Frieden und Sicherheit

Die Jungen sollten internationale Solidarität stärken

In der Türkei wie anderswo müssen junge Menschen ihre internationalen Netzwerke ausbauen, um globale Probleme zu lösen.

Bild: Seren Selvin Korkmaz von FES / Seren Selvin Korkmaz

Seren Selvin Korkmaz baut schon seit Beginn ihrer Karriere Brücken. Korkmaz ist Doktorandin am Institut für Türkeistudien der Universität Stockholm und Alumna von „New Ways, New Processes“, einem einjährigen Youth Leadership Programm der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Zurzeit promoviert sie über Verbindungen zwischen zivilgesellschaftlichem Engagement, Wissenschaft und Public Policy. Hierfür untersucht sie die Programme und Strategien sozialer Bewegungen, sowohl in der türkischen Linken, als auch – in ihrer Funktion als Mitbegründerin und Geschäftsführerin des Istanbul Political Research Institute (IstanPol) – im internationalen und zwischenstaatlichen Kontext. IstanPol ist eine von jungen Wissenschaftler_innen geführte Nichtregierungsorganisation, die durch Politikforschung Demokratie und soziale Entwicklung fördern will.

„Ich stand am Anfang meiner Karriere und wollte auch in der Zukunft Netzwerke schaffen und meine persönlichen Führungskompetenzen weiterentwickeln“, so Korkmaz. Im Interview mit der FES betonte sie, wie wichtig Zusammenarbeit und Solidarität für den Aufbau von Führungskompetenzen sind und dass ein Programm, in dem beide Themen im Vordergrund stehen, junge Menschen in ihrem Kampf für eine bessere Gesellschaft unterstützen kann.

FES: Warum hast Du Dich damals für das „New Pathways, New Processes“-Programm beworben? Warum sind solche Chancen für junge Menschen so wichtig?

Seren Selvin Korkmaz: Ich hatte eine akademische Laufbahn eingeschlagen und war Politikwissenschaftsdoktorandin, aber gleichzeitig suchte ich auch nach einem Weg, mein akademisches Wissen praktisch anzuwenden – und zwar für das Gemeinwohl. Die Arbeit der Friedrich-Ebert-Stiftung zeigte mir, dass eine solcher Transfer möglich ist. „New Pathways, New Processes“ ist ein Raum, in dem sich junge Aktivist_innen mit unterschiedlichsten Hintergründen ein Jahr lang austauschen, zusammenarbeiten und gemeinsam lernen können. Vorurteile und Konflikte werden überwunden, Zusammenarbeit wird gestärkt; all dies fördert die Entwicklung von Führungsqualitäten. Mit „Führungsqualitäten“ meine ich nicht, einfach nur Institutionen und Menschen gut zu führen, sondern einen Führungsstil auf der Basis von Zusammenarbeit und Solidarität.

Insofern glaube ich, dass Programme wie dieses es jungen Menschen ermöglichen, in ihrer Gesellschaft und ihrem eigenen Lebens Wandel anzustoßen.

Was hat das Programm für Dich verändert?

„Da ich in der Stadt arbeite, in der ich auch studiert habe, in Instanbul, war mein Netzwerk örtlich stark begrenzt. Durch das Programm konnte ich mit Kolleg_innen aus anderen Teilen der Türkei zusammenarbeiten und mein Netzwerk ausbauen. Weiterhin traf ich führende Personen aus Wissenschaft, Politik, NGOs und Medien. Unser Austausch endete auch lange nach Abschluss des Programms nicht. „New Ways, New Processes“ war für mich ein Sprungbrett, durch das ich Kontakte vertiefen und neue Kooperationen starten konnte.

Ein Beispiel hierfür ist die Kooperation zwischen PS:EUROPE, einer Nichtregierungsorganisation mit Sitz in Wien, IstanPol, der Organisation in der ich zurzeit arbeite und dem FES-Büro in Istanbul. Gemeinsam arbeiten wir zu migrantischen Perspektiven, Rechten für Kinder mit Migrationsgeschichte und der Polarisierung der politischen Landschaft in der Türkei. Zudem arbeitet IstanPol auch weiterhin gemeinsam mit der FES an Projekten zu sozialem und politischen Wandel und zur Lösung von Konflikten in der Türkei. „New Pathways, New Processes“ entfachte außerdem mein Interesse daran, Politik aktiv mitzugestalten. Daher trat ich bei der letzten türkischen Parlamentswahl als Kandidatin für die Sozialdemokraten der Republikanischen Volkspartei (CHP) an.

Du bist Mitbegründerin des Istanbul Political Research Institute. Welche Rolle spielten junge Menschen bei dessen Entstehung?

Mit IstanPol reagieren junger Akademiker_innen darauf, was in der Türkei mit der Rede- und Wissenschaftsfreiheit geschieht. Zudem kritisieren wir, wie stark die Wissenschaft von alltäglichen Problemen abgekoppelt ist. Als junge türkische Akademiker_innen sind wir der Meinung, dass akademisches Wissen und Praxis nicht in einen Elfenbeinturm gehören.

Um dagegen anzugehen, setzt sich die Gruppe hinter IstanPol für die Idee von öffentlichen Intellektuellen ein und fördert den Dialog zwischen Akademiker_innen, unabhängigen Forscher_innen und Vertreter_innen der Zivilgesellschaft. Mit IstanPol bauen wir und andere junge Wissenschaftler_innen eine lebendige akademische und soziale Plattform auf, auf der universitäre und unabhängige Forscher_innen sowie andere junge Menschen zusammenarbeiten und an aktuellen Debatten teilnehmen können.

Warum sind internationale Netzwerke für junge Menschen in der Türkei und auf der ganzen Welt wichtig?

Der Vormarsch von Populismus, Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Ungleichheit, prekäre Arbeitsverhältnisse und die Klimakrise – all dies sind Probleme, die Millionen von jungen Menschen auf der ganzen Welt beschäftigen. Kein Land kann diese systemischen Probleme alleine lösen. Stattdessen brauchen wir internationale Solidarität. In unserer globalisierten Welt müssen junge Menschen internationale, solidarische Bündnisse schaffen, um gemeinsam zur Lösung globaler Probleme beizutragen. Dies gilt für junge Menschen in der Türkei genauso wie in anderen Ländern.

Für mehr Information über New Ways, New Processes wenden Sie sich an Ilke Gökdemir, Programmkoordinatorin für Jugend und Medienfreiheit des FES Büros in Istanbul. Mehr über unsere Arbeit in der Türkei erfahren Sie auf der Website der FES Türkei und auf Facebook.

Weitere Informationen über unsere Arbeit zu zivilgesellschaftlichen Bewegungen weltweit finden Sie auf unserem Themenportal "Die Welt gerecht gestalten".

Der Beitrag erschien zuerst auf Englisch bei FES Connect.


Fokus Zeitenwende der Friedrich-Ebert-Stiftung: Eine neue Ära

Fokus Zeitenwende der Friedrich-Ebert-Stiftung: Eine neue Ära

Das Portal beschäftigt sich mit dem Veränderungsprozess, den Deutschland und Europa gegenwärtig durchlaufen. Er wird auch als Zeitenwende bezeichnet weiter