Am 4. März wählte Italien sein Parlament neu. Das Ergebnis hatte es in sich: Nicht nur wurde die Protestbewegung Movimento 5 Stelle zur mit Abstand stärksten Partei. Darüber hinaus überrundete im rechten Lager die rechtspopulistische Lega Silvio Berlusconis Forza Italia. Der Lega-Chef Matteo Salvini würde nun im Falle einer Regierungsbildung dieser – mit ca. 37 Prozent erfolgreichsten – Allianz das Amt des Premierministers für sich reklamieren. Die sozialdemokratische PD unter Matteo Renzi erzielte dagegen mit knapp 19 Prozent ein sehr schwaches Ergebnis. Noch am Tag nach der Wahl kündigte Matteo Renzi daher seinen Rückzug vom Amt des Parteivorsitzenden an.
Das Land berappelt sich nach Jahren der Krise
Die Wahlen fanden in einem besonderen Kontext statt: Italien berappelt sich gerade ökonomisch und sozial. Das Land erlebte in den letzten zehn Jahren die längste Rezession seiner jüngeren Geschichte. Immer noch liegt das Bruttosozialprodukt um knapp 6 Prozent unter dem Stand vor der Finanz- und Eurokrise. In diesen zehn Jahren fiel die Industrieproduktion zeitweise um 25 Prozent unter den Stand von 2008. Im Süden war der Einbruch noch drastischer: Zeitweise lag hier die Industrieproduktion um ca. ein Drittel unter dem Vorkrisenstand.
Dieser massive wirtschaftliche Einbruch hatte erhebliche soziale Folgen. Die Arbeitslosigkeit liegt auch heute, nach drei Jahren zarten Wachstums, immer noch bei 11 Prozent. Deutlich dramatischer ist allerdings die Jugendarbeitslosigkeit: Hier liegen die Werte bei über 30 Prozent, im Süden bei 60 Prozent.
Dabei sollte nicht übersehen werden, dass Italien ein Land von enormem Potential ist. Es ist das zweitgrößte Industrieland Europas und die achtstärkste Exportnation der Weltwirtschaft. Italienische Unternehmen sind in vielen Sektoren enorm leistungsfähig und sind tief in die Zulieferketten etwa der deutschen Industrie integriert. Das Land erwirtschaftet seit Jahren einen stabilen und wachsenden Exportüberschuss.
Teure Versprechen treffen auf wahlmüde Italiener_innen – die Regierungsbildung wird nicht einfach
Der Wahlkampf brachte wenig Überraschendes: Alle politischen Kräfte konzentrierten sich mit fiskalpopulistischen Versprechen auf ihre traditionelle Kernwählerschaft. Diese Versprechen – Steuern runter, Staatsausgaben rauf – stehen in vielen Fällen im Widerspruch zu dem objektiv Erforderlichen: Mit 134 Prozent des Bruttoinlandsprodukts hat Italien die zweithöchste Staatsverschuldung in der Eurozone nach Griechenland.
Die Regierungsbildung wird nicht einfach sein. Sowohl die 5-Sterne (als stärkste Einzelpartei) wie die rechte Mitte (als stärkstes Parteienbündnis) reklamieren den Wahlsieg und damit das Regierungsmandat für sich. Die eigentlichen Verhandlungen werden nach der Konstituierung der beiden Kammern des Parlaments am 23. März beginnen. Schlüsselakteur wird dabei der Staatspräsident Sergio Mattarella sein. Die PD will sich vorerst nicht an Regierungsbildungsversuchen beteiligen. Ob diese von Matteo Renzi vorgegebene Linie so durchgehalten werden wird, bleibt allerdings abzuwarten.
Text: Dr. Ernst Hillebrand, Büroleiter FES Italien | Der Arbeitsbereich Italien gehört zumFES-Referat Westeuropa/Nordamerika und Japan
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Wie positionieren sich politische Bewegungen? Wie reagieren sie auf gesellschaftliche Stimmungen und mit welchen Themen verorten sie sich wie in der gesellschaftspolitischen Debatte? In dieser Übersicht über politische Strategiedebatten politischer Parteien bemühen sich die Verfasser darum, politische Analysen nicht in Textform, sondern grafisch aufbereitet und zugespitzt darzustellen. (Eine aktualisierte Fassung ist in Vorbereitung.)
Giebler, Heiko
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