Internationale Politik und Gesellschaft
International Politics and Society 4/2002

 

 

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Der Internationale Strafgerichtshof zwischen Normativität, Machtpolitik und Symbolik

Robert Christian van Ooyen* 

Ein Internationaler Strafgerichtshof, der ohne Rücksicht auf machtpolitische Realitäten allein einer weltweiten Rechtsordnung verpflichtet wäre, bleibt noch lange illusorisch. Ganz bewusst ist er deshalb an den von den Großmächten kontrollierten UN-Sicherheitsrat angebunden. Bei dem Streit um die Strafverfolgung von US-Bürgern geht es nur um Symbolik.

Obwohl seit der Staatenkonferenz von Rom schon vier Jahre vergangen sind, nimmt der neue Internationale Strafgerichtshof (IStGH, englisch ICC) erst jetzt, im Juli 2002, seine Arbeit auf[1]. Denn wie im Völkerrecht üblich sieht das Statut eine Bestimmung vor, die sein Inkrafttreten an eine Mindestzahl von Ratifikationen koppelt[2] und nun jüngst erreicht wurde. Diese zeitliche Verzögerung hängt auch damit zusammen, dass die Staaten ihre innerstaatliche Rechtsordnung an die neue völkerrechtliche Verpflichtung anpassen müssen. So hat Deutschland im Dezember 2000 ratifiziert, nachdem Artikel Sechzehn des Grundgesetzes (GG) geändert worden ist. Auch wenn dies in der innenpolitischen Debatte ohne große Kontroversen erfolgte, so erforderte es immerhin eine Verfassungsänderung,[3] da die bisher geltende Fassung die Auslieferung von Deutschen an das „Ausland“ kategorisch verbot.[4] Anders dagegen ist die politische Konstellation in den USA. Im Streit um die Strafverfolgungskompetenzen des ICC sind daher die aktuellen Verstimmungen zwischen den USA und den Ratifikationsstaaten des Römischen Statuts ganz erheblich. Denn schon auf der Römischen Konferenz wollten die USA eine Ausnahmeregelung für die Strafverfolgung von US-Bürger im Statut verankert wissen, konnten sich aber mit dieser Forderung nicht durchsetzen. Selbst die im Vergleich zu Präsident Bush „strafgerichtshofsfreundliche“ Clinton-Administration wollte das Statut nicht zur Ratifikation empfehlen, die ja nach der US-Verfassung eine vorherige Zustimmung des Senats mit qualifizierter Mehrheit erfordert. Während aber bei allen von den USA seinerzeit vorgetragenen Bedenken eine Unterzeichung des Statuts zum Jahresende 2000 immerhin dann doch noch erfolgte[5] - vollzieht sich seitdem ein regelrechter Politikwechsel, der mit dem „Regierungswechsel von Präsident Clinton auf Präsident Bush... eine Zäsur darstellt“.[6] Die Herstellung eines „Junktim“ zwischen der aktuell anstehenden Verlängerung der UN-Mission in Bosnien und einer Sonderregelung für die USA bezüglich der Strafverfolgung

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Weil man sich in den USA - aufgrund von mythischen Traditionen der „Souveränität“ - nicht vorstellen kann, dass US-Bürger vor ein nicht-amerikanisches Gericht gestellt werden, hat man das ICC-Statut nicht verbindlich ratifiziert. Nun sieht man sich im Falle der Beteiligung an „Blauhelmen“ damit konfrontiert, dass dies doch möglich sein soll – und zwar ohne dass man das Statut angenommen hat.
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des ICC ist bei vielen Staaten, die das ICC-Statut ratifiziert haben – und gerade bei den europäischen – auf große Empörung gestoßen, ja als „Erpressungsversuch“ empfunden worden. In hektischen diplomatischen Verhandlungen ist dann doch gerade noch ein Kompromiss gefunden worden, der beide Seiten das Gesicht wahren lässt, indem er vom Ergebnis her betrachtet die Entscheidung des Interessenkonflikts  - „vernünftigerweise“? - zunächst einmal vertagt. Ist der aktuelle Beschluss des Sicherheitsrats gar schlimmer noch als ein „fauler Kompromiss“?[7] Bevor diese Frage erörtert werden soll, muss man sich zunächst einmal vor Augen führen, an welche politischen Bedingungen eine effektive internationale Strafgerichtsbarkeit zur Zeit gebunden bleibt.

 

Machtpolitische Bedingungen internationaler Strafgerichtsbarkeit

Rückblick: von Versailles über Nürnberg zu den Ad-hoc-Gerichten der UN

Die Bemühungen internationale Strafgerichte zu errichten, reichen im 20. Jahrhundert bis zum Ersten Weltkrieg zurück. Im Versailler Vertrag hieß es: „Die alliierten und assoziierten Mächte stellen Wilhelm II. von Hohenzollern... wegen schwerster Verletzung des internationalen Sittengesetzes und der Heiligkeit der Verträge unter öffentliche Anklage. Ein besonderer Gerichtshof wird eingesetzt, um über den Angeklagten... zu Gericht zu sitzen. ... Die alliierten und assoziierten Mächte werden an die Regierung der Niederlande das Ersuchen richten, den vormaligen Kaiser zum Zwecke seiner Aburteilung auszuliefern.“[8] Dieser Versuch, den deutschen Kaiser vor ein internationales Gericht zu stellen, scheiterte jedoch schon an der Weigerung Hollands, Wilhelm II. auszuliefern. Weitere geplante Prozesse gegen führende deutsche Militärs, darunter Paul von Hindenburg, aber auch gegen einfache Soldaten wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen,[9] überließ man schließlich der deutschen Strafjustiz. Damit setzte sich noch einmal der für das klassische Völkerrecht als Recht zwischen Staaten typische Grundsatz durch, die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Individuums auch bei Verstößen gegen internationales Recht in die innerstaatliche Kompetenz fallen zu lassen. Mit geringem Erfolg, denn fast alle Verfahren vor den deutschen Gerichten verliefen dann im „Sande“.

Angesichts der Ungeheuerlichkeit der nationalsozialistischen Verbrechen beschlossen die Alliierten mit dem Londoner Abkommen vom August 1945 die strafrechtliche Verfolgung der Hauptkriegsverbrecher durch die Einsetzung eines Internationalen Militärgerichtshofs. Obwohl noch weitere Staaten beitraten, waren die in Nürnberg und Tokio gebildeten Gerichte keine internationalen, sondern interalliierte Gerichte, deren rechtliche Grundlage nach herrschender Lehre auf der Haager Landkriegsordnung basierte.[10] Im Unterschied zur gescheiterten strafrechtlichen Verfolgung nach dem Ersten Weltkrieg lagen dem Nürnberger Verfahren hinsichtlich der Strafverfolgung viel günstigere politische Bedingung zugrunde: Die Übernahme der Regierungsgewalt durch die Alliierten ermöglichte die Festnahme der Kriegsverbrecher – soweit sie sich nicht durch Selbstmord oder Flucht ins Ausland der Verantwortung entzogen hatten. Was die Hauptkriegsverbrecher anbelangte, so hatten die Amerikaner die meisten festgesetzt. Damit waren sie auch „in der stärksten Position und bestimmten das Vorgehen“.[11] Gleichzeitig erleichterte die Besatzung Deutschlands die Beweissicherung, zumal den Alliierten Berge von Akten in die Hände fielen, die die Greueltaten in deutscher Verwaltungsgründlichkeit dokumentierten.

Anknüpfend an die in „Nürnberg“ entwickelten  Prinzipien[12] wurde 1948 mit der „Konvention über Verhütung und Bestrafung des Völkermords“ eine weitere positivrechtliche Regelung geschaffen. Die bis heute geltende „Völkermordkonvention“ stellt zwar zunächst auch nur sicher, dass die Signatarstaaten sich völkerrechtlich verpflichten, Völkermord innerstaatlich unter Strafe zu stellen, eröffnete aber auch die Möglichkeit zur Schaffung eines internationalen Strafgerichts.[13] Erst mit dem Ende des Ost-West-Konflikts jedoch - und folglich dem Ende der Blockadepolitik im UN-Sicherheitsrat durch das „Vetorecht“ der ständigen Mitglieder - wurde dieser Ansatz angesichts der Verbrechen im ehemaligen Jugoslawien und in Rwanda wieder aufgegriffen.[14] Der Sicherheitsrat beschloss auf der Grundlage des Kapitels Sieben der UN-Charta 1993 bzw. 1994 die Errichtung zweier internationaler Strafgerichtshöfe in Den Haag und Arusha (Tansania).[15] Die von den UN eingesetzten „Ad-hoc-Gerichte“ sind tatsächlich international, was sich auch im Modus der Richterwahl durch die UN-Generalversammlung auf Vorschlag des Sicherheitsrats widerspiegelt. Im Unterschied zum Nürnberger Militärgerichtshof ist eine Verurteilung in Abwesenheit des Angeklagten nicht zulässig, die Möglichkeit einer zweiten Instanz gegeben und man beschränkt sich in den Statuten der UN-Gerichte – im Gegensatz zu Nürnberg – auf die Verhängung von Freiheitsstrafen. Die Bilanz der Gerichtshöfe ist schon jetzt durchaus beachtlich – und zwar nicht nur, weil mit dem laufenden Verfahren gegen Milosevic einer der Hauptverantwortlichen vor Gericht steht. Inzwischen sind - von der Öffentlichkeit wenig bemerkt - schon eine Reihe von Verurteilungen auch gegen vormals hochrangige Politiker erfolgt, darunter die lebenslängliche Freiheitsstrafe gegen den früheren Regierungschef von Rwanda, Jean Kambanda.

Der bloß kursorische Rückblick verdeutlicht, dass unter den gegebenen politischen Bedingungen der internationalen Beziehungen internationale Strafgerichtsbarkeit den machtpolitischen Rückhalt von „Großmächten“ voraussetzt, angefangen überhaupt von der Einsetzung eines solchen Gerichts bis hin zum konkreten Willen, einen bestimmten Beschuldigten – analog zum innerstaatlichen Vorgehen von Staatsanwaltschaft und Polizei - notfalls mit Gewalt zu ergreifen. In dieser Hinsicht liegen die Dinge beim neuen Internationalen Strafgerichtshof nicht anders.

Die Kompetenzen des Internationalen Strafgerichtshofs

Der ICC ist im Unterschied zu den UN-Tribunalen für das ehemalige Jugoslawien und Rwanda kein vom Sicherheitsrat eingesetztes „Ad-hoc-Gericht“, sondern ein durch völkerrechtlicher Vertrag geschaffener Gerichtshof mit eigener internationaler Rechtspersönlichkeit.[16] Nach Art. 5 des Statuts erstreckt sich seine Zuständigkeit auf die Verfolgung von:

  • Völkermord,
  • Verbrechen gegen die Menschlichkeit,
  • Kriegsverbrechen (auch bei nicht-internationalen bewaffneten Konflikten) und
  • Aggression.

Diese Tatbestände sind - mit Ausnahme des umstrittenen und daher noch in einer Folgekonferenz zu definierenden Begriffs der Aggression - im Statut detailliert geregelt (Art. 6 ff) und auch die individuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit (Art. 25) ist ohne Ansehen der Person ausdrücklich festgeschrieben. Daher enthebt weder die amtliche Eigenschaft (z. B. als Staatsoberhaupt, Regierungsmitglied etc.) von der Verantwortlichkeit noch schützt die Immunität vor gerichtlicher Verfolgung (Art. 27).[17] Man denke in diesem Zusammenhang auch an die jüngst aufgeworfenen juristischen Probleme bei der Entscheidung des britischen House of Lords (in seiner Eigenschaft als Gericht) über die Auslieferung Pinochets an Spanien, gegen die Pinochet seine Immunität geltend machte.[18] Die Möglichkeit, sich auf ein Handeln auf Befehl zu berufen, wird zudem grundsätzlich ausgeschlossen (Art. 33).  Das Statut garantiert die Prinzipien eines rechtsstaatlichen Verfahrens (z. B.: Rückwirkungsverbot, Strafausschließungsgründe, Rechte des Angeklagten, Berufungsinstanz, Ausschluss der Todesstrafe) vor unabhängigen Richtern mit der Möglichkeit der Verhängung einer „lebenslangen“ Freiheitsstrafe. Besondere Bedeutung kommt dabei Artikel Sieben des Statuts („Verbrechen gegen die Menschlichkeit“) zu, der anknüpfend an die Regelungen der UN-Tribunale die Möglichkeit strafrechtlicher Verfolgung von schweren Menschenrechtsverletzungen auch schon in „Friedenszeiten“ schafft.[19]

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Der Rückblick verdeutlicht, dass unter den gegebenen politischen Bedingungen der internationalen Beziehungen internationale Strafgerichtsbarkeit den machtpolitischen Rückhalt von „Großmächten“ voraussetzt.
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Bei all diesen weitreichenden Kompetenzen ist jedoch immer wieder hervorzuheben, dass der ICC überhaupt nur nach dem Grundsatz der Komplementarität tätig werden kann. Denn Artikel 17 seines Statuts regelt, dass der Gerichtshof allein zuständig ist, wenn ein Staat nicht fähig oder willens ist, selbst die Strafverfolgung durchzuführen. Schon die Präambel weist nachdrücklich darauf hin, „... daß der aufgrund dieses Status errichtete Internationale Strafgerichtshof die innerstaatliche Strafgerichtsbarkeit ergänzt“.[20] Die internationale Strafgerichtsbarkeit bleibt also nach diesem Grundsatz der staatlichen immer bloß nachgeordnet. Man mag das aus der „idealistischen“ Sicht einer – eben noch zu bauenden – „Weltinnenpolitik“ bedauern. Aber: Nicht nur hätte die Vielzahl der Unterzeichnerstaaten bei einem darüber hinausgehenden Kompetenzverlust aufgrund des Festhaltens am tradierten Mythos der „Souveränität“ kaum dem Statut zugestimmt. Eine weitergehende Lösung hätte angesichts der politischen „Realität“ in den internationalen Beziehungen die Tätigkeit eines internationalen Strafgerichts wohl eher völlig überfordert und damit mittelfristig schon überhaupt infrage gestellt. Vor diesem „realistischen“ Hintergrund sind auch einige weitere Regelungen zu sehen, die den Gerichtshof an das zentrale Entscheidungsorgan der UN anbinden:

  • Erstens wird der ICC nach Art. 13 ff nicht nur tätig infolge einer Staatenbeschwerde und der Initiative des eigenen Anklägers, der von Amts wegen ermittelt hat. Ein Verfahren kann vor allem auch infolge der Initiative des Sicherheitsrats, der nach Kap. VII UN Charta[21] tätig wird, an den Ankläger des Gerichtshof verwiesen werden.
  • Zweitens sind alle Vertragsstaaten zur Zusammenarbeit mit dem Gerichtshof hinsichtlich Festnahme und Überstellung von Tätern verpflichtet, die aber grundsätzlich den jeweiligen staatlichen Behörden des Gewahrsamstaats obliegt.[22] Bedenkt man, dass man Täter natürlich auch für den Fall ergreifen können muss, dass ein Staat ja gerade dieser Verpflichtung nicht nachkommt, stellt sich wiederum die Frage nach der machtpolitischen Durchsetzung. Folglich kann der Gerichtshof, soweit sein Ankläger infolge der oben genannten Initiative des Sicherheitsrats tätig geworden ist, dann die Sache an den Sicherheitsrat verweisen.[23] Und weil dieser die Angelegenheit zuvor ohnehin schon als Vorfall nach Kapitel Sieben der UN-Charta behandelt hat, eröffnet sich hieran anknüpfend die Möglichkeit zur Verhängung von politischen, wirtschaftlichen und militärischen UN-Zwangsmaßnahmen.

Schließlich kann darüber hinaus der Sicherheitsrat nach einer weiteren Bestimmung – und genau um diesen Artikel geht es auch beim aktuellen Kompromiss zwischen den USA und den Signatarstaaten – das Verfahren unterbrechen: „Richtet der Sicherheitsrat in einer nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen angenommenen Resolution ein entsprechendes Ersuchen an den Gerichtshof, so dürfen für einen Zeitraum von 12 Monaten keine Ermittlungen und keine Strafverfolgung aufgrund dieses Statuts eingeleitet oder fortgeführt werden; der Rat kann sein Ersuchen zu den gleichen Bedingungen wiederholen“.[24]

Bedenkt man, dass die Tatbestände, die unter die Gerichtsbarkeit des ICC fallen, faktisch sowieso fast ausnahmslos mit einer solchen politischen Situation des Bruchs oder auch nur der Bedrohung des Friedens verbunden sein werden – und folglich damit unter die Kompetenz des UN-Sicherheitsrats nach Kap. VII fallen – so kann der Sicherheitsrat auch jedes von ihm nicht selbst eingeleitete Verfahren blockieren. Auch wenn der Sicherheitsrat dies freilich einmütig beschließen muss: die – zu Recht bestehende – politische Anbindung des ICC an das Machtzentrum der UN tritt hier ganz deutlich zu Tage. An dieser Stelle zeigt sich daher, dass die „bescheidenere“ Variante bei der Errichtung des Internationalen Strafgerichtshofs von Anfang an pragmatischen Erwägungen folgt: Sie überlässt

  • mit dem Prinzip der Komplementarität den einzelnen Staaten den Vorrang und setzt
  • in den Fällen, die so überhaupt noch vor den ICC gelangen, auf den machtpolitischen Rückhalt durch die UN, genauer gesagt durch den Sicherheitsrat als Entscheidungszentrum, das hinsichtlich Kap. VII UN-Charta völkerrechtlich verbindliche Resolutionen bis hin zu Zwangsmaßnahmen erlassen kann.  

Damit zeigt sich unabhängig von der Frage eines amerikanischen Beitritts oder einer Sonderregelung, dass die Gleichheit der Vertragspartner selbstverständlich keineswegs gegeben ist. Denn wer wollte - außer in einem moralischen „Schauverfahren“ wie z. B. das seinerzeitige „Russell-Tribunal“ gegen den Völkermord im Vietnam-Krieg - ein Verfahren gegen Bürger einer Großmacht allen Ernstes anstrengen, d. h . also in letzter Konsequenz bei Weigerung zur Kooperation des betreffenden Staats auch mit Gewalt zur Ergreifung der Täter durchsetzen wollen? Schon bei Staaten auch nur mittlerer machtpolitischer Größenordnung scheint dies kaum realistisch, selbst wenn sie dem ICC-Statut beigetreten sind. Dies ist gar nicht als polemische Kritik gegen den Internationalen Strafgerichtshof gemeint – im Gegenteil, denn warum sollte man auch noch die Täter laufen lassen, deren man immerhin habhaft werden kann.

 

Der Beschluss des Sicherheitsrats – ein fauler Kompromiss?

Zu Recht mag man den amerikanischen Standpunkt als anachronistisch und fatal beurteilen; ohne Zweifel muss es auch befremden, in welch zum Teil „illustre“ Gesellschaft von „Schurkenstaaten“ sich die USA in ihrer Ablehnung des ICC begeben. Gleichwohl - versetzt man sich in einmal in die andere Sicht, bleibt die Haltung der USA beim aktuellen Streit nicht völlig unverständlich.

Es ist zu bedenken, dass das Völkerrecht zum großen Teil Völkervertragsrecht ist, das der Vertragsfreiheit der Staaten unterliegt. Auch der ICC ist ja so begründet worden. Will ein Staat - aus welchen abstrusen Gründen auch immer - bestimmte völkerrechtliche Regelungen nicht mittragen, dann bleibt er dem einschlägigen Vertrag eben fern. So hat man auch über die eigenbrödlerische Entscheidung der Schweiz, sich über Jahrzehnte zu weigern, den UN als Vollmitglied beizutreten - ein Umstand, der im übrigen wie im Falle der USA weniger durch außenpolitischen als vielmehr durch innenpolitischen „Irrationalismus“ bedingt war - zwar den Kopf geschüttelt. Diese wurde aber dennoch akzeptiert, darauf bauend, dass bei manchen die Einsicht eben etwas länger dauern kann.[25] Von hier aus betrachtet ist die US-Haltung im aktuellen Streit um eine Sonderregelung durchaus verständlich: Weil man es sich dort - aufgrund von mythischen Traditionen der „Souveränität“ - nicht vorstellen kann, dass US-Bürger vor ein nicht-amerikanisches Gericht gestellt werden, hat man das ICC-Statut nicht verbindlich ratifiziert. Nun sieht man sich im Falle der Beteiligung an „Blauhelmen“ damit konfrontiert, dass dies doch möglich sein soll – und zwar ohne dass man das Statut angenommen hat. Also: Welcher Staat würde nicht „seine Interessen“ wahren, wenn man die Geltung eines Vertrags auf ihn ausdehnt, obwohl er ihn ja – in legaler Weise – genau deshalb ausdrücklich erst gar nicht unterschrieben hat! Dass das gerade im Falle des ICC passiert, ist ohne Zweifel äußerst bedauerlich, nicht zuletzt weil die Effektivität des Gerichts auf Dauer auf das machtpolitische Potenzial der USA angewiesen sein wird.

Diese allgemeine Überlegung vorausgeschickt, kehren wir nun zur Ausgangsfrage einer Bewertung des Kompromisses vor dem Hintergrund der aufgezeigten politischen Bedingungen internationaler Strafgerichtsbarkeit zurück. Die knappe Resolution 1422 des Sicherheitsrats lautet: „The Security Council... Acting under Chapter VII of the Charter of the United Nations,

  1. Requests, consistent with the provisions of Article 16 of the Rome Statute, that the ICC, if a case arises involving current or former officials or personnel from a contributing State not a Party to the Rome Statute over acts or omissions relating to a United Nations established or authorized operation, shall for a twelve-month period starting 1 July 2002 not commence or proceed with investigation or prosecution of any such case, unless the Security Council decides otherwise;
  2. Expresses the intention to renew the request in paragraph 1 under the same conditions each 1 July for further 12-month periods for as long as may be necessary;
  3. Decides that Member States shall take no action inconsistent with paragraph 1 and with their international obligations;
  4. Decides to remain seized of the matter“.[26]

Rein formal ist der Beschluss keineswegs erstaunlich. Der Sicherheitsrat hat lediglich von einer Kompetenz Gebrauch gemacht, die Artikel Sechzehn seines Statuts (s. o). ja selbst vorsieht. Dabei war wie im vorhergehenden Abschnitt kurz aufgezeigt die machtpolitische Implikation des Art. 16 von Anfang an gewollt, die jetzt nur in einem konkreten Fall zugunsten der USA offen zu Tage tritt. Art. 16 ist eben das „Einfallstor“ für politische Interessen in die Arbeitsweise des ICC. Er stell sicher, dass ein Gerichtsverfahren nicht gegen den „geballten“ politischen Willen des UN-Sicherheitsrats laufen kann. Im Unterschied zu der Einsetzung der Tribunale für Jugoslawien und Rwanda ist man hier sogar erheblich weiter gegangen. Denn

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Will man die Idee einer internationalen Strafgerichtsbarkeit vorantreiben, führt kein Weg an der derzeitigen Konstruktion der UN vorbei, die, insoweit es die besondere Stellung der ständigen Sicherheitsratsmitglieder anlangt, die Idee einer völlig „unparteiischen“, allein der Gerechtigkeit verpflichteten Gerichtsbarkeit natürlich konterkariert.
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die seinerzeitigen „Ad-hoc-Gerichte“ hätte ein jedes einzelne der ständigen Sicherheitsratsmitglieder durch sein Veto verhindern können, während nun nach Art. 16 ICC-Statut alle fünf sich einig sein müssen, um das Verfahren zu blockieren. Auch wenn sich dieser gewagte Schritt in der Praxis erst noch wird bewähren müssen – nur durch die unverzichtbare Anbindung an das Entscheidungszentrum der UN ist die Effektivität des Gerichtshofs überhaupt garantiert. Oder hatte man sich etwa der Illusion hingegeben, die im Sicherheitsrat dominanten Mächte entscheiden unparteiisch und unabhängig von den in der jeweiligen einzelstaatlichen Außenpolitik formulierten Interessen? Wollte man diese politischen Interessen ausschalten, dann hätte man besser den ICC erst gar nicht an die UN angebunden – sich aber wohl zugleich von der Implementierung einer wirksamen internationalen Strafgerichtsbarkeit verabschieden müssen. Denn eine solche setzte ganz andere Bedingungen der internationalen Politik voraus.

Insofern handelt es sich hier um ein Dilemma, das nur im Falle der Sonderregelung für die USA nun deutlich wird, aber in der ganzen Konstruktion des ICC „notwendig“ angelegt ist und auch in Zukunft immer wieder auftauchen wird: Will man die Idee einer internationalen Strafgerichtsbarkeit vorantreiben, führt eben kein Weg an der derzeitigen Konstruktion der UN vorbei, die, insoweit es die besondere Stellung zumindest der ständigen Sicherheitsratsmitglieder anlangt, die Idee einer völlig „unparteiischen“, allein der Gerechtigkeit verpflichteten Gerichtsbarkeit natürlich konterkariert. In diesem Punkte unterscheidet sich also der ICC gar nicht wesentlich von den seinerzeit „politisch“ durch Sicherheitsratsbeschluss eingesetzten Tribunalen für Jugoslawien und Rwanda. Daher ist an dieser Stelle noch einmal zu betonen: Es hieße mit Blick auf die Stück für Stück zu bauende internationale Strafgerichtsbarkeit das Kind mit dem Bade auszuschütten, wollte man die Legitimität der Tribunale für Jugoslawien bzw. Rwanda und mit ihnen die mit Hilfe des Sicherheitsrats noch durchzusetzenden Verfahren vor dem ICC infrage stellen, „nur“ weil bei ähnlich gelagerten Verletzungen des Völkerrechts Beschlüsse des Sicherheitsrats wegen politischer Interessen dann ausbleiben bzw. eine Verfolgung blockieren. Dies liefe im Ergebnis auf den „Tu-quoque-Vorwurf“[27] hinaus, der schon im Nürnberger Verfahren nicht zu überzeugen vermochte, als die Verteidiger gegen die strafrechtliche Verfolgung der NS-Verbrechen die von den Alliierten während des Kriegs begangenen Verstöße gegen das Kriegsvölkerrecht zu positionieren suchten.    

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Offensichtlich geht es auf beiden Seiten eher „nur“ um symbolische Politik. 
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Inhaltlich ging die ursprüngliche amerikanische Forderung im aktuellen Streit einen erheblichen Schritt über den jetzt in der Resolution 1422 erzielten Kompromiss hinaus. Wenn schon von vornherein keine unbefristete Freistellung von Ermittlung und Strafverfolgung für Nicht-Signatarstaaten bei UN-Missionen – also hier für die USA – durchzusetzen war, so sollte sich die auf ein Jahr befristete Sonderregelung nach amerikanischer jedoch automatisch verlängern und nur durch einen gegenteiligen Beschluss des Sicherheitsrats wiederum aufgehoben werden können. Hiergegen hätten die USA dann natürlich jederzeit ihr „Veto“ einlegen können. Bei der Regelung der Resolution 1422 gilt dies dagegen nur für den Zeitraum während der einjährigen Frist; nur hier können die USA durch „Veto“ einen – theoretisch denkbaren – noch gegenläufigen Beschluss des Sicherheitsrats verhindern. Nach Ablauf der Frist verhält es sich demgegenüber genau umgekehrt: Der Sicherheitsrat ist zwar gehalten, die Regelung „as long as may be necessary“ zu erneuern; er muss dies aber erneut beschließen. Gelingt es also den USA nicht, im Sicherheitsrat eine Mehrheit unter Einschluss der vier übrigen ständigen Mitglieder hiervon zu „überzeugen“, läuft der Schutz der Freistellung dann einfach aus. Es fragt sich also noch, wer hier beim Kompromiss das größere Zugeständnis gemacht hat, wenn man die oben diskutierte Sicht bedenkt, dass die USA das ICC-Statut gar nicht ratifiziert haben. Denn umgekehrt, in dem für die Signatarstaaten ungünstigsten Falle, steht die Entscheidung darüber, ob den USA weiterhin eine Sonderregelung eingeräumt wird, in einem Jahr nur wieder zur Verhandlung an. Man müsste schon ein „Schmittianer“[28] sein, um aus pragmatischer Sicht die gefundene Regelung nicht als „echten“ Kompromiss zu akzeptieren. Dies nicht nur, wenn man bedenkt, dass im Hinblick auf die zukünftige Arbeit des ICC die Tür gerade gegenüber den USA nicht zugeschlagen werden darf. Es gilt vor allem, wenn man sich fragt, was denn eigentlich - außer einer gewissen symbolischen Wirkung – den tatsächlichen Unterschied zu einer Regelung ohne „Sonderstatus“ für die USA überhaupt ausmachte: vom Ergebnis her betrachtet nämlich so gut wie nichts. Denn sogar bei einem Beitritt der USA zum ICC-Statut bliebe wie gezeigt nach dem Grundsatz der Komplementarität der Gerichtshof in seiner Zuständigkeit der staatlichen Gerichtsbarkeit ja nur nachgeordnet. Und beim gegenwärtigen Stand der Dinge wäre selbst dann nicht vorstellbar, dass ein Strafverfahren gegen US-Bürger vor dem ICC und nicht vor einem amerikanischen Gericht stattfinden würde. Freilich lässt sich dieses letzte Argument auch den USA entgegenhalten. Denn warum verweigert man hier die Ratifikation und besteht dann noch auf einer Sonderregelung, wenn man selbst bei einem Beitritt zum ICC-Statut jederzeit „Herr“ des Verfahrens bleiben kann? Offensichtlich geht es auf beiden Seiten also eher „nur“ um symbolische Politik.


[1] Am 17. Juli 1998 auf einer Staatenkonferenz in Rom als Statut zur Errichtung eines Internationalen Strafgerichtshofs mit Sitz in Den Haag beschlossen. Zu den Materialien - auch der jüngsten „Vorläufer“ wie die UN-Tribunale für Bosnien und Ruanda - vgl.: Roggemann, Herwig, Die Internationalen Strafgerichtshöfe, Einführung – Rechtsgrundlagen – Dokumente, 2. Aufl., Berlin 1998 und der Ergänzungsband: Das Statut von Rom für den Ständigen Internationalen Strafgerichtshof (ICC), Berlin 1998; Fischer, Horst / Lüder, Sascha R. (Hrsg.), Völkerrechtliche Verbrechen vor dem Jugoslawien-Tribunal, nationalen Gerichten und dem Internationalen Strafgerichtshof, Berlin 1999.

[2] Nach Art. 126 ICC-Statut Ratifikation von mindestens 60 Staaten.

[3] Nach Art. 79 GG mit 2/3-Mehrheiten im Bundestag und Bundesrat.

[4] Inzwischen sind auch die beiden Gesetzesentwürfe über das neue „Völkerstrafgesetzbuch“ und über die Zusammenarbeit mit dem IStGH auf den Weg gebracht. Neben den Regelungen zur Überstellung von Tätern an den IStGH wird dabei für die vom IStGH-Statut geregelten Tatbestände die im deutschen Strafrecht grundsätzlich geltende Voraussetzung strafrechtlicher Verfolgung (Tatortprinzip bzw. Staatsangehörigkeit) zugunsten des „Weltrechtsprinzips“ aufgehoben. Daher ist künftig sogar auch ein im Ausland von einem Nicht-Deutschen begangenes Kriegsverbrechen nach deutschem Recht strafbar.

[5] Im Völkerrecht tritt erst mit der der Unterzeichnung nachgeschalteten sogenannten Ratifikation die Rechtsverbindlichkeit ein.

[6] Kaul, Hans-Peter, „Der Aufbau des Internationalen Strafgerichtshofs, Schwierigkeiten und Fortschritte“; in: Vereinte Nationen, 6/2001, S. 218.

[7] So z. B. die Bewertung im Kommentar der Frankfurter Rundschau: Hölscher, Astrid, Keim der Fäulnis, FR vom 15.07.02.

[8] Art. 227 Versailler Vertrag; Text in: Anschütz, Gerhard u. a. (Hrsg.), Handbuch der Politik, Bd. 6, 3. Aufl., Berlin 1926, S. 291.

[9] Vgl. Art. 228 Versailler Vertrag, ebd.

[10] Art. 43 HLKO / „Besatzungsgericht“. Vgl. Anlage zum Abkommen betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs (IV. Haager Abkommen) von 1907; Text in: Randelzhofer, Albrecht (Hrsg.), Völkerrechtliche Verträge, 8. Aufl., o. O. 1998, S. 565.

[11] Wesel, Uwe, „Den Mächtigen den Krieg vergällen“; in: Die Zeit, 15/1995, S. 64.

[12] Erst später, 1950, als „Nürnberger Prinzipien“ zusammengefasst; Text in: Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.), Menschenrechte, Dokumente und Deklarationen, 3. Aufl., Bonn 1999, S. 251 f.

[13] So heißt es schon in Art. 6 der Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermords: „Personen, denen Völkermord... zur Last gelegt wird, werden vor ein zuständiges Gericht des Staates, in dessen Gebiet die Handlung begangen worden ist, oder vor das internationale Strafgericht gestellt, das für die Vertragsschließenden Parteien, die seine Gerichtsbarkeit anerkannt haben, zuständig ist“; Text ebd., S. 278.

[14] Vgl. hierzu: van Ooyen, „Auf dem Weg zu einer wirksamen internationalen Strafgerichtsbarkeit: eine Zwischenbilanz“; in: Internationale Politik und Gesellschaft, 3/1998, S. 333 ff; Ferencz, Benjamin B., Von Nürnberg nach Rom, Auf dem Weg zu einem Internationalen Strafgerichtshof, Policy Paper der Stiftung Entwicklung und Frieden, 8/1998; dagegen kritisch zum Jugoslawien-Tribunal als ein gegen die Souveränität verstoßendes Kampfinstrument der NATO die Bewertung bei Paech, Norman, „Sinn und Missbrauch internationaler Strafgerichtsbarkeit“; in: Blätter für deutsche und internationale Politik, 4/2002, S. 440 ff.

[15] Zur Verfolgung von: a) Verbrechen gegen die Genfer Rotkreuz-Konventionen, b) gegen die Gesetze oder Gebräuche des Kriegs (Haager Landkriegsordnung), c) Völkermord und d) sonstige schwere Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

[16] Außer der schon genannten Literatur vgl. einführend zum ICC: Tomuschat, Christian, „Ein Internationaler Strafgerichtshof als Element einer Weltfriedensordnung“; in: Europa-Archiv, 3/1994, S. 61 ff; Ders., „Das Statut von Rom für den Internationalen Strafgerichtshof“; in: Die Friedenswarte, 1998, S. 335 ff; Hermsdörfer, Willibald, „Historischer Schritt im Völkerstrafrecht, Das Statut des Internationalen Strafgerichtshofs“; in: Internationale Politik, 11/1998, S. 55 ff; Kimminich, Otto / Hobe, Stephan, Einführung in das Völkerrecht, 7. Aufl., Tübingen – Basel 2000 S. 246 ff.

[17] Schon die Tribunale für das ehemalige Jugoslawien und für Rwanda sehen dies in Art. 7 bzw. Art. 6 vor.

[18] Vgl. hierzu: Häußler, Ulf, „Der Fall Pinochet: Das Völkerrecht auf dem Weg zu einem effektiven internationalen Menschenrechtsschutz“; in: Menschenrechtsmagazin, 3/1999, www.uni-potsdam.de/u/mrz/mm.htm

[19] Theoretisch ist es daher sogar möglich, hierunter auch terroristische Verbrechen zu subsumieren - allerdings aufgrund des im Statut verankerten Rückwirkungsverbots nicht die Anschläge vom 11. September 2001. Deren strafrechtliche Verfolgung vor einem internationalen Gericht wäre daher allenfalls mit Hilfe einer neuerlichen Einsetzung eines Ad-hoc-Gerichts der UN durch Beschluss des Sicherheitsrats denkbar. Im Hinblick auf den ICC wird aber auch vor einer allzu schnellen Ausdehnung der Jurisdiktion auf den Terrorismus gewarnt. Sie würde einen Gerichtshofs überfordern, der jetzt erst seine Tätigkeit aufnimmt. Zur Terrorismusproblematik vgl. aktuell: Oeter, Stefan: „Terrorismus – ein völkerrechtliches Verbrechen? Zur Frage der Unterstellung terroristischer Akte unter die internationale Strafgerichtsbarkeit“; in: Die Friedenswarte, 1/2001, S. 11 ff.

[20] Präambel ICC-Statut; vgl. dann auch nochmals verankert in Art.1 des Statuts.

[21] Maßnahmen bei Bedrohung oder Bruch des Friedens und bei Angriffshandlungen.

[22] Vgl. Art. 58 f; Art. 86 ff ICC-Statut.

[23] „Leistet ein Vertragsstaat entgegen diesem Statut einem Ersuchen um Zusammenarbeit seitens des Gerichtshofs nicht Folge und hindert er dadurch den Gerichtshof an der Wahrnehmung seiner Aufgaben und Befugnisse aufgrund dieses Statuts, so kann der Gerichtshof eine entsprechende Feststellung treffen und die Angelegenheit an die Versammlung der Vertragsstaaten oder, wenn der Sicherheitsrat die Angelegenheit an den Gerichtshof verwiesen hat, an den Sicherheitsrat verweisen“; Art. 87 Nr. 7 ICC-Statut.

[24] Art. 16 ICC-Statut.

[25] Zur schweizerischen Außenpolitik vgl. m.w.N.: van Ooyen, Die schweizerische Neutralität in bewaffneten Konflikten nach 1945, Bern u.a. 1992. Mit Volksabstimmung bei knapper Kantonsmehrheit hat die Schweiz am 3.3.2002 nun einem Beitritt zugestimmt.

[26] Security Council resolution 1422 (2002); Text unter “www.un.org/News/Press/docs/2002/sc7450.doc.htm“ vom 16.7.02. Im Gegenzug wurde mit Resolution 1423 das Mandat der UN-Mission für Bosnien und Herzegowina bis zum 31.12.02 verlängert; Text ebd.

[27] D. h. gleiches Maß für gleichen Tatbestand (wörtlich: „Du auch“). Dem hiermit zugleich geäußerten Vorwurf der „Siegerjustiz“ ist entgegenzuhalten, dass es eine Gleichheit im Unrecht nicht gibt. Aus der strafrechtlichen Nichtverfolgung von Verbrechen kann nicht geschlossen werden, dann auch andere Verbrechen nicht zu bestrafen.

[28] „Wie der Liberalismus in jeder politischen Einzelheit diskutiert und transigiert, so möchte er auch die metaphysische Wahrheit in einer Diskussion auflösen. Sein Wesen ist Verhandeln, abwartende Halbheit, mit der Hoffnung, die definitive Auseinandersetzung, die blutige Entscheidungsschlacht, könnte in eine parlamentarische Debatte verwandelt werden und ließe sich durch eine ewige Diskussion ewig suspendieren.“ Schmitt, Carl, Politische Theologie, Vier Kapitel zur Lehre von der Souveränität, 7. Aufl., Berlin 1996, S. 67.

 

Robert Christian van Ooyen *1960;

Politologe; Dozent an der Fachhochschule des Bundes, FB Öffentliche Sicherheit, Lübeck;
v.ooyen@uni-duisburg.de

 

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