Wertzuwachs ein und nicht mehr „leistungslos“ die privaten Eigentümer. Mit diesen Einnahmen kann die SEM teilweise oder vollständig finanziert werden, ohne die Bürgerinnen und Bürger zu belasten.

Was bleibt noch zu tun?

Staatliche Landesbodenkreditanstalt und Mieterbund fordern, in Bayern pro Jahr zwischen 70.000 und 80.000 neue Wohnungen zu bauen, bis zur Hälfte im sozialen Wohnungsbau. Von 2015 bis 2018 wurden durchschnittlich aber nur 42.500 Wohnungen jährlich fertig gestellt.

Kommunen, Bauträger und Genossenschaften sind nicht die einzigen Akteure beim Bau preiswerter Mietwohnungen. Bund und Freistaat Bayern haben verschiedene Programme für den Neubau und die Modernisierung von gefördertem Wohnraum aufgelegt, die rege in Anspruch genommen werden.

Bund und Land müssen aber noch aktiver werden. Sie können selber Wohnungen bauen (lassen) und den Kommunen eigene Baugrundstücke zu annehmbaren Konditionen zur Verfügung stellen. Und nur die Bundesländer können Bauvorschriften ändern und vereinfachen.

Preistreiber beim Wohnungsbau sind vor allem hohe Grundstückspreise. Der frühere Münchener OB Hans-Jochen Vogel hat errechnet, dass Bauland in München von 1950 bis heute um sagenhafte 36.000 % teurer geworden ist. Der allgemeine Lebenshaltungsindex stieg im gleichen Zeitraum um 420%.

Grund und Boden sind nicht vermehrbar. Eine soziale Bodenpolitik und die Abschöpfung von Spekulationsgewinnen zugunsten der Allgemeinheit sind daher Grundvoraussetzung für die Errichtung bezahlbaren Wohnraums.

Zusätzlich zur „Mietpreisbremse“ ist eine zeitlich befristete „Mietendeckelung“ in Städten und Gemeinden mit besonders angespanntem Wohnungsmarkt anzustreben um Mietparteien eine „Verschnaufpause“ zu verschaffen.

Mehr Informationen zum Thema finden Sie online in der Ausstellung „Mehr bezahlbarer Wohnraum in Bayern – aber wie?“ der Friedrich-Ebert-Stiftung

https://www.fes.de/regionalbuero-regensburg/ausstellungen/mehr-bezahlbarer-wohnraum-in-bayern-aber-wie

Weitere Informationen erhalten Sie hier:

https://www.fes.de/kommunalakademie/grundwissen-kommunalpolitik

Bei Fragen und Rückmeldungen wenden Sie sich gerne an die KommunalAkademie Bayern:

https://www.fes.de/regionalbuero-regensburg

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