Petersberger Klimadialog: Klimaschutz und Krisenbewältigung zusammendenken!

Pariser Klimaabkommen und Agenda 2030 bieten Lösungen für eine Just Recovery, um Klimaschutz und Menschen in den Mittelpunkt zu stellen.

 

 

Bild: Berliner Pflastersteindemo von Manuela Mattheß

Dem Petersberger Klimadialog, der vom 27. - 28. April 2020 zum elften Mal tagte, ging es in diesem Jahr so, wie zahlreichen anderen Veranstaltungen: Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie war ein Face-to-Face Treffen ausgeschlossen, also wurde entschieden, die Sitzungen kurzerhand vollständig digital stattfinden zu lassen. Und so trafen sich auf Einladung von Svenja Schulze etwa 30 Umweltminister_innen aus aller Welt, um gemeinsam über Fortschritte im globalen Klimaschutz zu beraten und zu diskutieren, welche Maßnahmen zu einem nachhaltigen Weg aus der wirtschaftlichen Krise führen können. Es gab sie natürlich auch hier, die technischen Stolpersteine bei der digitalen Umsetzung: Tonaussetzer, ein verwaschenes Bild bei der Rede der Kanzlerin, zeitgleiche Tonspuren der Dolmetschung, die ein Zuhören schwierig machten, Verzögerungen in der Einblendung von Fragen aus dem Kreis der Ministerien anderer Länder oder im Live-Stream.

Der Bedeutung aber, die dieses Zusammentreffen im klimapolitischen Jahr 2020 hatte, konnten all diese Beschwerlichkeiten keinen Abbruch tun. Vom Petersberger Klimadialog nämlich gingen wichtige Signale in die Welt: Klimaschutz und Krisenbewältigung müssen zusammengedacht werden, eine Rückkehr zu business as usual ist unmöglich geworden. Auch wenn die UN-Weltklimakonferenz COP26 verschoben werden musste und auch die Intersession-Verhandlungsperiode wahrscheinlich in diesem Jahr in einem anderen Rahmen wird stattfinden müssen, geht der Austausch zum Klimaschutz weiter – auch und gerade in schwierigen Zeiten.

Ein »back to normawäre fragil, ungerecht und klimaschädlich

Drei Reden bekamen die Teilnehmenden bei der Pressekonferenz zu hören. Sowohl Svenja Schulze, Bundesumweltministerin, also auch Sharan Burrow, Generalsekretärin des Internationalen Gewerkschaftsbundes, sowie Nicholas Stern, Professor an der London School of Economics, zeichneten ein ähnliches Bild: die Klimakrise ist nicht verschwunden und muss adäquat adressiert werden, ein »back to norma ist nicht möglich, denn dieses »normal« war fragil, ungerecht und klimaschädlich. Wir benötigen dringend einen gerechten und grünen Wiederaufbauplan, der das Klima schützt und auf Solidarität und dem Schutz aller Menschen weltweit fußt. Svenja Schulze brachte es in ihrer Eröffnungsrede auf den Punkt: »Wir brauchen mehr Resilienz in unserer Wirtschaft und unserer Gesellschaft, um externe Schocks besser zu verkraften. Wir müssen uns zum Pariser Klimaabkommen bekennen und zu den darin enthaltenen Verpflichtungen stehen, was eine Verbesserung der nationalen Klimaschutzziele für jedes Land noch in diesem Jahr einschließt und wir brauchen Solidarität, nicht nur innerhalb einer Gesellschaft, sondern auch zwischen Nationalstaaten.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel unterstrich in ihrer Rede am zweiten Tag des Petersberger Klimadialogs im Rahmen des High Level Segments, ihre Unterstützung für einen klimafreundlichen Neustart und verdeutlichte, dass mehr gegen die Erderwärmung getan werden muss. Besonders interessant war, dass sie auch betonte, ein ehrgeizigeres Klimaziel für die EU für 2030 unterstützen zu wollen. Zwar gab sie keine konkreten Versprechen ab, aber die Aussage, das Klimaziel der EU für 2030 von aktuell 40 Prozent Emissionsminderung auf 50-55 Prozent anheben zu wollen, ist als positives Signal für mehr Ambition zu verstehen. Denn wenn das EU-Ziel angehoben wird, bedeutet das auch, dass das deutsche Klimaziel nachgebessert werden muss. Die Kanzlerin fügte außerdem hinzu, dass Konjunkturprogramme nachhaltig und grün sein müssen und dass es zudem auch in schwierigen Zeiten gilt, das Pariser Klimaabkommen umzusetzen: »Es wird eine schwierige Verteilungsdiskussion mit Blick auf unsere jeweiligen öffentlichen Haushalte geben, wenn wir uns die wirtschaftlichen Schäden, die die Coronavirus-Pandemie mit sich gebracht hat, anschauen. Umso wichtiger wird es sein, wenn wir Konjunkturprogramme auflegen, immer auch den Klimaschutz ganz fest im Blick zu haben und deutlich zu machen, dass wir nicht etwa am Klimaschutz sparen, sondern dass wir in zukunftsfähige Technologien investieren – dass wir nicht nur national an uns denken, sondern dass wir auch unsere internationalen Verpflichtungen weiter stark nach vorne bringen, weil das essenziell dafür ist, dass es einen globalen Erfolg im Klimaschutz gibt.« Diese Aussagen sind wichtig, gerade jetzt in Zeiten, in denen einige bereits vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie versuchen, das Rad der Zeit im Klimaschutz zurückzudrehen.

Paris und die Agenda 2030 liefern die Bauanleitung für eine »Just Recovery«

Der Petersberger Klimadialog war in diesem Jahr extrem wichtig, vielleicht sogar noch etwas wichtiger, als sonst. Er hat gezeigt, dass Klimaschutz und Krisenbewältigung zusammengedacht werden müssen, dass der Neustart, der kommen wird, genutzt werden muss, um unsere Wirtschaft und unsere Gesellschaft krisenfester und resilienter zu machen. Er hat betont, dass die Pandemie nicht bedeuten kann und darf, dass im globalen Klimaschutz nichts mehr passiert und dass die Weltgemeinschaft sich weiterhin zum Pariser Klimaabkommen und zur Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung bekennt. Und er hat unterstrichen, dass die Lösungen eigentlich bereits auf dem Tisch liegen. »Das Pariser Klimaabkommen und die globale Nachhaltigkeitsagenda 2030 können uns (…)als Bauanleitung dienen, an die wir unsere Investitionen, unsere Reformprogramme, unsere Infrastruktur ausrichten und in der Europäischen Union bietet der European Green Deal eine Blaupause (…) Das Virus kennt keine Grenzen, genauso wenig wie die Klimakrise und der Verlust der biologischen Vielfalt. Zur Bewältigung dieser Herausforderungen sind wir mehr denn je auf multilaterale Zusammenarbeit angewiesen (…) Beim Corona-Virus suchen wir fieberhaft nach einem Impfstoff, nach wirksamen Heilmitteln. Beim Klimaschutz kennen wir diese schon. « so Ministerin Schulze.

Wir wissen, was notwendig ist: vom Ausbau Erneuerbarer Energien, über Investitionen in emissionsarme Verkehrslösungen, dem Ausstieg aus der Kohleverstromung oder der dringend notwendigen Anhebung der nationalen Klimaschutzbeiträge aller Länder unter dem Pariser Klimaabkommen, die in diesem Jahr fällig sind. Der Petersberger Klimadialog hat uns allen noch einmal deutlich vor Augen geführt, in welche Richtung der Wiederaufbau gehen muss – und dass wir die Werkzeuge für eine »Just Recovery« bereits in den Händen halten: jetzt müssen wir sie nur noch benutzen.


Ansprechpartnerin

Manuela Mattheß
Manuela Mattheß
+49 30 26935-7408
FES@COP28

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