Die Friedrich-Ebert-Stiftung trauert um Helmut Schmidt

Helmut Schmidt (* 23. Dezember 1918; † 10. November 2015) gehört zu den bedeutendsten Staatsmännern des 20. Jahrhunderts. Als Sozialdemokrat und fünfter deutscher Bundeskanzler hat er sich um seine Partei verdient gemacht und die internationale Anerkennung der Bundesrepublik in schwierigen Zeiten außerordentlich befördert. Den globalen Währungsturbulenzen und den Ölpreiskrisen der 1970er-Jahre begegnete er als Bundesminister und Kanzler mit nüchterner Souveränität. Auch in der Auseinandersetzung und seiner konsequenten politischen Haltung gegenüber dem im "Deutschen Herbst" eskalierenden Terrorismus der Roten Armee Fraktion ließ er sich von einer philosophisch begründeten Verantwortungsethik leiten.

Am 23. Dezember 1918 in Hamburg geboren, wuchs Schmidt in einem kleinbürgerlichen Elternhaus auf. Sein Vater, dem als Studienrat der soziale Aufstieg gelang, ließ ihn die reformpädagogisch ausgerichtete Lichtwarkschule besuchen. Den Zweiten Weltkrieg durchlebte er als Wehrmachtsoffizier an der Front und im Reichsluftfahrtministerium. Nach 1945 studierte er Volkswirtschaftslehre und engagierte sich im Sozialistischen Deutschen Studentenbund, dessen Vorsitz er 1947/48 führte. Schmidts Eintreten für die SPD und ihre Grundwerte entsprang dem Bemühen, die Adenauer-Republik zu verändern und gesellschaftliche Reformen durchzusetzen. Im Jahr 1953 zog er zum ersten Mal in den Deutschen Bundestag ein, wo er sich in den folgenden beiden Legislaturperioden über die Fraktionsgrenzen hinweg einen hervorragenden Ruf als Experte für Verteidigungs- und Sicherheitspolitik erarbeitete. Während der Hamburger Flutkatastrophe 1962 machte er sich als für die Polizeibehörde verantwortlicher Senator bundesweit einen Namen als zupackender Krisenmanager. Bald nach der Bildung der Großen Koalition (1966–1969) avancierte Schmidt zum Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion. In dieser Funktion und seit 1968 als stellvertretender Parteivorsitzender prägte er die politischen Debatten über die Notstandsgesetze und die Wahlrechtsreform entscheidend mit.

Dem ersten sozial-liberalen Regierungskabinett unter Bundeskanzler Willy Brandt gehörte Schmidt als Verteidigungsminister an, wobei ihm die Reform der Bundeswehr getreu dem Leitbild des "Staatsbürgers in Uniform" ein besonderes Anliegen war. Von 1972 bis 1974 amtierte Schmidt als Bundesminister für (Wirtschaft und) Finanzen, bevor er im Zuge der Guillaume-Affäre das Amt des Bundeskanzlers übernahm. Als Reaktion auf die grassierende ökonomische Krise initiierte er zusammen mit dem französischen Staatspräsidenten Valéry Giscard d’Estaing die seit 1975 jährlich tagenden Weltwirtschaftsgipfel der führenden Industriestaaten. Zudem trat er für die Schaffung eines gemeinsamen europäischen Währungssystems ein. Angesichts des Wettrüstens der beiden Supermächte USA und Sowjetunion war Schmidt wesentlich am Zustandekommen des NATO-Doppelbeschlusses (1979) beteiligt, um die Aufrechterhaltung der militärischen Sicherheit mit einer Politik der Entspannung und Rüstungskontrolle im Ost-West-Gegensatz zu verbinden. Den Aufschwung der Ökologie- und Friedensbewegung verfolgte er aufmerksam. Nach seinem Ausscheiden aus dem Bundeskanzleramt aufgrund eines konstruktiven Misstrauensvotums im Jahr 1982 trat Schmidt als Mitherausgeber in die Wochenzeitung "Die ZEIT" ein. Darüber hinaus blieb er "außer Dienst" als langjähriger Spitzenpolitiker ein gefragter Mann, der als Autor zahlreicher Bücher, eloquenter Gesprächspartner und brillanter Redner bis zuletzt das Weltgeschehen kritisch analysierte.

Der Friedrich-Ebert-Stiftung war Helmut Schmidt auf vielfältige Weise eng verbunden: Nach dem Zweiten Weltkrieg zählte er 1947/48 zu den ersten Stipendiaten der neu gegründeten Stiftung. Seit dem Jahr 1983 gehörte er als hochgeschätzter Ratgeber dem Verein der FES an. Das Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung verwahrt einen umfangreichen Teil seines zeithistorisch bedeutenden Nachlasses und regt Forschungen zu Schmidts politischem Wirken an.

In der FES Bonn besteht die Möglichkeit, sich in ein Kondolenzbuch einzutragen und die Ausstellung "Helmut Schmidt. Kanzlerjahre" zu besuchen weiter

Helmut Schmidt 1967

Trauerfeier für Fritz Erler, 1967 (Foto: J.H. Darchinger / FES)

Helmut Schmidt 1962

Porträt vom Innensenator Hamburgs, 1962 (Foto: J.H. Darchinger / FES)

Helmut Schmidt 1982

Mit Willy Brandt (SPD-Parteitag in München), 1982 (Foto: J.H. Darchinger / FES)

Helmut Schmidt 1974

Aufnahme mit Loki Schmidt (Urlaub am Brahmsee), 1974 (Foto: J.H. Darchinger / FES)

Helmut Schmidt 1981

Gipfeltreffen mit Erich Honecker (Honecker reicht Schmidt ein Hustenbonbon am Bahnhof in Güstrow), 1981 (Foto: J.H. Darchinger / FES)

Helmut Schmidt 1976

Aufnahme mit Willy Brandt (Kundgebung in der Westfalenhalle), 1976 (Foto: J.H. Darchinger / FES)

Helmut Schmidt 1977

Mit dem Kommandeur der GSG 9 Ulrich Wegener, 1977 (Foto: J.H. Darchinger / FES)

Helmut Schmidt 1978

Kleiderständer im Bundeskanzleramt, 1978 (Foto: J.H. Darchinger / FES)

Helmut Schmidt 1975

Mit Mao Tse-Tung (Staatsbesuch in China), 1975 (Foto: J.H. Darchinger / FES)

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Mit Willy Brandt und Herbert Wehner (SPD-Parteitag in Hamburg), 1977 (Foto: J.H. Darchinger / FES)

Helmut Schmidt 1978_Loki

Mit Loki Schmidt (60. Geburtstag von Helmut Schmidt), 1978 (Foto: J.H. Darchinger / FES)

Helmut Schmidt 1975

Mit Loki Schmidt (Staatsbesuch in China), 1975 (Foto: J.H. Darchinger / FES)

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Urlaub am Brahmsee ("Spiegel"-Gespräch), 1974 (Foto: J.H. Darchinger / FES)

Helmut Schmidt 1975 (Wk)

Als Bundeskanzler beim NRW-Landtagswahlkampf, 1975 (Foto: J.H. Darchinger / FES)

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Pause vom Bundestagswahlkampf (am Brahmsee), 1976 (Foto: J.H. Darchinger / FES)

Helmut Schmidt 1970_1

Der Verteidigungsminister auf der Hardthöhe, 1970 (Foto: J.H. Darchinger / FES)