Nr: 09
Name: Kommunallandkarte

Was bedeutet Daseinsvorsorge auf der kommunalen Ebene?

Der Begriff Daseinsvorsorge ist weit und umfasst grundsätzlich alle Komponenten, die die Bereitstellung von Diensten für die Allgemeinheit umfassen. Dazu gehören gesellschafts-, wirtschafts- und sozialpolitische Leistungen, wie die Versorgung mit Energie und Wasser, Abfallentsorgung, Schul- und Bildungssysteme, öffentliche Medien sowie soziale Dienstleistungen und die Bereitstellung infrastruktureller Grundvoraussetzungen. Auch kulturpolitische Leistungen fallen unter dieses Konzept. Den Kommunen kommt daher eine wichtige Rolle bei der Ausgestaltung des aus Art. 20 Abs. 1 GG folgenden Sozialstaatsprinzip zu. Dabei geht die Daseinsvorsorge über die Sicherung des reinen Existenzminimums hinaus. Da die Gemeinden im Sinne des Rechts auf kommunale Selbstverwaltung weitestgehend frei über die örtliche vorgehaltenen Infrastrukturleistungen entscheiden können, kommt ihnen bei der Umsetzung des Sozialstaatsprinzips eine Schlüsselrolle zu.

Viele Kommunen schließen sich dabei auf Landkreisebene zusammen, um Dienstleistungen der Daseinsvorsorge besser organisieren zu können. Dies ist oft bei der Müllabfuhr oder dem öffentlichen Personennahverkehr zu beobachten. Ebenfalls bilden Stadtwerke einen integralen Bestandteil der kommunalen Daseinsvorsorge, da sie die Städte und umliegenden Gemeinden mit Wasser, Strom und Gas versorgen. Sie ermöglichen es den Kommunen darüber hinaus, Wasser- und Strompreise sozialverträglich zu berechnen, da Stadtwerke dem Allgemeinwohl verpflichtet sind.

Ein wiederkehrender kommunalpolitischer Streitpunkt ist die Thematik der Privatisierung, insbesondere in den Bereichen Wasser- und Abfallwirtschaft. Die Kommunen sind nämlich nicht verpflichtet, in diesen Sektoren eigenständig wirtschaftlich tätig zu werden, sondern es ist ihnen auch freigestellt, etwaige private bzw. privatisierte Formen der Aufgabenerfüllung einzuführen. Zudem kommt hierbei auch das EU-Wettbewerbsrecht ins Spiel, das in den letzten Jahrzehnten auf immer weitere Bereiche des Wirtschaftslebens ausgedehnt wurde und dessen Liberalisierungstendenzen inzwischen auch auf klassische Bereiche der Daseinsvorsorge ausstrahlen. Im Zuge der Diskussion um die Krisenbewältigung nach der Corona-Pandemie ist demgegenüber die Wertschätzung des Konzepts der Daseinsvorsorge durch einen „starken“ Staat gegenüber dem liberalen Ansatz in der öffentlichen politischen Auseinandersetzung wieder gestärkt worden. Auch in Zukunft wird Daseinsvorsorge, nicht zuletzt durch den demografischen Wandel angetrieben, eines der wichtigsten Politikfelder und Aufgabenbereiche der niedersächsischen Kommunen und Städte sein.

Weitere Informationen erhalten Sie hier:

https://www.fes.de/landesbuero-niedersachsen/

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