Archiv der sozialen Demokratie

Nachruf Barbara Stolterfoht

Am 21. Februar ist die SPD-Sozialpolitikerin Barbara Stolterfoht im Alter von 80 Jahren in Berlin verstorben. Die ehemalige hessische Staatsministerin für Frauen, Arbeit und Sozialordnung prägte mit ihrem Engagement für Gleichberechtigung die Frauenpolitik bundesweit. Die Friedrich-Ebert-Stiftung trauert um eine ehemalige Stipendiatin.

Barbara Stolterfoht wurde am 16. März 1940 in Dux (Sudetenland) im heutigen Tschechien geboren. Sie wuchs in Bielefeld auf und machte zunächst eine Ausbildung als Erzieherin. Auf zweiten Bildungsweg holte sie 1963 das Abitur nach und studierte dann Wirtschafts-, Sozial- und Politikwissenschaften in Göttingen, Paris und später Berlin u.a. bei Kurt Sontheimer. Ab 1967 war sie Stipendiatin bei der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Zunächst arbeitete sie als Diplom-Politologin am Deutschen Institut für Urbanistik und als stellvertretende Geschäftsführerin am Wissenschaftszentrum in Berlin, dann war sie als Referatsleiterin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung in Köln tätig. Anschließend wechselte Stolterfoht, die schon seit 1965 Mitglied der SPD war, als Gesundheitsreferentin in den Bundesvorstand der Partei.

1984 wurde sie in Kassel zur bundesweit ersten kommunalen Frauenbeauftragten ernannt. Anschließend war sie dort von 1985 bis 1991 als Stadträtin für Frauen, Gesundheit, Soziales und Krankenhäuser tätig. Von 1992 bis 1995 war sie Landesdirektorin des Landeswohlfahrtsverbandes in Kassel, bevor sie im April 1995 vom damaligen hessischen Ministerpräsidenten Hans Eichel (SPD) zur hessischen Staatsministerin für Frauen, Arbeit und Sozialordnung ernannt wurde. Stolterfoht war eine Vorreiterin für Frauenrechte und Gleichstellung, die zunächst in Hessen und später im ganzen Land die Frauenpolitik und sie Sozialpolitik entscheidend geprägt hat, etwa indem sie sich für Chancengleichheit an Hochschulen einsetzte.

Nach dem Regierungswechsel im Jahre 1999 war sie für eine Legislaturperiode Landtagsabgeordnete der SPD und stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Von 2000 bis 2008 war Stolterfoht Vorsitzende des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes (DPWV). Zusätzlich dazu wurde sie ab 2005 für zwei Jahre zur Präsidentin der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) gewählt.

Stolterfoht engagierte sich in verschiedenen Ehrenämtern, so war sie Mitglied des Vorstands der Deutschen Krankenhausgesellschaft, des Vorstands des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge, des Kuratoriums der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft, des Kuratoriums der Europäischen Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft sowie des Sozialverbands VdK und des Arbeiter-Samariter-Bunds. Für dieses vielfältige ehrenamtliche Engagement in der Sozial- und Gesundheitspolitik wurde sie 2005 mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt. 2012 erhielt sie außerdem die Wilhelm-Leuschner-Medaille des Landes Hessen. Mit ihr werden seit 1965 Menschen geehrt, die sich beispielhaft für Demokratie, Freiheit und soziale Gerechtigkeit einsetzen.

Stolterfoht verlor ihr Ziel einer sozialeren und gerechteren Gesellschaft nie aus den Augen. Sie hat in ihrem Leben stets Verantwortung übernommen, eine ausgewogene Sozialpolitik betrieben und ihren Blick auf diejenigen gerichtet, die in der öffentlichen Wahrnehmung oft übersehen wurden. Für sie galt es besonders kranken und sozial benachteiligten Menschen neue Perspektiven zu eröffnen, denn eines war ihr immer wichtig: „In einer demokratischen Gesellschaft muss man jedem und jeder eine Chance geben.“


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