Nr: 12
Name: Die Gemeinden und ihr Geld

Die EU und die Kommunen

Inhalt:

  • Schengen und Binnenmarkt
  • Förderprogramme
  • Information und Beratung
  • EU und saubere Umwelt
  • Europäisches Beihilfe- und Steuerrecht
  • Interessen der Kommunen gegenüber der EU bündeln

Prof. Gunnar Schwarting, Verwaltungswissenschaftler

Die EU und die Kommunen


Die Diskussion um den Ausstieg Großbritanniens aus der Europäischen Union (Brexit) hat gezeigt, wie eng verflochten die Länder Europas miteinander sind. Insofern ist die europäische Gesetzgebung und Politik auch für die Kommunalpolitik von großer Bedeutung.


Schengen und Binnenmarkt

In Europa gibt es nicht nur die Arbeitnehmerfreizügigkeit (die mit dem Abkommen von Schengen/Lux. in Kraft getreten ist). Die EU ist als Wirtschaftsgemeinschaft gegründet worden und versteht sich als gemeinsamer Binnenmarkt. Das führt dazu, dass für Waren und Dienstleistungen grenzüberschreitend gleiche Regeln gelten sollen.

  • Der zentrale Begriff ist Diskriminierungsfreiheit, d.h. kein Unternehmen darf durch staatliche Maßnahmen im Wettbewerb behindert werden.

  • Ein ganz wichtiges Element ist das Beihilfeverbot – Subventionen an einzelne Unternehmen, wie sie früher in der staatlichen und auch kommunalen Wirtschaftsförderung nicht unüblich waren, sind im Prinzip untersagt.

  • Auch die Vergabe öffentlicher Aufträge muss nach für alle gleichen Kriterien erfolgen. Letzteres ist allerdings nichts Neues; denn dies galt auch schon vorher im nationalen Recht.

    Allerdings sind bei größeren Aufträgen die Verfahren komplizierter geworden. Oberhalb der Schwellenwerte 221.000 Euro für Lieferungen und Leistungen, und 5.548.000 Euro für Bauaufträge gilt das europäische Recht. Unterhalb dieser Werte gilt das nationale Recht.

    Zwar ist bei kleineren Aufträgen nicht zu erwarten, dass sich europaweit Anbieter melden. Das kann aber in den Grenzregionen von Rheinland-Pfalz ganz anders sein, denn auch die Handwerksbetriebe aus Luxemburg können sich auf Aufträge in Deutschland bewerben.

    Macht die Kommune im Vergabeverfahren Fehler, kann das zu Verzögerungen, schlimmstenfalls sogar zu Schadenersatzzahlungen an unterlegene Unternehmen führen.

  • Die Frage der Liberalisierung von Märkten spielt in der europäischen Diskussion daher eine große Rolle. Bekannt geworden sind vor allem die Liberalisierung der Märkte für Telekommunikation und die Energieversorgung. Letztere hat auch kommunale Energieversorgungsunternehmen erfasst, die sich allerdings bisher im Wettbewerb recht gut behauptet haben.

  • Darüber hinaus gibt es weitere Initiativen der EU zur Vertiefung des Binnenmarktes wie z.B. die Einführung von SEPA (internationale Banküberweisung für den Zahlungsverkehr, die E-Rechnung für die Abwicklung von Aufträgen oder aber auch die Datenschutzgrundverordnung, die noch immer für heftige Diskussionen sorgt.

Förderprogramme, die Kommunen nutzen können

Es gibt zahlreiche Programme der EU, die kommunale Projekte finanziell unterstützen: Dazu gehören vor allem

  • EFRE (Europäischer Fonds zur Stärkung der regionalen Entwicklung),
  • ELER (Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung ländlichen Regionen) und
  • ESF (Europäischer Sozialfonds, u.a. zur Förderung der Integration in den Arbeitsmarkt).

Welche Projekte auf kommunaler Ebene mit diesen Mitteln durchgeführt werden, legt das Land Rheinland-Pfalz in einem sog. operationellen Programm fest.

Information und Beratung

Hilfreich bei der Beratung in EU-Angelegenheiten (Förderprogramme, Wirtschaftsförderung, Richtlinien) sind auch die beiden Büros „Europe Direct“ in Koblenz und Kaiserslautern, die von der EU und den beiden Städten gefördert werden.

Um Unternehmen eine Hilfestellung an die Hand zu geben, welche speziellen Regelungen im Land zu beachten sind, gibt es in Rheinland-Pfalz die zwei Informationsstellen „Einheitlicher Ansprechpartner“, die in Koblenz und Neustadt an der Weinstrasse bei der Struktur- und Genehmigungsdirektion angesiedelt sind.


EU und saubere Umwelt

  • Aktuell ist die Feinstaubbelastung in den Städten ein großes Thema, denn nach der Feinstaubrichtlinie der EU dürfen die Schadstoffe in der Luft bestimmte Grenzwerte nicht überschreiten. Damit soll die gesundheitliche Belastung der Bevölkerung reduziert werden. Dabei geht es keineswegs immer nur um das Dieselfahrverbot. Dazu gehören z.B. verkehrslenkende Maßnahmen (weniger Staus und Rotphasen an Ampeln) oder eine Förderung des ÖPNV.

  • Ein zweites aktuelles Beispiel ist die Wasserrahmenrichtlinie der EU, mit der saubere Oberflächengewässer sowie ein sauberes Grundwasser erreicht werden sollen. Das dient zum einen dazu, die Lebensräume in den Flüssen, Bächen, Seen und der angrenzenden Lebensräume zu schützen und zu verbessern. Zum anderen soll sichergestellt werden, dass hinreichendes und sauberes Grundwasser für die Trinkwasserversorgung vorhanden ist.

  • Auch das Umweltinformationsgesetz geht auf eine Initiative der EU zurück mit dem Ziel, den freien Zugang zu umweltrelevanten Informationen sicherzustellen. In Rheinland-Pfalz sind das Umweltinformations- und das Informationsfreiheitsgesetz inzwischen im Transparenzgesetz zusammengefasst worden. Dieses Gesetz betrifft auch die Auskunftspflicht der kommunalen Verwaltungen.


Europäisches Beihilfe- und Steuerrecht

  • Die Kommune darf keinem Unternehmen spezielle Hilfen gewähren, wenn dadurch Konkurrenten benachteiligt werden könnten. Beihilfe ist dabei nicht nur eine direkte Zahlung, sondern auch ein vergünstigtes Grundstück, die nicht kostendeckende Gestellung von Personal oder verbilligte Kredite. Das ist vor allem von Bedeutung bei defizitären kommunalen Unternehmen wie dem ÖPNV.

  • Sowohl das Vergabe- wie das Beihilferecht sind etwas komplizierter und erfordern von der Kommunalverwaltung hohe Sachkenntnis. Da sich immer wieder Rechtsänderungen ergeben, ist der Fortbildungsbedarf für die Mitarbeiter_innen in diesen Bereichen hoch.

  • Das gilt auch für die Mehrwertsteuerrichtlinie der EU, die von den Gemeinden beachtet werden muss bei der Zahlung ihrer Umsatzsteuern.


Interessen der Kommunen gegenüber der EU bündeln

Diese grundlegenden strukturellen Entwicklungen kann die einzelne Kommune nicht beeinflussen. Daher ist es entscheidend, dass die Kommunen in Deutschland ihre Anliegen über ihre Spitzenverbände (Gemeinde- und Städtebund, Landkreistag, Städtetag) bündeln.

Die Verbände unterhalten dazu auch Verbindungsbüros in Brüssel. Daneben sind die Landesregierung und am Ende auch der Bund (selbstverständlich auch die Abgeordneten des Europäischen Parlaments) einzubinden, damit für die Kommunen verträgliche Regelungen getroffen werden.


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