Fairplay im Welthandel

Der Mensch in den Mittelpunkt

Handelspolitik sozialdemokratisch gestalten

Ob als Verbraucher im Supermarkt, Zulieferbetrieb im Welthandel oder Arbeitnehmerin in einem global aufgestellten Unternehmen: Handelspolitik berührt den Alltag aller Menschen – in Deutschland und weltweit. Bislang wird Handelspolitik daran ausgerichtet, Waren und Dienstleistungen möglichst billig und schnell zu produzieren und von A nach B zu transportieren, um wirtschaftliches Wachstum zu fördern. Ökologische und soziale Nachhaltigkeit fallen häufig zugunsten von Profitinteressen unter den Tisch und Länder unterbieten sich gegenseitig in einem Wettbewerb um die günstigsten Produktionsbedingungen.

Eine sozialdemokratische Handelspolitik kann dies korrigieren. Eine Handelspolitik, die das Wohl der Menschen hier und weltweit in den Mittelpunkt politischen Handelns stellt. Mit klaren Regeln in der Handelspolitik können wir Wohlstand global gerecht verteilen. Das bedeutet für uns, dass in Europa verkaufte Waren unter fairen Sozial-, Arbeits- und Umweltstandards produziert werden. Zugleich muss Handelspolitik dazu beitragen, dass die Entwicklungschancen ärmerer Länder verbessert werden. Eine Handelspolitik, die Vertrauen wieder aufbaut, Rechtsstaatlichkeit stärkt und Gerechtigkeit durchsetzt, muss demokratischer und transparenter sein als bisher.

Weitere Hintergrundinformationen zu unserem Konzept bietet die FES Publikation „Fair Play im Welthandel – Für eine sozialdemokratische Neuausrichtung der Handelspolitik“.

Publikation

Fair. Nachhaltig. Demokratisch

Unser Konzept für eine internationale Handelspolitik, die allen Menschen zugute kommt. weiter


Erklärvideos


Faire und nachhaltige Handelspolitik: Sechs Botschaften

Nur eine demokratisch legitimierte und kontrollierte, transparente Handelspolitik kann das Gemeinwohl ins Zentrum rücken und uns allen zeigen: Es geht nicht um Lobbyinteressen. Das Europäische Parlament muss mitreden können – und zwar von Anfang an, wenn die EU mit einem Handelspartner festlegt, welche Inhalte in einen neuen Vertrag aufgenommen werden sollen. Außerdem müssen die EU-Abgeordneten während der Verhandlungen alle Dokumente einsehen können. So werden die Verhandlungen aus den Hinterzimmern herausgeholt und dorthin gebracht, wo sie hingehören: ins EU-Parlament.

Eine nachhaltige Handelspolitik schützt die Umwelt und erhält somit auch zukünftig unsere Lebensgrundlagen. Das Gegenteil ist bislang der Fall: Handelsverträge schenken dem Schutz der Umwelt viel zu wenig Aufmerksamkeit. Um dies zu ändern, ist es notwendig, dass bereits vor den konkreten Vertragsverhandlungen die Auswirkungen auf die Umwelt untersucht werden. Denn nur so können wir mögliche negative Folgen von vornherein verhindern. Außerdem sollen nur Produkte und Dienstleistungen auf den europäischen Markt gelangen, die unter Einhaltung sozialer und ökologischer Standards hergestellt wurden.

Deutschland hat mit den anderen EU-Mitgliedstaaten entschieden, dass Handelspolitik in der Verantwortung der Europäischen Union liegen soll. Das ist richtig. Denn nur gemeinsam haben wir eine starke Stimme in der Welt. Dabei ist wichtig, dass die EU keine reine Wirtschaftsgemeinschaft bleibt, sondern sich zu einer politischen und vor allem sozialen Union entwickelt. Innerhalb Europas heißt das, dass zum Beispiel Verbraucherschutzstandards oder strenge Regeln beim Gesundheitsschutz nicht durch Handelsverträge gefährdet werden dürfen. Und außerhalb Europas machen wir Werte wie Menschenrechte, Umweltschutz und gute Arbeitsbedingungen ebenfalls zum Maßstab unseres Handelns.

Arbeit muss sicher sein, fair bezahlt werden und darf die Gesundheit nicht gefährden. Dafür hat die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) Standards entwickelt, die weltweit anerkannt sind. Wir wollen, dass Handelspartner diesen Standards explizit zustimmen und sie auch umsetzen. Sonst gibt es keinen Vertrag. Wichtig ist auch, dass Gewerkschaften und Zivilgesellschaft die Umsetzung der Vertragsinhalte überwachen können. Dazu gehört: die Möglichkeit gegen die Verletzung vereinbarter Standards zu klagen; finanzielle Entschädigung für Opfer von Arbeitsrechtsverletzungen bereitzustellen; sowie Entwicklungsländer bei der Verbesserung von Arbeitsbedingungen zu unterstützen.

Der internationale Investitionsschutz räumt Unternehmen viel zu weitreichende und einseitige Privilegien ein. Es ist dringend geboten, ihn zu reformieren. Investoren sollen nicht mehr gegen gesetzliche Erhöhungen von sozialen und ökologischen Standards klagen können. Denn Staaten dürfen in ihrem Recht, politisch gestalten zu können, nicht eingeschränkt werden. Außerdem wollen wir öffentliche Dienstleistungen und Kulturmärkte grundsätzlich vor Klagen schützen. Unternehmen müssen dazu verbindlich verpflichtet werden, nationale Gesetze wie Steuer- oder Transparenzgesetze zu achten. Der Rechtsstaat hat Vorrang vor Profit.

Die globale Handelspolitik kann die Welt gerechter machen – wenn alle gemeinsam entscheiden und verbindlichen Regeln folgen. Damit nicht das Recht des Stärkeren regiert, braucht es eine starke Welthandelsorganisation (WTO): Sie überwacht die geltenden Regeln und schlichtet Streitigkeiten. Und sie verhandelt neue Regeln im Kreise aller Staaten. Solange es aber nicht gelingt, einen Konsens zwischen allen herzustellen, sehen wir eine Übergangslösung: Abkommen zwischen einer begrenzten Gruppe von Ländern. Dabei muss jedoch sichergestellt sein, dass auch arme Länder an den Verhandlungen beteiligt werden, damit sich die reichen nicht ihre eigenen Regeln schreiben.


Veranstaltungen in Deutschland

Freitag, 26.04.24 – Ferrotel Duisburg, Duisburg

Der Geist des Digitalen Kapitalismus: Wie verändert die Digitalisierung Wirtschaft und Gesellschaft?

Die Digitalisierung verändert unser Wirtschaftssystem. Neben der Transformation von Wertschöpfungsquellen und Geschäftsmodellen wirkt sie sich auch auf Märkte sowie auf wirtschaftliche und politische…


Montag, 13.05.24 – Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn

Das Europäische Parlament 2024: Wir haben die Wahl - Das EP zwischen Rechtsruck und geordneten Verhältnissen

Im Juni 2024 wählen wir das Europaparlament neu. Die neuen Abgeordneten nehmen Stellung und entscheiden mit, wie die EU zu den anstehenden politischen Herausforderungen steht. Daher müssen die zur…


Mittwoch, 22.05.24 – Haus am Dom, Frankfurt

Managerkreis Rhein-Main: Rechtspopulismus und -extremismus und die Verantwortung von Unternehmen

Die Veranstaltung dient der Informierung über die Implikationen des Erstarkens des Rechtspopulismus und Rechtsextremismus für den Wirtschaftsstandort Deutschland und dem Austausch mit Georg Maier,…


Donnerstag, 04.07.24 – Evangelische Akademie, Frankfurt

Managerkreis Rhein-Main: Podiumsdiskussion zum Fachkräftemangel in Hessen mit Staatsministerin Heike Hofmann

Die Veranstaltung dient der Informierung über den Fachkräftemangel in Hessen sowie dem Austausch der Teilnehmenden mit Heike Hofmann, Hessische Ministerin für Arbeit, Integration, Jugend und…


Freitag, 06.12.24 – Online

Web-Seminar: Wirtschaft: sozial und nachhaltig?

Nachhaltigkeit, Digitalisierung, demographischer Wandel, Lieferketten und Geopolitik. Unser Wirtschaften steht unter Veränderungsdruck. Aus Perspektive Sozialer Demokratie müssen diese Veränderungen…


Publikationen

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Wie die Finanzmärkte kontrolliert werden können
Hintergrund

Wie die Finanzmärkte kontrolliert werden können

Die FES-Onlineakademie präsentiert Vorschläge zur stärkeren Regulierung des renommierten Wirtschaftswissenschaftlers Gustav Horn. weiter

Globalisierung und Soziale Demokratie
Weiterbildung

Globalisierung und Soziale Demokratie

Wie können die Weltmärkte sozial und ökologisch gestaltet, die Finanzmärkte politisch kontrolliert und Arbeitnehmerrechte global gestärkt werden? Das Wochenendseminar und Lesebuch der FES Akademie für Soziale Demokratie zeigt Handlungsmöglichkeiten auf. weiter


Der Zerfall der multilateralen Handelsordnung: Hintergrund unserer Arbeit

Um Handelsbeziehungen weltweit zu gestalten, gründete die internationale Staatengemeinschaft im Jahr 1995 die Welthandelsorganisation (World Trade Organisation, WTO). Heute jedoch bröckelt der Konsens, Probleme nur gemeinsam lösen zu können. Die Verhandlungen der Doha-Runde unter dem Dach der WTO stocken seit Jahren. Daher kann die WTO die bestehenden Regeln nur verwalten, nicht weiterentwickeln.

Das Problem mit TTIP, CETA & Co.

Infolgedessen setzen die großen Handelsmächte immer stärker auf bilaterale Freihandelsabkommen außerhalb der WTO. Das Dilemma hierbei ist, dass bilaterale Abkommen einerseits die einzige Möglichkeit sind, Handelsbeziehungen überhaupt weiter zu gestalten. Andererseits können diese Abkommen Klauseln zum Beispiel zum Investorenschutz enthalten, die demokratische Prozesse aushebeln. Zudem können sie Sozial- und Umweltstandards untergraben. So versammelten sich in Europa Hunderttausende Demonstrant_innen unter dem Symbol des Chlorhühnchens, um gegen das TTIP-Abkommen zu demonstrieren. Ihre Angst: Es könnten gesundheitsgefährdende Produkte auf den europäischen Markt kommen. Darüber hinaus berücksichtigen bilaterale Abkommen naturgemäß kaum die Interessen unbeteiligter Länder – und können insbesondere auf Kosten ärmerer Staaten im Globalen Süden gehen. Damit verschärfen sie Ungleichheit weltweit noch.

„My Country First“-Politik gefährdet die Weltwirtschaft

Spätestens seit dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump im Jahr 2017 gibt es auch bei den fast überwunden geglaubten Zollbeschränkungen wieder eine rückläufige Tendenz: protektionistischer Alleingang statt Kooperation. Das Wettrüsten bei den Zöllen könnte aus Sicht des Internationale Währungsfonds (IWF) sogar dazu führen, dass das weltweite Wirtschaftswachstum im Jahr 2020 um 0,5% niedriger ausfällt.

Düstere Zeiten also für die Weltwirtschaft? Das Handelssystem jedenfalls ist bedroht und neue Konflikte drohen, wenn sich immer mehr Staaten aus multilateralen Foren zurückziehen und nicht mehr bereit sind, sich internationalen Regeln zu unterwerfen, die für alle gelten. Nationale Egoismen à la „my country first“ (dt. „Mein Land Zuerst“) verunsichern die Weltwirtschaft und hemmen die Entwicklung aller. Sämtliche einseitigen, protektionistische Maßnahmen und ein Rückzug aus dem globalen, regelbasierten Handelssystem verstärken Machtasymmetrien und Ungleichheit.

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