August Bebels Aufruf zur Gründung einer Partei-Bibliothek


Gründungsidee

Die Geschichte der Partei-Bibliothek der SPD und damit - indirekt - auch der Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung reicht zurück ins Jahr 1878: In einem Vorwärts-Artikel am 20. Februar rief August Bebel zur Gründung einer allgemeinen Partei-Bibliothek auf.

In der Fußnote zu diesem Artikel wird auf ein vorausgegangenes Gespräch Bebels mit dem Genossen Geib hingewiesen, das im Sommer 1877 stattfand. Daraus kann man eine gewisse Mit-Urheberschaft von August Geib an der Gründungsidee ableiten.

 

 

 

 


"Alte" SPD-Bibliothek

Bis zur Verwirklichung dieser Idee vergingen allerdings noch mehr als zwanzig Jahre, bedingt vor allem durch das Sozialistengesetz (Herbst 1878 bis 1890). Zuerst wurde im Oktober 1899 in Berlin eine öffentlich zugängliche Arbeiterbibliothek, die sog. Heimannsche Öffentliche Bibliothek und Lesehalle, offiziell eröffnet.

Zwei Jahre später folgte dann die nur eingeschränkt zugängliche SPD-Bibliothek mit dem sozialistischen und historischen Spezialbestand, zu dem unter anderem die Privatbibliotheken von Friedrich Engels und - in Teilen - von Karl Marx gehörten. Die Weiterentwicklung dieser Parteibibliothek war vor dem Hintergrund des ersten Weltkriegs und der Weimarer Demokratie spannend und bewegt. Den dramatischen Höhepunkt bildete das Ende durch die Nazi-Barberei: das Partei-Archiv musste 1938 verkauft werden, die Bibliotheksbestände wurden verstreut und gingen größtenteils verloren.


Neuanfang nach 1945, seit 1969 Teil der FES-Bibliothek

Bald nach Kriegsende begann die SPD mit dem Aufbau eines neuen Parteiarchivs bzw. einer Parteibibliothek. Der Bibliotheksbestand wuchs rasch, jedoch waren der professionellen Bibliotheksarbeit allein mit Parteimitteln enge Grenzen gesetzt.

Dies änderte sich mit der Übergabe der Bibliothek und des historischen Archivs der SPD an die Friedrich-Ebert-Stiftung im Jahr 1969. Sie bildete zusammen mit der Hausbibliothek des FES-Forschungsinstituts den Grundstock (von ca. 50.000 Bänden) der neu gegründeten Bibliothek der FES im Neubau an der Godesberger Allee in Bonn.

Seitdem wurde die FES-Bibliothek systematisch und professionell weiter entwickelt und ist personell und inhaltlich stark gewachsen, sie zählt inzwischen rund eine Million Medieneinheiten. Sie beherbergt nicht nur "Parteiliteratur", sondern ist inzwischen zu einer der größten Gewerkschaftsbibliotheken avanciert. Der Bestand ist international ausgerichtet, bibliothekarische Standards sind selbstverständlich - ebenso wie die nationale und internationale Vernetzung auf allen Ebenen (z.B. Fernleihe, Worldcat, Katalogverbund, Deutsche Forschungsgemeinschaft).

Mit der Friedrich-Ebert-Stiftung als Träger steht die Bibliothek auf einer sicheren finanziellen, personellen und technischen Grundlage.


Wurzeln und Tradition

Das Sammelprofil der FES-Bibliothek orientiert sich zum Teil bis heute an Bebels Vorüberlegungen. Insbesondere ist dies im Bereich Wirtschaft, Geschichte und Kulturgeschichte der Fall. Die Zeitungen und Zeitschriften, aber auch Jahrbücher und Parteitagsprotokolle der in- und ausländischen Parteien werden ebenso wie periodische Schriften der Gewerkschaften von der FES-Bibliothek weiterhin mit hoher Vollständigkeit gesammelt.

Anders sieht es bei Technik oder Naturwissenschaften aus - zu Bebels Zeiten war die rasante Entwicklung dieser Wissenschaftszweige mit explosionsartigem Wachstum an zugehöriger Literatur noch nicht absehbar. Diese zu sammeln und der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen ist die Aufgabe von Bibliotheken anderen Zuschnitts...

Im Laufe der Jahre konnte die Sammlung der alten SPD-Bibliothek mit hoher Dichte rekonstruiert werden, wurden viele einzigartige Sammlungen und Bibliotheken komplett übernommen, wird das Sammelprofil im Sinne der nach wie vor gültigen Idee Bebels immer wieder angepasst, ausgeweitet und geschärft. "Das Erbe der alten Parteibibliothek lebt heute bei der Friedrich-Ebert-Stiftung weiter". (R. Zimmermann)


nach oben