Ausgrenzung der Zivilgesellschaft: Aktivist*innen kritisieren die philippinische COP26-Delegation

Die Philippinen sind von der Klimakrise besonders stark betroffen. Für das Land sind die Ergebnisse der COP26 von daher äußerst wichtig. Aktivist*innen kritisieren jedoch, die philippinische Delegation lasse es bei ihrem Vorgehen und ihrer Entscheidungsfindung an Transparenz und Inklusion fehlen.

 

Von John Leo Algo (Twitter: @sirjohnalgo)

Die philippinische Regierung, so bemängeln Aktivist*innen, habe ihre Haltung in den UN-Klimaverhandlungen geändert. Dies habe schon im Vorfeld der COP26 dazu geführt, dass die Transparenz zu wünschen übrig ließ und die Zivilgesellschaft nicht eingebunden wurde. So werde zum Beispiel nichtstaatlichen Interessengruppen die Möglichkeit verwehrt, die Klimapolitik mitzugestalten.

Rodne Galicha, Hauptorganisator des zivilgesellschaftlichen Netzwerks Aksyon Klima Pilipinas, gibt zu bedenken, dass es für die philippinischen Klimaschutzmaßnahmen zum Problem werden könnte, wenn nichtstaatliche Akteure im Vorfeld der COP26 nicht eingebunden würden.

„Es wäre strategisch sinnvoller, partizipativer und transparenter gewesen, wenn die Beratungen mit den verschiedenen Sektoren schon Monate vor der Konferenz stattgefunden hätten, wie es normalerweise üblich ist,“ so Galicha.

Der 20-köpfigen philippinischen COP26-Delegation gehören überwiegend Beamte aus den Bereichen Finanz- und Außenpolitik an. Geleitet wird sie von Finanzminister Carlos Dominguez, dem stellvertretenden Vorsitzenden der philippinischen Kommission für den Klimawandel (CCC). An der Zusammensetzung der Delegation wird deutlich, dass es den Philippinen bei den Klimaverhandlungen vor allem um die Klimafinanzierung geht.

Entsprechend ihrem national festgelegten Beitrag (Nationally Determined Contribution, NDC) wollen die Philippinen ihre Kohlenstoffemissionen innerhalb des laufenden Jahrzehnts um 75 Prozent reduzieren. Dieses Ziel ist jedoch an Bedingungen geknüpft und erfordert finanzielle Unterstützung aus dem Ausland.  

Solche Klimaschutzzusagen basieren auf dem Grundgedanken, dass die für die weltweiten Treibhausgase hauptverantwortlichen Industrieländer ihre „Klimaschulden“ bei den am Klimawandel stärker betroffenen Länder begleichen sollen, die einen geringeren Anteil an den für die aktuelle Krise mitverantwortlichen CO2-Emissionen haben.

Kurswechsel

Der Gedanke, Finanzmittel und Technologien bereitzustellen und den Kapazitätsaufbau zu unterstützen, orientiert sich am Ziel der Klimagerechtigkeit, für das sich frühere Delegationen eingesetzt haben. Die philippinische Regierung hat es jedoch versäumt, ihre eigenen Klimaprioritäten auf der COP26 überzeugend zu präsentieren.

Für Galicha zeigt sich daran, dass die Regierung die Bedeutung der Klimaverhandlungen für stärker betroffene Staaten und die Bemühungen früherer Delegationen nicht begriffen hat. „Wir fordern Finanzminister Dominguez auf, sich auf der COP26 mit den anwesenden philippinischen Organisationen der Zivilgesellschaft und dem Privatsektor auszutauschen.“

Alaya de Leon, die für die Philippinen früher die Klimaverhandlungen in den Themenbereichen Ökosysteme, indigene Völker und Menschenrechte leitete, kritisierte die Abkehr von der bewährten Praxis der Inklusion und Transparenz, die frühere Delegationen gepflegt hätten. „Die Philippinen waren dann am effektivsten und hatten dann den größten Einfluss und die stärksten Verhandlungspositionen, wenn die Delegation breit aufgestellt und auf Partizipation bedacht war und sowohl von staatlicher als auch von nichtstaatlicher Seite das einschlägige Fachwissen eingebracht hat.“ Die neuen Entwicklungen zeigen nach De Leons Überzeugung, dass der Einfluss des Landes bei den jüngsten Klimaverhandlungen schwinde. Dies sei eine Folge der Unentschlossenheit von Präsident Rodrigo Duterte.

Schon in der Vergangenheit hat Duterte geäußert, er wolle den Ausstieg der Philippinen aus dem Pariser Abkommen, und warf den Verhandlungsführern Geldverschwendung vor. Duterte ist zugleich Vorsitzender der oben erwähnten Kommission für den Klimawandel, doch zur COP26 schickte er seinen Stellvertreter, Finanzminister Dominguez.

„Es ist völlig unklar, ob überhaupt genügend Delegierte anwesend sind, um den Überblick über wichtige Punkte zu behalten. Fraglich ist auch, ob die Delegierten über genügend Kenntnisse und Erfahrung verfügen, um die Interessen unseres Landes sachkundig zu vertreten“, kritisiert Alaya de Leon.

Brücken bauen

Trotz dieser Schwierigkeiten hofft Galicha, dass die Regierung auch weiterhin bereit sein wird, mit zivilgesellschaftlichen Gruppen zusammenzuarbeiten und mit ihr an einem Strang zu ziehen, wenn es darum geht, die Maßnahmen zur Anpassung und zur Abschwächung der Klimakrise zu verstärken. Laut Galicha wollen die Vertreter der philippinischen Zivilgesellschaft auf der COP26 „der Regierung behilflich sein, die Interessen der philippinischen Bevölkerung zu vertreten, die für den Klimawandel Verantwortlichen für Verluste und Schäden finanziell in die Pflicht zu nehmen und für Klimagerechtigkeit zu kämpfen“.

Den Philippinen geht es auf der COP26 vor allem darum, sich Mittel zur Umsetzung ihrer Klimaschutzmaßnahmen zu verschaffen, zumal das Land sich von den Folgen der Corona-Pandemie noch nicht ganz erholt hat. Galicha rief die Verhandlungsführer dazu auf, nicht mit falschen Lösungen aufzuwarten und das Thema Verluste und Schäden ganz oben auf die Agenda zu setzen. Im Vordergrund müsse die Klimagerechtigkeit stehen: „Der Zugang zu Finanzmitteln für Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen, Kapazitätsaufbau und Technologie muss im Geiste der Klimagerechtigkeit sichergestellt werden – ohne Kompromisse und ohne Wenn und Aber.“

Alaya De Leon hält es zwar für wichtig, die philippinische Delegation auch weiterhin zu unterstützen. Doch andere Filipinos, die an der COP26 teilnehmen, sollten nicht darauf warten, bis die Regierung die Initiative ergreift. „Nicht nur weil die Kontaktaufnahme zur Delegation nur bedingt möglich ist, kommt es gerade jetzt darauf an, herauszuarbeiten, was getan werden muss, statt darüber nachzudenken, was nicht gemacht wird“, sagte sie. „Die Akteure müssen kooperieren, um sich mehr Gehör zu verschaffen und mit Hilfe der sozialen Medien und durch Technologieeinsatz mehr Präsenz zu zeigen.“

Climate Action Tracker (CAT) ließ der philippinischen Delegation eine Reihe von Fragen zu den genannten Themen zukommen. Die Fragen blieben jedoch unbeantwortet.

Aus dem Englischen von Christine Hardung

 

 

John is the Deputy Executive Director of Living Laudato Si’ Philippines and a member of the interim Secretariat of Aksyon Klima Pilipinas. He’s been representing the Philippines and civil society in regional and global UN climate and environmental conferences since 2017. As a citizen journalist, he’s written on climate and environmental issues for global and national media platforms since 2016. John earned his MS Atmospheric Science degree from the Ateneo de Manila University in 2018. 

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