BEGIN:VCALENDAR VERSION:2.0 PRODID:-//FES/Themenkalender//EN BEGIN:VEVENT ORGANIZER;CN=Friedrich-Ebert-Stiftung e.V.:mailto:info@fes.de UID:news-13344@www.fes.de CREATED:20220614T134917Z DTSTAMP:20220614T134917Z DTSTART:20210316T180000 DTEND:20210316T200000 SUMMARY;CHARSET=UTF-8:Auftaktveranstaltung | Kultur als Motor für gesellschaftlichen Fortschritt?! LOCATION: DESCRIPTION;CHARSET=UTF-8:>> Hier geht es zur Gesamtübersicht der Veranstaltungsreihe << Veranstaltungsbericht Seit etwa einem Jahr verzichten wir weitestgehend auf Kunst und Kultur. Gleichzeitig leben Künstler_innen in Ungewissheit und wissen nicht, wann sie ihren Beruf wieder normal ausüben dürfen. Dieser Verlust hat das Leben im Lockdown eintöniger gemacht und viele neue Fragen aufgeworfen. Was macht es mit einer Gesellschaft, wenn Kultur nur noch digital und mit Abstand erlebbar ist? Welche Folgen hat die Pandemie für den Kulturbetrieb und welche Impulse für gesellschaftlichen Fortschritt können so noch gesetzt werden? Die Auftaktveranstaltung der kulturpolitischen Gesprächsreihe „Kultur als Motor für gesellschaftlichen Fortschritt?!“ des Landesbüros NRW der Friedrich-Ebert-Stiftung am 16.03.2021 ging dieser und weiteren Fragen im Gespräch mit dem Transformationsforscher Prof. Harald Welzer, der Autorin und Übersetzerin Özlem Dündar und dem Kulturexperten Prof. Oliver Scheytt nach. Folgen der Pandemie für Künstler_innen Petra Wilke, Leiterin des Landesbüros und Dr. Fritz Behrens, Staatsminister a.D. und Präsident der Kunststiftung NRW betonten in ihren Begrüßungsworten gleichermaßen, dass sie mit großer Sorge beobachten, welche Auswirkungen die Pandemie für die schaffenden Künste und die Konsument_innen haben werden. Der Verzicht von Genuss in Form von Kunst und Kultur sei eine große Fehlstelle in der jetzigen Situation. Auch Thomas Kutschaty, Fraktionsvorsitzender der SPD im Landtag Nordrhein-Westfalen wies in seinem Grußwort darauf hin, dass kaum eine Branche so stark von der Pandemie betroffen sei, wie die Kulturbranche. Erst durch das Fehlen von Kultur werde deutlich, wie selbstverständlich der Besuch von Kinos, Theatern, Museen und Konzerten vorher in unserem Leben verankert gewesen sei. Welche Relevanz haben Kunst und Kultur während der Pandemie? Prof. Dr. Harald Welzer, Direktor von Futurzwei, Stiftung Zukunftsfähigkeit und Professor für Transformationsdesign an der Universität Flensburg, fragt in seinem Impulsvortrag, was Kunst und Kultur für unsere Gesellschaft eigentlich bedeuten: Ist Kunst nur in einem Museum oder in einer Ausstellung auffindbar oder ist es in den vielen kleinen alltäglichen Dingen, die wir schon lange als selbstverständlich wahrnehmen? Özlem Dündar, Autorin und Preisträgerin der Deutschen Akademie der darstellenden Künste für das Hörspiel des Jahres 2020 „türken, feuer“, betonte, dass der Begriff Kunst viel zu eng definiert sei. Vielmehr sei Kunst im Design von vielen Dingen auffindbar, wie z. B. im Film, in der Mode, aber auch im Design von Computerspielen. Der Konsum dieser Güter sei für uns so alltäglich, dass wir uns nicht mehr fragen würden, wie die Welt aussehen würde, wenn man sie nicht mehr hätte. Da Menschen Kommunikation, Kunst und auch den Konsum dessen benötigten, sei Kultur lebensimmanent. Harald Welzer stellte auch die Frage, wie sich fehlende Kulturangebote in der Pandemie auf unsere Gesellschaft auswirken würden. Insbesondere für Jugendliche und junge Erwachsene, die sich noch in der Persönlichkeitsbildung befinden, sah er mögliche Auswirkungen. In einer Lebensphase, wo junge Menschen sich selbst und ihre Rolle in der Gesellschaft fänden, seien sie nun gezwungen zu Hause zu bleiben. Viele müssten sich durch die Pandemie für die Arbeit, Schule, aber auch für die Unterhaltung noch mehr auf ihre mobilen Endgeräte verlassen. So sei eben auch ein Zugang zu Kultur nur beschränkt möglich. Ebenso wies Welzer auf die Gefahr der kollektiven Vereinsamung hin, die das unfreiwillige Verlagern von sozialen Beziehungen, von Kommunikation und vielen anderen Tätigkeiten in den digitalen Bereich, mit sich bringe. Während sich am Anfang des ersten Lockdowns noch viele inspiriert gefühlt hätten und neu gewonnene freie Zeit genutzt hätten, um Hobbys intensiver zu pflegen oder etwas Neues zu lernen, sei „nun bei vielen die Luft raus“. Welzer zeigte sich besorgt über mögliche Folgen dieser „neuen Einsamkeit“ für unsere Gesellschaft. Wenn analoge Partizipation am öffentlichen Leben, aus dem auch immer Fortschritt entstehe, nicht mehr möglich sei, sei dies ein tiefgreifender gesellschaftlicher Bruch, dessen Folgen schwer absehbar seien. Corona und die Existenzängste der Kulturschaffenden Özlem Dündar empfand den ersten Lockdown als überwältigend, überraschend und auch inspirationsraubend. Viele ihrer Lesungen und Veranstaltung seien für nicht nur für 2020, sondern auch schon für 2021 und 2022 abgesagt worden. Die fehlende Planungssicherheit verursache bei vielen Künstler_innen neben finanziellen Sorgen und Existenzängsten auch kreative Blockaden. Ebenso leide die Sichtbarkeit von Künstler_innen, Autor_innen und Kulturschaffenden durch fehlende Messen und Veranstaltungen. Mit Blick auf die deutsche Literaturszene fügte Dündar hinzu, dass diese zwar sehr belebt und vielfältig sei, aber durch die Corona-Pandemie eben auch tiefe Kratzer abbekommen habe. Da uns die Pandemie im Alltag immer noch begleitet und ein Ende noch nicht ganz in Sicht ist, plädiert Dündar dafür, trotz der großen Unterschiede zu Präsenz, künstlerisches Wirken und Leben so gut es geht auch digital zu ermöglichen, was ja auch passiert sei. Digitale Veranstaltungen und Begegnungen als Notmaßnahmen Die weitere Diskussion widmete sich der Frage inwiefern digitale Veranstaltungen als Ersatz fungieren können. Hier war man schnell einig: Diskussionen, Lesungen, Konzerte oder Theateraufführungen im digitalen Raum stellten in diesem ungewöhnlichen Jahr keinen zufriedenstellenden Kompromiss dar, sondern können nur eine Notmaßnahme sein. So würden diese Abwechslungen im Pandemiealltag zwar hilfreich sein, das Zusammenkommen von Kulturinteressierten, Diskussionen über Inhalte von Kinofilmen oder Theaterstücken, also gesellschaftliches Miteinander nicht ersetzen. Diese, so Welzer, im wahrsten Sinne des Wortes asoziale Situation, mache deutlich, wie sehr Kultur eine analoge Angelegenheit sei. Momentan ist noch nicht absehbar, wann Veranstaltungen und die dazugehörigen Begegnungen wieder stattfinden können. Dass Kultur ganz unzertrennlich zu unserer Gesellschaft gehört, wurde in der Diskussion allerdings deutlich. Text: Selen Kazan Redaktion: Damian Jordan, Landesbüro NRW der Friedrich-Ebert-Stiftung CATEGORIES:Digitalisierung END:VEVENT END:VCALENDAR