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Prof. Gunnar Schwarting, Verwaltungswissenschaftler
Wenn man die Kinder einer Bürgermeisterin fragen würde, was ihre Mutter denn im Beruf so mache, würde dies vermutlich auf folgenden Dreiklang hinauslaufen:
Tatsächlich ist es gar nicht einfach, das Berufsbild von Bürgermeister_innen zu umschreiben. Zunächst: Lernen kann man den Beruf nicht, auch wenn es nützlich ist, wenn diejenigen, die sich für ein solches Amt bewerben einige Voraussetzungen mitbringen: Dazu gehört z.B. die Fähigkeit zur Kommunikation mit anderen, aber auch eine gute "Menschenführung".
Eine förmliche Ausbildung (Qualifikationen) brauchen die Bewerber_innen um das Amt nicht. Es gilt lediglich ein Mindestalter von 23 Jahren und ein Höchstalter von 65 Jahren bei Antritt zur Wahl.
Für ehrenamtliche Bürgermeister_innen kommt als weitere Voraussetzung dazu, dass sie Bürger_innen der Gemeinde sind (Hauptwohnsitz).
Bürgermeister_innen haben eine Doppelfunktion. Sie leiten die Gemeindeverwaltung und sind gesetzliche Vertreter der Gemeinde nach außen.
Als Leiter_innen der Verwaltung bestimmen sie deren innere Organisation und sind verantwortlich für:
die ordnungs- und gesetzmäßige Erledigung der Gemeindeaufgaben. Hierzu erlassen sie allgemeine Geschäfts- und Dienstanweisungen, in denen der Geschäftsgang innerhalb der Verwaltung geregelt wird.
Sie sind Dienstvorgesetzte des Gemeindepersonals und nehmen Ernennungen bzw. Einstellungen oder Kündigungen bzw. Entlassungen vor. Ab einer bestimmten Besoldungs- oder Vergütungsgruppe brauchen sie hierfür allerdings die Zustimmung des Gemeinderates.
Als Dienstvorgesetzte führen sie auch die Gespräche mit dem Personalrat, der Interessenvertretung der Mitarbeiter_innen.
Die Bürgermeister_innen sind für die Erledigung der laufenden Verwaltung sowie für die Ausführung der übertragenen staatlichen Aufgaben zuständig.
Die Bürgermeister_innen sind kraft ihres Amtes Mitglieder und Vorsitzende des Gemeinderates und bereiten die Beschlüsse des Gemeinderates vor:
Insbesondere haben sie dafür Sorge zu tragen, dass Unterlagen zur Entscheidungsfindung von der Verwaltung zur Verfügung gestellt werden.
Nachdem der Rat eine Entscheidung gefällt hat, sorgen die Bürgermeister_innen für die Ausführung der Beschlüsse des Gemeinderates (Verwaltungsfunktion).
In Verbandsgemeinden gilt dies nicht nur für die Beschlüsse des Verbandsgemeinderats. Die Verbandsbürgermeister_innen muss auch für die Umsetzung der der Beschlüsse Ortsgemeinderäte sorgen.
Allerdings kann der Fall eintreten, dass die/der Bürgermeister_in die Auffassung vertritt, ein Beschluss überschreite die Kompetenzen des Rates bzw. sei gesetz- oder rechtswidrig. Dann kann sie/er den Beschluss bis zur nächsten Sitzung aussetzen.
Bleibt der Rat auch dann bei seiner Auffassung, entscheidet die kommunale Aufsichtsbehörde.
Die Bürgermeister_innen sind gesetzliche Vertreter der Gemeinde.
Sie unterschreiben rechtsverbindlich Verträge, Urkunden oder Verfügungen. Sie sind zugleich aber auch die Repräsentant_innen der Gemeinde nach außen. Sie berufen die Einwohnerversammlung ein, die sie auch leiten. Gleiches gilt für andere Verfahren und Formen der Bürgerbeteiligung.
Darüber hinaus haben viele Bürgermeister_innen eine Sprechstunde eingerichtet. Inzwischen pflegen Bürgermeister_innen den direkten Kontakt mit den Einwohnern und Einwohnerinnen auch auf elektronischem Wege oder in Sozialen Medien.
Jeder Verein oder jede andere Organisation erwartet, dass zu einem Jubiläum die Bürgermeister_in erscheint und ein (kurzes) Grußwort spricht. Ähnliches gilt bei besonderen Geburtstagen oder Ehejubiläen. Bürgermeister_innen nehmen ebenfalls Ehrungen vor.
Das Bürgermeisteramt ist daher nicht nur verantwortungsvoll, sondern auch mit Zeitaufwand verbunden.
Je nach Größe und Umfang der Verwaltungsaufgaben können Bürgermeister_innen ihre Befugnisse delegieren.
Dafür kommen zunächst die Beigeordneten, dann aber auch leitende Mitarbeiter_innen in der Verwaltung in Betracht. Wer welche Befugnisse wahrnimmt, ist in einem Organigramm allen Mitarbeiter_innen, aber auch für die Öffentlichkeit transparent zu machen.
Während die Bürgermeister_in mit ihrem Namen und der Amtsbezeichnung unterschreibt, zeichnen die Beigeordneten "in Vertretung" und alle übrigen Mitarbeiter_innen der Verwaltung "im Auftrag".
Nach Abschluss des Haushaltsjahres und der Prüfung des Jahresabschlusses wird im Gemeinderat über die Entlastung der Bürgermeister_in (und der Beigeordneten) abgestimmt. An dieser Beratung nehmen die Betreffenden nicht teil. Üblicherweise erfolgt die Entlastung problemlos. Wird sie nicht erteilt, muss der Gemeinderat dies begründen. Dienst- oder haftungsrechtliche Konsequenzen ergeben sich aus der Nicht-Entlastung allerdings nicht. Im politischen Alltag ist dies aber als Misstrauensvotum gegen die Bürgermeister_innen (oder einen Beigeordneten) zu verstehen.