Noch ist alles möglich

Die erste Verhandlungswoche der 23. Weltklimakonferenz endet geräuschlos.

Bild: COP23 Talanoa Space - Uniting for Climate Action von Larissa Aldehoff

Bild: COP23 Bonn Zone - Bei der Weltklimakonferenz in Bonn 2017 von Larissa Aldehoff

Bild: COP23 Climate Action in der »Bonn Zone« von Larissa Aldehoff

Die erste Verhandlungswoche der COP23 in Bonn ist mit langsamen Schritten und vielen offenen Punkten auf der To-Do Liste der beteiligten Staaten zu Ende gegangen.

Die Herausforderungen sind groß: Neben der Einigung auf konkrete Maßnahmen zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens in Form des so genannten Paris Rulebooks muss es auch gelingen, die Grundlage für eine Ambitionssteigerung nationaler Klimaschutzanstrengungen zu legen, zukünftige Schritte für den Umgang mit klimabedingten Schäden und Verlusten (loss & damage) festzulegen wie auch verschiedenste Fragen rund um das Thema Klimafinanzierung zu klären.

Gleich vorab: die erste Woche war schwierig und nur von Fortschritten im Schritttempo gekennzeichnet - aber es gab auch keine endgültigen Zerwürfnisse oder unüberbrückbare Differenzen zwischen einzelnen Staaten.

Pre-2020 Action: dringend notwendig

Die größten Schwierigkeiten gab es im Bereich der so genannten pre-2020 Action, also derjenigen Maßnahmen zum Klimaschutz, die vor dem Jahr 2020 wirksam werden sollen.

Für die meisten Länder des Globalen Südens, ganz besonders für die verletzlichen Inselstaaten wie Fiji, das in diesem Jahr die Präsidentschaft innehat, sind diese überlebenswichtig. Denn nur schnelles Handeln kann die Welt überhaupt noch in die Lage versetzen, das im Pariser Klimaabkommen festgehaltene Ziel der Begrenzung der Erderwärmung auf weit unter 2 Grad, bestenfalls sogar 1,5 Grad, einzuhalten.

Leider sehen einige Industrienationen die Notwendigkeit rasch einzuleitender Maßnahmen nicht und zeigen sich zurückhaltend. Auch wenn es aktuell nicht danach aussieht, dass die Verhandlungen aufgrund dieser Differenzen scheitern werden, so werden die besonders vom Klimawandel betroffenen Staaten verständlicherweise den Druck auf die anderen Verhandlungsparteien aufrechterhalten und somit für viel Gesprächsstoff in der zweiten Woche der COP23 sorgen.

Dies gilt auch in Bezug auf Regelungen zum sogenannten Talanoa Dialogue, einem Prozess, der zur Ambitionssteigerung nationaler Klimaschutzbeiträge eingesetzt wird. Die Antworten auf die Fragen: Wo stehen wir hier, wohin wollen wir und wie gestalten wir den Weg zum Ziel stehen noch aus.

TOP 1: Loss & Damage

Ganz oben auf der politischen Agenda der Präsidentschaft der diesjährigen Klimaverhandlungen steht der Umgang mit klimabedingten Schäden und Verlusten (loss & damage). Fortschritte gab es hier bisher kaum, am wenigsten in der Diskussion um Finanzierungsmechanismen.

Ein erfreuliches Zeichen der Solidarität setzte die deutsche Bundesregierung bereits am ersten Tag der Verhandlungen: Das Bundesumweltministerium stellte 50 Millionen Euro für den Anpassungsfonds bereit, der die ärmsten und verletzlichsten Staaten bei ihren Anstrengungen zur Anpassung an den Klimawandel unterstützen soll.

Damit ist allerdings das Schicksal dieses Fonds noch nicht geklärt. Auseinandersetzungen gab es hier wie auch schon in Marrakesch bezüglich der Frage, ob er vom Kyoto Protokoll in das Pariser Klimaabkommen überführt werden soll. In Bonn sollte dazu ein klares Bekenntnis erfolgen. Noch wehren sich einige Industrienationen dagegen, da sie befürchten, dass dies weitere Finanzierungsverpflichtungen für sie bedeutet. Die Finanzierungszusage aus Deutschland dient als vertrauensbildender Kitt; sie wird aber nicht ausreichen, wenn anderweitig keine Initiative ergriffen wird.

In der Gestaltung des Paris Rulebooks zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens, gibt es bei einigen Punkten erste Textentwürfe und damit kleinere Fortschritte, die ein Einhalten der Deadline im Jahr 2018 greifbar macht.

Das ambivalente Verhalten der USA

Unsicherheit bestand vor Beginn der Verhandlungen in Bezug auf das Verhalten der US-amerikanischen Delegation nach Bekanntgabe des Rückzugs des Landes aus dem Pariser Klimaabkommen.

Insgesamt gesehen agieren die USA in vielen Bereichen wie auch in den Jahren zuvor: Sie bleiben eher unter dem Radar, die roten Linien der Vergangenheit, zum Beispiel in Bezug auf Finanzierungsfragen werden gehalten, für stärkere Ambitionen im Klimaschutz sieht man keine konkreten Gründe und reagiert auch gegenüber der Frage nach der Übernahme von Verantwortung für klimabedingte Schäden und Verluste zurückhaltend.

Die USA können damit auf staatlicher Ebene nicht als ambitionierter Akteur charakterisiert werden, sie verhalten sich aber auch nicht, wie von einigen Seiten befürchtet, offen destruktiv in allen Bereichen.

Bedenklich ist allerdings, was abseits der Verhandlungen und hinter den Kulissen passiert: Die USA bestärken hier den Diskurs von „sauberer Kohle“ und Nuklearenergie als nützlicher und emissionsarmer Energiequelle. Es gilt als wahrscheinlich, dass konkrete Deals mit einigen Ländern des Globalen Südens zum Export dieser angeblich klimafreundlichen Technologien abgeschlossen werden sollen.

Neben der offiziellen US-Delegation gibt es in diesem Jahr auch eine inoffizielle aus Bundesstaaten, Städten, Unternehmen, Universitäten und anderen nicht-staatlichen Akteuren, die im US Climate Action Center unweit der Bula Zone ihre Anstrengungen zum globalen Klimaschutz und zur Einhaltung des Pariser Klimaabkommens kundtun und zahlreiche Veranstaltungen organisieren. Sie wollen zeigen, dass es auch eine andere Stimme aus den USA gibt: Eine, die sich Klimaschutz und Emissionsminderung verpflichtet sieht und entsprechende Maßnahmen ambitioniert umsetzt.

Ausblick

In der zweiten Woche der Verhandlungen kommen die Minister_innen der beteiligten Staaten in Bonn an und übernehmen eine schwierige Agenda. Es wird erwartet, dass sie weitere Schritte zum Erreichen der Ziele der COP23 einleiten und eine Reihe von Initiativen vorstellen werden, die die Ambition im Klimaschutz steigern und besonders schwächere und verletzliche Staaten unterstützen sollen.

Noch ist alles möglich, ein Scheitern gilt als unwahrscheinlich und wäre fatal für den vielbeschworenen „Geist von Paris“ und unseren Planeten.

Weitere Beiträge zur Weltklimakonferenz unter: www.fes.de/lnk/cop23

Ansprechpartner

Manuela Mattheß
Manuela Mattheß
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