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Wie geht Gemeinschaftsschule?

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Wie geht Gemeinschaftsschule?

Gut fünf Jahre nach dem Start der Gemeinschaftsschulen (GMS) in Baden-Württemberg ziehen Friedrich-Ebert-Stiftung und GEW Bilanz.  Bei einer Veranstaltungsreihe an verschiedenen Standorten diskutieren Lehrer, Eltern, Schüler und Gewerkschaftsvertreter über das pädagogische Konzept der GMS, ihre Anerkennung in der Öffentlichkeit und die Herausforderungen der nächsten Jahre – zuletzt an der Gebhard-Schule in Konstanz.

Eine der größten Herausforderungen hat die Gebhard-Gemeinschaftsschule schon gemeistert. Sie konnte den Schulträger davon überzeugen, dass zu einem guten pädagogischen Konzept auch eine lernförderliche Umgebung gehört. Seit anderthalb Jahren lernen die Schülerinnen und Schüler in einem nagelneuen Gebäude mit viel Licht und Raum. „Die Architekten haben sich beim Planen daran orientiert, wie wir hier arbeiten“, sagte Schulleiterin Elke Großkreutz bei der Veranstaltung „Wie geht Gemeinschaftsschule?“ Mitte Februar. Und auch eine zweite Hürde hat die Gebhardschule bereits genommen: Die größte GMS im Land bekommt eine Oberstufe. Die meisten anderen Gemeinschaftsschulen kämpfen bisher vergeblich dafür, das Abitur anbieten zu können.

Während an manchen Standorten in Baden-Württemberg die Anmeldezahlen zurückgehen, gehört die GMS Konstanz zu jenen Schulen, die sich sehr schnell etabliert haben und deren Anmeldezahlen steigen. „Jede Gemeinschaftsschule hat ihre eigenen Konzepte- und damit auch ihre eigene Dynamik“, sagte Elke Großkreutz, verwies aber zugleich auf die nötigen Ressourcen. Gute inklusive Konzepte könnten nur dann umgesetzt werden, wenn auch ausreichend Personal da sei – etwa Stellen für Sonderpädagogen.

Ähnlich äußerte sich auch die GEW-Landesvorsitzende Doro Moritz. Sie sieht außerdem einen klaren Standortnachteil für Gemeinschaftsschulen, die keine Oberstufe haben – also die Mehrzahl der GMS in Baden-Württemberg. Moritz sprach sich bei der Podiumsrunde mit Vertretern der Lehrer, Eltern, Schüler und der Wirtschaft für zwei Wege zum Abitur aus, einmal über das klassische Gymnasium und einmal über die GMS.

Raimund Kegel von der Handwerkskammer Konstanz mochte den Erfolg oder Misserfolg einer Gemeinschaftsschule nicht daran festmachen, ob es eine Oberstufe gibt oder nicht. Handwerksbetriebe, also potenzieller künftige Arbeitgeber, schätzten an der GMS besonders, dass alle Schulabschlüsse gleichwertig behandelt würden. Kegel lobte außerdem die Berufs- und Projektorientierung der Konstanzer GMS.

Elternvertreterin Petra Rietzler sagte, sie schätze vor allem den direkten und unkomplizierten Draht zu den Lehrerinnen und Lehrern ihrer Kinder, außerdem die Coaching-Gespräche, die zum festen Bestandteil der Lernkultur an der Gebhardschule gehören.

Die Rolle des Coaches und Lernbegleiters sei eine Rolle unter vielen, beschrieb Lehrer Marcus Weber seinen Arbeitsalltag an der Schule: „Ich bin hier so etwas wie Regisseur und Kulissenschieber in einem.“ Ihn hatten unter anderem die Konzepte des Schweizer Kinderarztes Remo Largo („Kinderjahre“, „Schülerjahre“) zum Wechsel vom Gymnasium an die GMS inspiriert. Der Entwicklungsexperte Largo stellt das Kind in den Mittelpunkt des Lernprozesses und setzt dabei auf eine gute Bindung zwischen Schülern und Lehrern.

Zu Wort kamen bei der Veranstaltung in Konstanz auch die Schülerinnen und Schüler. Gefragt nach Verbesserungsvorschlägen für die GMS, sagte Lea Stadel: „Mehr Verständnis für das inklusive Lernen und ein eigenes Gebäude für die Oberstufe.“ Auch Noel Nuber wünschte sich mehr Rückhalt für das gemeinsame Lernen von Kindern mit und ohne Beeinträchtigungen in der Öffentlichkeit.


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