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Archiv der sozialen Demokratie

 

Holger Börner – Ein Leben für die Sozialdemokratie

Der ehemalige Vorsitzende der Friedrich-Ebert-Stiftung Holger Börner wäre am 7. Februar 2021 90 Jahre alt geworden. Wir blicken auf sein Leben und sein Engagement zurück.

 

Holger Börner wurde am 7. Februar 1931 in Wolfsanger bei Kassel geboren. Der gelernte Betonfacharbeiter war schon durch seine Herkunft mit der Sozialdemokratie verbunden: Bereits sein Großvater war als Anhänger der sozialdemokratischen Bewegung durch die ‚Sozialistengesetze’ Otto von Bismarcks zur Flucht gezwungen worden. Holger Börners Vater wurde wegen dessen sozialdemokratischer Gesinnung vom nationalsozialistischen Gewaltregime verfolgt und war von 1933 bis 1936 politischer Gefangener in einem Konzentrationslager im Emsland.

1948 trat Börner dann selbst in die SPD ein und engagierte sich ab 1950 auf kommunalpolitischer Ebene. 1957 wurde Börner dann als jüngster Abgeordneter im Alter von 26 Jahren in den Deutschen Bundestag gewählt, dem er bis 1976 angehörte. In den folgenden Jahren übernahm er verschiedene Ämter: So wurde er 1961 Bundesvorsitzender der Jungsozialisten, war von 1967 bis 1972 Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium und wechselte anschließend in die Position des Bundesgeschäftsführers der SPD.

Im Jahr 1976 wurde Börner dann zum hessischen Ministerpräsidenten gewählt, wo er 1985 zusammen mit Joschka Fischer die erste rot-grüne Koalition auf Landesebene bildete. Oberste Priorität hatten für ihn immer soziale Gerechtigkeit und die Beseitigung der Arbeitslosigkeit. Er begründete dies mit Blick auf die historischen Erfahrungen der Weimarer Republik, wenn er etwa sagte: „Ich will nicht ausprobieren, wie viel Arbeitslosigkeit die deutsche Demokratie verträgt“. Am 9. Februar 1987 trat er nach Unstimmigkeiten mit dem Koalitionspartner als Ministerpräsident zurück.

 

Für mehr Demokratie und internationale Zusammenarbeit

Nach dem Bruch der rot-grünen Koalition zog Börner sich aus der aktiven Politik zurück und übernahm ab 1987 für die folgenden 16 Jahre den Vorsitz der Friedrich-Ebert-Stiftung. In dieser Zeit weltbewegender Veränderungen, besonders durch die Öffnung der Sowjetunion unter Michail Gorbatschow, erkannte Börner die sich ergebenden Möglichkeiten für politische Freiheit in Osteuropa. Er nutzte seinen Gestaltungsspielraum, um dort Reformen zu unterstützen und die Entwicklung zur Demokratie zu stärken. Zu dem Zweck hat Börner in dieser Zeit den Aufbau der Landesbüros der FES in Osteuropa vorangetrieben und damit maßgeblich zum Ausbau der nationalen sowie internationalen Präsenz der Stiftung beigetragen.

Der Fall der Mauer im November 1989, die deutsch-deutsche Vereinigung und die Arbeit in den neuen Bundesländern stellten für Börner die größten Herausforderungen während seiner Zeit in der Stiftungsarbeit dar. Bereits im Herbst 1989 leitete er erste Schritte für das Engagement der Friedrich-Ebert-Stiftung im Osten ein. Bereits kurz nach der Maueröffnung konnte in Leipzig ein erstes FES-Büro eröffnet werden. Börner ging es dabei von Beginn an besonders um den Ausbau der politischen Bildungsarbeit und die Stärkung der Demokratie in den neuen Bundesländern.

Im Zusammenhang mit der Eröffnung des Landesbüros in Moskau 1989 sagte Börner: „Die Friedrich-Ebert-Stiftung will nicht ‚große Politik‘ machen – das ist nicht unser Auftrag, das überlassen wir den Parteien und Regierungen. Aber ich denke: Unsere Arbeit kann zur Verständigung zwischen unseren Völkern beitragen. Sie kann so Teil des Fundaments sein, auf dem sich die Politik der Staaten weiter günstig entwickelt.“ Sein Beitrag für mehr Demokratie und eine friedliche und konstruktive Zusammenarbeit in Europa und auf internationaler Ebene gibt auch für die heutige Arbeit der FES wichtige Impulse.

 

Vom Mut, politische Verantwortung zu übernehmen

Holger Börner starb am 2. August 2006 in seiner Heimatstadt Kassel. Mit seiner klaren Überzeugung einer solidarischen, sozial gerechten und menschlichen Politik, an der er auch in schwierigen Zeiten festgehalten hat, und mit seinem unermüdlichen Engagement für unsere Demokratie bleibt er unvergessen. Sein Gestaltungswille und sein Mut, politische Verantwortung zu übernehmen, können auch für die heutige Politik ein Vorbild sein – getreu seinem Motto: „Wer keine Politik macht, mit dem wird sie gemacht“.

 


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