BEGIN:VCALENDAR VERSION:2.0 PRODID:-//FES/Themenkalender//EN BEGIN:VEVENT ORGANIZER;CN=Friedrich-Ebert-Stiftung e.V.:mailto:info@fes.de UID:news-6037@www.fes.de CREATED:20190424T134441Z DTSTAMP:20190424T134441Z DTSTART:20181206T190000 DTEND: SUMMARY;CHARSET=UTF-8:Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit – Unsere Gesellschaft im Umbruch? LOCATION:Lüdinghausen, Burg Vischering DESCRIPTION;CHARSET=UTF-8:Rückblick auf das Münsterlandgespräch in Lüdinghausen am 6. Dezember 2018 „Die Demokratie braucht Demokraten“ Im Angesicht einer Vielzahl politischer Herausforderungen und gesellschaftlicher Umbrüche verlieren viele Bürger_innen zunehmend das Vertrauen in Parteien, Parlamente, Regierungen und Medien. Daher lud die Friedrich-Ebert-Stiftung am 6. Dezember interessierte Bürger_innen nach Lüdinghausen ein, um dort in der Burg Vischering unter dem Titel Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit – Unsere Gesellschaft im Umbruch? über den aktuellen Zustand der Demokratie und damit verbunden Sorgen zu diskutieren. Arne Cremer, Referent der Friedrich-Ebert-Stiftung, betonte in seiner Begrüßung vor allem die hochkarätige Zusammensetzung des Podiums, das sowohl aus fachlich kompetenten, als auch regional verwurzelten Gästen bestünde. Dabei hob er auch den Stellenwert des Münsterlandgesprächs und der weiteren Regionalgesprächsreihen des Landesbüros NRW hervor, die durch die Darstellung z.T. unterschiedlicher regionaler Perspektiven als wertvoller Impulsgeber für die politische Bildungs- und Beratungsarbeit fungierten. Begrüßt wurde das Publikum auch vom Landtagsabgeordneten André Stinka. Demokratiegefährdend sei seiner Meinung nach das fehlende Vertrauen in und die nicht ausreichende Vermittlung von Politik. Besonders in einer Zeit, in der Effizienz und Geschwindigkeit unserer Gesellschaft strukturierten, seien unaufgeregte und sachlich tiefgehende Auseinandersetzungen mit Themen selten. Um das verlorene Vertrauen der Menschen in die Politik zurückzugewinnen plädierte Stinka dafür, politische Lösungen für faire und gute Arbeit zu präsentieren und die Investitionen in Bildung sowie die gesellschaftliche Anerkennung und Wertigkeit von unzureichend wertgeschätzten Berufsgruppen, wie etwa in der Pflege, zu erhöhen. Als erfahrener Politiker beklagte er zugleich das fehlende Gespür für die Notwendigkeit demokratischer Kompromissfindungen in Teilen der Bevölkerung. Der politischen Aushandlungsprozess sei  ein existenzieller Wert der Demokratie an sich und kein Ausdruck einer Dysfunktionalität des politischen Systems. Die rechtspopulistischen Parteien und die sog. ‚Neue Rechte‘ sind Forschungsschwerpunkt von Soziologe und Publizist Andreas Kemper. Er beschrieb die Struktur und Entwicklung rechtspopulistischer und nationalistischer Parteien und Bewegungen in Deutschland. Dabei problematisierte er vor allem die intensive Zusammenarbeit von Parteien des rechten Spektrums auf europäischer Ebene sowie mit meinungsbildenden Institutionen, wie dem in Lüdinghausen ansässigen manuscriptum-Verlag. Als demokratiegefährdend bewertete er zudem einflussreiche Netzwerke in der Gesellschaft, die meist im Verborgenen agierten und erst durch Dokumente wie den panama papers öffentlich würden. Solche Netzwerke müssten dringend sichtbar gemacht werden, um zu verstehen, welchen Einfluss intransparente Netzwerke mit ihrem Vermögen auf politische Entscheidungsprozesse nähmen. Auch Prof. Dr. Norbert Kersting von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster fokussierte in seiner Diagnose zum Gesundheitszustand der Demokratie die rechtspopulistischen Antisystemparteien. Er interpretierte sie als Krisensymptome einer Demokratie, die durch Prozesse wie der Globalisierung, Urbanisierung und Digitalisierung unter Druck geraten sei. Diesen Trends müsse mit dem Abbau von sozialer Ungleichheit und Parallelgesellschaften, der Öffnung der Parteien nach innen und außen, sowie der Schaffung von Plattformen für gesellschaftlichen Dialog begegnet werden, denn eine funktionierende Demokratie brauche Demokrat_innen, die zu ihrem Erhalt beitrügen. Mit der lebensweltlichen Situation dieser Demokrat_innen begründete die Gemeindepfarrerin Silke Niemeyer aus Lüdinghausen die Krise der Demokratie. Der Alltag der Menschen sei zunehmend durch Alltagsstress und Druck geprägt und die Menschen selbst häufig allein durch die Bewältigung eines immer weniger geregelten Arbeits- und Familienalltag erschöpft. Dementsprechend hätten zumindest dem subjektiven Empfinden nach immer weniger Menschen die persönlichen Ressourcen, sich in der Freizeit für die Gesellschaft zu engagieren. Niemeyer kritisierte zudem die Hartz IV Reformen, die gesellschaftliches Miteinander und Solidarität vergiftet hätten, da sie ein System geschaffen hätten, das auf einem negativen Menschenbild beruhe, das nur arbeitenden Menschen einen Wert zuschreibe. Dieser Analyse schloss sich auch Prof. Kersting an, der empirisch darstellen konnte, dass der Rückgang der politischen Partizipationsbereitschaft mit der Veränderung der Arbeitsstrukturen einhergehe. Das Publikum sorgte sich vor allem um die stärkere gesellschaftliche Präsenz und Akzeptanz rechter Einstellungsmuster, dem Erstarken rechter Parteien und die zunehmende Einflussnahme von Fake News und sozialer Medien auf die Meinungsbildung. Alltägliche Erfahrungen würden deutlich machen, dass ein gesamtgesellschaftlicher Konsens und wissenschaftliche Befunde als Basis für gesellschaftspolitische Diskussionen immer seltener vorzufinden seien. Zu der Einsicht, dass die Demokratie, in der wir leben, keine Selbstverständlichkeit ist, gesellte sich die übergreifende Frage, was getan werden könne, um sie mehr wertzuschätzen. Diese Frage gab Moderatorin Dr. Claudia Kramer-Santel von den Westfälischen Nachrichten direkt an die Podiumsgäste weiter. André Stinka war der Meinung, die Errungenschaften der Demokratie müssten selbstbewusster nach außen getragen werden. Andreas Kemper hätte es befürwortet, wenn im November diesen Jahres das 100-jährige Jubiläum der deutschen Demokratie mit offiziell gefeiert worden wäre. Prof. Kersting betonte dagegen, dass es bereits zahlreiche Beispiele gelebter Demokratie in der Zivilgesellschaft gäbe, die es sichtbar zu machen und zu stärken gelte. Silke Niemeyer schloss mit einem Appell an alle Anwesenden: Immer wenn uns im Alltag demokratiefeindliche Aussagen begegneten, müsse sich jede_r Einzelne_r in den Kampf für unsere Demokratie und demokratische Werte begeben. Die Referent_innen waren sich einig, dass dieses Münsterlandgespräch bei allen Beteiligten noch eine Weile nachwirken sollte als Erinnerung daran, dass eine Demokratie nur so stark sei, wie die aktiven Demokrat_innen, die sich für sie einsetzten. Text: Sonja Neitzke Redaktion: Arne Cremer Nachbericht in der Lokalpresse unter: https://www.azonline.de/Muensterland/Kreis-Coesfeld/3575542-Kreis-Coesfeld-Von-Hobbits-und-Hooligans CATEGORIES: END:VEVENT END:VCALENDAR