Nr: 19
Name: Die Bürger_innen

Wie funktioniert direkte Demokratie?

Inhalt:

  • Praktische Beispiele des Mitmachens
  • Formale Beteiligungsrechte der Bürger_innen

Horst Wenner, Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz

Wie funktioniert direkte Demokratie?


Demokratie lebt vom Mitmachen. Natürlich steht an erster Stelle, sich als Bürger_in zu engagieren bzw. zu organisieren: Ob in einer Partei, einer Wählervereinigung, einer Bürgerinitiative, einem Verein oder wo auch immer. Unsere politische Ordnung gibt uns viele Möglichkeiten dazu.

Ganz am Anfang muss ich mir bewusst werden: Was will ich konkret erreichen?


Praktische Beispiele des Mitmachens

Sich und sein Anliegen bemerkbar machen, das ist der erste Schritt. Vom Leserbrief bis zum eigenen Blog (auch: Weblog, im Internet zugängliches öffentliches Tagebuch) ist alles denkbar, z.B.

  • wenn die Busverbindung schlecht ist und mir nicht ausreicht. Dann finde ich am besten heraus, wie der öffentliche Personennahverkehr organisiert ist und wer die richtigen Ansprechpersonen sind? Ein Brief an das Busunternehmen wäre ein Anfang, um dem Problem Aufmerksamkeit zu verschaffen.
    Das Unternehmen wird aber sicher gute Gründe finden, warum der Zustand so, wie er ist, gerade richtig sei. Schnell wird dann die Einsicht kommen, dass, wenn ich alleine einen Brief schreibe, ich sehr wenig erreichen werde.


Formale Beteiligungsrechte der Bürger_innen

Auf der formalen Ebene hat der oder die Einzelne einige verbriefte Rechte:

  • So müssen in Bauangelegenheiten von den Bauträgern klare Regeln eingehalten werden und wenn nicht, können die Bürger_innen sich beim Bauamt beschweren.

  • Teilnahme an öffentlichen Sitzungen des Gemeinde- und Stadtrats (z.B. Bürgerfragestunde) ermöglichen es, das Zustandekommen von einzelnen Entscheidungen des Rats mit zu verfolgen und zu kommentieren

  • In manchen Städten wurden beispielsweise „Stadtteilkonferenzen“ eingerichtet, wenn die Kommune plant, einen neuen Stadtteil zu erschließen oder die Verkehrsführung zu ändern.

  • Oder es werden öffentliche Dialoge/Workshops angeboten, um gemeinsam ein Leitbild für die Gemeinde zu entwickeln, das dann den kommunalpolitisch Verantwortlichen als Handlungsgrundlage dient.

  • Auch Bürgerbegehren und Bürgerentscheide sind verbriefte Rechte, die die Bürger_innen nutzen können, um die Politik vor Ort zu beeinflussen. In Mainz war 2018 z.B. die Initiative gegen den Bibelturm (Ausbau des Gutenberg-Museums) sehr erfolgreich und konnte durch ihre Kampagne den Bürgerentscheid mit über 70 Prozent Nein-Stimmen zum Konzept des Stadtrats für sich entscheiden. Das Museum wird nun also nicht in der vom Stadtrat beschlossenen Weise modernisiert, es müssen stattdessen neue Entwürfe eingeholt werden.

  • In der Durchführung von Bürgerentscheiden kann es regional unterschiedliche Vorgaben geben, aber das Recht darauf ist für alle Bürger_innen in Rheinland-Pfalz verankert. Das sogenannte Bürgerbegehren ist die erste Stufe zum Bürgerentscheid, es gilt als Antrag auf einen Bürgerentscheid. In Paragraph 17a der Gemeindeordnung heißt es dazu, dass „die Bürger einer Gemeinde über eine Angelegenheit der Gemeinde einen Bürgerentscheid beantragen können (Bürgerbegehren).
    Der Gemeinderat kann beschließen, dass über eine Angelegenheit der Gemeinde ein Bürgerentscheid stattfindet. Dieser Paragraph 17a regelt auch die formalen Voraussetzungen (Fristen für die Durchführung, Quoren – d.h. wie viele Wahlberechtigte der Gemeinde müssen ihre Stimme abgegeben haben, damit die Abstimmung gültig ist, und vieles mehr).


Festzuhalten ist: In den vergangenen Jahren hat die Politik erkannt, dass Mitsprache ein hohes Gut in der Demokratie ist und sich nicht nur auf die Abgabe der Stimme in Wahlen beschränkt. Über wichtige Angelegenheiten aus dem Bereich der örtlichen Verwaltung sind die Bürgerinnen und Bürger in geeigneter Form zu unterrichten, fordert die rheinland-pfälzische Gemeindeordnung an anderer Stelle.

Und Verwaltung und Politik tun gut daran, sich darauf zu besinnen. Denn nur wenn es gelingt, die Menschen mitzunehmen, kann Demokratie gelingen.


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