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Prof. Gunnar Schwarting, Verwaltungswissenschaftler
Grundlage für die Selbstverwaltung der Gemeinden (oder Kommunen) ist Artikel 28 des Grundgesetzes. Dort ist festgehalten, dass die Gemeinden alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft eigenständig regeln können.
Eine genauere Beschreibung geben weder das Grundgesetz noch die Landesverfassung oder die Gemeindeordnung. Praktisch sind die von den Kommunen wahrgenommenen Aufgaben ganz vielfältig:
Typische Aufgaben der kommunalen Ebene
Kommunale Selbstverwaltung im umfassenden Sinn gibt es bei den sogenannten freiwilligen Aufgaben.
Hier entscheidet die Gemeinde selbst, ob und in welcher Weise sie eine Aufgabe wahrnehmen möchte. Hierzu zählen vor allem die Bereiche Sport, Freizeitgestaltung oder Kulturangebote.
Auch wenn diese freiwilligen Aufgaben das Kernstück kommunaler Selbstverwaltung sind, werden dafür meistens weniger Personal oder auch Gelder im Haushalt (Finanzplan der Gemeinde) zur Verfügung gestellt. Muss z.B. der Haushalt gekürzt werden, da die Gemeinde mehr Ausgaben als Einnahmen hat und die Schulden zu hoch werden, werden meistens bei den freiwilligen Aufgaben die Gelder gekürzt.
Die Gemeinde könnte aber auch versuchen, ihre Einnahmen z.B. durch eine Erhöhung von Grundsteuern zu verbessern und damit ihre freiwilligen Aufgaben, den Kern ihrer kommunalen Selbstverwaltung, unterstützen.
Aber es gibt zwei wichtige Einschränkungen in der Kommunalen Selbstverwaltung:
Die Gemeinden sind zum einen auf ihr Gemeindegebiet beschränkt. Würden sie mit ihrer Tätigkeit ihre Grenzen überschreiten, würden sie die Selbstverwaltung einer anderen Gemeinde beeinträchtigen.
Die Gemeinden sind zum anderen bei ihrer Tätigkeit nicht vollkommen frei. Haben der Bund oder das Land für bestimmte Aufgaben gesetzliche Regelungen getroffen, so ist die Gemeinde an diese gebunden. Das sind die sogenannten Pflichtaufgaben und Auftragsangelegenheiten:
Ein gutes Beispiel für die Aufgaben, die die Gemeinde im Auftrag des Landes übernimmt, ist die Schule. Das Land hat sich vorbehalten, über Schulformen, das pädagogische Personal und über die Lerninhalte zu bestimmen.
Die Gemeinde entscheidet dagegen über Schulstandorte im Gemeindegebiet, Gebäude, das übrige Personal (Hausmeister, Sekretariat) und über die Bewirtschaftung der Schulgebäude (z.B. Heizung, Reinigung, Reparaturen). Dieser Aufgabe kann sich die Gemeinde nicht entziehen - es ist eine sogenannte Pflichtaufgabe. Diese Pflichtaufgaben nehmen einen großen Teil der täglichen Arbeit einer Gemeindeverwaltung ein.
Zu den Aufgaben, die die Gemeinde für Bund oder Land übernehmen, gehören auch die sogenannten Auftragsangelegenheiten.
Das Rathaus der Gemeinde ist für die Einwohnerschaft die nächste Verwaltungsstelle. Denn der Bund und das Land unterhalten nur selten flächendeckend eigene Behördenstandorte (eine Ausnahme: die Finanzämter).
Daher ist es seit jeher üblich, dass staatliche Aufgaben durch Mitarbeiter_innen der Gemeindeverwaltung erfüllt werden. Ein gutes Beispiel ist der Personalausweis. Dieser wird bei der Gemeindeverwaltung beantragt und ausgegeben. Wie der Personalausweis gestaltet, wo er hergestellt und wie lange er gültig ist, entscheidet aber nicht der Gemeinderat. Das ist durch ein Bundesgesetz festgelegt.
Damit die kommunale Selbstverwaltung nicht durch immer neue Pflichtaufgaben oder die Erledigung weiterer staatlicher Aufgaben ausgehöhlt wird, gilt in Rheinland-Pfalz die Regel: "Wer bestellt - der bezahlt" (der Fachbegriff lautet "Konnexitätsprinzip").
Werden die Gemeinden durch zusätzliche Aufgaben belastet, haben sie einen Anspruch auf die dafür erforderlichen Geldmittel und manchmal auch Personal.
Auch wenn es sich bei den folgenden Themen um Fragen handelt, die nicht nur die Gemeinde, sondern die ganze Gesellschaft (z.B. auch Betriebe) angehen, so zählen z.B.
zu den ganz wichtigen Fragen in der Kommunalpolitik. Daher sieht die Gemeindeordnung auch entsprechende Organisationsformen vor. Dazu gehören die Gleichstellungsbeauftragten in der Verwaltung, die gewählten Beiräte für Migration und Integration und die freiwilligen Beiräte für Menschen mit Beeinträchtigungen.
Unabhängig davon sind die Gemeinden bei ihren Planungen gehalten, die Interessen aller Bevölkerungsgruppen zu berücksichtigen.
Die Gemeinde muss nicht alle Aufgaben mit eigenem Personal erledigen. Sie hat die Möglichkeit, Aufgaben auf einen Eigenbetrieb (z.B. Abwasserbeseitigung) oder eine kommunale GmbH (z.B. Strom- oder Wärmeversorgung) auszugliedern.
Viele Aufgaben im sozialen Bereich werden auch von gemeinnützigen Organisationen übernommen (z.B. Kindertagesstätten in kirchlicher Trägerschaft, vereinseigene Sportanlagen).
Die Kommune kann aber auch private Unternehmen mit der Aufgabenerledigung beauftragen (z.B. den Schulbusverkehr). Schließlich können Aufgaben teilweise auch auf die Einwohnerschaft übertragen werden (z.B. Straßenreinigung und Schneeräumung).
Nicht jede Gemeinde erfüllt all diese Aufgaben. In Rheinland-Pfalz sind die Aufgaben auf die Ortsgemeinden, die Verbandsgemeinden und die Kreise verteilt. So kann eine Ortsgemeinde (die kein eigenes Verwaltungspersonal hat) keine Personalausweise ausstellen. Dies macht die Verbandsgemeinde. Die Fahrzeugzulassung wiederum ist in der Kreisverwaltung (Landkreis) angesiedelt.
Nur die kreisfreien Städte haben eine eigene Verwaltung für alle Aufgabenbereiche.