Frauenbewegung

Versammlung eines Dienstmädchenvereines um 1848
(Grafik, Reproduktion).
Nach der vorwiegend literarischen Diskussion um die individuelle Emanzipation der Frau in der Zeit der Romantik traten in Deutschland in der Revolution von 1848 Frauen mit politischen Forderungen an die Öffentlichkeit und gründeten demokratische Vereine, die jedoch bald verboten wurden. Der Beginn einer kontinuierlichen Organisation setzte mit dem von Louise Otto-Peters in Leipzig 1865 gegründeten Allgemeinen Deutschen Frauenverein (ADF) ein, dem bald weitere Vereinsgründungen folgten. Wegen des generellen Verbots der Beteiligung von Frauen an politischen Vereinen durch die preußische Vereinsgesetzgebung wurden "politische" Themen möglichst vermieden. Die "bürgerliche" Frauenbewegung, seit 1894 im "Bund Deutscher Frauenvereine" zusammengefasst, trat für das Recht der Frauen auf Bildung und Berufstätigkeit ein, die jedoch (bei der Vereinsmehrheit) nur als Ersatz gesehen wurde, wenn Ehe und Mutterschaft versagt blieben. Dagegen war die Forderung nach dem Frauenwahlrecht umstritten und wurde erst 1906 auf Druck des vom linken Flügels akzeptiert.
Die im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts sich bildenden, aber bald
unter polizeiliche Verbote fallenden Arbeiterinnenvereine (1885
Gründung des "Vereins zur Wahrung der Interessen der Arbeiterinnen")
stellten die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der proletarischen
Frauen in den Mittelpunkt. Prägend wirkte August Bebels 1879
erschienene Schrift "Die Frau und der Sozialismus". Die "proletarische"
Frauenbewegung bildete (nachdem "Frauenagitationskommissionen" als
politische Vereine verfolgt wurden) mit dem System der
"Vertrauenspersonen" ein personelles Netzwerk politisch agierender
Frauen heraus, das sich um die von Clara Zetkin ab 1892 herausgegebene
Zeitschrift "Die Gleichheit" gruppierte. Entsprechend den
politisch-theoretischen Vorstellungen der deutschen Sozialdemokratie
wurde die Emanzipation der Frauen als Teil der umfassenden Emanzipation
des Proletariats gesehen, die nur durch Überwindung der
bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaftsform möglich war. Die Frauen
sollten daher in erster Linie gemeinsam mit den Arbeitern um ihre
Rechte kämpfen. Dabei wurde die Agitation für das Frauenwahlrecht
zunehmend zu einer der zentralen Forderungen, die durch den
internationalen Frauenkongress 1907 in Stuttgart, die zentralen
Frauenkonferenzen der SPD und dem ab 1911 eingeführten Internationalen
Frauentag neues Gewicht erhielten.
Die Aktivitäten der deutschen Frauenbewegung führten schrittweise zu
Konzessionen in der Gesetzgebung (Zulassung zu politischen Vereinen
1908, Zulassung zum Universitätsstudium in den deutschen Ländern
zwischen 1900 und 1909). Die Sozialdemokraten, die das Frauenstimmrecht
1891 ausdrücklich in ihr Parteiprogramm aufgenommen hatten, führten in
der Revolution von 1918 das Frauenwahlrecht für alle parlamentarischen
Vertretungen ein.
In der Weimarer Republik zählte neben sozialen Forderungen der Kampf gegen den § 218 zu den zentralen Themen der Frauenbewegung. Unter der NS-Diktatur lösten sich die demokratischen Frauenorganisationen zum Teil selbst auf. Viele der erkämpften Rechte, z.B. das passive Wahlrecht, wurden abgeschafft, die Zulassung von Frauen zu den Hochschulen oder bestimmten Berufen begrenzt. Die ideologisch definierte Rolle der Frau im Nationalsozialismus konnte in der Realität allerdings nur unvollständig umgesetzt werden. Nach Kriegsende wurde in den Verfassungen der Bundesrepublik und der DDR die Gleichberechtigung festgeschrieben, wobei die tatsächliche Gleichstellung in Gesellschaft, Staat und Wirtschaft noch nicht verwirklicht war (in der Bundesrepublik u.a. thematisiert im jahrelangen Kampf gegen die Frauen diskriminierenden Paragraphen des Bürgerlichen Gesetzbuches). Seit 1968 entstand in der Bundesrepublik eine neue, feministisch orientierte Frauenbewegung, die mit Kampagnen gegen den § 218 außerhalb der traditionellen Frauenverbände mobilisierend wirkte und in den 1970er Jahren mit der Gründung von Frauenzentren und Frauenhäusern neuen Einfluss gewann, der sich auch in der Gesetzgebung niederschlug.