Die Kinder des Protestes

Globale Proteste, klare Erklärungen, offene Beschwerden. Die Jugend vereint sich und fordert unermüdlich stärkeren Einsatz der Regierungen.

Bild: Jugendliche beim Verlesen der Deklaration von Allan Jay Quesada

Bild: Jugendliche beim Verlesen der Deklaration, 09.12.2019 von Allan Jay Quesada

Die Jugend drängt die Regierungen, endlich den Klimaschutz anzugehen. Am Montag, den 9. Dezember, wurde auf der COP25 die „Declaration on Children, Youth and Climate Action“ vorgestellt. Auf einer Veranstaltung, an der Michelle Bachelet, die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, sowie junge Führungspersonen aus der ganzen Welt teilnahmen, wurde die Erklärung vorgetragen.

In ihrer Rede an die jungen Aktivist_innen betonte Bachelet, dass es nur mit internationaler Kooperation gelingen würde, einen gerechten Übergang zu „angemesseneren Wirtschaftsstrukturen“ und mehr Gesetzen zum Schutz der Menschenrechte zu schaffen. „Und vor allem müssen wir unseren Planeten bewahren und so unsere Zukunft sichern“, sagte Bachelet.

Ein 17-Jähriger Aktivist aus Irland, Theo C. Muze, kritisierte in seiner Rede unter anderem die Unstimmigkeiten der COPs. „Finden Sie es nicht verstörend, dass die gleichen Lobbyisten, die unseren Planeten zerstören, hier als VIPs gehandelt werden und sich ihre Teilnahme an den Verhandlungen erkaufen können? Während all jene, die am meisten für unsere gemeinsame Zukunft tun und manchmal sogar ihr Leben dafür riskieren, nicht herkommen können?“, fragte er.

Die Unterzeichner der Erklärung verpflichten sich unter anderem dazu, ihre Bemühungen zu verstärken „die Rechte von Kindern und Jugendlichen zu respektieren, zu fördern und zu berücksichtigen“, sowie die Investitionen zu steigern „in den Bereichen der an Kinder und Jugendliche angepassten Maßnahmen, der Katastrophenvorsorge und der Maßnahmen zur Schadensminderung“.

Bislang haben neun Länder diese Erklärung unterschrieben: Chile, Costa Rica, Fidschi, Luxemburg, Monaco, Nigeria, Peru, Schweden und Spanien.

Kinder erhöhen den Druck

Die Jugendlichen bewerben diese neue Erklärung und verstärken außerdem ihre Bemühungen, die Länder, die am stärksten zur Verschmutzung beitragen, dazu zu bewegen, Klimaschutz ernst zu nehmen. Im September reichte eine Gruppe von 16 Kindern und Jugendlichen, darunter die schwedische Aktivistin Greta Thunberg, beim UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes eine Beschwerde ein, da die Regierungen nicht ausreichend täten, um die Klimakrise zu bewältigen.

Die Beschwerde sollte ein Aufruf an alle Regierungen der Welt sein, endlich zu handeln, aber fünf Länder wurden explizit genannt: Argentinien, Brasilien, Frankreich, Deutschland und die Türkei. Der Grund dafür ist, dass diese Länder nicht nur die UN-Kinderrechtskonvention ratifiziert haben, sondern auch ein Zusatzprotokoll für das Recht auf Individualbeschwerde haben.

Drei Monate später nimmt diese Beschwerde immer mehr Gestalt an und neue Regierungen werden in den Mittelpunkt gerückt, zuletzt Norwegen und Kanada. Am Dienstag, den 10. Dezember, der zugleich Tag der Menschrechte ist, erhielten die Premierminister dieser Länder einen Brief von einer Anwaltskanzlei, die die 16 Kinder und Jugendlichen vertritt. In diesem Brief wird den Regierungschefs beider Staaten vorgeworfen, „durch die Steigerung der Öl- und Gasproduktion die Kinderrechte zu verletzen“.

„Es ist unsere Zukunft und die Regierungschefs sollten uns anhören. Wenn sie nicht handeln, um die Klimakrise zu stoppen, dann ist es unsere Zukunft, die es betrifft“, sagte Catarina Lorenzo, eine 12-jährige Aktivistin aus Brasilien, die sich als eine der ersten an dieser Beschwerde beteiligt hat.

Jetzt zu handeln ist günstiger

Iris Duquesne, eine weitere Beschwerdeführerin, sagte: „Es macht mich einfach wütend. Sie sollen unsere Regierung sein und sie sollten uns schützen. Sie sehen einfach nicht, dass es weniger kosten wird, wenn wir jetzt handeln, als wenn wir es erst später tun.“

Ihre Aussage wird auch von aktuellen Forschungen gestützt, die zeigen, dass alle Maßnahmen zur Anpassung langfristig günstiger sind, als wenn man mit den durch den Klimawandel hervorgerufenen Katastrophen umgehen muss. In einer Studie aus dem Jahr 2018 werden die Einsparungen mit 20 Billionen US-Dollar beziffert, wenn die Regierungen versuchen würden, unter dem Ziel von 1,5 Grad zu bleiben, im Vergleich zu den Temperaturen vor der Industrialisierung.

Häufig werden Kanada und Norwegen als Vorreiter in Umweltfragen wahrgenommen, wobei sie tatsächlich große Öl- und Gasproduzenten sind. Der Climate Action Tracker bewertet die Klimaziele beider Länder als „ungenügend“. Denn selbst wenn diese Ziele erreicht würden, reichte es nicht aus, um die Klimaerwärmung bei unter 1,5 Grad niedriger als vor der Industrialisierung zu halten, was das erklärte Hauptziel des Pariser Abkommens ist. Und wenn das Climate Action Network tatsächlich recht hat, dann ergreift keines dieser Länder ausreichend Maßnahmen, um auch nur diese wenig ambitionierten Ziele zu erreichen.

Die Kinder zeigen den Regierungen, wo es langgeht. Jetzt müssen die Regierungen handeln.

 

Dieser Artikel wurde von Leopold Obi geschrieben.

Aus dem Englischen übersetzt von Meiken Endruweit.

Um den Klima-Journalismus weltweit zu stärken, kooperiert die FES Media Fellowship mit Climate Tracker und unterstützt vier junge Journalistinnen und Journalisten, Andrea A. Gálvez aus Spanien, Kartik Chandramouli aus Indien, Petr Vodsedalek aus der Tschechischen Republik und Leopold Obi aus Kenia, die an diesem Programm teilnehmen. Sie nehmen an einem Medientraining teil, berichten von der COP25 und sind auch an anderen FES Veranstaltungen beteiligt.

Mehr über FES@COP25: www.fes.de/cop25


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