And the winner is... "Bewegungen eines nahen Bergs"

Der Preis "Der politische Film der Friedrich-Ebert-Stiftung" geht im Jahr 2019 an den österreichischen Regisseur Sebastian Brameshuber für seinen filmischen Essay über Ressourcen, Recycling, Migration und Heimat.

 

Beim Filmfest Hamburg 2019 konkurrierten 12 Filme um den Preis "Der politische Film der Friedrich-Ebert-Stiftung" in der Sektion VETO! - kuratiert von Jens Geiger. Vergeben wurde der Preis von den drei Jurymitgliedern

Barbara Duden, MdHB, Vizepräsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft

Catarina Felixmüller, Kulturjournalistin

Helena Wittmann, Filmemacherin.

 

Der Gewinnerfilm: Bewegungen eines nahen Bergs

von Sebastian Brameshuber

 

Der globale Kapitalismus von seinen Rändern her betrachtet: ein Film über Recycling, Mythen und Autoreifen. Seit den Tagen der alten Römer wird am steirischen Erzberg Bergbau betrieben. 2000 Jahre später stapelt sich in Cliffs Autowerkstatt der Schrott bis unter die Decke. Der nigerianische Mechaniker hat alle Hände voll zu tun: Er fährt durch die Gegend auf der Suche nach einem günstigen Wrack, verhandelt mit osteuropäischen Reifenhändlern und zerlegt Autos in Einzelteile. Diese verschifft er dann in seine alte Heimat, wo sie eine gefragte Ware sind. Im Schatten des Berges verschwimmen die Grenzen der Dinge: zwischen sogenannter erster und dritter Welt, unternehmerischer Freiheit und nie endender Arbeit – und zwischen Fakt und Fiktion.

Website: http://www.filmgarten.at/bewegungen/

Hier gibt es den Trailer des Films

 

Die Jurybegründung

Es ist ein Film, der in den Bann zieht, der ganz einfach glücklich macht. Seine Themen sind die großen unserer Zeit: Globalisierung, Kapitalismus, Migration, Rohstoff-Ausbeutung und Wiederverwertung. Regisseur Sebastian Brameshuber aber konzentriert sich auf einen Protagonisten und erzählt eine kleine, kraftvolle Geschichte voll überraschender Wendungen. Mit großem Respekt nähert er sich seinen Figuren, ohne sie auszustellen und lässt so Raum für Imagination.  

Im Zentrum steht ein Mann aus Nigeria. Er lebt und arbeitet in der Steiermark auf einem Schrottplatz am Fuß eines Erzbergwerks. Eine große, unwirtliche Halle am Rande eines Industriegebiets voller Autowracks und Reifenbergen ist sein Zuhause. Hier gibt es eine provisorische Kochstelle und am nahen Fluss frisches Wasser, um die Wäsche zu waschen. Hier verkauft er alte Autos oder zerlegt sie in ihre Einzelteile, hier handelt er mit Reifen, Zylinderköpfen und Sicherungen. Wertstoffe, die er bewahrt, auch für den Markt in Nigeria. Das Ausweiden der Autowracks geschieht in souveräner Gelassenheit. Mit tausendfach eingeübten Handgriffen gleicht es einem poetischen Akt, trotz aller notwendigen Gewalt. Die Verkaufsverhandlungen am Ort mit Schrotthändlern aus Ungarn oder Rumänien scheinen nie zu einem Abschluss zu kommen, die Kamera beobachtet sie diskret, wiederum voller Achtung, als handele es sich um ein Ritual aus vergangenen Zeiten. Gleiches gilt für die Verhandlungen auf einem Markt in Afrika. Der nigerianische Schrotthändler aus der Steiermark blickt auf die Umstehenden und sagt: „Wenn ihr alle auch kaufen würdet, wäre ich längst wieder zurück in meiner Heimat.“ Wo diese ist, bleibt offen. Wie gesagt, ein Film der glücklich macht.

 

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