Die Gute Gesellschaft 2016

Was macht eine sozialdemokratische Identität in Zeiten der Krise aus? Darüber wurde auf der „Gute-Gesellschaft“-Konferenz der Friedrich-Ebert-Stiftung am 20. und 21. Oktober 2016 in Berlin diskutiert.

Bild: Gute Gesellschaft von Reiner Zensen

In den letzten Jahren ist Ungewissheit in den Gesellschaften Europas aus guten Gründen erstarkt: Die globale Finanzmarkt-, Banken- und Eurokrise, der Konflikt in der Ukraine, der Krieg in Syrien oder der fortschreitende Terrorismus haben Europa erschüttert. Aber auch das Alltagsleben hat sich stark verändert: Der Arbeitsmarkt und das Arbeitsleben haben diverse Veränderungen erlebt und die Digitalisierung hat sich mit einer ungeheure Wucht und Wirkmächtigkeit entfaltet. Die Kommerzialisierung von Nutzerverhalten, die Verfüg- und Verwertbarkeit von Daten, die Durchdringung des Privaten sind einige der Folgen.

In einem Klima zunehmender gesellschaftlicher Verunsicherung und steigender Herausforderungen für die Europäische Union gewinnt die Frage nach (der eigenen) Identität an Gewicht.

Auf der jährlich stattfindenden, internationalen Fachkonferenz der Friedrich-Ebert-Stiftung diskutierten Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles, Professorin Gesine Schwan und  50 weitere nationale und internationalen Expertinnen und Experten aus Think-Tanks, der Wissenschaft und von den Gewerkschaften.

Sozialdemokratische Identitätsbegriffe

In einem Grundlagenpapier wurde ein sozialdemokratischer Identitätsbegriff vorgeschlagen, der auf dem Begriff der „politischen Nation“ fußt und hier vor allem Verfassungstreue, geteilte Sprachkompetenz und das „Tätigsein“ in den Fokus rückt. „Tätigsein“ geht dabei über Arbeit als identitätsstiftend hinaus und schließt all das ein, was gesellschaftlich wünschenswerte Tätigkeiten sind.

Dem Gegenüber standen Beiträge, die der Sozialdemokratie eher dazu raten, eine neue „postliberalen“ Synthese aus elitärem und bodenständigem Liberalismus zu suchen. Diese postliberale Synthese würde eine hohe Attraktivität für Wähler besitzen. Sie würde konservativere Positionen im soziokulturellen Bereich mit sozialdemokratischer Wirtschafts- und Sozialpolitik verbinden und den Liberalismus wieder stärker lebensweltlich verankern. Hier wurde also argumentiert, ein Identitätsbegriff basierend auf gemeinsamer Sprache und Verfassungspatriotismus müsse ergänzt werden durch Elemente des Alltagsverständnisses von Nation und nationaler Identität.

Obwohl keine einheitliche Antwort formuliert werden konnte, wurde deutlich, dass die Idee eines sozialdemokratischen Identitätsbegriffs ein wichtiger Bestandteil einer gemeinsamen programmatischen Positionen der europäischen Sozialdemokratie sein kann.

Ansprechpartner in der Friedrich-Ebert-Stiftung:

Christoph Mohr


Ansprechpartnerin

Marie Meier

+49 30 26935-7418
Marie.Meier(at)fes.de

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