HOME MAIL SEARCH HELP NEW



Politik und Gesellschaft Online
International Politics and Society 1/1998
Marcus Höreth
Warum sich das Vereinte Europa mit der Demokratie schwer tut

Vorläufige Fassung / Preliminary version

"Es gibt keine andere Herrschaftslegitimation als die demokratische." Kaum jemand wird heute hinter diese 1926 vom sozialdemokratischen Staatsrechtslehrer Hermann Heller (1992, I: 309) formulierte Erkenntnis zurückgehen wollen. Weil auch die Europäischen Gemeinschaften unbestreitbar seit Jahren öffentliche Herrschaft ausüben (Hrbek 1995: 172), besteht die Notwendigkeit demokratischer Legitimation auch für das europäische Einigungswerk. Dies umso mehr, als im Zuge der Verstärkung der supranationalen Kompetenzen und der anstehenden Realisierung der europäischen Währungsunion die Ausübung europäischer Herrschaft noch zunehmen wird, hingegen der "permissive consensus" seit einigen Jahren im Schwinden begriffen ist (Reif 1993). Nach der am 18. Juni 1997 in Amsterdam zu Ende gegangenen Regierungskonferenz ("Maastricht II") dürften all jene enttäuscht sein, die sich von dieser Zusammenkunft durchgreifende Reformen des institutionellen Arrangements der EU erhofft hatten. Immerhin aber ist in Amsterdam beschlossen worden, das Europäische Parlament mit deutlich mehr Rechten auszustatten. Als sicher kann dennoch gelten, daß damit für viele die Demokratisierung der EU noch längst nicht weit genug vorangeschritten ist. Aus diesem Grund wird die Demokratie- und Legitimitätsproblematik der EU über die akademische Debatte hinaus ein zentraler Punkt in der Agenda der Europapolitik bleiben.

Wer eine noch stärkere Demokratisierung der EU fordert, muß sich indessen darüber im klaren sein, daß sich auf supranationaler Ebene die Demokratisierungsproblematik anders und vor allem schwieriger darstellt als im nationalstaatlichen Kontext. Im folgenden sollen daher einige legitimations- und demokratietheoretische Implikationen des europäischen "Mehrebenensystems" (Jachtenfuchs/Kohler-Koch 1996 a) aufgezeigt und vor dem Hintergrund der vielstimmigen Forderung nach "Demokratisierung" analysiert werden. Zunächst werden die spezifischen institutionellen Arrangements der Europäischen Union kurz beleuchtet (II.). Im Zentrum steht dabei die Frage, aus welchen Quellen sich die Legitimation ihrer einzelnen Organe speist. Dabei wird deutlich werden, daß der oft postulierte Mangel an demokratischer Legitimation nur als eine Dimension einer umfassenden, äußerst facettenreichen und mehrdimensionalen "Legitimitätskrise" (Schneider 1994 a) der europäischen Integration betrachtet werden kann. Dessen ungeachtet hat aber auch nach der auf der Regierungskonferenz in Amsterdam beschlossenen Aufwertung des Europäischen Parlaments die Kritik, daß in der Europäischen Union ein Demokratiedefizit besteht, ihre grundsätzliche Berechtigung. Aus diesem Grund werden die verschiedenen Varianten der These vom Demokratiedefizit dargestellt und reflektiert (III.). Abschließend (IV.) werden die mit dem Ziel einer stärkeren Demokratisierung und Legitimierung des politischen Systems der EU derzeit diskutierten Reformoptionen in idealtypischer Form aufgezeigt und hinsichtlich ihrer Geeignetheit zur Lösung des mehrdimensionalen Legitimitätsproblems der EU überprüft.

Legitimationsbeschaffung im europäischen Mehrebenensystem

Die Frage nach der Legitimität der europäischen Integration stellte sich lange Zeit nicht, und wer dennoch Zweifel an der Rechtfertigung der europäischen Einigung äußerte, dem wurden überzeugende Argumente entgegengehalten: "Daß das Integrationsprojekt die fälligen Konsequenzen aus einer langen und leidvollen Konfliktgeschichte zog; daß es die gebotene Reaktion Westeuropas auf die Bedrohung aus dem Osten war; daß der gemeinsame Markt im besonderen den europäischen Volkswirtschaften gut bekam - war das nicht alles offensichtlich? Und wenn es offensichtlich war, daß die Einigung Europas dem Frieden und der Wohlfahrt diente, war dann die Legitimitätsfrage nicht auf das Überzeugendste beantwortet?" (Kielmansegg 1996: 47). Bis zur zweiten Hälfte der 80er Jahre wurde die Frage nach den Legitimationsgrundlagen der Europäischen Union auch deshalb nicht gestellt, weil die Integration auf einige wenige Politikbereiche beschränkt blieb. Entscheidungsprozesse auf europäischer Ebene basierten zudem auf einem Konsens der mitgliedstaatlichen Regierungen. Aus diesem Grund reichte die indirekte Legitimierung über die Mitgliedstaaten völlig aus, zumal diese als "Herren der Verträge" den Gang der europäischen Integration vollständig unter ihrer Kontrolle hatten. Doch mit dem weiterem Voranschreiten der europäischen Integration ist die Legitimationsbeschaffung zum Problem geworden, da in der EU traditionelle Prozesse der politischen Willensbildung sowie der Verantwortung und Zurechnung von allgemeinverbindlichen Entscheidungen unterlaufen werden (Jachtenfuchs/Kohler-Koch 1996 b: 542). Inzwischen hat die europäische Integration ein Stadium erreicht, in dem die "Betroffenheit des europäischen Bürgers von Normen mit Ursprung in Brüssel zunehmend ins Bewußtsein" rückt, "mögen auch die Bedingungen und Verfahren ihrer Setzung kaum bekannt, ja kaum durchschaubar sein" (Pernice 1995 a: 523). Auch wenn sicherlich nicht die Rede davon sein kann, daß die europäische Integration allmählich in einen europäischen "Superstaat" (Lübbe 1994) einmünden könnte, so ist doch die EU längst mehr als ein "funktionaler Zweckverband" (Ipsen 1969). Sie hat sich bereits zu einem neuartigen politischen System (Wallace 1983, Wallace H. 1993; Schuppert 1994) entwickelt, das als solches legitimiert und voraussichtlich auch demokratisiert werden muß (Zürn 1996: 45). Aus legitimationstheoretischer Perspektive lassen sich folgende Wesensmerkmale des europäischen Mehrebenensystems festhalten:

1.) Von fundamentaler Bedeutung ist die durch die neue hoheitliche Struktur herbeigeführte Überwindung des zuvor als unauflöslich erachteten Zusammenhangs von nationalstaatlichem Territorium und politischer Herrschaft und dem damit zusammenhängenden Organsiationsprinzip des Nationalstaats (von Bogdandy 1993: 210). Die polyzentrisch organisierte supranationale Union kann als als "neuer Herrschaftstypus" (von Bogdandy 1993: 218) angesehen werden, dessen politisches System jenseits der Nationalstaaten kategorial neue Leistungen erbringt und hierbei eigentümlicherweise ohne hierarchische Spitze operiert. Oft wird übersehen, daß die Gesamtheit der von der Europäischen Union erbrachten Leistungen, die den Bürgern Europas unmittelbar zugute kommen, bereits einen nicht unwesentlichen Legitimierungsfaktor für die europäische Einigung darstellt. Für jedes politische System und somit auch für die EU gilt: "The legitimacy of a political system depends on its capacity to achieve the citizens' goals and solve their problems effectively and efficiently. The higher this capacity, the more legitimate the system" (Schimmelfennig 1996: 19). Insoweit legitimiert sich die Union vor allem durch den "output" ihrer Politik, durch die Effizienz und Effektivität ihrer politischen Problemverarbeitung.

2.) Die jeweiligen Ebenen und die ihr zugeordneten politischen Institutionen sorgen in sehr unterschiedlicher Weise für die Legitimation einzelner europapolitischer Entscheidungen und für die Legitimität des Gesamtsystems. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner vieldiskutierten Maastricht-Entscheidung (BVerfGE 89, 155 ff.) zu Recht festgestellt, daß die demokratische Legitimation in der Europäischen Union derzeit wesentlich durch die Rückkopplung des Handelns europäischer Organe an die Parlamente der Mitgliedstaaten erfolgt. Auf europäischer Ebene sorgt des weiteren das Europäische Parlament für direkte demokratische Legitimation. Nach Maastricht hat das EP weiterhin eine eher untergeordnete Rolle im europäischen Entscheidungssystem gespielt; daher ist diese Quelle direkter demokratischer Legitimation noch recht schwach gewesen (Maurer 1996 a). Auf der Amsterdamer Regierungskonferenz hat das EP nun eine deutliche Aufwertung erfahren: Sein Recht als ein dem Ministerrat ebenbürtiges Gesetzgebungsorgan (Mitentscheidung) wird auf 25 Politikfelder ausgedehnt, so daß es künftig in ca. drei Vierteln der EU-Gesetzgebung mitentscheidet. Damit wird die demokratische Legitimation der Europäischen Union formal insgesamt spürbar erhöht. Ein 'Voll'-Parlament ist das EP jedoch noch lange nicht, da es in den wichtigsten Politikbereichen nicht als Co-Legislative agieren darf und der Minsterrat in seiner Doppelfunktion als Exekutive und Legislative der EU der parlamentarischen Kontrolle auf europäischer Ebene weitgehend entzogen bleibt. Die Kommission, deren Mitglieder von den Mitgliedstaaten im Einvernehmen mit dem designierten Präsidenten bestellt werden, unterliegt faktisch ebenfalls einer nur schwachen parlamentarisch-demokratischen Kontrolle. Lediglich das in Amsterdam neu gefaßte Zustimmungsrecht des EPs bei der Auswahl des Kommissionspräsidenten und das Recht des Parlaments, einen Mißtrauensantrag gegen die Kommission stellen zu können, verschaffen der Kommissionstätigkeit eine - wenn auch nicht sehr starke - parlamentarisch-demokratische Legitimation (Pernice 1995 b: 119). Entscheidender für die Legitimationsbeschaffung der Kommission ist die Effizienz und Effektivität ihrer 'Regierungsarbeit'. Die wichtigste Legitimationsquelle der Kommission ist daher ihr technokratisch-utilitaristisches, dem europäischen Gemeinwohl verpflichtete Selbstverständnis (Sbragia 1993: 32). Es lassen sich somit idealtypisch drei Legitimationsstränge des politischen Systems der Europäischen Union feststellen: a.) Die Effizienz und Effektivität der politischen Problemverarbeitung, wobei vor allem der Kommission als 'Motor' der Integration eine entscheidende Rolle zukommt; b.) Die direkte demokratische Legitimation über das Europäische Parlament; und schließlich c.) die indirekte über die Mitgliedstaaten vermittelte demokratische Legitimation.

Die These vom Demokratiedefizit

In der akademischen Diskussion um die demokratische Legitimation europäischer Politik lassen sich zwei Untersuchungsebenen voneinander unterscheiden, auch wenn sich diese zuweilen überschneiden. Zum einen wird von einigen Vertretern der These vom Demokratiedefizit betont, daß die Demokratie als Herrschaftsform von der Erfüllung bestimmter struktureller und sozio-kultureller Voraussetzungen abhängig ist. Weil schon diesbezüglich von einigen Autoren die Demokratiefähigkeit der Union grundsätzlich bezweifelt wird, handelt es sich hierbei um eine tieferliegende Schicht der Argumentation vom Demokratiedefizit. Zum anderen gibt es Kritiker, die das politisch-institutionelle Demokratiedefizit der EU konstatieren und folgerichtig die Einführung und Stärkung demokratischer Verfahren für die auf Unionsebene angesiedelten Entscheidungsfindungsprozesse fordern. Aus dieser Sicht ist die demokratische Legitimation der Union durchaus möglich, sofern man nur bereit ist, die europäischen Institutionen in diesem Sinne zu reformieren.

  1. Die mangelnde Demokratiefähigkeit der EU

Das Fehlen eines europäischen 'Demos'

Demokratie heißt nach klassischem Verständnis Ausübung von Herrschaft durch und für das Volk. Aus dieser strengen demokratietheoretischen Perspektive läßt sich ein solcher Demos in Europa kaum als Vorbedingung für Demokratie ausmachen. In der deutschen Staatsrechtslehre und in Teilen der Politikwissenschaft wird darin das Kardinalproblem für eine weitergehende Demokratisierung der Union gesehen. Vor allem wird aufgeführt, daß die Europäische Union zu einer eigenständigen demokratischen Legitimation deshalb nicht imstande sei, da ihr die Eigenschaften eines "melting pot of nations" fehle, ohne den es kein europäisches Volk als Subjekt demokratischer Legitimation geben könne (Ossenbühl 1993: 634; Scharpf 1992: 295). Eine Demokratie auf europäischer Ebene könne schon deswegen kaum verwirklicht werden, weil eine solche Herrschaftsform nicht alleine von rechtlich-formalen Strukturen lebt, sondern ein entsprechendes "Wirgefühl" voraussetze, welches erst die Anwendung der Mehrheitsregel legitim erscheinen lasse (Böckenförde 1987; 1995). Das durch eine kollektiv belastbare Identität vereinte Volk muß der demokratischen Verfassung immer vorausgehen: "Demokratie gründet sich immer auf eine der Verfassung vorgegebene konsensuale Bestimmung ihres kollektiven Subjektes, auf eine die Individuen verbindende kollektive Identität. (...) In dem jeder demokratischen Verfassung zugrundeliegenden Axiom der Volkssouveränität steckt begrifflich und gedanklich die Prämisse, daß die Antwort auf die Frage, wer das Volk sei, von dem 'alle Gewalt ausgeht', immer schon gegeben ist, bevor Staatsgewalt demokratisch organisiert werden kann. (...) Nur eine gemeinsame, übergreifende Identität aller Entscheidungsbetroffenen macht die Unterscheidung zwischen dem zustimmungsfähigen Entscheidungsrecht der Mehrheit und der nicht zustimmungsfähigen Fremdherrschaft möglich" (Kielmansegg 1992: 23). Legitimationsstiftend wirken Demokratieregeln aus dieser Sicht also nur dann, wenn sich bereits ein 'Volk' konstituiert hat, d.h. wenn eine konsensuale und von einer gemeinsamen Identitätswahrnehmung getragene Zustimmung vorausgegangen ist (Europäische Strukturkommission: 39). Vor diesem staatstheoretischem Hintergrund muß die Demokratisierung auf europäischer Ebene aufgrund des Fehlens eines europäischen Volkes und eines daraus resultierenden Mangels an kollektiv belastbarer Identität schon im Ansatz scheitern. Da es kein europäisches Staatsvolk gibt, das sich in einem europäischen politischen Diskurs verbunden fühlt, kann sich auch das Europäische Parlament nicht in eine Volksvertretung verwandeln. Die Europäische Union manövriert aus dieser Sicht geradewegs in einen Quasi-Bundesstaat, dem indessen der strukturelle Unterbau fehlt (Kirchhof 1993: 67 f.). In einem solchen europäischen Bundesstaat "entstünde zwar ein europäisches Wahlvolk, aber außerhalb der Wahl vermöchte es als europäisches nicht in Erscheinung zu treten. Vielmehr müßte es für Meinungsbildung und Interessenartikulation wieder in nationale Partikel zerfallen, denen indes der staatliche Adressat verloren gegangen wäre." (Grimm 1993: 15) Da das europäische Demokratiedefizit strukturell bedingt ist, läßt es sich nach dieser Meinung durch institutionelle Reformen prinzipiell nicht beheben. Im Ergebnis führt das Fehlen eines europäischen Staatsvolkes somit zur Schlußfolgerung, daß sich die Errungenschaften des demokratischen Verfassungsstaates nur auf nationaler Ebene wahren lassen und demgemäß eine weitergehende Demokratisierung der europäischen Ebene abgelehnt werden muß. Hier reicht der intellektuelle Mut offenbar nicht aus, um die Möglichkeiten eines ethnokulturelle Differenzen transzendierenden und sich von nationalen Identifikationskategorien emanzipierenden und dabei doch staatsbürgerlich fundierten Demos abzuwägen (Weiler 1995: 14 ff.).

Der Mangel an Homogenität

Eng verwandt mit der "No Demos-Version" (Weiler 1995: 5) der These von der mangelnden Demokratiefähigkeit der Europäischen Union, dennoch aber von ihr zu unterscheiden ist die weit verbreitete Auffassung, daß das Ausmaß an wirtschaftlicher, kultureller und sozialer Heterogenität legitime, d.h. anerkennungswürdige und zustimmungsfähige demokratische Mehrheitsentscheidungen auf europäischer Ebene unmöglich macht (Kielmansegg 1996: 56 ff.) - zumal wenn es um redistributive Entscheidungen (Majone 1996 a: 245) geht oder allgemein um Regelungsbereiche der sogenannten "high politics". Da aus dieser Sicht die für eine funktionsfähige Demokratie notwendigen europaweiten Homogenitätserfordernisse nicht erfüllt sind, bedeuten demokratische Reformen des europäischen Institutionensystems nicht automatisch ein Mehr an Legitimität. Formal würde sich die Legitimationsbasis z.B. durch die Stärkung des Europäischen Parlaments zwar erhöhen, die tatsächliche Belastbarkeit einer europäischen Demokratie bliebe jedoch aufgrund des Mangels an Homogenität äußerst zweifelhaft. Entscheidend hierfür sind nicht nur die Unterschiede in der wirtschaftlichen Entwicklung der Mitgliedstaaten, "sondern vor allem die ethnische, linguistische, kulturelle und institutionelle Heterogenität der europäischen Länder und Regionen. Europa hat keine 'einheitlichen Lebensverhältnisse' und kann sie auch nicht anstreben, und es könnte deshalb auch nur ein begrenztes Maß an vereinheitlichender Politik ertragen - desto weniger, je mehr dadurch positiv bewertete kulturelle und institutionelle Unterschiede gefährdet werden" (Scharpf 1993: 49). Aus diesem Grund entbehrt aus dieser Sicht die Vision eines demokratischen Bundesstaates jeder empirischen und normativen Grundlage.

Demokratie von Homogenität abhängig zu machen, erscheint auf den ersten Blick durchaus realistisch. Die mit dem Demokratieprinzip verbundene Einführung des Mehrheitsprinzips setzt voraus, daß in einer politischen Gemeinschaft die ständige Bereitschaft vorhanden ist, sich in Einzelfragen überstimmen zu lassen und die Entscheidungen gleichwohl als verbindlich zu akzeptieren, ohne die Gesamtordnung in Frage zu stellen (Heller 1992, II: 424; Heun 1983; Dreier 1986). Es muß zudem gewährleistet sein, daß die Mehrheit grundsätzlich bereit ist, die Rechte und berechtigten Interessen der Minderheit zu achten. Sie ist dazu nicht alleine aus rationaler Einsicht bereit, sondern auch weil sie sich mit der Minderheit trotz allem Dissens in Einzelfragen durch ein relatives 'Wirbewußtsein' verbunden fühlt. Voraussetzung jeder demokratischen Herrschaft ist daher ein gewisses Maß an sozialer Homogenität, die im Gegensatz zu 'Identität' lediglich eine gewisse Gleichartigkeit, Gleichgerichtetheit und Vereinbarkeit von Überzeugungen und Institutionen bezeichnet (Kluth 1995: 49). Demokratische Mehrheitsentscheidungen können also nur dann akzeptabel und insofern legitim sein, wenn zwischen den Gewaltunterworfenen eine elementare Gemeinsamkeit besteht, die das Überstimmtwerden erträglich sein läßt (Scharpf 1992: 296). Wo die - immer relative - soziale Homogenität vorhanden ist, wird durch das daraus resultierende Wirbewußtsein die Funktionsfähigkeit der Mehrheitsentscheidung und damit die demokratisch und rechtsstaatlich definierte politische Einheit gesichert; wo sie hingegen fehlt, büßt die Mehrheitsentscheidung ihre alle Bürger verpflichtende Kraft und damit ihre Legitimität ein.

Auf die europäische Ebene übertragen, wirken diese demokratietheoretischen Überlegungen in der Tat ziemlich ernüchternd. Dennoch aber führt eine zu starke Betonung des Homogenitätspostulats in eine demokratietheoretische Sackgasse. Allzu vorschnell wird geschlußfolgert, daß Reformen zur Stärkung der demokratischen Legitimation der Europäischen Union schon deshalb von vornherein zum Scheitern verurteilt sind, da alle unter dem Begriff der Homogenität zusammengefaßten einheitsstiftenden Faktoren europaweit offensichtlich nicht oder zumindest noch nicht in ausreichendem Maße existieren. Indessen ist es schon auf der nationalstaatlichen Ebene äußerst strittig, wieviel Homogenität man hier noch annehmen kann. Die unterschiedlichen "Szenen" und "Diskurse" innerhalb der westlichen Gesellschaften haben längst nicht mehr dieselbe Kultur. Demokratisch funktionsfähige Gemeinschaft läßt sich kaum mehr durch den Appell an vorpolitische Gemeinsamkeit, sondern nur durch Verpflichtung auf gemeinsame Spielregeln trotz Verschiedenheit herstellen. Darüber hinaus haben auch Spielregeln, auf die man sich gemeinsam geeinigt hat, eine gemeinschaftsgenerierende Funktion. Doch auch aus ideologiekritischer Sicht kann das in der Demokratisierungsdebatte immer wieder aufgeworfene Homogenitätspostulat aufgrund seiner theoretischen Implikationen nicht voll überzeugen: "Whereas different writers may throw a different mix of elements into the pot, an insistance on a relatively high degree of homogenety, measured by these ethno-cultural criteria, is typically an important, indeed critical, element of the discourse. Here rests, of course, the most delicate aspect of the theory since the insistence on homogeneity is what conditions in its statal operationalisation the rules for inclusion and exclusion" (Weiler 1995: 11).

Der Mangel an intermediären Strukturen

Nach Auffassung einiger Integrationsforscher kann eine Stärkung des Europäischen Parlaments das Demokratiedefizit nicht beheben, weil in Europa europäische Medien, europäische Parteien, Verbände und Bürgerbewegungen nicht in einem ausreichenden Maße existieren (Weiler 1989). Diese sogenannten intermediären Vermittlungsstrukturen haben in der nationalstaatlichen Demokratie die fundamentale Aufgabe, unterschiedliche politische, wirtschaftliche und soziale Interessen in der Gesellschaft zu integrieren. Sie leisten diese Aufgabe, indem sie den Raum zwischen der Gesellschaft einerseits und den legislativen und exekutiven Entscheidungsinstanzen andererseits strukturieren und zwischen diesen beiden Ebenen vermitteln. "Wo aber ein Parlament nicht auf einer solchen Struktur beruht, welche die beständige wechselseitige Verbindung zwischen Volk und Staat, Regierten und Regierenden sichert, bestehen zwar demokratische Formen, doch fehlt ihnen die demokratische Substanz" (Merkel 1996: 12). Vor diesem Hintergrund kann mit Blick auf die Europäische Union der Befund nicht optimistisch stimmen. Ein europäisches Parteiensystem hat sich noch nicht herausgebildet und daran wird sich in absehbarer Zeit nichts ändern (Niedermayer 1996: 95 f.; Gaffney 1995). Die Beteiligung der Bürger an den Wahlen zum Europäischen Parlament nimmt seit den ersten Direktwahlen 1979 kontinuierlich ab (Wessels 1995: 884), woraus zu schließen ist, daß die Europawahlen für die Bürger offensichtlich eine nachrangige Bedeutung haben. Der Europawahlkampf der politischen Parteien wird in allen Mitgliedstaaten überwiegend mit innenpolitischen Argumenten geführt und die europäischen Wähler nützen diese Wahlen zumeist, um ihren nationalen Regierungen Zustimmung oder Protest für ihre nationale Politik zu signalisieren (Reif 1992). Ein für die pluralistische Demokratie konstitutives Verbändesystem auf europäischer Ebene ist ebenfalls nicht in Sicht (Kohler-Koch 1994). Vor allem den Gewerkschaften gelingt es nicht, über eine lose transnationale Zusammenarbeit hinauszukommen und einen machtvollen europäischen Gewerkschaftsbund zu etablieren (Platzer 1991). Im Nationalstaat gewachsen, alimentiert und sanktioniert, können diese intermediären Strukturen nicht einfach europäisiert werden, ohne daß dies auf Kosten schwerwiegender Loyalitätskonflikte unter den Parteien und Verbänden in der EU und den einzelnen Mitgliedstaaten führen würde (Merkel 1996: 12).

Besonders gravierend für die Demokratie(un)fähigkeit der Europäischen ist jedoch das Fehlen einer europäischen Öffentlichkeit. Mag man noch in technologischer Hinsicht an eine Europäisierung der Mediensysteme glauben, so findet doch ein von den Massenmedien getragener europaweiter öffentlich-politischer Diskurs nicht statt (Gerhards 1993). Für die Entwicklung einer europäischen politischen Kommunikation muß eine einheitliche Sprache und selbst eine einheitliche Medien- und Parteienlandschaft sicher nicht unbedingt vorausgesetzt werden (Kluth 1995: 62). Notwendig für die Herausbildung einer europäischen Öffentlichen Meinung ist jedoch sicherlich, daß die Themen der Europapolitik überhaupt vermittelt werden, damit sich die Bürger in ihrer Sprache informieren und austauschen können. Die "Trägheitsmomente" (Gerhards 1993: 100 ff.), die sowohl der Bildung einer einheitlichen europäischen Öffentlichkeit als auch der Europäisierung der nationalen Öffentlichkeit im Wege stehen, sind jedoch in der Summe zu groß.

Die Größenordnung der europäischen Polity

Ein weiteres Argument, das gegen die Demokratiefähigkeit der Europäischen Union spricht, bezieht sich schlicht auf die Größenordnung einer europäischen 'Polity'. "Ceteris paribus sind kleine Kollektive demokratischer als große." (Zürn 1996: 48) Schon die große Distanz zwischen den auf europäischer Ebene entscheidenden Organen und Personen und ihren gesellschaftlichen Konstituenten in den Mitgliedstaaten läßt Zweifel daran aufkommen, ob eine substantielle Stärkung des Europäischen Parlaments mit einer stärkeren sozialen Legitimierung (Weiler 1989) der auf europäischer Ebene getroffenen Entscheidungen einher gehen würde. "Aufgrund der auf europäischer Ebene noch weitaus ungünstigeren Zahlenproportion zwischen Bevölkerung und europäischen Abgeordneten ist eine persönliche Repräsentanz der Bürger nur schwer nachvollziehbar" (Europäische Strukturkommission 1995: 39). Es hieße das Europäische Parlament hoffnungslos zu überfordern, erwartete man von ihm, daß es in ähnlicher Weise responsiv gegenüber den Bürgern sein könne wie ein nationales Repräsentationsorgan (Dahl 1994: 32): "Even if the Union were to replicate in its system of governance the very same institutional set-up found in its constituent states, there would be a diminuition in the specific gravity, in the political weight, in the level of control of each individual within the redrawn boundaries. That is, arguendo, an inevitable result of enlarging the membership of the functional polity (when a company issues new voting shares, the value of each share is reduced) and from adding a tier of government thereby distancing it further from its ultimate subjects in whose name and for whom democratic government is supposed to operate. We can call this Inverted Regionalism" (Weiler 1995: 6).

Das Größenordnungsproblem existiert natürlich zunächst unabhängig von der Frage, ob die Entscheidungsprozesse auf europäischer Ebene demokratisch, technokratisch oder intergouvernemental auf der Basis des Einstimmigkeitsprinzips organisiert sind. Geht man aber davon aus, daß eine Demokratisierung des europäischen Entscheidungssystems insofern eine stark unitarisierende Wirkung nach sich ziehen müßte, als die hierzu notwendige Aufwertung des supranationalen Europäischen Parlaments, die Etablierung einer echten parlamentarisch-demokratischen Kontrolle der Kommission und die generelle Einführung des Mehrheitsprinzips im Rat als wichtigste Entscheidungsregel zugleich eine Schwächung der (Veto)-Positionen der Mitgliedstaaten impliziert, könnte sich ein solcher integrationspolitischer Langzeittrend - gerade weil die EU noch nicht als identitätsstiftendes Gemeinwesen (Angelucci 1993, Risse 1997) gelten kann - problemverschärfend auswirken. Die Reichweite auch einer demokratisch organsierten Gesetzgebung der Gemeinschaft stößt in Bereiche hinein, die im klassischen Sinne als nationalstaatliche Aufgabenwahrnehmung begriffen werden. Auch die sozialen Handlungszusammenhänge auf regionaler und nationaler Ebene, die nicht grenzüberschreitend sind und auch sonst keine grenzüberschreitenden Externalitäten aufweisen, bleiben vom Einfluß europäischer Regelungen längst nicht mehr verschont. Solange auf Seiten der Bürger kein substantieller Loyalitätstransfer von der nationalen zur europäischen Ebene hin stattgefunden hat, könnte es Gesetzen, die in sozio-kulturell determinierte Bereiche hineinwirken, an sozialer Legitimität ermangeln. Dabei spielt es kaum eine Rolle, ob diese auf europäischer Ebene entstandenen Gesetze formaldemokratisch in einwandfreier Weise zustandegekommen sind oder nicht. Mit der in Amsterdam beschlossenen Aufwertung des Europäischen Parlaments wird dieses Problem somit nicht zu lösen sein. In der Bevölkerung verliert der "invertierte Regionalismus" in dem Maße an Zustimmung, wie die Union in symbolbeladene Aufgabenfelder der Nationalstaaten oder auch der subnationalen Ebene eingreift (Misch 1996: 976). Bei den Bürgern würde sich in jedem Fall die Wahrnehmung verstärken, daß es keine effektiven Grenzen und Kontrollmöglichkeiten gibt, um die Regelungsansprüche der Union in Bereichen aufzuhalten, die als Reservate des Staates oder der Individuen angesehen werden. Die mit der Legitimierung von Aufgabenerledigung auf supranationaler Ebene verbundene Notwendigkeit höherstufiger Repräsentation (Schmitter 1992) läßt die elementaren sozialen und kulturellen Einheiten stärker ins Bewußtsein treten (Lübbe 1994: 63). Das Hineinwachsen in höhere Ordnungen bewirkt daher eine vertiefte Verwurzelung in den niedrigeren sozialen und politischen Ordnungen. Umso wahrscheinlicher ist es dann, daß die Eingriffe der höheren in die niedrigere Ordnung - der man sich aber kulturell und sozial in erster Linie zugehörig fühlt und mit der man sich vorbehaltlos identifiziert - potentiell als Fremdbestimmung wahrgenommen werden (Weiler 1995: 4).

2. Das institutionelle Demokratiedefizit

Die EU als Technokratie und Expertokratie

Seit einiger Zeit wird in der Integrationsforschung die These diskutiert, daß sich die EU in einem Schwebezustand zwischen Demokratie und Technokratie befindet, wobei die Gefahr, daß Europa eher zu letzterem tendiere, betont wird (Wallace/Smith 1995; Bach 1993). Gerade weil im Rom-Maastricht-Europa von einem genügenden Ausbau demokratischer Institutionen auf Unionsebene nicht gesprochen werden kann, entwickelte sich eine nahezu vom Bürger unkontrollierte und abgekoppelte "Expertokratie", die die Prinzipien des freiheitlich-demokratischen und parlamentarischen Rechtsstaates unterläuft. Ein wichtiges demokratietheoretisches Postulat - die "inclusiveness of citizenship" (Boyce 1993: 459) - ist auf europäischer Ebene kaum erfüllt. Für die EU nach Amsterdam wird auch weiterhin ein Mangel an konkreter, zurechenbarer Verantwortlichkeit kennzeichnend sein. Im europäischen Mehrebenensystem gibt es für den Bürger kaum "faßbare Verantwortungsbezüge" (Misch 1996: 979). Der Rat als wichtigstes Entscheidungsorgan unterliegt als Kollektiv keinerlei Rechenschaftspflicht, lediglich seine einzelnen Mitglieder haben sich gegenüber ihren nationalen Parlamenten zu verantworten. Die supranational organisierte und agierende Kommission, die ihre Regierungsarbeit auf der Basis der bestehenden Verträge ausübt, erscheint manchem Kritiker als " (...) Beamtenherrschaft ohne massendemokratische Grundlage. Das erweitert ihren nominellen Handlungsspielraum, mindert aber ihre Anerkennungswürdigkeit. Das Fehlen der massendemokratischen Basis ist für die klassische Beamtenherrschaft eines autoritären Staates unproblematisch; sie herrscht über Untertanen. Die Beamtenherrschaft in der EG jedoch erfaßt demokratische Staatsbürger der Mitgliedstaaten; doch diesen Bürgern tritt sie nicht als legitimierte Herrschaftsinstanz gegenüber, sondern als Obrigkeit, die Politik für Untertanen betreibt" (Schmidt 1994: 438). Doch darf man nicht vorschnell urteilen: Es ist gerade die relative Unabhängigkeit von demokratischer Kontrolle, die zu einer beachtlichen Effizienz und Effektivität der Entscheidungsprozesse auf europäischer Ebene geführt hat. Mißt man die 'Regierungsarbeit' der Kommission am "output" ihrer Politik, ist das Ergebnis nicht unbefriedigend (Münch 1993: 8 ff.). Kommt dies am Ende den europäischen Bürgern nicht zugute? Ist es unter dem Gesichtspunkt der Legitimität nicht problemlos, wenn für die Gesamtheit der europäischen Bürger regiert wird und nicht durch die Bürger? In der Geschichte der Demokratie ist dies nichts außergewöhnliches: Da "government by the people" angesichts der Größenordnung der Europäischen Union nur schwer organisierbar ist, könnte an seiner Stelle "government for the people" stehen.

Ein zu schwaches Europäisches Parlament

Zuweilen wird die Auffassung vertreten, daß das Europäische Parlament diese Bezeichnung gar nicht verdiene, da schon bei der Sitzverteilung eine gravierende Verletzung des demokratischen Gleichheitssatzes zugunsten der kleineren Mitgliedstaaten zu verzeichnen ist (Steffani 1995: 41). Die herausragende Bedeutung der EU-Mitgliedstaaten zeigt sich somit bereits bei der Zusammensetzung des supranationalen Repräsentationsorgans. Über diese Verletzung des Egalitätsprinzips kann jedoch hinweggesehen werden, weil zum einen das in diesem Falle dem demokratischen Prinzip diametral entgegengesetzte Föderalismusprinzip (Schneider 1994 b; Kielmansegg 1996: 60 f.) selbst eine wichtige Legitimationsquelle für das europäische Mehrebenensystem darstellt, zum anderen - noch entscheidender - die Verwirklichung des demokratischen Gleichheitssatzes in einem einheitlichen europäischen Wahlverfahren auf Kosten der Arbeitsfähigkeit des Parlamentes gehen müßte (Misch 1996: 980). Auch hinsichtlich des im Parlamentarismus institutionalisierten Repräsentationsprinzips unterscheidet sich das Europäische Parlament grundlegend von den nationalen Parlamenten: Die Abgeordneten des EPs und die in ihm vertretenen politischen Parteien repräsentieren kein europäisches Staatsvolk; das EP repräsentiert auch nicht die Gesamtheit aller Unionsbürger: Auch wenn die einzelnen Parteien im EP nach ihren politischen Richtungen organisiert sind und in diesem politischen Verbund oftmals handeln und abstimmen (Kluth 1995: 63), so fühlen sich die Abgeordneten und die Parteien eher als Interessenvertreter der von ihnen repräsentierten Region, denn als Repräsentanten der europäischen Bürgerschaft. Viel entscheidender noch im Zusammenhang mit der institutionellen Dimension der Demokratisierungsproblematik ist indessen die Schwäche des parlamentarischen Elements im europäischen Rechtsetzungsverfahren (Maurer 1996 a). Hier liegt noch immer der Kern des institutionellen Demokratiedefizits der Europäischen Union, auch wenn nach der Regierungskonferenz in Amsterdam eine Neubewertung dieser Problematik sicher nötig ist. Viele wichtige politische Entscheidungen auf europäischer Ebene werden aber weiterhin in "entparlamentarisierten Arenen" getroffen, "vorbei am Europäischen Parlament und vorbei an den nationalen Parlamenten und ohne direkte oder vermittelte Legitimation durch die Bürger der EG-Mitgliedstaaten" (Schmidt 1994: 437 f.). Die noch immer existierende relative Schwäche des Europäischen Parlaments im europäischen Entscheidungssystem wird mit Blick auf die Rolle der anderen EU-Organe deutlich. Die Vertreter des Ministerrats eignen sich durch die Europäische Union Befugnisse an, die ihnen auf nationaler Ebene fehlen, oder aber wo sie in ihrem Handlungsspielraum ganz allgemein aufgrund parlamentarisch-demokratischer Kontrollen stärker eingeschränkt sind (Weiler 1989: 76). Nachdem Kompetenzen der nationalen legislativen Ebene auf den Ministerrat als einem nur mittelbar legitimierten Legislativorgan mit Exekutivbefugnissen übertragen worden sind, ohne daß das direkt gewählte und somit unmittelbar legitimierte EP gleichberechtigt an der Rechtsetzung aller dieser auf die europäische Ebene 'abgetretenen' Politikfelder beteiligt ist, bewirkt gerade diese Schwäche des Europäischen Parlaments ein hohes Maß an Autonomie für die Regierungsvertreter im Rat. Der Vertrag von Amsterdam wird dieses Problem sicher partiell entschärfen. Entscheidungen werden aber auch insofern im entparlamentarisierten Raum getroffen, als der Ministerrat auch weiterhin auf Vorschlag einer Gruppe nicht-gewählter Beamter in wichtigen Politikfeldern Gesetze verabschieden kann; Gesetze, deren Verbindlichkeit und juristische Durchsetzbarkeit aufgrund der Suprematie des Unionsrechts (Joerges 1996: 77) selbst dann gilt, wenn sie im Gegensatz zu Gesetzen stehen, die nationale Parlamente verabschiedet haben. Wahrscheinlich wird dies auch nach Amsterdam weiterhin in vielen wichtigen Politikfeldern sogar gegen den ausdrücklichen Willen des Europäischen Parlaments geschehen. "This means, in the starkest terms, that, in the field of application of Community law and policy, there are still major public policy areas where the governments of the member states, which in their own countries may normally legislate only with (at last) the passive assent and scrutiny of the national parliaments, may, in the Community domain, legislate without meaningful control or even assent of the European Parliament. De facto, this often means that they can legislate without the meaningful control of any parliament" (Weiler 1992: 13). Letztlich wird nur der 'Praxistest' zeigen können, ob diese angesichts des Maastrichter Vertragswerks getroffene pessimistische Grundeinschätzung auch nach Inkrafttreten des Amsterdamer Vertrages noch aufrechterhalten werden kann. Das EP wird sicher durch den Amsterdamer Vertrag über mehr Kontroll- und Mitentscheidungsmöglichkeiten verfügen, es bleibt aber dennoch in manchen Politikbereichen nur eingeschränkt in der Lage, den gemeinschaftlichen Maßnahmen der EU eine hinreichende demokratische Legitimation zu verleihen (Maurer 1996 b: 24 f.).

Die in Amsterdam beschlossenen erweiterten Befugnisse des Europäischen Parlaments tragen auch aus einem anderen Grund nur sehr begrenzt zum Abbau des institutionellen Demokratiedefizits bei. Der Mangel an zurechenbarer Verantwortung sowie an Verfahrens- und Problemtransparenz läßt sich durch eine Zubilligung erweiterter Kompetenzen für die "parlamentarische Komponente" (Lepsius 1991: 39) der EU nicht einfach beseitigen. Im Gegenteil: "Mehr Rechte für das Europäische Parlament in einem politischen System, das vertikal zwischen Mitgliedstaaten und der EU und horizontal zwischen einzelnen EU-Organen einem Fusionsprozeß unterliegt, bedeutet in der Regel eine weitere Steigerung der Komplexität, durch die das Transparenzproblem noch größer wird" (Wessels: 1995: 898). Nur unter der Voraussetzung strikter Aufgabenzuweisung an die Europäische Union - gerade dies aber ist in Amsterdam nicht beschlossen worden - könnte die substantielle Stärkung des Europäischen Parlaments einen begrenzten Beitrag zum Abbau des institutionellen Demokratiedefizits in seinem Kernbereich leisten, nämlich "dem von den nationalen Regierungen dominierten Entscheidungsverfahren ohne hinreichende parlamentarische Kontrolle auf wenigstens einer Ebene des EU-Verflechtungssystems" (Misch 1996: 990). Stellt man eine rein formale Betrachtungsweise an, so sind in Amsterdam sicher einige - wenn auch bescheidene - Fortschritte zur Beseitigung des institutionellen Demokratiedefizits erzielt worden. Damit ist aber eben gerade nicht gesagt, daß sich hierdurch auch die mehrdimensionale Legitimitätsproblematik des europäischen Mehrebenensystems in der Summe entschärfen ließe.

Die Schwäche der über die Nationalstaaten vermittelten demokratischen Legitimation

Da auch nach der Regierungskonferenz in Amsterdam der Rat und nicht das EP als die eigentliche Legislative im europäischen Mehrebenensystem angesehen werden muß, könnten die konstatierten Schwierigkeiten der EU, für eine eigenständige demokratische Legitimation zu sorgen, als vernachlässigenswert eingestuft werden, sofern die über die Mitgliedstaaten vermittelte demokratische Legitimation noch immer ausreicht, um europäische Entscheidungen zu legitimieren. Die indirekte demokratische Rückkopplung des Rates mit den auf nationaler Ebene gewählten Regierungsvertretern der Mitgliedstaaten ist für die Rechtfertigung europäischer Entscheidungen jedenfalls in den Fällen legitimationstheoretisch problemlos, in denen im Ministerrat die Einstimmigkeitsregel befolgt wird. Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, daß aus demokratietheoretischer Sicht das Vetorecht im Ministerrat als dessen unersetzliche Legitimationsgrundlage gilt (Weiler 1992: 13 f.) und darüber hinaus gar als "the most legitimating element" (Weiler 1991: 2473) des gesamten institutionellen Arrangements der EU. Mit der 1986 durch die EEA beschlossenen Einführung des (qualitativen) Mehrheitsprinzips in vielen mit der Errichtung des einheitlichen europäischen Binnenmarktes im Zusammenhang stehenden Politikfeldern drohte diese indirekte Legitimationsquelle zu versiegen. Die Anwendung des Mehrheitsprinzips läuft letztlich auf Entscheidungskonstellationen hinaus, in denen Staaten über Staaten verfügen können. Die häufigere Anwendung des Mehrheitsprinzips im Rat schwächt die indirekte demokratische Kontrolle durch die nationalen Parlamente, da immer die Möglichkeit besteht, daß der Repräsentant eines Mitgliedstaates überstimmt wird. In diesem Fall werden auch gegen seinen Willen in seinem Land Hoheitsakte der Union durchgesetzt. Demokratisch legitimiert ist dieser Hoheitsakt in dem betreffenden Staat jedenfalls nicht. Die Wähler und das Parlament des unterliegenden Landes können ihren Regierungsvertreter nicht zur politischen Verantwortung ziehen und somit die gegen den Willen ihrer Regierung getroffene Mehrheitsentscheidung im Ministerrat als Fremdbestimmung wahrnehmen. Noch weniger sind sie dazu in der Lage, die Repräsentanten anderer Länder für ihr Abstimmungsverhalten im Rat verantwortlich zu machen. Paradoxerweise wurde also gerade mit der durch die EEA und dem Maastrichter Vertrag erfolgte Einführung der Mehrheitsregel im Ministerrat das Demokratiedefizit besonders akzentuiert. Es entstand vor allem deshalb eine Legitimationslücke, da die mit dem Mehrheitsprinzip verbundene Schwächung der indirekt über die Mitgliedstaaten vermittelten demokratischen Legitimation nicht in allen Fällen kompensiert wurde durch ein starkes und neben dem Rat als gleichberechtigtes und direkt legitimiertes Legislativorgan agierendes Europäisches Parlament. Gerade in diesem Punkt aber ist es auf der Amsterdamer Regierungskonferenz zum Durchbruch gekommen: Das Europäische Parlament soll künftig überall dort, wo der Ministerrat mehrheitlich beschließt, in der Gesetzgebung gleichberechtigt sein (Stabenow 1997: 6). Wo nach Maastricht noch eine Legitimationslücke in vielen nach dem Mehrheitsprinzip geregelten Rechtsetzungsakten existierte, wird diese nach Amsterdam durch das Europäische Parlament geschlossen, das Prinzip der direkten demokratischen Legitimation somit gestärkt. Die indirekte über die Mitgliedstaaten vermittelte demokratische Legitimation wird in jenen Rechtsetzungsakten hingegen u.U. geschwächt, weil die Ratsmitglieder bei der Rechtsetzung weniger auf die Vorstellungen ihrer nationalen Parlamente Rücksicht nehmen können, sondern in erster Linie nach dem "Gesetz der antizipierten Reaktion" (Carl Joachim Friedrichs) die Vorstellungen des Europäischen Parlaments berücksichtigen müssen, um von diesem die erforderliche Mehrheit für erwünschte Gesetzesvorhaben zu bekommen.

Reformvorschläge in idealtypischer Prägnanz:

Das Legitimationstrilemma

Aus den vorangegangenen Überlegungen zu den strukturellen und politisch-institutionellen Implikationen des europäischen Mehrebenensystems läßt sich bereits konkludieren, daß kein 'Königsweg' existiert, der die Legitimitätsproblematik ohne weiteres zu lösen imstande wäre. Grundsätzlich lassen sich die Vorschläge aus Wissenschaft und Politik, wie sich die Legitimationsdefizite des europäischen Mehrebenensystems ausgleichen lassen, in idealtypischer Prägnanz in drei Optionen aufteilen, die sich wiederum zum einen orientieren an den für die weitere europäische Integration von der Wissenschaft für möglich erachteten integrationspolitischen Langzeittrends (Schneider/Wessels 1994: 7 ff.) und zum anderen den persönlichen Präferenzen für bestimmte europapolitische "Leitbilder" entsprechen (Schneider: 1977). Neben der Forderung nach einer Erhöhung der Effizienz, Effektivität und Nutzenmaximierung europäischer Politik ("output"-Legitimität) und dem Postulat nach formaler Stärkung der eigenständigen demokratischen Legitimation des europäischen Regierens ("input"-Legitimität), existieren desweiteren Reformvorschläge, die sich am klassischen Nationalstaat orientieren. Da nach dieser Auffassung das Prinzip demokratischer Legitimation aufgrund seiner sozio-kulturellen und strukturellen Kontextabhängigkeit derzeit nur im Nationalstaat funktioniert, wird dieser Legitimationsstrang im folgenden als "soziale" Legitimität (Weiler 1989) bezeichnet. Die bisher in der wissenschaftlichen Literatur weit verbreitete Auffassung, daß die europäische Integration in einem Dilemma zwischen Effizienz und Demokratie stecke (Dahl 1994; Merkel 1996), wird hier zu einem Trilemma erweitert, da m.E. die Europäische Union vor drei alternativen Reformoptionen steht, die alle drei unakzeptabel erscheinen. Mit der Denkfigur des 'Legitimationstrilemmas' soll also zum Ausdruck gebracht werden, daß keine der drei gegenwärtig diskutierten 'metapolitischen' Ansätze zur Stärkung der Legitimität der EU - weder für sich alleine, noch zusammengenommen - Erfolg verspricht, da entweder diese Optionen miteinander konfligieren oder aber bei ihrer jeweiligen politischen Umsetzung jeweils neue Legitimationsprobleme nach sich ziehen. Vorschläge zur Reform des institutionellen Arrangements des europäischen Mehrebenensystems, die sich an einem der hier in idealtypischer Form aufgeführten Reformoptionen orientieren, implizieren die Schwächung eines anderen Legitimationsstranges. Die Suche nach Reformen, die die Legitimität des europäischen Mehrebenensystems erhöhen sollen, erscheint als Nullsummenspiel, weil sich die Legitimitätsproblematik gewissermaßen nur verschieben, indessen in der Summe nicht reduzieren läßt.

1. Legitimation durch Effizienz, Effektivität und Nutzenmaximierung ("output"-Legitimität)

Die in Politik und Wissenschaft bislang herrschende 'Schule' vertritt die Ansicht, daß das Projekt Europa dann seine Legitimationsprobleme in den Griff bekommt, wenn es gelingt, auf gemeineuropäischer Ebene eine erfolgreiche Politik zu machen, die die Bürger davon überzeugt, daß für ihre Belange die EU effizient und nützlich ist. Aus dieser Sicht sind es politische Erfolge, die die Menschen am eigenen Leib spüren können, die für die Legitimität des europäischen Mehrebenensystems besonders wichtig sind. Im Kern handelt es sich hierbei um eine "technokratisch-utilitaristische Begründung von Legitimation (von Bogdandy 1993: 220), weil politische Herrschaftsausübung in dem Maße an Legitimität gewinnt, wie sie die Fähigkeit besitzt, die Funktionstüchtigkeit des gesamtgesellschaftlichen Systems und die Befriedigung der Bedürfnisse der Bürger zu gewährleisten. Für die EU ist diese Legitimationsstrategie von herausragender Bedeutung (Wessels 1992: 45 ff.). Da für manche Autoren die Europäische Union aus grundsätzlichen demokratietheoretischen Erwägungen heraus kaum zu beanstanden ist, stellt sich für sie in erster Linie die Frage, wie der "output" des Systems noch verbessert werden kann. Folgt man dieser Variante der "output"-Legitimität, muß die Europäische Union so gestaltet sein, daß immer eine flexible Anpassung an die politischen Erwartungen für einen Handlungsbedarf der Europäischen Union gewährleistet ist. Priorität genießt nach dieser Ansicht die Effizienz der politischen Institutionen - z.B. durch die generelle Einführung der Mehrheitsregel im Rat, die Schaffung von politischen und rechtlichen Strukturen, die eine möglichst rasche Implementation verschiedener Problemlösungsstrategien in die verschiedenen Politikfelder ermöglichen, möglichst kurze Entscheidungsverfahren, hochkomplexe aber dennoch flexible Verhandlungssysteme, das Bündeln der Zuständigkeiten durch Fusionierung der staatlichen und gemeineuropäischen Instrumente und die Verschmelzung politischer Verantwortlichkeiten durch Partnerschaften mehrerer Ebenen hoheitlicher Gewaltausübung. So hat die 1996 eingesetzte Reflexionsgruppe darauf aufmerksam gemacht, daß eine derartige Fusionierung zwischen Mitgliedstaaten und Union für den Erfolg der weiteren Integration unabdingbar notwendig sei (Wessels 1996 a: 24). Planung, Formierung und Durchsetzung der EG-Politik basieren daher vor allem auf der expertokratischen Fusionierung von EG-Fachbürokratien und nationalen Fachbürokratien, die politische Entscheidungen von beachtlicher Effizienz und Effektivität fällen können (Wessels 1992). Es ist evident, daß ein derart fusioniertes Handeln der Staaten und der Unionsorgane und ihrer jeweiligen Bürokratien auf eine Expertokratie hinausläuft, die gemessen an den klassischen Prinzipien parlamentarisch-demokratischer Legitimation zweifelhaft ist. Zudem führt die mangelnde Transparenz der europäischen Entscheidungsprozesse dazu, daß sich politische Entscheidungskompetenz und öffentliche Verantwortung nicht mehr decken. Die daraus resultierenden Orientierungsschwierigkeiten für den Bürger führen dazu, daß für diesen kaum mehr nachzuvollziehen ist, inwieweit die relevanten Entscheidungen von der nationalen oder der europäischen Ebene getroffen werden (Weidenfeld 1996: 5). Die Struktur der Europäischen Union ähnelt daher eher einem "Flickenteppich" (Europäische Strukturkommission 1995: 34) als einer durchdachten demokratischen und föderalen Konstruktion. Nach dieser Variante muß der Erfolg und die Funktionstüchtigkeit der Europäischen Union - vor allem in bezug auf die Implementation europapolitischer Entscheidungen - aber dadurch gewährleistet werden, daß man dem Beharren der nationalen Regierungen auf umfassende Mitentscheidungsrechte nachgibt, ein Ansinnen, welches sich kaum mit einer durchgreifenden Parlamentarisierung der Europäischen Union vereinbaren läßt.

An der Stärkung der "output"-Dimension europäischer Herrschaftsausübung orientieren sich auch Strategien, die sich eine Legitimationsentlastung europäischer Politik dadurch erhoffen, daß sich die EU weitgehend auf effizienzorientierte Politikbereiche beschränkt (Majone 1996 b), die ihren Legitimationsgrund nicht in - auf europäischer Ebene aufgrund des Mangels an sozialer, wirtschaftlicher und kultureller Homogenität kaum legitimitätsstiftenden - demokratischen Entscheidungsverfahren, sondern im "Sachverstand" und der "Expertise" von unabhängigen Regulierungskommissionen finden. Die für die Legitimierung von Herrschaftsausübung konstitutiven Prinzipien der politischen Verantwortlichkeit und der demokratischen Kontrolle sind aus dieser Sicht für die Legitimierung europäischer Politik nicht nur nicht notwendig, sondern darüber hinaus sogar legitimatorisch bedenklich, weil sie sich hinsichtlich der "output"-Qualität europapolitischer Entscheidungen kontraproduktiv auswirken. Es ist evident, daß eine solche Reformvariante ebenfalls den Prinzipen "input"-orientierter Herrschaftslegitimation zuwiderläuft, da ihm eine "Tendenz zur Zrückdrängung parlamentarischer Mitbestimmung innewohnt" (Jachtenfuchs/Kohler-Koch 1996 a: 27).

2. Legitimation durch demokratische Verfahren auf europäischer Ebene ("input"-Legitimität)

Die zweite 'Schule' vertritt die Ansicht, daß die Legitimationsprobleme der Europäischen Union nur dann in den Griff zu bekommen sind, wenn das Entscheidungssystem der Europäischen Union durchgreifend demokratisiert wird. "Als Träger zentraler politischer Kompetenzen besteht für die Europäische Union zunehmend die Notwendigkeit einer lückenlosen demokratischen Legitimation" (Weidenfeld 1996: 6; Hänsch 1996: 11). Priorität bei der Lösung des Legitimitätsproblems genießt dabei der partizipatorische "input", den die europäischen Bürger in ihrer Gesamtheit in das europäische Entscheidungssystem einzubringen in der Lage sind. Die europäischen Entscheidungsträger müssen aus dieser Sicht direkt von den Bürgern für ihre Regierungstätigkeit beauftragt werden und ebenso direkt den Bürgern gegenüber politisch verantwortlich sein. Dies bedeutet, daß prinzipiell auch für das politische System der Europäischen Union hinsichtlich der demokratischen Legitimation die gleichen Standards bestehen müssen wie für den Nationalstaat (Europäische Strukturkommission 1995: 34). Das maximalistische Ziel ist aus dieser Sicht ein parlamentarisches Regierungssystem auf europäischer Ebene und die Ausbildung einer klassischen Föderation. Dies läuft auf einen europäischen Bundesstaat mit einer Verfassung hinaus, die sich im Hinblick auf die vertikale Kompetenzverteilung und auf die Stellung der Organe an klassischen Bundesstaatsmodellen orientiert (Wistrich 1994). Hier soll die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips als oberstes Legitimationsprinzip die Richtschnur des 'constitutionel engineering' sein. Das auf der föderalen Ebene angesiedelte parlamentarische Regierungssystem setzt sich zusammen aus einem Zwei-Kammern-Parlament (EP und der Rat), die Regierung wird vom EP gewählt und geht aus der jetzigen Kommission hervor, und der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wird zu einem obersten Verfassungsgericht, daß für alle von der Europäischen Union behandelten Bereiche zuständig ist. Diese Vorschäge, die vor allem eine substantielle Aufwertung des Europäischen Parlaments implizieren, erscheinen auf dem ersten Blick vor allem dehalb so attraktiv, weil sie von einem herkömmlichen Institutionenverständnis ausgehend, auf nationalstaatlicher Ebene Bekanntes reflektiert und auf gemeinschaftlicher Ebene umsetzen will. Zumindest eine Identifikation der Bürger Europas mit den Institutionen der Europäischen Union könnte auf diesem Wege sehr erleichtert werden. Die "very important function of the European Parliament to establish links with the citizens will only develop substantially when it gets more powers and when it becomes (...) a major decision-maker of the European Union." (Neunreither 1994: 302) Auf diese Weise könnte sich eine echte europäische Öffentlichkeit entwickeln, vermittels derer sich der tatsächliche Einfluß der Bürger auf die europäische Politik erhöhen könnte. Auch wenn die meisten Vertreter dieser Auffassung mit Bedacht einen schlanken Bundesstaat kreieren wollen, der gleichzeitig handlungsfähig und direkt demokratisch legitimiert ist, erscheinen diese Überlegungen dennoch allzu optimistisch. Neben dem Fehlen struktureller und soziokultureller Voraussetzungen, die einer bundesstaatsähnlichen Demokratie erst 'soziale' Legitimität verleihen, unterliegt eine integrationspolitische Tendenz, die auf ein Zweikammern-System hinausläuft, vor allem unter Effizienz-Gesichtspunkten einigen schwerwiegenden Bedenken. Schon die bestehende Europäische Union produziert angesichts der in Mehrebenensystemen üblichen "Politikverflechtung" (Scharpf 1985) oftmals nur suboptimale Lösungen. Die bereits bestehenden Schwierigkeiten bei der Entscheidungsfindung könnten noch erhöht werden, da jedes Zwei-Kammern-System die Möglichkeit gegenseitiger Blockade enthält (Misch 1996: 980). Eine bundesstaatliche Integrationstendenz als konsequente Umsetzung des Prinzips "Legitimation durch demokratische Verfahren" würde den Erfolg des bisher erreichten somit sehr in Frage stellen. Die exzessive Auslegung dieses Prinzips ("input") widerspricht dem für die Überlebensfähigkeit der Union so selbstverständlichen Prinzip der "Legitimation durch Effizienz, Effektivität und Nutzenmaximierung" ("output").

Einer besonderen Variante zur Stärkung der "input"-Legitimität europäischer Politik sind eine Reihe von Autoren verpflichtet, die die parlamentarische Demokratie ganz grundsätzlich als eine nicht mehr zeitgemäße Regierungsform ansehen: "Although parliamentary institutions are the core of Western political systems, they are undergoing systematic erosion. Modern governance is increasingly divided into semiautonomous, specialized segments or sectors; that is, it is multi-polar with the interpenetration of state agencies and agents of civil society" (Andersen/Burns 1996: 227 f.). Eine Erhöhung der "input"-Legitimität der EU verspricht man sich eher dadurch, daß das Prinzip der parlamentarischen Repräsentation auf europäischer Ebene durch das Prinzip der "funktionalen" Repräsentation ersetzt wird (Evers 1994; Zellentin 1993; Andersen/Burns 1996). Nach dieser Auffassung könnten die über funktionale Organisationen institutionalisierten Partizipationsformen die bisherige Dominanz nationaler Exekutiven auf europäischer Ebene ausbalancieren und darüber hinaus in besonderer Weise zur Effizienz europäischer Politik beitragen. Zugleich ist die Tätigkeit der in wirtschaftlichen Politikfeldern operierenden funktionalen Organsiationen aus dieser Sicht vor allem deshalb erfolgsversprechend, weil auf dem ökonomischen Gebiet die europäische Zivilgesellschaft und Homogenität am stärksten ausgebildet ist (Evers 1994: 127). Diese Überlegungen gehen von der These aus, daß die EG/EU in erster Linie eine Wirtschaftsgemeinschaft war und ist. Daher wird im Anschluß an Ipsens Zweckverbandslehre der rein funktionale Charakter der Union unterstrichen und ihre gegenwärtige oder zukünftige Staatsqualität bezweifelt (Zellentin 1993: 44). Da in der ökonomischen Sphäre die europäische Homogenität am größten ist und sich die europäische 'civil society' in erster Linie als eine Marktbürger- und Expertengesellschaft darstellt, stellen folgerichtig die Wirtschaftsakteure und Interessengruppen die adequaten Subjekte der Demokratie in dieser Gemeinschaft dar. Gerade weil von einer genügenden sozialen Homogenität nicht die Rede sein kann, ein schwaches Parteiensystem und eine nur eine ungenügend ausgebildete europäische Öffentlichkeit eine vollwertige parlamentarische Demokratie auf europäischer Ebene verhindern, muß aus dieser Sicht an seine Stelle ein System funktionaler Partizipation und Repräsentation mit Interessengruppen, sozialen Bewegungen und NGOs treten. Ein entsprechendes System wäre somit noch am ehesten in der Lage, das Problem der Repräsentation und Verantwortlichkeit in der Europäischen Union zu lösen, da es dieser neuen Regierungsform flexibel und effizient gelingt, Interessen zu aggregieren, die Arbeit der Exekutive zu kontrollieren und die Transparenz europäischer Entscheidungsprozesse zu erhöhen (Andersen/Eliasen 1996: 55). Einen gewissen Charme kann man diesem Vorschlag gewiß nicht absprechen, geht er doch von einigen richtigen Beobachtungen aus und versucht sowohl die Effizienz als auch die demokratische Qualität des Entscheidungssystems zu erhöhen. Doch wieviel an demokratischer Qualität wäre wirklich gewonnen? Gegen das Prinzip der funktionalen Repräsentation spricht vor allem, daß in einer solchen Demokratie wohlhabende, mächtige und hoch organisierte Gruppen in einem hohen Maße privilegiert wären. Die Inklusion einiger weniger Bürger in einer nach dem Prinzip der funktionalen Repräsentation organisierten Demokratie ginge einher mit der Exklusion breiter Bevölkerungsschichten. Das demokratische Gleichheitsprinzip wäre in eklatanter Weise verletzt und die Fragmentierung und Desintegration der europäischen Bevölkerung würde noch verstärkt. Auf diesem Fundament läßt sich sicher kein vereintes "Europa der Bürger" bauen.

3. Legitimation durch Orientierung am klassischen Nationalstaat ("soziale" Legitimität)

Teilt man die Einschätzung, daß aufgrund der mangelnden strukturellen und sozio-kulturellen Demokratiefähigkeit die Europäische Union zu einer eigenständigen demokratischen Legitimation nicht imstande ist, und verspricht man sich darüber hinaus auch durch eine größere Effizienz und Nutzenmaximierung alleine keine substantielle Stärkung der Gesamtlegitimität der Europäischen Union, bleibt nur der Rekurs auf die indirekte über die Nationalstaaten vermittelte demokratische Legitimation. Die an diese Auffassung anknüpfenden Reformoptionen gehen von einem Demokratiekonzept aus, das als "soziale Legitimität" (Weiler 1992; Schimmelfennig 1996: 20) umschrieben werden kann. Nach diesem Konzept sind nur im Nationalstaat all jene historisch gewachsenen Strukturen vorhanden, die erst eine lebendige Demokratie ermöglichen: Es existiert ein Staatsvolk, das sich in einer kollektiv belastbaren Identität verbunden fühlt, es existiert eine relative wirtschaftliche, soziale und kulturelle Homogenität, es existieren intermediäre Strukturen, die zwischen der Gesellschaft und der politisch-administrativen Ebene vermitteln und letztlich ist auch die Größenordnung der nationalen 'Polity' noch überschaubar. Da Demokratie in diesem Sinne strukturell und soziokulturell kontextabhängig ist, sollte sie aus dieser Sicht auf nationaler Ebene trotz der europäischen Integration möglichst erhalten bleiben: "Der Rückgriff auf die Nation (...), auf das in ihre enthaltende Wirbewußtsein, kann daher nicht umgangen werden. (...) Europa (...) bietet auf absehbare Zeit zuwenig emotionale Identifikationsmöglichkeiten, und die unitarisierende normative Überregulierung der Brüsseler Bürokratie baut sie weiter ab. Europa kann absehbar nur als ein Europa der Völker und Nationen zusammenwachsen und sich organsieren, auf dieser Grundlage aber auch integrieren" (Böckenförde 1995: 11).

Die Vertreter dieser dritten Variante teilen mit jenen, die für die zweite Variante optieren, die Einschätzung, daß das Schwinden des "permissive consensus" eine tiefgreifende Legitimationskrise der Integration ausgelöst hat. Nur ist die vorgeschlagene Therapie diametral entgegengesetzt. Statt eines "Sprungs nach vorn" wollen sie eine "Flucht zurück" antreten. Schützen läßt sich die nationale Demokratie nach dieser Auffassung nur, wenn die europäische Integration zur reinen zwischenstaatlichen Kooperation zurückkehrt. Gegen die Machtansprüche aus Brüssel wird tendenziell die Rückbildung der Europäischen Union zu einem klassischen Staatensystem befürwortet, daß "lediglich mit eher unpolitischen oder strikt intergouvernmentalen Kooperationsmechanismen angereichert wird" (Schneider/Wessels 1994: 13). Nach dieser Sicht liegt die Lenkung der Europapolitik fest in der Hand des Europäischen Rates, in dem sich die höchsten Autoritätsträger der souveränen Nationalstaaten zusammenfinden. Um die Legitimationsketten zwischen den auf europäischer Ebene entscheidenden nationalen Repräsentanten und ihren nationalen Konstituenten nicht abreißen zu lassen, sollten Entscheidungen nach dem Konsensprinzip getroffen werden. Der Kompetenzentransfer von der nationalen auf die europäische Ebene sollte strikt auf wenige Politkbereiche begrenzt bleiben und Überschneidungen mit den nationalen Kompetenzen vermieden werden (Lepsius 1991). Die national-konstitutionelle Demokratie bleibt so geschützt, während eine supranationale Föderation als irreale Utopie gilt. Problematisch wäre eine solche Integrationstendenz indes aus Sicht einer an Effizienz und Effektivität orientierten Integrationspolitik: "(...) high degrees of national autonomy and European consociationalism can only be honored at the expense of system capacity and effective political decision-making." (Schimmelfennig 1996: 13). Mehrheitsentscheidungen im Rat sind daher ein unabweisbarer Imperativ der Entscheidungseffizienz (Merkel 1996: 12). Will man die Systemeffizienz der Europäischen Union erhalten, muß gerade im Hinblick auf die vorgesehene Erweiterung zu einer Union der 20 oder gar 25 das Mehrheitsprinzip die wichtigste Entscheidungsregel sein.

Eine weitere Reformvariante, die sich am Nationalstaat orientiert, versucht die mitgliedstaatliche parlamentarische Kontrolle zu erhöhen. Während die nationalen Parlamente bei nur selten vorkommenden, dafür aber ganz offensichtlich wichtigen 'verfassungspolitischen' Vertragsänderungen sicher noch zur politischen Willensbildung in der Lage sind, sind sie bei der Kontrolle der Europapolitik der Regierungen und deren Rolle bei der Setzung von sekundärem Gemeinschaftsrecht zumeist hoffnungslos überfordert: "Die nationalen Parlamente (...) erwiesen sich trotz ihrer meist erst seit Beginn der 90er Jahre eingerichteten 'Europa-Ausschüsse' als nicht in der Lage, die Flut der Entscheidungen, die jährlich in mehr als 100 Meetings der 20 unterschiedlichen Ministerformationen getroffen werden, zu kontrollieren" (Merkel 1996: 12). Manche meinen aber dennoch, die demokratische Legitimation der Europäischen Union ließe sich dadurch stärken, daß man die nationalen Parlamente noch stärker in die Entscheidungsfindung und -kontrolle auf europäischer Ebene einbezieht (Lepsius 1991: 40): "The lack of democratic empowerment and control of the national governments should not be compensated by strengthening the European Parliament or introducing elements of Europe-wide direct democracy. The legitimate remedy would be to strengthen the role of national parliaments vis-à-vis national governments in European politics" (Schimmelfennig 1996: 11). Dänemark versucht diese Vorstellungen umzusetzen. Ein sogenannter Marktausschuß des dänischen Parlaments tagt immer zur selben Zeit wie der Ministerrat und gibt den dänischen Regierungsvertretern Handlungsanweisungen in die Verhandlungen mit. Die dänischen Minister fühlen sich an diese Art 'imperatives Mandat' gebunden, besitzen während der Sitzungen des Ministerrats also über kaum Verhandlungsspielraum. Man stelle sich nun vor, daß diese demokratietheoretisch geradezu idealtypische parlamentarische Kontrolle bei allen Mitgliedstaaten eingeführt würde, wie sollen zukünftig überhaupt noch Entscheidungen zustandekommen? Die stärkere Einbeziehung der nationalen Parlamente in europäische Entscheidungsprozesse gingen nicht nur auf Kosten der Effizienz der Entscheidungsverfahren (Scharpf 1992: 298), sondern führten auch allgemein zu einer kontraproduktiven Konfusion bei allen Verfahrensbeteiligten (Neunreither 1994: 313). Hier besteht ein Konflikt zwischen dem Prinzip der Legitimation durch Orientierung am klassischen Nationalstaat ("soziale" Legitimität) und Legitimation durch Effizienz, Effektivität und Nutzenmaximierung ("output"-Legitimität). Da in einer solchen Konstellation auch das EP über eine nur marginale Rolle bei der Entscheidungsfindung und - kontrolle verfügt, würde auch das Prinzip der Legitimion durch demokratische Verfahren auf europäischer Ebene verletzt.

Resümee und Ausblick

Auch wer die hier überspitzt formulierte Annahme eines "Legitimationstrilemmas" nicht teilt, wird zugeben müssen, daß es keinen einfachen Ausweg für die Lösung der Legitimationsprobleme des europäischen Mehrebenensystem gibt. Allgemein gilt, daß die Legitimität von Herrschaft nicht nur von der formalen Realisierung des Demokratieprinzips abhängig ist, - der "input"-Dimension legitimer Herrschaft, sondern auch von der Fähigkeit, effiziente und effektive Problemlösungen zu produzieren - und damit der "output"-Dimension legitimer Herrschaft. Umgekehrt wird aber auch ein rein nach Effektivitäts- und Effizienzgesichtspunkten gestaltetes institutionelles Arrangement keine Anerkennungswürdigkeit und Zustimmungsfähigkeit besitzen, da die Bürger in Europa es sicher ablehnen, lediglich den Status von Untertanen zu besitzen. Welcher Bürger wollte lediglich darauf vertrauen, daß die obrigkeitliche Herrschaftsausübung in Europa schon 'irgendwie' in seinem Sinne sei? Die formale Aufhebung zahlreicher Demokratiemängel auf europäischer Ebene hingegen kann sehr schnell auf Kosten der Entscheidungseffizienz und Handlungsfähigkeit gehen und damit eine traditionelle Legitimationsquelle des europäischen Einigungswerkes zum versiegen bringen. Auch bliebe es fraglich, ob ein (quasi)parlamentarisch-föderales Regierungssystem auf europäischer Ebene aufgrund der europaweit fehlenden strukturellen Voraussetzungen "soziale Legitimität" genießen könnte. Indessen wäre die Rückkehr zu einem reinen intergouvernementalen Staatensystem, in dem die auf dem Prinzip der "sozialen Legitimität" basierende nationale Demokratie geschützt bleibt, schlicht abwegig, da es in Europa aufgrund der heutigen, die nationalstaatlichen Grenzen transzendierenden Probleme keine Alternative zur supranationalen politischen Aufgabenwahrnehmung gibt.

Hinter die eingangs zitierte Festellung Hermann Hellers wollen wir schließlich auch nicht zurück. Die Demokratie bleibt prinzipiell die einzig legitime Herrschaftsform, sie muß aber die "nationalen Eierschalen abwerfen" (Bryde 1994: 311), um in der Zukunft überleben zu können, sie muß als supranationale Demokratie weiterexistieren oder sie wird irgendwann überhaupt nicht mehr sein: "Entweder gelingt es dem Demokratieprinzip, die Fixierung auf die nationalstaatliche Ebene zu überwinden, und den Entscheidungen dorthin zu folgen, wo sie tatsächlich stattfinden, oder Demokratie wird irrelevant" (Bryde 1994: 314). Ob dies angesichts des Legitimationstrilemmas nur ein frommer Wunsch ist, oder aber konstitutionelle Phantasie gepaart mit europapolitischem Realitätssinn ausreichen, um Demokratie supranational zu denken und zu institutionalisieren, wird die Zukunft zeigen. Die europäische Integration ist in diesem Zusammenhang der große historische Testfall der Demokratie an der Schwelle zum 21. Jahrhundert.

Literaturverzeichnis

Albert, Hans, 1980: Traktat über kritische Vernunft, 4. Auflage, Tübingen.

Andersen,Svein S./Burns, Tom, 1996: The European Union and the Erosion of Parliamentary Democracy: A Study of Post-parliamentary Governance, in: Andersen, Svein S./Eliassen, Kjell A. (Hrsg.): The European Union: How Democratic Is It?, London-Thousand Oaks-New Delhi, S. 227-251.

Andersen, Svein S./Eliassen, Kjell A., 1996: EU-Lobbying: Between Representativity and Effectiveness, in: dies. (Hrsg.): The European Union: How Democratic Is It?, London-Thousand Oaks-New Delhi, S. 41-56.

Angelucci, Orietta, 1993: Die europäische Identität der Europäer: Eine sozialpsychologische Bestandsaufnahme, in: Bogdandy, Armin von (Hrsg.): Die Europäische Option. Eine interdisziplinäre Analyse über Herkunft, Stand und Perspektiven der europäischen Integration, Baden-Baden, S. 303-321.

Bach, Maurizio, 1993: Vom Zweckverband zum technokratischen Regime: Politische Legitimation und institutionelle Verselbständigung in der Europäischen Gemeinschaft, in: Winkler, Heinrich August/Kälble, Hartmut (Hrsg.): Nationalismus - Nationalitäten - Supranationalität, Stuttgart, S. 288-308.

Bericht der Reflexionsgruppe vom 15.02.1995 (SN 520/95).

Böckenförde, Ernst-Wolfgang, 1987: Demokratie als Verfassungsprinzip, in: Isensee, Josef/Kirchof, Paul (Hrsg.): Handbuch des Staatsrechts, Bd. 1, S. 289-378.

Böckenförde, Ernst-Wolfgang, 1995: Die Nation. Jenseits von Herkunft, Muttersprache und Religion: Über ein Phänomen, das selbst die Merkmale bestimmt, die es bestimmen, in: FAZ vom 30. September, S. 15.

Bogdandy, Armin von, 1993: Supranationale Union als neuer Herrschaftstypus: Entstaatlichung und Vergemeinschaftung in staatstheoretischer Perspektive, in: integration 16, S. 210-224.

Boyce, Brigitte, 1993: The Democratic Deficit of the European Community, in: Parliamentary Affairs 46, S. 458-478.

Bryde, Brun-Otto, 1994: Die bundesrepublikanische Volksdemokratie als Irrweg der Demokratietheorie, in: Staatswissenschaften und Staatspraxis 5, S. 311-330.

BVerfGE, 1994: Urteil zum Maastricht-Vertrag, in: Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts 89, S. 155-213.

Dahl, Robert A., 1994: A Democratic Dilemma: System Effectiveness versus Citizen Participation, in: Political Science Quarterly 109, S. 23-34.

Dreier, Horst, 1986: Das Majoritätsprinzip im demokratischen Verfassungsstaat, in: Zparl 1986, S. 94-110.

Europäische Strukturkommission, 1995: Europa '96 - Reformprogramm für die Europäische Union, in: Weidenfeld, Werner (Hrsg.): Reform der Europäischen Union, Gütersloh, S. 11-55.

Evers, Tilman, 1994: Supranationale Staatlichkeit am Beispiel der Europäischen Union: Civitas civitatum oder Monstrum?, in: Leviathan 22, S. 115-134.

Gaffney, John, 1995: Political Parties and the European Union, London.

Gerhards, Jürgen, 1993: Westeuropäische Integration und die Schwierigkeiten der Entstehung einer europäischen Öffentlichkeit, in: Zeitschrift für Soziologie 22, S. 96-110.

Grimm, Dieter, 1993: Mit einer Aufwertung des Europa-Parlaments ist es nicht getan - Das Demokratiedefizit der EG hat strukturelle Ursachen, in: Jahrbuch zur Staats- und Verwaltungswissenschaft 1992/93, Baden-Baden, S. 13-18.

Grimm, Dieter, 1995: Vertrag oder Verfassung. Die Rechtsgrundlage der Europäischen Union im Reformprozeß Maastricht II, in: Staatswissenschaften und Staatspraxis 6, S. 509-531.

Hänsch, Klaus, 1996: Geleitwort, in: Maurer, Andreas/Thiele, Burkard (Hrsg.): Legitimationsprobleme und Demokratisierung der Europäischen Union, Marburg, S. 11-12.

Heller, Hermann, 1992: Gesammelte Schriften, in Verbindung mit Martin Drath herausgegeben von Christoph Müller, 3 Bände, 2. durchgesehene und um ein Nachwort erweiterte Auflage, Tübingen.

Heun, Werner, 1983: Das Mehrheitsprinzip in der Demokratie, Tübingen.

Hrbek, Rudolf, 1995: Der Vertrag von Maastricht und das Demokratiedefizit der Europäischen Union. Auf dem Weg zu stärkerer demokratischer Legitimation?, in: Randelzhofer, Albrecht/Scholz, Rupert/Wilke, Dieter (Hrsg.): Gedächtnisschrift für Eberhard Grabitz, München, S. 170-193.

Ipsen, Hans Peter, 1969: Zur Verfassung der fusionierten Gemeinschaft, in: integration, S. 3-14.

Jachtenfuchs, Markus/Kohler-Koch, Beate, 1996 a: Einleitung: Regieren im dynamischen Mehrebenensystem, in: dies. (Hrsg.): Europäische Integration, Opladen, S.15-45.

Jachtenfuchs, Markus/Kohler-Koch, Beate, 1996 b: Regieren in der Europäischen Union. Fragestellungen für eine interdisziplinäre Europaforschung, in: PVS 37, S. 537-556.

Joerges, Christian, 1996: Das Recht im Prozeß der europäischen Integration, in: Jachtenfuchs, Markus/Kohler-Koch, Beate: Europäische Integration, Opladen, S. 73-108.

Jopp, Mathias/Schmuck, Otto, 1996 (Hrsg.): Die Reform der Europäischen Union. Analysen - Positionen - Dokumente zur Regierungskonferenz 1996/1997, Bonn.

Kielmansegg, Peter Graf, 1992: Läßt sich die Europäische Gemeinschaft demokratisch verfassen?, in: Europäische Rundschau 22, S. 22-33.

Kielmansegg, Peter Graf, 1996: Integration und Demokratie, in: Jachtenfuchs, Markus/ Kohler-Koch, Beate (Hrsg.): Europäische Integration, Opladen, S. 47-71.

Kirchhof, Paul, 1993: Europäische Einigung und der Verfassungsstaat der Bundesrepublik Deutschland, in: Isensee, Josef (Hrsg.): Europa als politische Idee und rechtliche Form, Berlin, S. 63-102.

Kluth, Winfried, 1995: Die demokratische Legitimation der Europäischen Union. Eine Analyse der These vom Demokratiedefizit der Europäischen Union aus gemeineuropäischer Verfassungsperspektive, Berlin.

Kohler-Koch, Beate, 1994: The Evolution of Organized Interests in the EC. Driving Forces, Co-Evolution or New Type of Governance, Paper prepared for XVIth IPSA Congress, Berlin.

Lepsius, Rainer M., 1991: Nationalstaat oder Nationalitätenstaat als Modell für die Weiterentwicklung der Europäischen Gemeinschaft, in: Wildenmann, Rudolf (Hrsg.): Staatswerdung Europas? Optionen für eine Europäische Union, Baden-Baden, S. 19-40.

Lübbe, Hermann, 1994: Abschied vom Superstaat. Vereinigte Staaten von Europa wird es nicht geben, Berlin.

Majone, Giandomenico, 1996 a: Redistributive und sozialregulative Politik, in: Jachtenfuchs, Markus/Kohler-Koch, Beate (Hrsg.): Europäische Integration, Opladen, S. 225-248.

Majone, Giandomenico, 1996 b: Regulatory legitimacy, in: ders.: Regulating Europe, London-New-York, S. 284-301.

Maurer, Andreas, 1996 a: Die Demokratisierung der Europäischen Union: Perspektiven für das Europäische Parlament, in: ders./Thiele, Burkard (Hrsg.): Legitimationsprobleme und Demokratisierung der Europäischen Union, Marburg, S. 15-38.

Maurer, Andreas, 1996 b: Reformziel Effizienzsteigerung und Demokratisierung: Die Weiterentwicklung der Entscheidungsmechanismen, in: ders./Jopp, Mathias (Hrsg.): Die Reform der Europäischen Union. Analysen - Positionen - Dokumente zur Regierungskonferenz 1996/97, Bonn, S. 23-40.

Merkel, Wolfgang, 1996: Das Demokratie-Effizienz-Dilemma. Die Europäische Union gerät in eine Legitimitätsfalle, in: FAZ vom 24. April 1996, S. 12.

Misch, Axel, 1996: Legitimation durch Parlamentarisierung? Das Europäische Parlament und das Demokratiedefizit der EU, in: Zeitschrift für Politikwissenschaft 6, S. 669-995.

Moravcsik, Andrew, 1994: Why the European Community Strengthens the State: Domestic Politics and International Cooperation, Harvard University Working Paper Series, No. 52, Cambridge, Mass.

Münch, Richard, 1993: Das Projekt Europa. Zwischen Nationalstaat, regionaler Autonomie und Weltgesellschaft, Frankfurt am Main.

Neunreither, Karlheinz, 1994: The Democratic Deficit of the European Union: Towards Closer Cooperation between the European Parliament and the National Parliaments, in: Government and Opposition 29, S. 299-314.

Niedermayer, Oskar, 1996: Die Europäisierung der Parteienlandschaft, in: Maurer, Andreas/ Thiele, Burkard (Hrsg.): Legitimationsprobleme und Demokratisierung der Europäischen Union, Marburg, S. 85-96.

Ossenbühl, Fritz, 1993: Maastricht und das Grundgesetz - eine verfassungsrechtliche Wende?, in: DVBl., S. 629-637.

Pernice, Ingolf, 1995 a: Einheit und Kooperation: Das Gemeinschaftsrecht im Lichte der Rechtsprechung von EUGH und nationalen Gerichten, in: Randelzhofer, Albrecht/Scholz, Rupert/Wilke, Dieter (Hrsg.): Gedächtnisschrift für Eberhard Grabitz, München, S. 523-550.

Pernice, Ingolf, 1995 b: Carl Schmitt, Rudolf Smend und die europäische Integration, in: Archiv des öffentlichen Rechts 1 (1995 b), S. 100-120.

Platzer, Hans-Wolfgang, 1991: Gewerkschaftspolitik ohne Grenzen? Die transnationale Zusammenarbeit der Gewerkschaften im Europa der 90er Jahre, Bonn.

Reif, Karl-Heinz, 1993: Ein Ende des 'permissive consensus'? Zum Wandel europapolitischer Einstellungen in der öffentlichen Meinung der EG-Mitgliedstaaten, in: Hrbek, Rudolf (Hrsg.): Die Entwicklung der EG zur Politischen Union und zur Wirtschafts- und Währungsunion unter der Sonde der Wissenschaft, Baden-Baden, S. 23-40.

Reif, Karl-Heinz, 1992: Wahlen, Wähler und Demokratie in der EG, in: APUZ, B 19/92, S. 43-52.

Risse, Thomas, 1997: Who Are We? A Europeanization of National Identities?, unveröffentlichtes Manuskript, Florenz: European University Institute.

Sbragia, Alberta M, 1993: The European Community: A Balancing Act, in: Publius. The Journal of Federalism 23, S. 23-38.

Scharpf, Fritz W., 1985: Die Politikverflechtungsfalle. Europäische Integration und deutscher Föderalismus im Vergleich, in: PVS 26, S. 323-356.

Scharpf, Fritz W., 1992: Europäisches Demokratiedefizit und deutscher Föderalismus, in: Staatswissenschaften und Staatspraxis 3, S. 293-306.

Scharpf, Fritz W., 1993: Versuch über Demokratie im verhandelnden Staat, in: Czada, Roland/Schmidt, Manfred G. (Hrsg.): Verhandlungsdemokratie, Interessenvermittlung, Regierbarkeit. Festschrift für Gerhard Lehmbruch, Opladen, S. 25-50.

Scharpf, Fritz W., 1995: Autonomieschonend und gemeinschaftsverträglich. Zur Logik einer europäischen Mehrebenen-Politik, in: Weidenfeld, Werner (Hrsg.): Reform der Europäischen Union. Materialien zur Revision des Maastrichter Vertrages 1996, Gütersloh, S. 75-96.

Schimmelfennig, Frank, 1996: Legitimate Rule in the European Union. The Academic Debate, Tübinger Arbeitspapiere zur Internationalen Politik und Friedensforschung, Nr. 27, Tübingen.

Schmidt, Manfred G., 1994: Nationale Politikprofile und Europäische Integration, in: Gabriel, Oskar W./Brettschneider, Frank (Hrsg.): Die EU-Staaten im Vergleich. Strukturen, Prozesse, Politikinhalte, 2., überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn, S. 422-439.

Schmitter, Philippe C., 1992: Representation and the Future Euro-Polity, in: Staatswissenschaften und Staatspraxis 3, S. 379-405.

Schneider, Heinrich, 1994 a: Die Legitimitätskrise der europäischen Integration, in: Furtak, Robert K. (Hrsg.): Politik und Bildung als Zukunftsgestaltung. Festschrift für Günter Bals zum 65. Geburtstag, Landau, S. 221-279.

Schneider, Heinrich, 1994 b: Föderale Verfassungspolitik für eine Europäische Union, in: ders./Wessels, Wolfgang (Hrsg.): Föderale Union - Europas Zukunft? Analysen, Kontroversen, Perspektiven, München, S. 21-37.

Schneider, Heinrich, 1977: Leitbilder der Europapolitik - Der Weg zur Integration, Bonn.

Schneider, Heinrich/Wessels, Wolfgang, 1994: Föderales Europa im Widerstreit - Einführung und Übersicht, in: Schneider, Heinrich/Wessels, Wolfgang (Hrsg.): Föderale Union - Europas Zukunft? Analysen, Kontroversen, Perspektiven, München, S. 7-20.

Schuppert, Gunnar Folke, 1994: Zur Staatswerdung Europas. Überlegungen zu Bedingungsfaktoren und Perspektiven der europäischen Verfassungsentwicklung, in: Staatswissenschaften und Staatspraxis 1, S. 35-76.

Stabenow, Michael, 1997: Verhaltener Jubel: Die Gefahr eines Scheiterns ist gebannt, in: FAZ vom 19. Juni, S. 6.

Steffani, Winfried, 1995: Das Demokratie-Dilemma der Europäischen Union. Die Rolle der Parlamente nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, in: Steffani, Winfried/Thaysen, Uwe (Hrsg.): Demokratie in Europa: Zur Rolle der Parlamente, Opladen, S. 33-49.

Wallace, Helen, 1993: Deepening and Widening: Problems of Legitimacy for the EC, in: Garcia, Soledad (Hrsg.): European Identity and the Search for Legitimacy, London, 95-105.

Wallace, William/ Smith, Julie, 1995: Democracy or Technocracy? European Integration and the Problem of Popular Consent, in: West European Politics, Summer, S. 137-157.

Wallace, William, 1983: Less than a Federation - More than a Regime: the Community as a Political System, in: Wallace, Helen/Wallace, William/Webb, Carole (Hrsg.): Policy-Making in the European Communities, 2. Auflage, Chichester, S. 403-422.

Weidenfeld, Werner, 1996: Europa '96 - Unterwegs wohin? Die Europäische Union vor der Regierungskonferenz, in: APUZ, B 1-2/96, S. 3-10.

Weidenfeld, Werner (Hrsg.), 1995: Reform der Europäischen Union. Materialien zur Revision des Maastrichter Vertrages 1996, Gütersloh.

Weiler, Joseph H.H., 1989: Europäisches Parlament, europäische Integration, Demokratie und Legitimität, in: Schmuck, Otto/Wessels, Wolfgang (Hrsg.): Das Europäische Parlament im dynamischen Integrationsprozeß: Auf der Suche nach einem zeitgemäßen Leitbild, Bonn, S. 73-94.

Weiler, Joseph H.H., 1992: After Maastricht: Community Legitimacy in Post-1992 Europe, in: Adams, William James (ed.): Singular Europe. Economy and Polity of the European Community after 1992, Michigan, S. 11-41.

Weiler, Joseph H.H. et al., 1995: European Democracy and Its Critique, in: West European Politics, Summer, S. 4-40.

Weiler, Joseph H.H., 1991: The Transformation of Europe, in: The Yale Law Journal 100, S. 2403-2483.

Wessels, Wolfgang, 1992: Staat und (westeuropäische) Integration. Die Fusionsthese, in: Kreile, Michael (Hrsg.): Die Integration Europas. PVS-Sonderheft 23, S. 36-61.

Wessels, Wolfgang, 1996 a: Weder Vision noch Verhandlungspaket - der Bericht der Reflexionsgruppe im integrationspolitischen Trend, in: Integration 1, S. 14-25.

Wessels, Wolfgang, 1995: Wird das Europäische Parlament zum Parlament? Ein dynamischer Funktionenansatz, in: Randelzhofer, Albrecht/Scholz, Rupert/Wilke, Dieter (Hrsg.): Gedächtnisschrift für Eberhard Grabitz, München, S. 879-904.

Wessels, Wolfgang, 1996 b: The Modern West European State and The European Union: Democratic Erosion or a New Kind of Polity?, in: Andersen, Svein S./Eliasen, Kjell A. (Hrsg.): The European Union: How Democratic Is It?, London, S. 57-69.

Wistrich, Ernest, 1994: The United States of Europe, London-New York.

Zellentin, Gerda, 1993: Staatswerdung Europas? Politikwissenschaftliche Überlegungen nach Maastricht, in: Hrbek, Rudolf (Hrsg.): Der Vertrag von Maastricht in der wissenschaftlichen Kontroverse, Baden-Baden, S. 41-63.

Zürn, Michael, 1996: Über den Staat und die Demokratie im europäischen Mehrebenensystem, in: PVS 1, S. 27-55.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition bh&ola | Januar 1998