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Name: Themen und Perspektive

Was haben die Kommunen mit Europa zu tun?

Im Vertrag von Lissabon haben die Mitgliedsstaaten der EU 2007 die Position der Kommunen innerhalb der europäischen Architektur fest verankert. Die Kommunalverfassungen der Mitgliedstaaten fanden in den Europäischen Verträgen erstmals ausdrücklich Anerkennung. Die Rechte der kommunalen Ebene in der EU wurden gestärkt. So betont Art. 4 Abs. 2 des EU-Vertrages die Bedeutung „der regionalen und lokalen Selbstverwaltung“.

Seit 1992 ist das Europabüro der bayerischen Kommunen in Brüssel tätig. Es vertritt die Interessen von über 2.000 Gemeinden, 275 Städten sowie der 71 bayerischen Landkreise und der 7 bayerischen Bezirke. Zahlreiche Kommunen pflegen oft seit Jahrzehnten intensive Partnerschaften mit Städten im europäischen Ausland.

Regionen und Städte in der EU sprechen im Europäischen Ausschuss der Regionen bei der Gesetzgebung mit. So müssen die Europäische Kommission, der Rat der EU und das Europäische Parlament den Ausschuss anhören, wenn sie Rechtsvorschriften in

Bereichen formulieren, die regionale und lokale Gebietskörperschaften betreffen. Dazu zählen Gesundheit, Bildung, Sozial- und Beschäftigungspolitik, wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt, Verkehr, Energie oder Bereiche zu Klima und Umwelt.

Vertreten werden die Gebietskörperschaften durch lokal und regional gewählte Vertreter_innen aller 27 (vormals 28) EU-Mitgliedstaaten. Die EU unterstützt Kommunen mit Mitteln aus dem Strukturfonds, die von Städten und Gemeinden für die Realisierung lokaler Projekte beantragt werden können.

Im Alltag bayerischer Kommunen spielt Europa zweifelsohne eine bedeutende Rolle – auch wenn das nicht immer auf den ersten Blick erkennbar ist. Die Rechtsetzung der Europäischen Union beeinflusst unmittelbar auch zahlreiche kommunale Entscheidungen. Wir nennen drei Bereiche:

Vergaberecht der EU

Jede Kommune ist verpflichtet, Aufträge ab einem bestimmten „Schwellenwert“ EU-weit auszuschreiben. Für die Jahre 2020 und 2021 liegen diese Werte bei Bauaufträgen und Konzessionsvergaben jeweils bei € 5.350.000. Bei Dienstleistungs- und Lieferaufträgen liegt der Schwellenwert bei € 214.000.

Umweltrecht der EU

Bei der Erstellung von Flächennutzungs- und Bebauungsplänen müssen die Kommunen  EU-Vorgaben z.B. für Luftreinhaltung, Abfallbeseitigung und die Wasserrahmenrichtlinien berücksichtigen.

Fördermittel der EU

Kommunen können bei der EU Fördermittel für bestimmte Projekte beantragen. Sie müssen sich aber mit eigenen Geldern an der Finanzierung beteiligen, meist mit der Hälfte der Gesamtsumme.

Mit Mitteln des Programms „Leader“ förderte die EU über Jahrzehnte auch in Bayern die Entwicklung ländlicher Regionen hin zu mehr Eigenständigkeit. Mit Investitionsinstrumenten wie dem Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESIF) stellt die EU den Mitgliedstaaten mit ihren Regionen umfangreiche Mittel zur Verfügung. Hierfür standen dem ESIF im Förderzeitraum 2014 – 2020 rund  ein  Drittel  der  EU-Haushaltsmittel  zur  Verfügung. Dieses Geld soll insbesondere  in  wirtschaftlich  schwächere Regionen fließen, um dort nachhaltige Strukturwandel und Entwicklungschancen anzuregen. Einer dieser Fonds ist der EFRE, der Europäische Fonds für regionale Entwicklung.

Wenngleich europäische Institutionen und ihre scheinbar unüberschaubare Bürokratie bei der Beantragung öffentlicher Mittel zu zahlreicher Kritik führen, beweisen zahlreiche kommunale Projekte das große Potential dieser Hilfen, da sie ohne EU-Mittel nicht zu verwirklichen gewesen wären. Auch in Bayern profitierten und profitieren davon viele Kommunen und Regionen. So stand dem Freistaat Bayern seit 2014 bis heute insgesamt rund 495 Mio. Euro aus dem EFRE zur Verfügung.

Die Aufteilung und der Einsatz dieser Mittel richtet sich nach fünf zentralen Zielen: Stärkung von Forschung, technologischer Entwicklung und Innovation, Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen, Klimaschutz, Hochwasserschutz sowie nach einer nachhaltigen Entwicklung funktionaler Räume.

Um diese Entwicklungen vor allem in strukturschwächeren Räumen Bayerns anzustoßen, hat sich der Freistaat dazu verpflichtet, 60 Prozent der Gelder in diesen Regionen einzusetzen.

Weitere Informationen erhalten Sie hier:

https://www.fes.de/kommunalakademie/grundwissen-kommunalpolitik

Bei Fragen und Rückmeldungen wenden Sie sich gerne an die KommunalAkademie Bayern:

https://www.fes.de/regionalbuero-regensburg

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