Politik und
Gesellschaft Online International Politics and Society 4/2001 |
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Institutio-nalisierte |
Explizite Ziel-Mittel-Vorgabe |
Weiche
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Unbedingte
Sanktio- |
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Transparenz der Daten |
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Standards, Kodices |
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Vereinheitlichung der Regulierung |
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Ausweitung der Regulierung |
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Verbesserung der Regulierung |
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Kapitalverkehrsregulierung |
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Rolle des IWF |
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Einbeziehung des Privatsektors |
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Zielzonen, Koordinierung |
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Weltfinanzorganisation |
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Dunkle Felder markieren die von den Industrieländern – über IWF und FSF – besonders intensiv verfolgten Themen.
Im Bemühen um die möglichst rasche und vollständige Erreichung funktionierender Finanzmärkte in allen Ländern machen die oben angesprochenen Organisationen erheblichen Druck. Schaubild 1 gibt einen Überblick über die Themenfelder, die in der umfassenden Debatte über eine neue internationale Finanzordnung angesprochen wurden, wobei die von IWF und FSF besonders verfolgten Themen dunkel hervorgehoben sind. Demnach sind "Transparenz der Daten", "Standards und Verhaltenskodices" sowie verschiedene Modifikationen der "Regulierung" der Finanzmärkte die tatsächlich verfolgten Themen, bei denen auch Fortschritte zu verzeichnen sind (vgl. Frenkel und Menkhoff 2000, Schaubild 9). Der IWF organisiert die Bereitstellung verläßlicher und zeitnaher volkswirtschaftlicher und finanzmarktbezogener Daten. Verschiedene Organisationen formulieren Standards und Verhaltenskodices, bspw. für gutes Rechnungswesen, und suchen Unterstützung dafür bzw. schaffen durch die oft erstmalige Formulierung Anreize zur Verhaltensänderung. Das Feld der Regulierung wird stark von der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel und dem bei ihr angesiedelten FSF vorangetrieben (vgl. bspw. Meister 2001). Es geht weit über die Regulierung von Banken hinaus, wenngleich hier die internationale Standardisierung besonders weit gediehen ist. Fortschritte im Zuge der Einrichtung des FSF beziehen sich auf die geplante Ausweitung der Regulierung durch Berücksichtigung von sogenannten Highly Leveraged Institutions (HLIs), das sind besonders risikofreudig operierende Akteure an Finanzmärkten wie z.B. Hedge Fonds. Fortschritte werden ferner bei der internationalen Vereinheitlichung der Regulierung angestrebt, indem zum einen immer mehr Schwellenländer bei der BIZ mitarbeiten und zum anderen das heikle Thema der nicht regulierten Off-shore-Zentren angegangen wird. Am weitesten schließlich ist die ständige Verbesserung der Bankenregulierung gediehen. Bedenkt man ihren freiwilligen Charakter, so ist die Einigung auf immer komplexere, weltweite Standards ein erstaunliches Beispiel für funktionierende freiwillige Kooperation.
Im Kontrast zu den oben genannten Erfolgen bei der Verbesserung des Regelwerks für die Marktakteure – mikroökonomische Governance – steht der Stillstand bei möglichen gesamtwirtschaftlichen Maßnahmen zur Verbesserung des Marktergebnisses – den Themen makroökonomischer Governance. Im Schaubild 1 sind dies die fünf Themenfelder im unteren Bereich, angefangen bei der Einrichtung von "Zielzonen" bis zur Gründung einer "Weltfinanzorganisation". So gibt es am Zustand des Weltwährungssystems massive akademische Kritik, z.B. von Mundell (2000) anläßlich der Verleihung des Wirtschaftsnobelpreises (vgl. auch Filc 1997 oder Flassbeck 2000), die aber keinen Niederschlag in den entscheidungsrelevanten Gremien findet. Die wohl ausschlaggebende Differenz der beiden hier unterschiedenen Ordnungsbereiche liegt im Hinblick auf unser Thema in den jeweils betroffenen Akteuren: Bei der mikroökonomischen Governance müssen sich die privaten Akteure in eine Ordnung fügen, bei der makroökonomischen Governance sind eher die Staaten angesprochen. Im ersten Fall unterliegen die Institutionen der Industrieländer bereits in großem Umfang den angestrebten Bedingungen wie einer modernen Bankenregulierung, so daß größere Änderungen auf die Institutionen in Schwellen- und Entwicklungsländer zukommen. Im zweiten Fall sind die Industrieländer die relevanten Akteure um deren Einbindung in eine Ordnung es gehen könnte, doch dazu sind sie nur sehr beschränkt bereit. Insofern reflektiert der aktuelle Diskussionsstand die Interessen der Industrieländer und damit ihre Ziele recht gut.
Aus der Sicht schwächerer Akteure, d.h. konkret von Entwicklungsländern, ergeben sich nicht direkt gegensätzliche, aber doch andere Ziele. So sind sie in ihren institutionellen Gegebenheiten so weit vom heutigen Standard der Finanzmärkte entfernt, daß sie zwar die Zielrichtung der Industrieländer teilen mögen, aber ihr Augenmerk viel stärker auf geeignete Zwischenschritte gerichtet sein muß. Man kann durchaus die Problematik der Finanzsektormodernisierung auf andere Bereiche, wie bspw. das Bildungswesen oder den Verkehr übertragen. Im Bildungswesen ist das Ziel der Entwicklung klar umsetzbar, indem nach heutigen Standards alle Menschen eine sekundäre Ausbildung erhalten sollen und ein großer Anteil studiert. Trotz dieser Klarheit sind die Verhältnisse in den meisten Länder der Welt anders und kein Beschluß internationaler Organisationen kann dies kurzfristig ändern. Erreichbar ist allein eine mehr oder weniger schnelle Bewegung auf das Ziel hin. Etwas anders ist der Fall eines Verkehrssystems gelagert, da es hier moderne und tradierte Formen nebeneinander gibt. Doch auch in diesem Bereich mag der wünschenswerte Fortschritt klar, aber dennoch nicht realisierbar sein. Es gibt keinen vernünftigen Grund, warum diese Restriktion im Finanzsektor nicht gelten sollte. Die Bedingungen moderner Industrieländer sind nicht kurzfristig herstellbar oder nur zu unverhältnismäßigen Kosten.
Folglich sollte sich ein Ziel der Reformdiskussion explizit darauf richten, Uneinheitlichkeit institutioneller Verhältnisse im Finanzsektor zu ermöglichen. Vieles was aus moderner Sicht anachronistisch erscheint, ist nur eine angepaßte institutionelle Einrichtung. Beispielhaft sei auf die weit verbreitete Kreditvergabe innnerhalb von Familienverbänden und ihren Freunden verwiesen, unfreundlich als Vetternwirtschaft oder Crony-Kapitalismus bezeichnet. Der rationale Kern dieser Form an Kreditbeziehungen ist aber häufig das Fehlen von Marktinstitutionen, so daß es an Informationen über die Qualität von Kreditnehmern und an funktionierenden Kreditsicherheiten mangelt (bspw. Menkhoff 2000). Auch in Europa gab es in der frühen Industrialisierungsphase keine modernen Banken und Reste von "besonderen" Beziehungen haben sich bis zu den heutigen Hausbankbeziehungen erhalten. Während sich aber die alten Industrieländer Schritt für Schritt entwickeln konnten, stehen die heutigen Schwellenländer mit je einem Bein im 19. Jahrhundert und in der Gegenwart. Die Frage lautet deshalb, wie sich die alten Strukturen schrittweise so in neue überführen lassen, daß die Funktionsfähigkeit des Finanzsektors gewahrt bleibt. Eine möglichst rasche Modernisierung erweist sich dabei meist als Scheinlösung, da dann weder die alten noch die neuen Strukturen gut funktionieren.
Ein besonderer Aspekt in diesem Zusammenhang ist die außenwirtschaftliche Öffnung der Finanzmärkte, verknappt ausgedrückt die Kapitalverkehrsliberalisierung. Wieder handelt es sich um ein langfristig anstrebenswertes Ziel, mit dem aber Schwellenländer zwiespältige Erfahrungen gemacht haben. Problematisch ist häufig der geballte Zu- oder Abfluß von ausländischem Kapital, der die Anpassungsfähigkeit der heimischen Finanzmärkte überfordern kann. Es ist kein Zufall, daß die chilenischen Erfahrungen mit Kapitalverkehrsregulierung nach jeder Krise wieder intensiver diskutiert werden. Dabei liegt der Erfolg dieser Maßnahmen natürlich nicht allein darin, Finanzmärkte zu beschränken, sondern gleichzeitig auch funktionsfähig zu machen. Kritiker der chilenischen Erfahrungen verweisen deshalb gerne auf diesen letzteren Aspekt, doch vermutlich gehört für einen Erfolg beides zusammen, die Begrenzung und Entwicklung der Finanzmärkte.
Moderne Finanzmärkte sind aber nicht nur für sich zu beurteilen, sondern auch im Hinblick auf ihre Wirkung auf die sonstige Volkswirtschaft, die sogenannte Realwirtschaft. In vielen Phasen der jüngeren Wirtschaftsgeschichte haben Staaten aktiv Maßnahmen ergriffen, um die Realwirtschaft teilweise gegenüber den Finanzmärkten abzuschotten (vgl. Arestis und Demetriades 1997). Auf den ersten Blick mag das geradezu widersinnig erscheinen, da doch die Finanzmärkte die Hauptaufgabe der Kapitalallokation wahrnehmen und somit unmittelbar mit der Realwirtschaft verwoben sind. Der Grund für die Abschottung liegt deshalb in den unterschiedlichen Funktionsweisen begründet: Finanzmärkte sind durch vergleichsweise niedrige Informations- und Transaktionskosten gekennzeichnet, so daß die Marktteilnehmer schnell und abrupt agieren. Die Anpassungskosten der Realwirtschaft sind dagegen ungleich höher, so daß die Veränderungen träger erfolgen. Das Problem kann im Zusammenspiel beider Sektoren entstehen.
Sind Finanzmärkte staatlich reglementiert, so kann man dies im weitesten Sinne als ein Regime mit hohen Anpassungskosten interpretieren, in dem folglich die Anpassungsgeschwindigkeit niedriger ist und – was hier besonders interessiert – näher an derjenigen der Realwirtschaft bleibt. Umgekehrt sind moderne Finanzmärkte ohne nationale Grenzen, fast ohne staatliche Restriktionen und mit den niedrigen Transaktionskosten heutiger Technologien extrem schnell. Hinzu kommt eine gewisse Eigendynamik der Finanzmärkte, so daß sie häufig zu Übertreibungen neigen. Eine moderne Realwirtschaft kann sich partiell dagegen schützen, beispielsweise indem der Finanzsektor Absicherungsprodukte gegen Kursschwankungen entwickelt oder Finanzmarktrisiken – als Kehrseite der Finanzmarktentwicklung – in unternehmerischen Strategien antizipiert werden. Genau diese Reaktion der Realwirtschaft ist in weniger entwickelten Ländern schlechter möglich. Dort bedarf die Realwirtschaft eines gewissen Schutzes vor extremen Preisrisiken, die aus dem Finanzsektor übertragen werden können. Die heutigen Industrieländer haben sich beispielsweise in einer Zeit entwickelt als Zinssatzänderungen von einem viertel Prozentpunkt viel waren, was heute kaum der Erwähnung wert ist. Zusammenfassend ist das Chance-Risiko-Verhältnis moderner Finanzmärkte für die Realwirtschaft in Entwicklungsländern ein Mißverhältnis.
Die obigen Überlegungen lassen sich auch im Governance-Schema fassen: Je besser Finanzmärkte entwickelt sind, desto unwichtiger wird das Thema der makroökonomischen Governance. Umgekehrt gilt demnach, daß die Erfolgspotentiale staatlicher Eingriffe bei schlecht funktionierenden Märkte entsprechend höher sind. Die Nutzung dieses Zusammenhangs wird durch die relativ einfachere Handhabbarkeit vieler Makroinstrumente begünstigt: Beispielsweise ist Geldpolitik durch Veränderung des Refinanzierungssatzes der Banken einfacher zu handhaben als eine funktionierende Aufsicht über komplexe Risikopositionen von Kreditinstituten. Aus Sicht der Entwicklungsländer sollte also das Themenfeld makroökonomischer Governance stärker diskutiert werden, woran die großen Industrieländer aus verständlichen Gründen wenig Interesse haben.
Diese Interessendiskrepanz gilt nicht nur für die jeweils nationale, sondern auch für die internationale Ebene: Zinsschocks großer Länder, vor allem der USA, pflanzen sich auf den Weltfinanzmärkten fort, ebenso wie Wechselkursschocks. Die Ungleichheit zwischen Industrie- und Entwicklungsländern kommt deshalb nur folgerichtig darin zum Ausdruck, daß große Zinserhöhungen in Industrieländern dort zwar eine Rezession, aber in Entwicklungsländern gleich eine handfeste Krise auslösen können (vgl. Frankel und Rose 1996). Diese Asymmetrie zwischen Marktteilnehmern trifft auch auf die Industrieländer untereinander zu: Im europäischen Rahmen hat Deutschland 1992 eine Hochzinspolitik im nationalen Interesse betrieben und damit die EWS-Krise ungewollt begünstigt. Im Weltrahmen können vor allem die USA nahezu ausschließlich im nationalen Interesse agieren und brauchen wenig Rücksicht zu nehmen, während die Folgen der US-Wirtschaftspolitik für die meisten anderen Marktteilnehmer ein wichtiges Datum darstellen. Je stärker eine Volkswirtschaft ist, d.h. je größer und entwickelter sie ist, desto mehr Freiheitsgrade hat ihre Wirtschaftspolitik. Im Umkehrschluß bedeutet dies, daß eine Reduktion der Handlungsfreiheit durch Einbindung in eine Weltfinanzordnung – welcher genaueren Ausgestaltung auch immer - für die Länder ganz unterschiedliche Vor- und Nachteile bringt: Am wenigsten profitieren die USA davon, am meisten die Entwicklungsländer. Das Ziel von Entwicklungsländern muß also darin bestehen, die derzeitige Reformdiskussion stärker in Organisationen zu verlagern, in denen sie nicht faktisch marginalisiert sind.
Die Verbesserung der bestehenden internationalen Finanzordnung liegt im gemeinsamen Interesse der weltweiten Staatengemeinschaft. An diesem Ziel und an der grundsätzlichen Veränderungsrichtung gibt es wenig Kritik. Beteiligungsgerechtigkeit erfordert jedoch, die Ziele ungleicher Teilnehmer internationaler Finanzmärkte im Reformprozeß gleichermaßen zu berücksichtigen. Der derzeitige Reformdiskurs genügt diesem Minimalverständnis von Gerechtigkeit nicht. Vielmehr folgen die durchgeführten Reformen weitgehend den Zielvorstellungen der großen Industrieländer. Das Defizit liegt dabei nicht so sehr in den konkreten Maßnahmen, die im wesentlichen in die richtige Richtung weisen, sondern in den fehlenden Themen, die dem Reformprozeß "Schlagseite" geben. Eine stärker auch an den Zielen schwacher Marktteilnehmer, das sind vor allem Entwicklungsländer und dort wieder bestimmte Gruppen, ausgerichtete Reform sollte folgende Themen berücksichtigen:
· Das Zielspektrum wird am einfachsten dadurch umfassender, daß man die Beteiligten an den Diskussionen teilhaben läßt. Wege dorthin können in einer Umverteilung der Stimmrechte im IWF sowie verwandten Organisationen liegen und im höheren Gewicht von Institutionen mit stärkerer Repräsentanz von Entwicklungsländern, wobei sich hier die G20-Gruppe anbietet (vgl. dazu Deutsche Bundesbank 2001).
· Eine internationale "Ordnung" der Finanzmärkte wird nicht ohne Institutionen auskommen, die die Ordnung gegen die Interessen einzelner Staaten vertreten und durchsetzen. Legitimation kann diese Ordnung nur durch eine Kontrolle demokratisch gewählter Regierungen erhalten. In diesem Sinne ist zwar ein starker IWF, der aufgrund der Stimmrechtssituation eher Industrie- als Entwicklungsländer vertritt, besser als keine internationale Ordnungsinstanz, aber Reformbedarf ist unverkennbar.
· Es wird die internationale Diskussion erleichtern, wenn bestehende Defizite "fair" benannt werden. Ein weniger entwickeltes Finanzsystem ist nicht schon deshalb pauschal ineffizient, weil es nicht modern ist, sondern es kann sehr wohl ein angepaßtes System sein. Umgekehrt weisen auch moderne Finanzmärkte Schwachstellen auf und können internationale Krisen auslösen, wie der IWF-Managing Director Köhler (2001) anmerkt. Unvoreingenommenheit hilft, die "Schuld" an Krisen nicht pauschal auf weniger entwickelte Länder abzuwälzen und die Stärken ihrer Finanzsysteme behutsam zu fördern.
· Reformen müssen die institutionellen Restriktionen in Entwicklungsländern anerkennen. Liberalisierungserfolge hängen von ausreichender Marktentwicklung ab. Insofern gibt es kein weltweit bestes Reformtempo, sondern man kann davon ausgehen, daß für Entwicklungsländer weniger freie Finanzmärkte angemessen sind als für Industrieländer. Das Ziel der Entwicklung von nationalen Finanzmärkten kann deshalb nicht absolut gesetzt werden, sondern Uneinheitlichkeit der Entwicklungen ist selbstverständlich.
· Nutzen und Kosten internationaler Finanzmärkte fallen in Industrie- und Entwicklungsländern nicht symmetrisch an, sondern entwickelte Länder profitieren stärker. Daraus folgt, daß Kapitalverkehrsregulierungen für Entwicklungsländer im allgemeinen selbstverständlicher Bestandteil ihrer Marktordnung sind.
· Letztlich ist die internationale Finanzordnung nur ein Bestandteil internationaler Zusammenarbeit. Schritte von Entwicklungsländern im Bereich Finanzmarktliberalisierung, die im Interesse von Industrieländern liegen, müssen als ungerecht und im Grenzfall als erzwungen empfunden werden, wenn offensichtliche Liberalisierungsvorteile bspw. auf Agrarmärkten – bei denen allerdings Nutzen und Kosten anders verteilt sind – nicht realisiert werden (vgl. Köhler 2001, S.119). Nimmt man die warnenden Worte des unverdächtigen IWF-Generaldirektors zum Maßstab, so kann das derzeitige Verhalten der Industrieländer nicht als glaubwürdig bewertet werden.
Zusammenfassend wird hier von Industrieländern im allgemeinen - und je mächtiger diese sind umso mehr - erwartet, daß sie ihre derzeitige Machtposition nicht ausspielen. Warum sollten sie dies tun? Dafür könnten drei Gründe sprechen:
· Aus sozialethischer Sicht, wie sie bspw. die Kirchen vertreten, oder aus Sicht der Armen dieser Welt, wie bei Oxfam argumentiert, ist die Angelegenheit klar: Selbstbeschränkung geschieht nicht aus Eigennutz, sondern in Verfolgung höherer Ziele.
· Beschränkt man sich auf eine ökonomische Abwägung, so geht es um eine einfache Austauschbeziehung zwischen kurzfristigen Vorteilen und langfristigen Risiken: Die Vorteile der derzeitigen Strategie sind in ökonomischen Größen sehr limitiert, denn Entwicklungsländer und erst recht der finanzwirtschaftliche Austausch mit ihnen spielen aus ökonomischer Sicht nur eine nachrangige Rolle. Die möglichen Nachteile jedoch sind enorm und liegen in einer Überstrapazierung sozialer und politischer Anpassungsfähigkeit in Entwicklungsländern und daraus entstehenden Krisen (vgl. Köhler 2001, S.118).
· Wenn man vielleicht früher eine Wirtschaftspolitik – wie sie im hiesigen Zusammenhang weitgehend praktiziert wird – als kalt, aber klug empfunden haben mag, so bestätigt die neuere ökonomische Forschung die Erfahrung, daß Kälte dumm sein kann. In langfristigen Interaktionen ist es oft klüger auf kurzfristige Vorteile zu verzichten, um langfristig eine tragfähige Basis zu sichern, die von beiden Seiten als fair empfunden wird.
Arestis, Philip und Panicos Demetriades (1997), Financial Development and Economic Growth: Assessing the Evidence, Economic Journal, 107, 783-799.
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Flassbeck, Heiner (2000), Wanted: An International Exchange Rate Regime. The Missed Lesson of the Financial Crisis, Internationale Politik und Gesellschaft, H.3.
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Frenkel, Michael und Lukas Menkhoff (2000), Stabile Weltfinanzen? Die Debatte um eine neue internationale Finanzarchitektur, Berlin et al.: Springer.
Köhler, Horst (2001), Address to Bundestag, IMF Survey, 30:8, 117-119.
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