EAST INDIA COMPANY

Unternehmen macht Staat (1650-1750)

Ein Unternehmen wie ein Staat: Die East India Company erobert Asien

Ständig Krieg zu führen — das war es, was den Aufstieg des Westens und seine dauerhafte militärische Dominanz begünstigte. Dieser Punkt ist Peter Frankopan wichtig in seiner Weltgeschichte. Er zeigt, dass die besondere europäische Aggressivität den Kern des westlichen Erfolgs ausmacht.

Europäische Soldaten waren geübt in der Kriegsführung und technologisch auf dem neuesten Stand

Natürlich gab es auch woanders blutige Kriege und Eroberungsfeldzüge, die islamische oder mongolische Expansion zum Beispiel. Darauf folgten aber lange Zeiten des Friedens, des Ausgleichs und der Stabilität. Genau dies wurde die Achillesferse dieser Territorien, denn sie ließen sich dadurch leichter unterwerfen und zu Kolonien machen.
     In Europa hingegen verwickelten sich die Machthaber in einen Krieg nach dem anderen und waren deshalb immer auf dem neuesten Stand der Kriegsführung. Eine herausragende Rolle spielte dabei England, das geografisch randständigste Land von allen. Gerade seine abgeschiedene Lage im Atlantik verschaffte der Insel den entscheidenden Vorteil im Seehandel.
     Den Weg zum Imperium markierten zwei wichtige Errungenschaften: der Aufbau einer überall und zu jederzeit einsatzfähigen Marine und ein internationales Großunternehmen, das in Abstimmung mit der britischen Krone wie ein Staat agierte. Beide sind - bis heute - die Pfeiler der Macht, auf denen Großmächte stehen.

England und die Niederlande begegneten sich in zahlreichen Seeschlachten. Es ging um Ozeane, Handelsrouten und die Vormacht in der Welt

Die Briten fanden ständig neue Feinde in Europa. Erst Spanien, dann die Niederlande und Frankreich, Deutschland oder Russland.
     Andauernde Seegefechte um Handelsrouten mit der niederländischen Flotte waren im 17. Jahrhundert der Auslöser dafür, die britische Navy zur schlagkräftigsten Marine der Welt aufzubauen. Das erweiterte den Einfluss Englands und sorgte dafür, dass seine global auftretende East India Company an strategisch wichtigen Punkten in Indien Handelsniederlassungen eröffnen konnte, in Madras, Bombay und Kalkutta.
     Je mächtiger die Kompanie wurde, desto günstigere Zoll und Abgabenbedingungen konnte sie aushandeln — und desto mächtiger wurde sie durch den Wettbewerbsvorteil. Bald durfte die Ostindien-Kompanie Münzen prägen, Bündnisse schließen und Streitkräfte unterhalten. Noch im 17. Jahrhundert traten die europäischen Vertreter als Bittsteller bei den Moguln in Indien und Herrschern in China und Japan auf, um neue Handelskonzessionen zu erwirken. Doch das sollte sich bald ändern.
     Europa wurde zu einer militärischen Macht. Im 18. Jahrhundert kam mit der Aufklärung die Haltung auf, das Westliche sei allem anderen überlegen, moralisch, militärisch und zivilisatorisch.
 

Die Länder des Westens unterwarfen solche des Ostens als Kolonien nicht nur mit militärischen und wirtschaftlichen Mitteln, sondern auch mit wissenschaftlichen

Die Ostindien-Kompanie gab Studien in Auftrag, welche die Minderwertigkeit, Faulheit und Nutzlosigkeit der primitiven Einwohner Indiens behaupten und herausstellen sollten. Die vermeintlich eigene Überlegenheit rechtfertigte dann deren Ausbeutung im großen Stil. So wandelte sich die Kompanie vom Unternehmen zur skrupellosen Besatzungsmacht. Als schließlich große Teile Indiens direkt unter britische Herrschaft fielen, war das Empire geboren.
 

Vom äußersten Rand Europas ins Zentrum des Geschehens: Der neue Seeweg um das „Kap der Guten Hoffnung“ herum nach Indien bescherte England eine neue Stellung in der Welt

Das war das Ende für Zentralasiens Überlandhandelswege, die an Bedeutung verloren, weil alle Kauf- und Finanzkraft nach Europa umgeleitet wurde. Eine Ära des Austauschs ging zu Ende, die Jahrtausende überdauert hatte. Die Seidenstraßen wurden bedeutungslos und vernetzten nicht länger Menschen, Waren und Ideen aus weit entfernt liegenden Regionen miteinander.