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Name: Themen und Perspektiven

Was soll der ÖPNV künftig leisten?

Bei der vielfach geforderten „Verkehrswende“ hin zu weniger Schadstoffausstoß und mehr Klimafreundlichkeit setzen Bürger_innen und (Kommunal-)Politik vor allem auf einen massiven Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Die Bevölkerung in größeren und großen Städten und in Gemeinden mit viel Durchgangsverkehr stöhnt über Verkehrslärm und Luftverschmutzung. Besonders Kinder und ältere Menschen erkranken überdurchschnittlich häufig an Atemwegsinfekten als Folge der Feinstaubbelastung durch den Individualverkehr.

Der ÖPNV muss im Rahmen der Daseinsvorsorge die Mobilität der Bevölkerung gewährleisten und gleichzeitig dem Umweltschutz und dem Einsparen fossiler Treibstoffe dienen. Er muss sich an den ökonomischen, ökologischen und sozialen Zielen unseres Gemeinwesens orientieren, aber auch unsere persönlichen Bedürfnisse berücksichtigen.  

Ziel einer zukunftsorientierten Verkehrspolitik ist es, Fahrten mit Bussen und schienengebundenen Verkehrsmitteln zuverlässig, attraktiv und auch preiswert zu gestalten. Besonders Pendler_innen können davon profitieren. Rund 70 Prozent aller Berufstätigen in Bayern fahren täglich mit dem eigenen Auto zwischen Wohnort und Arbeitsplatz hin und her und legen dabei einfache Strecken zwischen 10 und 50 Kilometern zurück.

Bessere ÖPNV-Angebote sollen mehr Menschen als bisher dazu bewegen, ihren PKW häufiger stehen zu lassen bzw. weniger zu nutzen und bestenfalls sogar ganz darauf zu verzichten. Das ist auch der einzige Weg, künftig gerichtliche Fahrverbote in den Städten zu vermeiden.

Der ÖPNV ist eine kommunale Aufgabe

Der Ausbau des ÖPNV ist eine besondere Herausforderung in einem Flächenstaat wie Bayern, in dem in den letzten Jahrzehnten zahlreiche Bahnstrecken stillgelegt wurden. In vielen ländlichen Gemeinden sind überdies die Busfahrpläne so ausgedünnt, dass Fahrten zum Arbeitsplatz und zum Einkaufen, zu Ärzten oder zur Freizeitgestaltung nur im eigenen Fahrzeug bewältigt werden können, ohne stundenlang für wenige Kilometer unterwegs zu sein.

Zuständig für die Planung und Sicherstellung des ÖPNV sind die Landkreise und kreisfreien Städte im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit, also unter Berücksichtigung ihrer finanziellen, personellen und organisatorischen Möglichkeiten. Das Bayerische Personennahverkehrsgesetz (BayPNVG) definiert konkret, was ÖPNV ist: Die Gesamtstrecke einer Fahrt darf 50 Kilometer oder eine „Fahrplan“-Stunde nicht überschreiten.

Viele Kommunen sind großen Verkehrsverbünden beigetreten, die ihren Fahrgästen eine gute Vernetzung verschiedener Verkehrsmittel anbieten, also die Nutzung von Bussen, Straßen-, U- oder S-Bahnen mit einem Ticket ermöglichen. Kreisangehörige Gemeinden können zusätzlich innerörtliche Stadtbuslinien betreiben oder vergeben, für die sie die Kosten selber tragen. Sie profitieren aber mehr von der Einbindung in einen attraktiven Verkehrsverbund.

In vielen ländlichen Regionen können die Menschen von diesen Möglichkeiten oft nur träumen. Dort wo Sammeltaxis, Ruf- bzw. Bürgerbusse verkehren, werden diese gut angenommen. Berufspendler_innen steigen vermehrt auf Fahrrad und E-Bikes um, besonders wenn sie kreuzungsarme „Fahrrad-Fernstraßen“ nutzen können. Die Fahrzeiten sind so durchaus mit denen eines PKW konkurrenzfähig: Denn Staus und Parkplatzsuche kosten immer mehr Zeit und Nerven. Den gesundheitlichen „Bonus“ gibt es für Radler_innen kostenlos dazu.

Wie kann der ÖPNV attraktiver werden?

Wer öffentliche Verkehrsmittel nutzt, schaut nicht nur auf den Fahrpreis. Kurze Takt- und Fahrzeiten, eine übersichtliche Strecken- und Fahrplangestaltung, Sicherheit und Sauberkeit und nicht zuletzt ein positives Image spielen bei der Entscheidung ebenfalls eine wichtige Rolle.

Gleichwohl überlegen mehrere Städte in Bayern ein ÖPNV-Jahresticket für 365 Euro anzubieten. Ab August 2020 fahren rund 360.000 Jugendliche, die zur Schule gehen oder in Ausbildung sind, für umgerechnet einen Euro pro Tag im gesamten Netz des Münchner Verkehrsverbundes (MVV).

In Augsburg sind seit dem 1. Januar 2020 Bus- und Straßenbahnfahren in der sogenannten „City-Zone“ für Alle kostenlos. Was bisher nur für ein begrenztes Gebiet in der Augsburger Innenstadt gilt, könnte in Zukunft Vorbildcharakter für andere Städte und Gemeinden haben.

So soll diese Maßnahme nicht nur die Umweltbelastungen in den betroffenen Kommunen reduzieren, sondern auch Anreize schaffen, wieder mehr in den Innenstädten einzukaufen. Die kommunalen Ausgaben für kostenlose oder kostengünstigere ÖPNV-Angebote könnten so wieder hereingeholt werden.

Auch der attraktivste ÖPNV wird den Individualverkehr niemals komplett ersetzen. Es wäre aber viel gewonnen, ihn zunächst aus besonders belasteten Innenstädten und Wohngebieten herauszuhalten. Die Kommunen haben dafür viele Instrumente in der Hand: Dem PKW-Verkehr Straßenflächen zugunsten von sicheren Rad- und Fußwegen entziehen, Garagen für Fahrräder, das Parken in Innenstädten verteuern, Busverbindungen zu Park-and-Ride-Parkplätzen verbessern, mit umweltfreundlicheren Antrieben ausgestattete Busse oder gleich E-Busse einsetzen und vieles mehr.

In der Schweiz, in Dänemark oder den Niederlanden lässt sich schon heute besichtigen, wie Kommunen lokale und regionale Mobilität umgebaut haben und neu organisieren.

Weitere Informationen erhalten Sie hier:

https://www.fes.de/kommunalakademie/grundwissen-kommunalpolitik

Bei Fragen und Rückmeldungen wenden Sie sich gerne an die KommunalAkademie Bayern:

https://www.fes.de/regionalbuero-regensburg

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