Nr: 05
Name: Rathaus

Wie unterscheidet sich das Bürgermeisteramt in RLP von anderen Bundesländern?

Inhalt:

  • Ehrenamt und Hauptamt
  • Mindestalter und Wahlergebnis
  • Arbeitsaufteilung zwischen Bürgermeister_in und Beigeordneten
  • Vertretungsregelungen

Prof. Gunnar Schwarting, Verwaltungswissenschaftler

Wie unterscheidet sich das Bürgermeisteramt in Rheinland-Pfalz von anderen Bundesländern?


Bürgermeister_in ist nicht gleich Bürgermeister_in. In jedem der sechzehn Länder Deutschlands sind die Verhältnisse anders.

Der Regierende Bürgermeister von Berlin ist mit dem Ortsbürgermeister von Flonheim in Rheinhessen nicht zu vergleichen. Der "Regierende" ist Bürgermeister und Ministerpräsident in einer Person, denn Berlin ist Stadt und Bundesland zugleich. Außerdem ist der Berliner Bürgermeister hauptberuflich tätig, während der Ortsbürgermeister von Flonheim, wie mehr als 2.000 Amtskolleg_innen in Rheinland-Pfalz auch, sein Amt ehrenamtlich wahrnimmt und nur eine kleine Aufwandsentschädigung erhält.

Ehrenamt und Hauptamt

Schauen wir in unsere Nachbarländer Nordrhein-Westfalen, Hessen und Baden Württemberg, so fällt zunächst auf, dass es dort viel weniger ehrenamtliche Bürgermeister_innen gibt, in Nordrhein-Westfalen sogar überhaupt keine. In diesen Ländern sind die Gemeinden durchweg größer als in Rheinland-Pfalz und daher überwiegend hauptamtlich geführt.

Die ehrenamtlichen Bürgermeister_innen werden zusammen mit der allgemeinen Kommunalwahl auf fünf Jahre gewählt; sie amtieren also genauso lang wie der Gemeinderat. Hauptamtliche Bürgermeister_innen (in Rheinland-Pfalz in zwölf kreisfreien Städten, dreißig verbandsfreien Gemeinden und 143 Verbandsgemeinden) hingegen werden in der Regel in einer gesonderten Wahl  auf acht Jahre gewählt. Manchmal kann die Wahl der hauptamtlichen Bürgermeister_innen auch mit einer anderen Wahl zusammengelegt werden.

Das ist in Hessen anders, dort beträgt die Amtszeit nur sechs Jahre, in Nordrhein-Westfalen ab 2020 sogar nur fünf Jahre, dort erfolgt sie dann parallel zum Gemeinderat.

Nach Ablauf der Amtszeit müssen sich die hauptamtlichen Bürgermeister_innen einer Wiederwahl stellen, in Rheinland-Pfalz ist dies bis zum Erreichen der Altersgrenze von 65 Jahren möglich. Wer also jung ins Amt kommt, auf den kommt (vorausgesetzt er/sie wird jedes Mal wiedergewählt) diese Verpflichtung vier oder fünf Mal zu. Das hat es in Rheinland-Pfalz auch schon mehrfach gegeben. In den anderen drei Ländern ist diese "Wiederkandidaturpflicht" auf zwei- bis dreimal begrenzt.

Mindestalter und Wahlergebnis

Die meisten Länder kennen ein Mindestalter für die Kandidatur:

  • In Hessen kann man bereits mit 18 Jahren zur Bürgermeister_in gewählt werden.
  • In anderen Ländern ist das Mindestalter höher: 23 Jahre in Rheinland-Pfalz, 25 Jahre in Baden-Württemberg.

Für die Wahl benötigt ein_e Kandidat_in die absolute Mehrheit der Stimmen, ansonsten kommt es zur Stichwahl zwischen den beiden Bewerber_innen, die die meisten Stimmen erhalten haben.

Das soll 2020 in Nordrhein-Westfalen abgeschafft werden; dann ist dort derjenige gewählt, der die meisten Stimmen erhalten hat.

Baden-Württemberg kennt ebenfalls die Stichwahl, dort können aber im zweiten Wahlgang alle Kandidat_innen erneut antreten, ja es können sich sogar noch neue bewerben.

Arbeitsaufteilung zwischen Bürgermeister_in und Beigeordneten

In fast allen Ländern sind die Bürgermeister_innen auch Vorsitzende des Gemeinderates.

Sie stellen die Tagesordnung auf und leiten die Sitzung. In Hessen gibt es allerdings einen gesonderten Ratsvorsitzenden (in Städten: Stadtverordnetenvorsteher_in), die aus der Mitte des Rates gewählt werden. Sie stellen die Tagesordnung der Sitzungen auf und leiteen diese. Zudem vertreten sie den Rat nach außen.

Die Bürgermeister_innen leiten auch die Geschäfte der Verwaltung. Sie handeln rechtsverbindlich für die Gemeinde. In größeren Gemeinden oder in Städten wird er/sie diese Aufgabe auf Beigeordnete oder auf Angestellte der Verwaltung delegieren.

Die Bürgermeister_innen entscheiden über die innere Organisation der Verwaltung, also die Zahl, Struktur und Aufgaben der Ämter, Abteilungen oder Fachbereiche (die Bezeichnungen unterscheiden sich zwischen einzelnen Gemeinden). Vor allem aber verteilen sie die Geschäftsbereiche zwischen sich und der oder den Beigeordneten.

Darin unterscheiden sich die Länder wiederum:

  • In Rheinland-Pfalz benötigen die Bürgermeister_innen für diese Geschäftsverteilung die Zustimmung des Rates, während sie in Hessen allein entscheiden.

  • In Nordrhein-Westfalen kann - kommt es zu keiner Einigung mit den Bürgermeister_innen - der Rat selbst die Geschäftsbereiche festlegen.


Sehr unterschiedlich ist übrigens die Möglichkeit der Bürgermeister_innen, in die Tätigkeit der Geschäftsbereiche der Beigeordneten einzuwirken. Denn üblicherweise verwalten die Beigeordneten ihre Geschäftsbereiche eigenständig.

Das "Direktionsrecht" der Bürgermeister_innen ist in Baden-Württemberg besonders stark; ansonsten können Bürgermeister_innen nur "hineinregieren", wenn die Einheitlichkeit der Verwaltung gefährdet ist.

Vertretungsregelungen

Die Bürgermeister_innen repräsentieren die Gemeinden nach außen; da sie dies in größeren Gemeinden allein aus zeitlichen Gründen gar nicht schaffen können (und sie ja auch mal in den Urlaub fahren), gibt es Vertreter_innen, die im Falle ihrer Abwesenheit "einspringen". Das übernehmen die ehren- oder hauptamtlichen Beigeordneten.

Die Vertretungsregelung ist in der Regel in der Hauptsatzung festgelegt. Eine Ausnahme bildet Nordrhein-Westfalen. Hier wählt der Rat aus seiner Mitte stellvertretende Bürgermeister_innen, die aber nur repräsentative Aufgaben übernehmen.

Bleibt zum Schluss nur noch einmal die Feststellung: Bürgermeister_in ist eben nicht gleich Bürgermeister_in!


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