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Referat Demokratie, Gesellschaft & Innovation

Engagiert, politisch, digital? Online-Petitionen als Partizipationsform der digitalen Zivilgesellschaft

Wer sind die Menschen, die Online-Petitionen initiieren? Was treibt sie an, was sind ihre Ziele? Und wie kann ihr Engagement Eingang in die die politische Entscheidungsfindung der repräsentativen Demokratie finden?


Die Studie

Politisches Engagement – das Lebenselixier der Demokratie - wandelt sich. Neben klassischen Formen der Beteiligung in Organisationen treten neue, oft digitale und individuell nutzbare Möglichkeiten der politischen Interessenvertretung. Beispielhaft hierfür stehen Online-Petitionen, die heute aus der politischen Landschaft nicht mehr wegzudenken sind. Kaum ein Thema, das nicht in Form einer Petition verarbeitet wird. Manche Petitionen werden von Tausenden von Menschen unterzeichnet, andere finden kaum Beachtung. Manche wollen die ganz großen Themen angehen, während andere auf lokale Ebene kleine Veränderungen anstreben.

Wer sind die Menschen, die Online-Petitionen initiieren? Was treibt sie an, was sind ihre Ziele? Welches Demokratie- und Partizipationsverständnis vertreten sie? Stehen sie für eine neue digitale Zivilgesellschaft? Und wie kann ihr Engagement Eingang in die politische Entscheidungsfindung der repräsentativen Demokratie finden?

Zur Beantwortung dieser Fragen wurden für diese Studie Petent_innen verschiedener Plattformen befragt.

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Zentrale Ergebnisse:

Jung und digital? Petitionen sind nicht das Werkzeug der Digital Natives

Die Generation 50 plus stellt die große Mehrheit der Petent_innen, die unter 30-Jährigen sind kaum vertreten. Wie bei der politischen Partizipation insgesamt, ist auch bei Petitionen Bildung ein zentraler Faktor. Die Mehrheit der Petent_innen sind Akademiker_innen. Männer starten deutlich häufiger Online-Petitionen als Frauen.Petitionen sind zudem das Mittel der Engagierten. Nur ein kleiner Anteil war zuvor noch nie in irgendeiner Form engagiert.

Ich oder wir? Von Einzelkämpfer_innen und neuen Bündnissen

Obwohl Petitionen oft das Mittel individueller Bürger_innen sind, spielen Mitstreiter_innen eine wichtige Rolle. Kollektivität zeigt sich dabei in höchst unterschiedlichen Formen – von fluiden, vorübergehenden Zusammenschlüssen in losen digitalen Netzwerken über die Bildung klassischer Bürgerinitiativen bis zur Gründung neuer, auf Dauer angelegter zivilgesellschaftlicher Organisationen.

Dafür oder dagegen? Petitionen sind mehr als Protest

Die große Mehrheit der Petent_innen nimmt ihre Petitionen als aktive Gestaltung des politischen Prozesses wahr, nur ein kleiner Anteil der Befragten will mit der Petition etwas verhindern. Die meisten Petent_innen möchten eine gesetzliche Regelung für ein Problem finden und bieten selbst einen konkreten Lösungsvorschlag an. Viele wollen zudem eine öffentliche Debatte anstoßen.

Nur ein Klick? Petitionen sind mehr als Faulpelz-Aktivismus

Die große Mehrheit der Petent_innen investiert ihre Zeit in verschiedenste Aktivitäten, um Unterzeichner_innen zu gewinnen und ihr Ziel zu erreichen. Der Zeitaufwand variiert erheblich, von einigen Stunden bis fast zum Vollzeitjob.

Politisch oder nicht? Mit Petitionen Politik machen

Auch wenn immer wieder einmal unpolitische Petitionen öffentliche Aufmerksamkeit bekommen, adressiert die große Mehrheit der Petitionen politische Akteure. Die Bandbreite der Themen ist auf allen Plattformen groß, ganz vorn sind die Themen Soziales, Gesundheit, Verkehr und Umweltschutz.

Demokratie zum Mitmachen? Wer verändern will, muss sich einmischen

Petent_innen haben ein sehr aktives Verständnis von der Rolle der Bürger_innen in der Demokratie. Sie sollten demnach weit über Wahlen hinaus aktiv werden. Besonders individuelle, unkonventionelle Formen der politischen Partizipation werden als wünschenswert angesehen, organisierte Formen der politischen Partizipation als weniger wichtig eingestuft.

Das Petitionswesen zwischen Wunsch und Wirklichkeit

In den Augen der Petent_innen sollten Petitionen idealerweise ein Mittel sein, um konkrete Veränderungen in Politik und Gesellschaft herbeizuführen und um den Kontakt zwischen Bürger_innen und Politiker_innen bzw. Organisationen herzustellen. Sie wünschen sich Petitionen als ein Instrument direktdemokratischer Intervention oder als Schnittstelle zu den Vertreter_innen unserer repräsentativen Demokratie. Die Realität erfüllt diese Ansprüche aus Sicht der Petent_innen meist nicht, faktisch sehen die Petent_innen das Petitionswesen vor allem als eine Möglichkeit, ein Thema in die Öffentlichkeit zu bringen, und als einen Indikator der öffentlichen Meinung.

Und jetzt? Empfehlungen an die Politik

  • Petitionswesen weiterentwickeln als Form der Bürgerbeteiligung, die dem Wunsch, eigene Themen auf die Agenda zu setzen, stärker Rechnung trägt.
  • Wege finden, um Anliegen von Petitionen auf verschiedenen Ebenen in die politische Willensbildung und den gesamtgesellschaftlichen Interessenausgleich einzubringen. Auch Umgang mit offenen Plattformen überdenken.
  • Soziodemografischer Schieflage begegnen –  inklusive Teilhabe ermöglichen.
  • Petitionen mit mehr Dialog begegnen.
  • Mehr Mitgestaltungsmöglichkeiten in Organisationen – Potenzial der aktiven Bürger_innen einbinden.

Die Methode

Für diese explorative Studie wurden qualitative und quantitative Daten zu Petent_innen auf Change.org, openPetition und dem Petitionsportal des Deutschen Bundestages erhoben. In einem ersten Schritt wurden neun semi-strukturierte Interviews mit Petent_innen aller drei Plattformen durchgeführt. In einem zweiten Schritt wurde zwischen Januar und März 2020 eine quantitative, schriftliche Online-Befragung durchgeführt, an der insgesamt 1.259 Petent_innen teilnahmen.

Über die Autorin

Dr. Kathrin Voss ist selbstständige Politikwissenschaftlerin und als Beraterin spezialisiert auf den Non-Profit-Bereich. Sie berät NGOs, Verbände und Behörden bei ihren Kommunikationsaktivitäten und bei Evaluationen. Sie ist zudem Lehrbeauftragte an der
Universität Hamburg und hat an verschiedenen wissenschaftlichen Projekten zu Online-Partizipation mitgearbeitet, u.a. an der Universität Siegen. Kathrin Voss hat Politik- und Kommunikationswissenschaft an der Universität Hamburg und an der University of California at Berkeley (USA) studiert, war danach als Pressesprecherin tätig, bevor sie an der Universität Hamburg promoviert hat.

Kontakt

Alina Fuchs

030/ 26935 7327

Alina.fuchs(at)fes.de

Kostenfreie Bestellung Printversion über studie-digiziv(at)fes.de

Voss, Kathrin

Engagiert, politisch, digital?

Online-Petitionen als Partizipationsform der digitalen Zivilgesellschaft
Berlin, 2021

Publikation herunterladen (2,6 MB PDF-File)


Referat Demokratie, Gesellschaft & Innovation

Leitung

Dr. Stefanie Elies

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030 269 35 7317

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