Politik und Gesellschaft Online
International Politics and Society 3/2001

Julia Kuschnereit

Handelspolitik gegen Kinderarbeit?
Die begrenzte Wirksamkeit von Sozialklauseln*

 

Auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts ist Kinderarbeit in den meisten Ländern dieser Erde bittere Realität. Die International Labour Organization (ILO) geht davon aus, dass weltweit ca. 120 Millionen Fünf- bis Vierzehnjährige einer Vollzeitbeschäftigung nachgehen. Werden teilzeitbeschäftigte Kinder mitgerechnet, erhöht sich die Anzahl auf geschätzte 250 Millionen.[1] Die schlimmsten Formen der Kinderarbeit berauben die Kinder ihrer körperlichen und seelischen Gesundheit und zeichnen sie ihr Leben lang. Aber auch jenseits extremer Ausbeutung wirkt sich ein Großteil der Arbeitsverhältnisse auf die Entwicklungschancen der Kinderarbeiter negativ aus.

 

Die internationale Gemeinschaft ist nicht legitimiert, das Schicksal der arbeitenden Kinder ausschließlich nationaler Verantwortung zu überlassen. Das gilt sowohl für die schlimmsten Formen der Kinderarbeit, die eine Verletzung fundamentaler Menschenrechte darstellen, wie auch für Kinderarbeit, die ihre Ursache in Armut und unzureichenden Bildungschancen hat. Die jahrzehntelange Arbeit von Organisationen wie UNICEF, Anti Slavery International, terre des hommes oder der Kindernothilfe ist Ausdruck dieser grenzüberschreitenden Verantwortung. Ressourcen und Einflussmöglichkeiten dieser Organisationen sind angesichts der Größenordnung weltweiter Kinderarbeit jedoch beschränkt.

 

Seit Anfang der 90er Jahre ist die internationale Aufmerksamkeit gegenüber dem Thema Kinderarbeit allerdings deutlich gestiegen. Dies hängt vor allem mit der wachsenden Entgrenzung der Faktor- und Gütermärkte zusammen, die die Konsumenten des Nordens mit den Produzenten des Südens und damit auch den Kinderarbeitern verbindet. Auf diesen Zusammenhang zwischen Handel und Kinderarbeit verweisen die Befürworter handelspolitischer Sozialklauseln. Sie fordern, dass die Gewährung von Handelsrechten an das Verbot von Kinderarbeit und die Einhaltung anderer sozialer Mindeststandards geknüpft werden solle. Derzeit treten insbesondere die internationale Gewerkschaftsbewegung sowie zahlreiche entwicklungspolitisch engagierte Nichtregierungsorganisationen (NGOs) im „Norden“ dafür ein, dass die Einhaltung eines kleinen Kreises sogenannter Kernarbeitsstandards, zu denen das Verbot von Kinderarbeit zählt, in das Regelwerk der World Trade Organization (WTO) integriert wird. Das Europäische Parlament und die Mehrheit der EU-Mitgliedsstaaten befürworten ebenfalls eine Sozialklausel, lehnen aber Sanktionen ab. Gegen Sozialklauseln sprechen sich die Regierungen der meisten Entwicklungsländer, Arbeitgeberverbände, aber auch etliche – vorwiegend „südliche“ –  NGOs aus.

 

Der vorliegende Beitrag untersucht die Eignung von Sozialklauseln als Waffen im Kampf gegen Kinderarbeit. Zunächst wird die Zielsetzung der angestrebten Sozialklauseln – ein Kinderarbeitsverbot gemäß den ILO-Konventionen Nr. 138 und Nr. 182 – hinterfragt. Dem schließt sich eine Analyse der Wirkungen und Nebeneffekte von Sozialklauseln an, die in eine Bewertung des vom Internationalen Gewerkschaftsbund (ICFTU) im März 2000 konkretisierten Vorschlages zur Einführung einer Sozialklausel in das Regelwerk der WTO mündet.

Zum Begriff der Kinderarbeit

Kindheit ist aus anthropologischer Sicht eine „soziale Institution“ einer Kultur, aus der heraus bestimmt wird, wie Kinder handeln sollen.[2] Altersbezogene Definitionen von Kinderarbeit sind daher per se problematisch, da sie den landesspezifischen sozialen und kulturhistorischen Kontext nicht widerspiegeln. Ebenso wenig lassen sich geografisch bedingte Unterschiede im Entwicklungsstand – beispielsweise zwischen Kindern auf dem Land und in der Stadt – oder geschlechtsspezifische Unterschiede durch ein Alterskriterium erfassen. Die weitgehende Akzeptanz der von der ILO definierten Altersgrenze von 15 Jahren erklärt sich aus operationalen Gründen, die für eine Anwendung altersbezogener Definitionen sprechen.

 

Arbeit kann als Tätigkeit aufgefasst werden, die nicht der Freizeit oder Bildung gewidmet ist. Gegenüber dieser weiten – und im Hinblick auf die vielfältigen Formen von Kinderarbeit sinnvollen Interpretation – fassen Regierungen und internationale Organisationen den Begriff zumeist enger. Ein Kind wird in der Regel dann als arbeitend eingestuft, wenn es „economically active“ ist, d.h. regelmäßig beschäftigt und entlohnt wird oder selbständig für den Markt produziert.[3] In diese Kategorie fällt jedoch nur ein relativ geringer Teil. Hier wird daher unter Kinderarbeit jede Tätigkeit verstanden, die Personen unter 15 Jahren ausführen und die nicht der Freizeit oder Bildung zuzurechnen ist. Kinder arbeiten legal oder illegal in der Landwirtschaft, in Kleinstunternehmen, Fabriken und Haushalten, im formellen oder informellen Sektor, innerhalb oder außerhalb ihrer Großfamilien, als Lehrlinge, Assistenten, Angestellte oder Zwangsarbeiter mit oder ohne Entlohnung. Nicht wenige Kinder kombinieren ihre Arbeit mit dem Schulbesuch.[4] Als empirisch gesichert gilt, dass die überwiegende Mehrheit in der Landwirtschaft und im Haushalt der eigenen Familie unentgeltlich arbeitet. Über die Hälfte der arbeitenden Kinder lebt in Asien, relativ zur Gesamtbevölkerung arbeiten jedoch die meisten Kinder in Afrika.[5]

Ursachen

Aus ökonomischer Sicht bieten Kinder auf dem Arbeitsmarkt ihre Arbeitskraft an, während potenzielle Arbeitgeber Kinderarbeit nachfragen. Aus analytischen Gründen wird daher im folgenden zwischen angebots- und nachfrageseitigen Bestimmungsgründen unterschieden.

 

Angebotsseitige Ursachen

 

1. Wer entscheidet aufgrund welcher Präferenzen über die Zeiteinteilung des Kindes? Ob, wie lange und für wen ein Kind arbeitet, entscheiden zumeist seine Angehörigen.[6] Vereinfacht gesagt wird das Angebot von Kinderarbeit dadurch beeinflusst, dass sich Eltern ihren Kindern gegenüber tendenziell eher „altruistisch“ oder eher „selbstsüchtig“ verhalten.

2. Welche Alternativen sind zugänglich? Vor dem Hintergrund dieser Präferenzen hängen die Wahlmöglichkeiten zwischen den verschiedenen Formen von Arbeit, Bildung und Freizeit in erster Linie von deren (Nicht)-Verfügbarkeit ab. Beispielsweise mangelt es in ländlichen Gegenden häufig an Schulen, so dass sich die Alternative der Bildung gar nicht stellt.

3. Woraus resultieren der Nutzen und die Kosten für das Angebot von Kinderarbeit? Vier Faktoren sind für die Nutzen-Kosten-Abwägung zentral: die relative Bedeutung des Haushaltseinkommens durch Kinderarbeit, die Haushaltsgröße, die Wahrscheinlichkeit des Schulbesuchs und soziale Normen.

 

Die relative Bedeutung des Einkommens durch Kinderarbeit ergibt sich aus der Höhe und Struktur des Familieneinkommens und der Haushaltsgröße. Als Ergebnis ihrer Feldforschung konstatiert die ILO, dass absolute Armut zu den Hauptursachen der Kinderarbeit zählt.[7] Gepaart mit absoluter Armut erhöht eine hohe Einkommensvolatilität die Notwendigkeit der Kinderarbeit, da Haushalte durch möglichst viele voneinander unabhängige Einkommensquellen das Risiko einer Unterbrechung des Einkommensstroms minimieren und sich damit gegen den Verdienstausfall einzelner Familienmitglieder oder eine schlechte Ernte absichern können.[8] Untersuchungen der Beziehung zwischen der Haushaltsgröße und der Häufigkeit des Schulbesuchs kommen zu dem Ergebnis, dass mit steigender Kinderzahl Schulbesuch und Schulerfolg abnehmen und die Pro-Kopf-Investition von Eltern in die Ausbildung ihrer Kinder sinkt.[9] Dies wiederum macht es wahrscheinlich, dass mit der Haushaltsgröße auch die Kinderarbeit zunimmt. Für die Wahrscheinlichkeit des Schulbesuchs spielt außerdem der Bildungsgrad der Eltern, insbesondere der Mütter, eine entscheidende Rolle, aber auch die Höhe des verfügbaren Einkommens. Von ihm hängt das relative Gewicht der direkten Schulkosten (Bücher, Fahrtkosten, Schulkleidung) wie der indirekten Kosten (Verdienstausfall) für den Haushalt ab. Schließlich beeinflussen soziale Normen hinsichtlich der Rolle von Kindern und der Natur ihres Sozialisationsprozesses das Angebot von Kinderarbeit. Ohne an dieser Stelle auf die Wirkungen und das Zustandekommen sozialer Normen eingehen zu können,[10] sei auf eine Studie des Soziologen Myron Weiner verwiesen. Weiner kommt zu dem Schluss, dass die alles überwiegende Ursache für die – im Vergleich zu wirtschaftlich ähnlich entwickelten Ländern –   überdurchschnittlich starke Verbreitung von Kinderarbeit in Indien in der mangelnden gesellschaftlichen Wertschätzung der Schulbildung für die ärmeren und im Kastensystem relativ niedrig stehenden Kinder zu suchen ist.[11]

 

Nachfrageseitige Ursachen

Kinder arbeiten für ihren eigenen Lebensunterhalt sowie für den ihrer Familie, für fremde Haushalte und für Arbeitgeber des formellen und des informellen Sektors. Einfluss auf die Nachfrage nach Kinderarbeit haben vor allem die Produktionstechnologie, die Struktur des Arbeitsmarktes und soziale Normen.

 

Die Produktionstechnologie entscheidet über die Substituierbarkeit von Erwachsenen- durch Kinderarbeit. Im Extremfall kann die Produktion nur unter Ausnutzung spezifischer Eigenschaften von Kindern erfolgen. Die Gültigkeit dieses verbreiteten „Nimble-Finger-Arguments“ ist jedoch auf sehr wenige Tätigkeiten (wie den Bergbau in engen und niedrigen Stollen) beschränkt.[12] Von weitaus größerer Relevanz ist, dass Kinder aufgrund ihrer vergleichsweise geringen Produktivität meist für besonders zeitintensive, stark repetetive, „low-skill“-Tätigkeiten wie Wasserholen, Holzsammeln, Viehhüten oder einfache Haus- und Feldarbeit eingesetzt werden können.

 

In den meisten Entwicklungsländern ist der Arbeitsmarkt durch die Segmentierung in einen relativ kleinen formellen Sektor und einen relativ großen informellen Sektor gekennzeichnet. Einzelne Arbeitgeber dominieren infolge von Land-, Kredit- und Produktmonopolen häufig ganze Regionen. Neben der monopsonistischen Arbeitsmarktstruktur ermöglicht die weit verbreitete strukturelle Unterbeschäftigung einen enormen Lohnsetzungsspielraum. Auch weil sie keiner Gewerkschaft angehören, können sich Kinder schlechter als Erwachsene gegen niedrige Löhne wehren. Die wenigen empirischen Untersuchungen deuten darauf hin, dass Kinder bei gleicher Arbeitsleistung grundsätzlich niedriger entlohnt werden als Erwachsene. Besonders stark weichen die Löhne von Erwachsenen und Kindern im kommerziellen Agrarsektor voneinander ab: Viele Kinder arbeiten auf Plantagen an der Seite ihrer Eltern für einen vernachlässigbaren Lohn. Im industriellen Sektor scheint die Lohndifferenz demgegenüber gering zu sein.[13] Dort spielen möglicherweise nichtpekuniäre Vorteile aus der Beschäftigung von Kindern für die Arbeitgeber eine größere Rolle: In einer umfangreichen Feldstudie der ILO gaben Unternehmer eine hohe Wertschätzung für die im Vergleich zu Erwachsenen höhere Anpassungsbereitschaft und -fähigkeit im Hinblick auf die Arbeitszeit wie auch wechselnde Anforderungen am Arbeitsplatz sowie größere Zuverlässigkeit und „Duldsamkeit“ der von ihnen beschäftigten Kinder an.[14] Diese Merkmale kommen den spezifischen Herausforderungen, denen sich Arbeitgeber im informellen Sektor selbst gegenübersehen (Unsicherheit, instabile Auftragslage), besonders entgegen.

 

Schließlich üben auch soziale Normen Einfluss auf die Nachfrage nach Kinderarbeit aus. In der bereits erwähnten Untersuchung der ILO stellte sich heraus, dass in der Regel keine der betroffenen Parteien die Praxis der Kinderarbeit für problematisch hält. Da Eltern und Kinder traditionell gemeinsam angestellt sind, verfügen die Arbeitgeber – häufig als einziger und in seiner sozialen Rolle geschätzter Arbeitgeber der Region – über praktisch sämtliche Arbeitskräfte, zu denen wie selbstverständlich auch die Kinder zählen.

 

Wirkungen eines Kinderarbeitsverbots ...

Das Ziel eines Kinderarbeitsverbots ist – so soll hier vorausgesetzt werden – die Verbesserung der Lebenssituation arbeitender Kinder. Der Vorteil dieser vagen und interpretationsoffenen Definition besteht darin, dass sie die Kinder selbst in den Mittelpunkt der Betrachtung rückt und der Vielfalt der Ausprägungen, Ursachen und Auswirkungen von Kinderarbeit Rechnung tragen kann. Von einer Verbesserung der Lebenssituation arbeitender Kinder soll im Folgenden ausgegangen werden, wenn

a)      die Interessen der Kinder bei der Arbeitsangebotsentscheidung (stärker) Berücksichtigung finden; und/oder

b)      die Ursachen von Kinderarbeit (zumindest teilweise und für einige Kinder) beseitigt werden; oder wenigstens

c)      eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen erzielt wird.

 

... im Fall absoluter Armut

In einem vielbeachteten Modell[15] weist der Ökonom Kaushik Basu nach, dass ein Kinderarbeitsverbot unter bestimmten Voraussetzungen zur Reduktion von Kinderarbeit führt. In dem Modell wird davon ausgegangen, dass Kinder- und Erwachsenenarbeit vollständig substituierbar sind und sich Eltern ihren Kindern gegenüber „wohlwollend“ verhalten. Dies äußert sich darin, dass Kinder erst dann arbeiten, wenn ein „kritischer“ Lohnsatz und damit das Subsistenzniveau der Familie unterschritten wird. Oberhalb des „kritischen“ Lohnsatzes bieten ausschließlich Erwachsene ihre Arbeit an. Aus diesen Annahmen lassen sich zwei Gleichgewichtssituationen[16] ableiten. Im „guten“ Gleichgewicht liegt der Lohnsatz so hoch, dass allein die Eltern arbeiten und die Kinder die Schule besuchen. Im „schlechten“ Gleichgewicht – bei Löhnen unterhalb des „kritischen“ Lohnsatzes – sehen sich die Familien gezwungen, ihre Kinder arbeiten zu lassen. Die resultierende Politikempfehlung lautet: In Folge eines Verbots von Kinderarbeit sinkt das Arbeitsangebot, was zu einem Anstieg des gleichgewichtigen Lohnsatzes führt und letztlich in ein „gutes“ Gleichgewicht mit höheren Löhnen und Schulkindern mündet. Dieser Effekt setzt allerdings ein limitiertes Arbeitsangebot voraus, das angesichts der in Entwicklungsländern vorherrschenden Unterbeschäftigung untypisch ist. Ein Kinderarbeitsverbot führt zwar zu einem Rückgang des Arbeitsangebots der Kinder, lässt aber aufgrund des quasi unendlichen Angebots an „nachrückenden“ unterbeschäftigten oder arbeitslosen Erwachsenen den Lohnsatz nicht ansteigen. Ein Kinderarbeitsverbot hat dann aber nur zur Folge, dass Kinder durch erwachsene Arbeiter verdrängt werden. Die Kinder müssen jedoch weiterhin ein Einkommen erzielen. Da ein Verbot im formellen Sektor besser durchgesetzt werden kann als im informellen Sektor, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit einer weiteren „Informalisierung“ der Kinderarbeit, die in der Regel mit einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen einhergeht.

 

... bei mangelnder Qualität des Bildungssystems

Verfehlt erscheint ein Verbot auch dann, wenn Eltern in der Arbeit eine bessere Zukunftsalternative für ihre Kinder sehen als im Schulbesuch. Der mangelnde Nutzen des Schulbesuchs kann unter anderem auf der unzureichenden Ausbildung der Lehrer, irrelevanten Bildungsinhalten, großen Entfernungen zur Schule, überfüllten Klassen und Sprachproblemen ethnischer Minderheiten beruhen. Angesichts eines vergleichsweise kleinen formellen Sektors mit hohen Eintrittsbarrieren und eines großen informellen Sektors mit verhältnismäßig niedrigen Qualifikationsanforderungen messen Arbeitgeber und inter alia Eltern sowie die Kinder selbst der Arbeitserfahrung im Vergleich mit einer defizitären Schulbildung häufig einen hohen Wert bei. Vor allem sichert ein früher Eintritt in den Arbeitsmarkt oftmals die Beschäftigung im Erwachsenenalter.[17] Ein pauschales Kinderarbeitsverbot unterläuft diese rationale Entscheidung und schränkt lediglich den Kreis der Handlungsmöglichkeiten der Kinder ein.

 

... im Fall Kinderarbeit begünstigender sozialer Normen

Ein Verbot könnte theoretisch dann zum Ziel führen, wenn die Arbeitsangebotsentscheidung auf Diskriminierung beruht – wenn beispielsweise Mädchen aus traditionell-religiösen Gründen am Schulbesuch gehindert werden. Die Umsetzungsprobleme eines solchen diskretionär auszusprechenden Kinderarbeitsverbots sind jedoch kaum lösbar. Sinnvoll wäre demgegenüber eine Bildungspolitik, die parallel zur Qualitätssicherung und Verfügbarkeit von Schulbildung auch die Schulpflicht durchsetzt. Nicht nur der diskriminierende Ausschluss einzelner Kinder vom Schulbesuch ließe sich so bekämpfen. Die Verbesserung des Bildungssystems könnte vor allem die freiwillige Entscheidung zugunsten des Schulbesuchs positiv beeinflussen. Eine an den realen Lebensumständen der Kinder ausgerichtete, flexibel ausgestaltete Schulpflicht müsste allerdings auch die Kombination von Arbeit und Schulbesuch ermöglichen, um Kindern, die auf Einkommenserzielung angewiesen sind, gerecht zu werden. „Several observers have noted that schooling does not necessarily reduce child labour, especially part-time-employment. Children are often found to be attending school as well as working. But schooling is likely to reduce the worst forms of child labour, and it is incompatible with full time work. Children can also protect themselves better against exploitation if they have received education.“[18]

 

... im Fall der schlimmsten Formen von Kinderarbeit

Die schlimmsten Formen der Kinderarbeit umfassen zum einen Arbeiten, die unter Zwang erfolgen und den Kindern von vornherein die Suche nach einer besseren Alternative versagen. Dabei handelt es sich insbesondere um Zwangsarbeit oder Schuldknechtschaft, Kinderprostitution und den Einsatz von Kindern als Drogenkuriere. Häufig kommen diese extremen Formen der Ausbeutung dadurch zustande, dass eigennützige oder unwissende Eltern den Versprechungen auf gut bezahlte Jobs für ihre Kinder Glauben schenken, Vorauszahlungen von Mittelsmännern in Empfang nehmen und ihre Kinder skrupellosen Arbeitgebern ausliefern. In der, allerdings mit erheblichen Schwierigkeiten verbundenen, Aufdeckung und Eliminierung dieses Missbrauchs besteht die einzige Chance, die Situation der Kinder zu verbessern. Dafür ist ein wirksam durchgesetztes Verbot, das in den meisten Ländern ohnehin Bestandteil der Strafgesetzgebung ist, die Minimalbedingung.

 

Aber auch Arbeiten, die Kinder ohne direkten Zwang ausführen, können ihre psychische und körperliche Gesundheit stark schädigen, so dass sie per se nicht akzeptabel sind und aus diesem Grund ein Verbot erforderlich ist. Eine allgemeingültige Festlegung dieser „nicht akzeptablen“ und daher zu verbietenden Arbeitsbedingungen auf der einen Seite und „akzeptabler“ und daher „erlaubter“ Arbeitsbedingungen auf der einen Seite ist jedoch nicht ohne weiteres möglich. Die häufig unterstellte Dichotomie zwischen inakzeptabler „child labour“ und akzeptabler „child work“ erweist sich bei näherer Betrachtung als wenig hilfreich, da fast alle Kinder der vagen „child labour-Kategorie“ zuzuordnen sind. Es besteht jedoch nicht annähernd die Chance, dass sich die Situation für all diese Kinder - zeitgleich mit einem Verbot – verbessern lässt. Hierfür wäre eine sofortige Beseitigung der Ursachen der Kinderarbeit Voraussetzung. Die tiefgreifenden sozialökonomischen Ursachen der Kinderarbeit sind aber nicht ad hoc lösbar. Es kann daher nur versucht werden, den Handlungsspielraum der am stärksten gefährdeten Kinder so zu erweitern, dass sich ihr Arbeitsverhältnis nicht mehr als die „bestmögliche“ Alternative darstellt. Ein solches symptomatisches Vorgehen ist jedoch bestenfalls für eine begrenzte Anzahl von Kindern realisierbar. Die Entscheidung, welche Arbeitsformen unmittelbar zu verbieten sind, ist daher am besten national beziehungsweise regional für die jeweiligen Sektoren oder gar einzelnen Unternehmen, Plantagen etc. zu fällen. So schwierig und ethisch fragwürdig die Abgrenzung zwischen „noch“ und „nicht mehr“ tolerierbaren Formen der Kinderarbeit sein mag, so notwendig ist sie letztlich als Grundlage einer zielorientierten Politik.

 

Ein allgemeines Verbot von Kinderarbeit als internationaler Kernarbeitsstandard?

Die Verfechter von Sozialklauseln sind sich weitgehend darüber einig, dass sich diese Klauseln auf die fünf Kernarbeitsstandards, die zugleich Gegenstand von ILO-Konventionen sind, beziehen sollen: Verbot von Kinderarbeit, Vereinigungsfreiheit, Recht auf Kollektivverhandlungen, Verbot von Zwangsarbeit und das Verbot von Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf.[19]

 

Hinsichtlich des Verbots von Kinderarbeit wird ganz überwiegend auf die ILO- Konvention Nr. 138 rekurriert.[20] Diese Konvention zielt auf die Abschaffung der Kinderarbeit mittels einer Erhöhung des Mindestalters für die Aufnahme einer Beschäftigung, das mit der vollen physischen, mentalen und sozialen Entwicklung eines Kindes konsistent ist.(Art. 1) Zu diesem Zweck legt die Konvention fest, dass das Mindestalter für die Aufnahme einer Beschäftigung nicht unter 15 Jahren, für Entwicklungsländer ausnahms- und übergangsweise nicht unter 14 Jahren liegen darf. (Art. 2). Prinzipiell ist die Konvention auf alle Produktionssektoren anzuwenden, wobei für gefährliche Arbeiten ein Mindestalter von 18 Jahren einzuhalten ist und leichte Arbeiten unter bestimmten Bedingungen bereits ab einem Mindestalter von 13 Jahren ausgeführt werden dürfen. In Form begrenzter Freistellungsmöglichkeiten nimmt die Konvention auf wirtschaftliche und infrastrukturelle Schwierigkeiten von Entwicklungsländern Bezug(Art. 5). Etwaige von den Bestimmungen der Konvention auszunehmende Bereiche sind von den Entwicklungsländern genau zu bezeichnen und zu begründen. Unbedingt anzuwenden ist das Kinderarbeitsverbot aber auf folgende Sektoren: die verarbeitende Industrie, den Transport-, Gesundheits- und Kommunikationssektor, die Bereiche Elektrizität, Gas und Wasser sowie die Arbeit im Bergbau, in Steinbrüchen, in der Lagerung, auf Plantagen sowie im übrigen kommerziellen Agrarsektor.(Art. 5 Absatz 3).

 

Kinderarbeit findet sich in allen Wirtschaftssektoren. Wie oben ausgeführt, kann jedoch ihr bloßes Verbot nur bei den schlimmsten Formen zu einer Verbesserung der Situation arbeitender Kinder beitragen. In all den Fällen, in denen das Arbeitsverhältnis die – unter den gegebenen Umständen – bestmögliche Alternative darstellt, könnte eine effektive Durchsetzung des formulierten Verbots ohne die gleichzeitige Bereitstellung von Alternativen zu einer Verschlechterung der Situation arbeitender Kinder führen. Das ist auch nicht für die in der Konvention Nr. 138, Art. 5 als Mindestgeltungsbereich bezeichneten Sektoren auszuschließen. So unverzichtbar die Konvention Nr. 138 daher als langfristige Zielvorgabe ist, so fragwürdig wäre ihre sanktionsbewehrte Durchsetzung, beispielsweise mit Hilfe von Sozialklauseln.

 

Aus Vorbehalten gegenüber dem Inhalt der im Jahr 1973 verabschiedeten Konvention Nr. 138 erklärt sich auch ihre vergleichsweise niedrige Ratifizierungsquote, die Anfang dieses Jahres bei nur 103 von 160 Mitgliedsstaaten[21] lag, wobei etliche Länder ihre Nicht-Ratifikation damit begründen, dass die Konvention keinen ausdrücklichen Bezug auf „ausbeuterische“ Formen der Kinderarbeit nimmt.[22]

 

Zwischenfazit: „Targeting the intolerable“[23] und Ursachenbekämpfung

Diesen Ländern steht seit Juni 1999 die ILO-Konvention Nr. 182 zu den „schlimmsten Formen der Kinderarbeit“ offen.[24] Die Konvention besagt, dass jedes Mitgliedsland ab dem Zeitpunkt der Ratifikation sofortige und effektive Maßnahmen zum Verbot und der Beseitigung der schlimmsten Formen von Kinderarbeit einleiten muss. Als schlimmste Formen der Kinderarbeit bezeichnet die Konvention alle Arten der Sklaverei (Zwangsarbeit, Schuldknechtschaft), den Kinderhandel, die Kinderprostitution und den Drogenhandel. Des weiteren zählen hierzu Arbeiten, die die Gesundheit, die Sicherheit oder die seelische Entwicklung der Kinder beeinträchtigen. Für die Konkretisierung dieser letztgenannten Arbeitsformen sollen – in Abstimmung mit Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden – die jeweiligen nationalen Gesetze zu Grunde gelegt werden.

 

Die Konvention Nr. 182 verbietet somit einerseits die Formen von Kinderarbeit, die auf der völligen Missachtung der Kindesinteressen beruhen. Andererseits wird die Festlegung der Arbeiten, die aufgrund ihres Gefährdungspotenzials zu verbieten sind, den nationalen Akteuren übertragen. Damit wird eine sektoral und regional differenzierte Bewertung ermöglicht. Es spricht somit alles dafür, der Umsetzung der Konvention gegen die „schlimmsten Formen der Kinderarbeit“ oberste nationale und internationale Priorität einzuräumen. Die Durchsetzung eines Verbots der schlimmsten Formen der Kinderarbeit wird daher der Analyse handelspolitischer Sozialklauseln als Ziel zu Grunde gelegt. Darüber hinaus wird zu fragen sein, ob und inwiefern handelspolitische Sozialklauseln zur Bekämpfung der Ursachen von Kinderarbeit beitragen können.

 

Sozialklauseln – ein wirksames Mittel gegen die schlimmsten Formen der Kinderarbeit?

Die hohe Inzidenz von Kinderarbeit, einschließlich ihrer schlimmsten Formen, zeugt von der geringen Durchsetzungskraft nationaler Gesetze und internationaler Konventionen. Auf dieser Diskrepanz zwischen „Recht“ und „Realität“ beruht die Forderung nach Sozialklauseln als effektivem Durchsetzungsmechanismus.[25] Die Ausgestaltungsmöglichkeiten handelspolitischer Sozialklauseln sind allerdings zahlreich. Je nachdem ob sie als Anreiz- oder Abschreckungssystem konzipiert sind, uni-, pluri- oder multilateral Anwendung finden und sich auf Produkte, Branchen oder die gesamte Volkswirtschaft erstrecken[26] wirken Sozialklauseln als handelspolitische Instrumente unterschiedlich. Importverbote, mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen, Strafzölle, Handelsboykotte oder tarifäre beziehungsweise nichttarifäre Handelserleichterungen unterscheiden sich jedoch nicht nur hinsichtlich ihrer potenziellen Wirksamkeit, auch Reichweite und mögliche Nebenwirkungen weichen voneinander ab.

 

Ausgestaltungsmöglichkeiten handelspolitischer Sozialklauseln

Anreizsystem

Positiv

Negativ

 

Instrument

Tarifär (Zoll)

Nichttarifär (z.B. Mengenbeschränkung)

 

Reichweite

Produktbezogen

Branchenbezogen

Volkswirtschaftsbezogen

Anzahl der beteiligten Handelspartner

Unilateral

Plurilateral

Multilateral

 

Inhärente Begrenztheit

Trotz der zahlreichen Ausgestaltungsmöglichkeiten sind handelspolitische Sozialklauseln gegen Kinderarbeit in ihrem Wirkungsradius von vornherein begrenzt. Zumindest produkt- und branchenbezogene Sozialklauseln richten sich ausschließlich auf den Exportsektor. Obwohl Daten zur Kinderarbeit im Exportsektor bisher eher anekdotisch als systematisch erhoben wurden, ist davon auszugehen, dass nur ein relativ geringer Teil der arbeitenden Kinder im Exportsektor beschäftigt ist.[27] In Exportindustrien, insbesondere in der Textil- und Teppichindustrie, der Nahrungsmittelindustrie, in Gerbereien und der Möbelproduktion sowie in kleineren Bergwerken und Edelsteinschleifereien arbeiten etwa fünf Prozent aller Kinderarbeiter. Die noch weitaus schlechter dokumentierte Kinderarbeit im landwirtschaftlichen Exportsektor, auf Plantagen wie auf Familienfarmen, übersteigt möglicherweise die Anzahl der im industriellen Exportsektor arbeitenden Kinder. Fälle der Schuldknechtschaft und Zwangsarbeit wurden besonders in der exportorientierten indischen und pakistanischen Teppichherstellung bekannt. Häufig treten zudem in semi-feudalen Abhängigkeitsverhältnissen auf dem Land sklavenähnliche Arbeitsverhältnisse auf, die auch die Exportproduktion einschließen können.[28] Darüber hinaus können Arbeiten im Exportsektor ebenso wie in den nichtexportierenden Bereichen einen inakzeptablen Schädigungs- und Gefährdungsgrad aufweisen, so dass sie zu den schlimmsten Formen der Kinderarbeit zu rechnen sind. Zu denken wäre etwa an Kinder, die sich unter Lebensgefahr in schmalste Schächte lateinamerikanischer Bergwerke zwängen, oder Kinder, die auf Plantagen mit extrem gesundheitsschädlichen Pestiziden arbeiten.[29] Der Anteil schlimmster Formen der Kinderarbeit an der Gesamtzahl der im Exportsektor angesiedelten Arbeitsverhältnisse, lässt sich allerdings schwerlich beziffern.

 

Eine weitere Beschränkung ergibt sich daraus, dass Sozialklauseln implizit von der Kontrollierbarkeit des Produktionsprozesses ausgehen. Arbeitskontrollen sind aber im informellen Sektor, in dem Kinderarbeit überwiegend anzutreffen ist, kaum möglich. Die meisten Länder, insbesondere aber die Entwicklungsländer, wären bereits mit einer umfassenden Kontrolle des formellen Sektors überfordert. Auf den Philippinen sind beispielsweise landesweit 200 Arbeitsinspektoren für 400 000 Betriebe zuständig. Nicht nur aus Brasilien und Indien ist außerdem bekannt, dass Kinder im Fall von Arbeitsinspektionen in den Betrieben häufig versteckt oder Beamte bestochen werden[30] Der Fokus der handelspolitischen Sozialklauseln ist somit tendenziell auf den formellen exportorientierten Sektor und damit gerade nicht auf das Gros der Kinderarbeit gerichtet. Aus ökonomischer Sicht ist der Wirkungskreis handelspolitischer Sozialklauseln daher von vornherein begrenzt. Möglicherweise gehen von Sozialklauseln jedoch weiterreichende Wirkungen auf die politischen Entscheidungsträger oder die Veränderung sozialer Normen aus. Es wäre dann zumindest denkbar, dass sich etwaige Erfolge von Sozialklauseln auch auf den Binnensektor ausdehnen ließen.

 

Wirkungsanalyse

Soll mit Hilfe einer handelspolitischen Sozialklausel ein Verbot der schlimmsten Formen von Kinderarbeit durchgesetzt werden, so lassen sich einige der obigen Instrument-Kombinationen von vornherein ausschließen. Hierzu gehören zunächst alle Instrumente, die auf eine Belohnung in Form tarifärer oder nichttarifärer Handelserleichterungen im Fall der Beendigung von Kinderzwangsarbeit hinauslaufen. So wäre beispielsweise eine produktbezogene Zollsenkung für die Unternehmer, die endlich den Einsatz von Kinderzwangsarbeit beenden, aus ethischen Gründen abzulehnen. Sie würde zudem alle Unternehmen benachteiligen, die von vornherein auf Kinderzwangsarbeit verzichteten. Eine ähnlich diskriminierende Wirkung würde von positiven branchen- oder volkswirtschaftsbezogenen Anreizen ausgehen.

 

Neben einem positiven Anreizsystem scheiden zudem alle Instrumente aus, die Kinderzwangsarbeit lediglich „einschränken“. Gegen einen Strafzoll oder mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen spricht, dass sie nicht auf die Beendigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit abzielen. Diese Instrumente verteuern lediglich die Produktion der mit Hilfe von Kinderzwangsarbeit hergestellten Produkte oder beschränken deren Absatz. Diskussionswürdig erscheint damit allein ein Importverbot für Waren, die mit Hilfe von Kinderzwangsarbeit hergestellt wurden. Im folgenden wird daher die Wirksamkeit von produkt-, branchen- und auf die gesamte Volkswirtschaft bezogenen Importverboten diskutiert.

 

Ein produktbezogenes Importverbot

Ein produktbezogenes Importverbot würde sich unmittelbar gegen Unternehmen richten, die ihre Exportprodukte mit Hilfe von Kinderzwangsarbeit herstellen. Da es die Verursacher von Kinderzwangsarbeit bestraft, könnte es theoretisch zur Verringerung von Kinderzwangsarbeit beitragen. Außerdem könnte ein produktbezogenes Importverbot auch auf Unternehmer abschreckend wirken, die den Einsatz von Kinderzwangsarbeit in der Exportproduktion noch erwägen. Eine Voraussetzung für einen wirksamen Einsatz wäre allerdings, dass sich möglichst alle potenziellen Importländer an dem Importverbot beteiligen. Erhebliche Umsetzungsprobleme einerseits und die geringe Reichweite schränken die Wirksamkeit eines produktbezogenen Importverbotes weiter ein. So können die Zollbehörden sowohl des Export- wie auch des Importlandes durch bloßes Ansehen eines Produktes nicht feststellen, ob es mit Hilfe von Kinderzwangsarbeit gefertigt wurde. Die Identifizierung eines Produktes kann nur über den „Absender“ erfolgen. Sowohl den Exporteuren als auch den Importeuren werden sich aber zahlreiche Möglichkeiten bieten, den Ursprung der Waren zu verschleiern. Die Identifizierung wäre noch problematischer, wenn sich die Produktklausel sinnvollerweise ebenfalls auf – zumeist auch noch im informellen Sektor hergestellte – Vorprodukte erstreckte. Die praktische Umsetzung eines produktbezogenen Importverbots wäre daher bestenfalls in Kooperation mit lokalen Akteuren, beispielsweise Menschenrechtsorganisationen oder Gewerkschaften denkbar. Dies gilt für die Aufdeckung der Kinderzwangsarbeit, die Identifizierung der Produkte beziehungsweise der Unternehmer, die von den schlimmsten Formen der Kinderarbeit profitieren, und nicht zuletzt für die Notwendigkeit, den missbrauchten Kindern nach ihrer Befreiung wirksam zu helfen.

 

Ein branchenbezogenes Importverbot

Ein branchenbezogenes Importverbot trifft alle Unternehmen einer Branche gleichmäßig. Aus Sicht des sanktionierenden Landes unterbindet es somit auch den Import aller mit Hilfe von Kinderzwangsarbeit hergestellten Produkte dieser Branche. Branchenbezogene Importverbote können daher zur Eliminierung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit beitragen. Ihre Zielwirksamkeit nimmt zu, wenn Kinderzwangsarbeit in einer exportorientierten Branche weit verbreitet ist oder die Branchenmitglieder in der Lage sind, Druck auf ihre Branchenkollegen auszuüben.

 

In der Regel sind es einzelne kriminelle Arbeitgeber, die von den schlimmsten Formen der Kinderarbeit profitieren, und nicht die Unternehmer einer ganzen Branche oder gar der gesamten Volkswirtschaft. Dies gilt selbst für so berüchtigte Sektoren wie die indische und die pakistanische Teppichbranche.[31] Auch wenn nur in Ausnahmefällen eine ganze Branche Kinder in schlimmster Art und Weise ausbeutet, haften im Fall eines branchenbezogenen Importverbots alle Mitglieder der Branche gleichmäßig. Je höher die zu erwartenden Exportverluste liegen, um so stärker könnte der Druck auf die „schwarzen Schafe“ – seitens sowohl der übrigen Branchenmitglieder als auch der Regierung – ausfallen. Die Höhe der Absatzverluste ist jedoch entscheidend von der Anzahl und der handelspolitischen Bedeutung der sanktionierenden Parteien abhängig. Generell nimmt die Reichweite einer Sozialklausel mit der Anzahl der beteiligten Handelspartner zu, so dass der Wirkungsgrad multilateraler Importverbote höher ist als der pluri- oder gar unilateraler. Solange auf alternative Handelspartner ausgewichen werden kann, bleibt die Wirksamkeit eines Importverbots begrenzt. Gegenüber einem produktbezogenen Importverbot entfallen bei einem branchenbezogenen Importverbot die enormen Schwierigkeiten der Produktidentifizierung. Dennoch stellen sich auch hier Umsetzungsfragen: Zu klären wäre etwa, ab welchem Ausmaß an Kinderzwangsarbeit einsetzenden Unternehmen in einer Branche ein Importverbot zum Einsatz kommen soll und welche Bedingungen für seine Wiederaufhebung erfüllt sein müssen.

 

Handelssanktionen

Ein Importverbot, das sich auf die gesamte Volkswirtschaft erstreckt, ist eine Handelssanktion, die zwischen der Normverletzung und einzelnen Exportprodukten keinen direkten Zusammenhang mehr aufweist.[32] Angemessen ist die Diskussion eines so erheblichen Eingriffes überhaupt nur im Falle der nachweisbar anhaltenden Ignoranz der politischen Entscheidungsträger gegenüber den schlimmsten Formen der Kinderarbeit.

 

Generell steigt die Wirksamkeit von Sanktionen, wenn ihre Ziele klar umrissen und Ausdruck internationaler Normen sind.[33] Mit der Abschaffung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit würde ein solches vergleichsweise klares Ziel vorliegen, das zudem auf mehreren internationalen Konventionen basiert. Der Wirkungsgrad einer Handelssanktion erhöht sich, wenn sie in eine umfassende Isolierung des betroffenen Landes, also beispielsweise in ein allgemeines Verkehrs - und Finanztransaktionenverbot eingebettet ist. Allerdings hängt die ökonomische Verwundbarkeit des sanktionierten Landes von zahlreichen Faktoren ab, unter anderem  der Anzahl und handelspolitischen Bedeutung der sanktionierenden Handelspartner, der Größe des Landes und seiner Außenhandelsverflechtung. Sanktionen benötigen außerdem Zeit „to trickle up“. Die Erfahrungen mit Südafrika und Haiti zeigen, dass eine machtvolle nationale Opposition und eine einflussreiche Wirtschaftslobby, die die Auswirkungen von Handelssanktionen zügig spürt, den innenpolitischen Druck auf die Regierung des sanktionierten Landes beträchtlich erhöhen.[34] Im besten Falle reicht dann bereits die Androhung von Handelssanktionen für die gewünschte Politikveränderung aus. Handelssanktionen können aber auch kontraproduktiv wirken, wenn sie bei der Bevölkerung ein „Opferbewusstsein“ erzeugen und der „Zusammenhalt gegen den äußeren Feind“ von innenpolitischen Themen – und dem Sanktionsgrund – ablenkt. Ob dieser Effekt eintritt, hängt maßgeblich von der nationalen Informationspolitik ab, einschließlich dem Grad der Medienfreiheit und den Kommunikationsmöglichkeiten der sanktionierenden Parteien.

 

Nicht zuletzt beruht die Logik von Handelssanktionen auf der fragwürdigen Annahme gleichermaßen rationaler wie handlungsfähiger politischer Entscheidungsträger. Meistens dürfte es jedoch ein „schwacher Staat“ sein, der Kinderzwangsarbeit in größerem Ausmaß duldet oder ignoriert. Länder in denen sich politische Machthaber selbst an den schlimmsten Formen der Kinderausbeutung beteiligen – wie der Zwangsrekrutierung von Kindersoldaten – sind nicht selten vom Staatszerfall gekennzeichnet – eine Situation, in der die politische Reaktion auf eine Handelssanktion vollends unvorhersehbar ist. Auch in Anbetracht der bisherigen Erfahrungen mit dem Einsatz von Handelssanktionen ist hinsichtlich ihrer potenziellen Wirksamkeit Skepsis angebracht. Das Ziel der Beseitigung der schlimmsten Formen von Kinderarbeit wäre zwar hinreichend spezifiziert und international legitimiert. Die diskutierten Wirkungszusammenhänge machen aber deutlich, wie stark die Erfolgsaussichten von den jeweiligen landesspezifischen Ausgangsbedingungen abhängen.

 

Durchsetzung eines pauschalen Kinderarbeitsverbots via sanktionierender Sozialklauseln – hohe Risiken, fragwürdige Erfolgsaussichten

Je effektiver negative Sozialklauseln ein pauschales Kinderarbeitsverbot durchsetzen helfen, um so größer ist die Gefahr, dass die Kinder in die „nächstschlechtere“ Alternative gedrängt werden. Dieser unmittelbar aus den obigen Ausführungen zu den Wirkungen eines Kinderarbeitsverbotes ableitbare Effekt wird durch die Empirie bestätigt.[35] In den neunziger Jahren waren in der Textilindustrie in Bangladesch etwa 750.000 Frauen und Mädchen – etwa 10 Prozent von ihnen unter 14 Jahren – beschäftigt. Die Bangladesh Garment Manufacturers and Exporters Association befürchtete  – nachdem im US-Senat ein Gesetzvorschlag zum Importverbot von mit Kinderarbeit hergestellten Produkten (Harkin Bill) eingebracht worden war – einen bilateralen oder sogar internationalen Handelsboykott. Unter ihrem Druck wurden Anfang 1993 Massenentlassungen von insgesamt ca. 55.000 Kinderarbeiterinnen vorgenommen. Eine von UNICEF und ILO gemeinsam durchgeführte Nachfolgestudie zeigt deutlich die negativen Konsequenzen. Nicht eines der befragten Kinder war zur Schule zurückgekehrt, die Hälfte hatte eine andere Beschäftigung gefunden – im informellen Sektor und auf der Straße, in Haushalten und auch in der Prostitution. Die andere Hälfte suchte aktiv Arbeit. Die Kinder, die noch immer in einer Textilfabrik beschäftigt waren, waren gesünder und besser ernährt als die entlassenen Kinder.

 

Neben den unmittelbaren, für die Kinder negativen Wirkungen sind von Sozialklauseln gegen Kinderarbeit auch weiterreichende, mittelbare Effekte zu erwarten. Positive Wirkungen können möglicherweise dann auftreten, wenn Sozialklauseln zur Diskussion und Problematisierung der Kinderarbeit und damit zur Veränderung sozialer Normen beitragen. Umgekehrt können Sozialklauseln aber auch den „nationalen Widerstand“ gegen ausländische Drohungen und Vorgaben wecken. So führte die „Kampagne gegen Kinderarbeit in der Teppichindustrie“, die von einem Bündnis verschiedener NGOs in Deutschland initiiert wurde, zwar dazu, dass die indische Regierung umfangreichere Eigenmittel zur Bekämpfung der Kinderarbeit in ihrem Haushalt einplante. Auslöser war allerdings nicht die Überzeugung von der Richtigkeit der Kampagne oder die Furcht vor ihren wirtschaftlichen Konsequenzen, sondern die Empörung über die als „neokoloniale Einmischung“ interpretierten Aktivitäten. Die politische Reaktion ging sogar bis zum Abbruch international geförderter Kinderhilfsprogramme wie dem von Deutschland unterstützten Child Labour Action and Support Programme (CLASP) und dem International Programme on the Elimination of Child Labour (IPEC) der ILO.[36] Es dürfte generell schwierig sein, den Nettoeffekt solcher ambivalenten politischen Reaktionen auf die Situation der Kinder vorherzusagen.

 

Entwicklungshemmende Nebenwirkungen von Sozialklauseln

Internationaler Handel muss nicht, kann aber zu wirtschaftlicher Entwicklung beitragen. Sanktionierende Sozialklauseln sind Handelshemmnisse, die sich negativ auf den Umsatz des Exportsektors und auf die gesamte Volkswirtschaft auswirken können. Die Stärke ihres Effektes hängt u.a. von der Ausgestaltung und der Reichweite des jeweiligen handelspolitischen Instrumentariums ab. So wäre von einem produktbezogenen Importverbot gegen Kinderzwangsarbeit ein im Vergleich zur gesamten Volkswirtschaft verschwindend kleines Segment betroffen, aus dessen zielgenauer Sanktionierung keine signifikanten gesamtwirtschaftlichen Nachteile zu erwarten sind. Eine produktbezogene Sozialklausel zur Durchsetzung eines Mindestalters dagegen würde nicht nur den Handlungsspielraum der Kinder einschränken. Quantitativ wären weitaus mehr Unternehmen betroffen als im Fall der Kinderzwangsarbeit. Diese hätten zumindest kurzfristig Umsatzeinbußen und Kostensteigerungen infolge der Produktionsumstellung zu tragen. Nachteilig würden sich auch Transaktionskosten – Informationskosten bezüglich der Funktionsweise, Verschleierungskosten im Falle einer Umgehung des Kinderarbeitsverbotes – auswirken.

 

Je größer die Reichweite der Sozialklausel ist, desto eher trifft sie Unbeteiligte und ist ungerecht. Gleichzeitig wachsen die gesamtwirtschaftlichen Nachteile. Von branchenbezogenen Sozialklauseln wären daher nicht nur vergleichsweise viele Unternehmen in ihren Exportmöglichkeiten beschnitten. Je nach dem Anteil des betroffenen Sektors an der nationalen Wertschöpfung könnte eine branchenbezogene Sozialklausel auch die gesamte Volkswirtschaft eines Landes in Mitleidenschaft ziehen. Nachteilig wäre zudem der zu erwartende Rückgang der Direktinvestitionen, wenn (potenzielle) ausländische Investoren Exportbeschränkungen befürchten. Noch weitaus gravierendere humanitäre und wirtschaftliche Auswirkungen gehen von Handelssanktionen aus. Ein multilaterales Importverbot für Waren aus dem sanktionierten Land würde nicht nur alle Exporteure dieses Landes treffen, sondern auch die Hersteller von Vorprodukten im Binnensektor. Handelssanktionen beschränken sich zudem in der Regel auch nicht auf ein Importverbot, sondern sanktionieren ebenfalls den Export in das sanktionierte Land. Im Falle einer hohen Außenhandelsabhängigkeit würden so nahezu alle Sektoren der Volkswirtschaft in Mitleidenschaft gezogen. Langfristig können Sanktionen die Entwicklung eines Landes ernsthaft behindern, indem sie Kapitalflucht, Ressourcenzerstörung, Korruption, Schwarzmärkte und den Niedergang kleiner Unternehmen begünstigen.[37] Während politische Machthaber erfahrungsgemäß Mittel und Wege zu den von ihnen gewünschten Importgütern finden, lastet der Devisenmangel am stärksten auf den Armen, denen dringend benötigte Nahrungsmittel und Medikamente vorenthalten werden.

 

Protektionistisches Potenzial

Die Möglichkeiten eines missbräuchlichen Einsatzes[38] von Sozialklauseln steigen, je mehr von ihrer transparenten und multilateralen Ausgestaltung abgewichen wird. Eine Untersuchung der 1984 im Allgemeinen Präferenzzollsystem der USA verabschiedeten Sozialklausel bestätigt die Missbrauchsgefahr, die unilateral eingesetzten Sozialklauseln innewohnt. Zweifelsfrei wurde der Einsatz der Sozialklausel nicht nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung, sondern entsprechend den jeweiligen innenpolitischen Kräfteverhältnissen und dem außenpolitischen Kalkül des U.S.-Präsidenten beschlossen.[39]

 

Wenn sich produktbezogene Sozialklauseln auf den relativ engen Sachverhalt der Kinderzwangsarbeit beziehen, lassen sie sich kaum protektionistisch missbrauchen. Im Fall eines pauschalen Kinderarbeitsverbots erhöht sich indessen der Spielraum für eine willkürliche Interpretation der Normverletzung. Wenn sich darüber hinaus die Bemessungsgrundlage von einzelnen Produkten auf Branchen verlagert, wächst der Anreiz, Normverstöße aus Eigeninteresse zu reklamieren. Die potenziellen Gewinne und damit die Versuchung einer protektionistisch motivierten Instrumentalisierung von branchenbezogenen Sozialklauseln ist dabei um so größer, je stärker wirtschaftlich gefährdete Branchen des sanktionierenden Landes Einfluss auf die politische Willensbildung nehmen können. Das protektionistische Potenzial von Handelssanktionen ist demgegenüber niedriger einzuschätzen. Handelssanktionen wecken nicht nur den Widerstand der Sanktionierten, sondern wirken sich auch im sanktionierenden Land negativ auf Konsumenten und auf Unternehmen aus, die auf importierte Vorprodukte angewiesen sind. Auf der anderen Seite profitieren allein die importkonkurrierenden Branchen von der Handelssanktion. Diese vergleichsweise wenigen Nutznießer hätten in Folge des zu erwartenden Widerstands gegen eine Handelssanktion relativ hohe Durchsetzungskosten zu tragen. Für sie würde es sich daher eher lohnen, auf die Durchsetzung eines branchenbezogenen Importverbotes als auf eine Handelssanktion hinzuwirken.

 

Tendenzielle Wirkungen eines Importverbotes für mit Hilfe von Kinderzwangsarbeit hergestellte Waren

Art des Importverbotes

Aussicht auf Verbesserung der Situation arbeitender Kinder

Reichweite

Umsetzungs-schwierigkeiten

Entwicklungs-hemmende Nebenwirkungen

Protektionistisches

Potenzial

Produktbezogen

Mittel bis Hoch

Gering

Hoch

Vernachlässigbar

Vernachlässigbar

Branchenbezogen

Mittel bis Hoch

Mittel

Mittel

Mittel

Mittel bis Hoch

Handelssanktion

Fragwürdig

Hoch

Mittel

Hoch

Mittel

 

 

Tendenzielle Wirkungen eines Importverbotes zur Durchsetzung eines Beschäftigungsmindestalters gemäß der ILO-Konvention Nr. 138

Art des Importverbotes

Aussicht auf Verbesserung der Situation arbeitender Kinder

Reichweite

Umsetzungs-schwierigkeiten

Entwicklungs-hemmende Nebenwirkungen

Protektionistisches

Potenzial

Produktbezogen

Fragwürdig bis Negativ

Gering

Hoch

Gering bis Mittel

Gering bis Mittel

Branchenbezogen

Fragwürdig bis Negativ

Mittel

Mittel

Mittel bis Hoch

Mittel bis Hoch

Handelssanktion

Fragwürdig bis Negativ

Hoch

Mittel

Hoch

Mittel

 

Der Sozialklausel-Vorschlag des Internationalen Gewerkschaftsbundes (ICFTU)

Im März 2000 forderte der ICFTU auf seinem 17. Weltkongress „... a series of practical steps to incorporate enforceable core labour standards into concrete actions by the WTO to reinforce rather than undermine universal ILO standards.“[40] Der ICFTU schlug vor, dass die Welthandelsorganisation unter Einbezug der ILO eine Arbeitsgruppe zur Erforschung des Zusammenhangs zwischen der Verletzung von Kernarbeitsrechten und dem internationalen Handel einsetzen soll. Die Verletzung der fünf Kernarbeitsstandards sowie der Konvention Nr. 182 müssten weiterhin von der ILO – entsprechend ihrem eigenem Kontrollmechanismus – festgestellt werden. An der WTO sei es dann, diese Normen anzuerkennen und im Falle ihrer Verletzung in einem eigenen Rechtsakt den Einsatz konkreter Maßnahmen zu beschließen. Dabei sei positiven Anreizen der Vorrang gegenüber Handelssanktionen einzuräumen. Registriert die ILO Verstöße gegen die Kernarbeitsnormen, so ist das betreffende Land verpflichtet, einen Aktionsplan aufzustellen, dessen Eignung und Einhaltung WTO und ILO zu prüfen hätten und der durch internationale technische und finanzielle Hilfsmaßnahmen zu unterstützen ist. Erst wenn auch nach mehrmaliger Aufforderung kein solcher Aktionsplan aufgestellt oder dieser nicht eingehalten wird, sollen WTO und ILO in Anknüpfung an die Anti-Dumping-Bestimmungen der WTO Handelssanktionen empfehlen.

 

Eine erste Schwäche des Sozialklausel-Vorschlages der ICFTU besteht im Überwachungsverfahren der ILO. Dieses Kontrollsystem beruht auf einem von den Regierungen selbst einzureichenden Länderreport und der Stellungnahme der wichtigsten Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände. Nur ein Bruchteil dieser häufig unvollständigen Berichte erreicht die ILO pünktlich, so dass eine fundierte Bewertung häufig kaum möglich ist.[41] Je stärker Gewerkschaftsrechte in einem Land unterdrückt werden, um so schwieriger ist die Beschwerdeführung der Arbeitnehmerverbände, was zu einer verzerrten Darstellung beiträgt. Abgesehen von dem Vorrang positiver vor negativen Anreizmechanismen weist die ICFTU die Ausgestaltung der geforderten Sozialklausel in Gänze der WTO zu. Theoretisch können die geforderten handelspolitischen Anreize zweierlei beinhalten: die Einräumung von Handelsvorteilen oder aber – wie bereits in den unilateralen Allgemeinen Präferenzabkommen der USA und der EU verankert – die Verweigerung bestehender Handelspräferenzen.

 

Hinsichtlich der schlimmsten Formen von Kinderarbeit wurde die ethische Fragwürdigkeit einer handelspolitischen Vorteilsgewährung bereits aufgezeigt. Allein aufgrund ihrer impliziten Diskriminierung aller Unternehmen, Branchen oder Länder, die von vornherein auf Kinderzwangsarbeit verzichten oder von sich aus die schlimmsten Formen der Kinderarbeit bekämpfen, verbietet sich ein Einsatz positiver Anreize. Präferenzverweigerungen dagegen sind – entgegen der offiziellen Diktion –  negative Sozialklauseln mit der Wirkung eines Strafzolls. Gegen einen Strafzoll oder eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung spricht aber, dass sie nicht auf die Beendigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit abzielen. Negative Sozialklauseln schlägt die ICFTU als „letztes einzusetzendes Mittel“ vor. Im Lichte der obigen Analyse kann allein ein produktbezogenes und – nach Abwägung der potenziellen Nebenwirkungen – ein branchenbezogenes, möglichst multilaterales Importverbot für Waren, die unter Einsatz von Kinderzwangsarbeit produziert wurden, empfohlen werden. Der Sozialklauselvorschlag bezieht sich jedoch auf die ILO-Konvention Nr. 138 und bevorzugt weder multilaterale[42] noch produkt- oder branchenbezogene Sozialklauseln.

 

Die von der ICFTU empfohlenen positiven Handelsanreize sind erwägenswert, wenn sie nicht – wie geplant – auf die Durchsetzung eines pauschalen Kinderarbeitsverbotes abzielen, sondern Bemühungen um die Bekämpfung der Ursachen von Kinderarbeit unterstützen. Zunächst wäre ein Indikator zu finden, der die Eigenanstrengungen der Länder bei der Bekämpfung der Ursachen von Kinderarbeit, unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Möglichkeiten, anzeigt. Die Unterschiede im Ausmaß und den Ursachen von Kinderarbeit einerseits und dem haushaltspolitischen Spielraum der Länder andererseits erschweren allerdings die Suche nach einem allgemeingültigen und gerechten Maßstab. In einem zweiten Schritt müssten wirksame Handelsanreize gefunden werden, die sich für eine selektive Bevorzugung einzelner Länder eignen, ohne die übrigen Länder allzu stark zu benachteiligen. Das Allgemeine Präferenzsystem (APS) der EU enthält seit Anfang 1998 positive Umwelt- und Sozialklauseln. Demnach können Länder, in denen die ILO-Konventionen zur Gewerkschafts- und Verhandlungsfreiheit (Nr. 87 und 98) und das Verbot von Kinderarbeit gemäß der Konvention Nr. 138 eingehalten werden, in den Genuss weiterer Zollreduzierungen kommen. Bisher wurde diese Präferenzgewährung lediglich von vier Ländern (Russland, Moldawien, Georgien und der Ukraine) beantragt, was daran liegen dürfte, dass der in Aussicht gestellte relative Zollvorteil – bedingt durch die bereits niedrigen APS-Zölle – so niedrig ausfällt, dass sich der hohe bürokratische Aufwand für seine Beantragung kaum lohnt. Substanziellere Handelsanreize müssten daher über diese relativ geringen Zollvorteile hinausgehen und beispielsweise die Aufhebung nichttarifärer Handelhemmnisse einschließen.

 

Prinzipiell sollte über eine Kopplung positiver Handelsanreize an die nationalen Eigenanstrengungen im Kampf gegen die Ursachen von Kinderarbeit weiter nachgedacht werden. Angesichts der erwartbaren Quantifizierungs-, Bewertungs- und Kontrollprobleme ist jedoch auch abzuwägen, ob nicht die Einführung konditionierter positiver Handelspräferenzen möglicherweise ein relativ kostspieliger Umweg ist.

 

Handelspolitisches Potenzial im Kampf gegen die Ursachen von Kinderarbeit

Für ein wirkungsvolleres Engagement stehen der internationalen Gemeinschaft zahlreiche Wege offen. Die „first-best-Lösung“ wäre eine verstärkte finanzielle und technische Zusammenarbeit mit der ILO als diesbezüglich kompetentestem „think tank“ und die Unterstützung reformwilliger Regierungen und/oder lokaler Akteure und Kinderhilfsorganisationen. Aus handelspolitischer Sicht ist die unkonditionierte Beseitigung bestehender Handelshemmnisse ein weites Betätigungsfeld.[43] Die Marktzutrittsschranken, denen sich die Entwicklungsländer auf den Märkten der Industrieländer gegenübersehen, umfassen u.a. den immer noch massiven Agrar- und Textilprotektionismus, die Praxis der Zolleskalation, protektionistische Subventionsstrategien, die Ursprungslandregel und die Erhebung von Sondersteuern auf ausschließlich aus Entwicklungsländern importierte Produkte.[44]  Im neuesten Weltentwicklungsbericht beziffert die Weltbank die Verluste der Entwicklungsländer allein aufgrund der Zolleskalation auf 19,8 Mrd. US-Dollar.[45] Besonders kritisch ist auch der Einsatz von Anti-Dumping-Maßnahmen und Schutzklauseln[46] für das Markterschließungspotenzial der Entwicklungs- und insbesondere der Schwellenländer. Der Protektionismus der Industrieländer schränkt die Wachstumschancen der Entwicklungsländer nicht nur generell ein. Er verringert auch ihren Haushaltsspielraum zur Bekämpfung der Armut und für Investitionen in das Bildungssystem und damit zur Beseitigung der beiden Hauptursachen der Kinderarbeit.[47]

 

In der letzten abgeschlossenen WTO-Verhandlungsrunde in Uruguay verpflichteten sich die Industrieländer, in den Entwicklungsländern, speziell in den am wenigsten entwickelten Ländern, technische Hilfe zu leisten und Anti-Dumping-Maßnahmen sowie die Anwendung von Schutzklauseln zurückhaltend oder nur unter bestimmten Umständen anzuwenden. Diese Verpflichtungen sind lobenswert, da sie auf den Abbau von Handelsbarrieren ausgerichtet sind beziehungsweise darauf abzielen, den ärmsten Ländern eine Teilnahme am internationalen Handel überhaupt erst zu ermöglichen. Kritikwürdig ist allerdings, dass die genannten Begünstigungen überwiegend den am wenigsten entwickelten Ländern gewährt werden (sollen), während sich Schwellenländer und Entwicklungsländer der mittleren Einkommenskategorie nach wie vor einem Arsenal nichttarifärer Handelshemmnisse gegenübersehen. Gerade die Schwellenländer sind aber auf ein liberales Handelsregime angewiesen, um ihre exportbasierten Entwicklungserfolge ausbauen zu können. Demgegenüber nützt den ärmsten Ländern, die aus eigener Kraft kaum in der Lage sind, exportfähige Produkte herzustellen, der Abbau von Handelshemmnissen wenig. Sie sind vielmehr dringend auf technische und finanzielle Hilfe angewiesen. Die Entwicklungsländer der mittleren Einkommenskategorie benötigen sowohl ein liberales Handelsregime als auch Handelshilfe, etwa zur nachhaltigen Sicherung ihrer Marktanteile.[48]

 

Es wäre den Entwicklungsländern sehr geholfen, wenn die Industrieländer ihre Verpflichtungen aus der Uruguay-Runde ernst nähmen und den weitgehenden Verzicht auf Anti-Dumping-Maßnahmen und Schutzklauseln auch auf Entwicklungsländer der mittleren Einkommenskategorie und Schwellenländer ausdehnten und den ärmsten Ländern eine verstärkte technische und finanzielle Unterstützung verbindlich zusicherten. Mit einer Handelspolitik, die eine stärkere Partizipation der Entwicklungsländer im Welthandel ermöglicht, würden die Industrieländer indirekt auch zur Reduktion der Kinderarbeit beitragen.

 

Fazit

Sozialklauseln, die als Mittel zur Durchsetzung eines pauschalen Kinderarbeitsverbotes gemäß ILO-Konvention Nr. 138 eingesetzt werden, tragen nicht zur Verbesserung, sondern eher zur Verschlechterung der Situation arbeitender Kinder bei. Unabhängig von dem üblichen Protektionismusvorwurf erklärt sich dieser Effekt vor allem aus den Ursachen von Kinderarbeit. Wenn sich wohlmeinende Eltern sich dafür entscheiden, ihre Kinder arbeiten zu lassen, liegen die Ursachen vor allem in einem Mangel an zukunftsträchtigen Bildungsangeboten und fehlenden Möglichkeiten der Einkommenserzielung. Ein durch Sozialklauseln durchgesetztes Kinderarbeitsverbot verringert ohne die illusorische, da zeitgleich erforderliche Schaffung von Alternativen letztlich den Handlungsspielraum der Kinder und ihrer Familien.

 

Anders ist ein Verbot der „schlimmsten Formen der Kinderarbeit“ zu bewerten, wie sie seit Juni 1999 in der ILO-Konvention Nr. 182 definiert sind. Die dort bezeichneten Ausbeutungsverhältnisse basieren größtenteils auf der völligen Missachtung der Kindesinteressen, so dass die Durchsetzung dieser ILO-Konvention eine Minimalbedingung ist, um die Lebenssituation der Kinder zu verbessern. Produkt- und branchenbezogene, möglichst multilaterale Importverbote können zur Verringerung dieser schlimmsten Ausbeutungsverhältnisse beitragen. Sie empfehlen sich besonders, wenn erwartet werden kann, dass ihr Einsatz lokale Akteure in ihrem Kampf gegen Kinderzwangsarbeit unterstützt. Die Wirksamkeit eines produktbezogenen Importverbots wird allerdings durch seine relativ geringe Reichweite und seine hohen Umsetzungsschwierigkeiten eingeschränkt. Andererseits gehen von ihm aber keine negativen Nebenwirkungen aus. Branchenbezogene Importverbote weisen aufgrund ihrer größeren Praktikabilität einen höheren Wirkungsgrad auf. Bei ihnen muss aber unter Umständen mit erheblichen negativen Nebenwirkungen gerechnet werden. Handelssanktionen sind angesichts ihrer ungewissen Wirkung und ihrer gravierenden humanitären und wirtschaftlichen Auswirkungen abzulehnen.

 

Zur Verbesserung der Situation arbeitender Kinder können handelspolitische Sozialklauseln nur begrenzt und nur unter bestimmten Bedingungen beitragen. Im unbedingten Interesse der Kinder liegt es dagegen, dass die internationale Gemeinschaft ihre Ressourcen vermehrt für eine direkte Bekämpfung der Ursachen von Kinderarbeit einsetzt. Neben der verstärkten finanziellen und technischen Zusammenarbeit mit der ILO und reformwilligen Akteuren in den Entwicklungsländern kann hierfür eine Handelspolitik dienen, die die Exportchancen der Entwicklungsländer erweitert und damit den Spielraum für die Bekämpfung der Ursachen von Kinderarbeit erhöht.

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* Für wertvolle kritische Anmerkungen danke ich Margareta E. Kulessa.

 

[1] Die Schätzung basiert auf Haushalts- und Firmenbefragungen in ausgewählten Distrikten Indiens, Ghanas, Indonesiens und dem Senegal. Vgl. ILO (1996), S.7.

[2] Vgl. Ennew, J./ Milne, B. (1991), S. 23.

[3] Vgl. Basu, K. (1999), S.1085.

[4] Die nach wie vor umfassendste Studie zu den verschiedenen Formen von Kinderarbeit stammt von Rodgers, G. / Standing, G. (1981).

[5] Vgl. ILO (1996), S. 7.

[6] Dies trifft nicht auf „Straßenkinder“ zu, die im informellen Sektor verschiedenste Arbeiten eigenständig ausführen.

[7] Anker, R./ Melkas, H. (1996), S. 5.

[8] Vgl. Grootaert, C./ Kanbur, R. (1995), S. 194.

[9] Vgl. dazu die Überblicksstudie von Lloyd, C. B. (1994).

[10] Vgl. für eine detailreiche Diskussion des Zusammenhangs zwischen sozialen Normen und Kinderarbeit (inkl. weiterführender Literaturverweise) Rodgers, G. / Standing, G. (1981), S. 23-25.

[11] Vgl. Weiner, M. (1991).

[12] Als empirisch widerlegt gilt dagegen die verbreitete Behauptung, dass Kinder in der Lage seien, kleinere Knoten und damit qualitativ besonders hochwertige Teppiche zu knüpfen. Vgl. Levison, D. et al. (1996).

[13]Vgl. Anker, R./ Melkas, H. (1996), S. 7.

[14] Vgl. Anker, R. / Melkas, H. (1996), S. 8.

[15] Vgl. Basu, K. (1999), S. 1100-1102.

[16] Ein Gleichgewicht am Arbeitsmarkt bezeichnet die Übereinstimmung von Arbeitsangebot und Arbeitsnachfrage. Üblicherweise wird davon ausgegangen, dass mit steigendem Lohn das Arbeitsangebot zunimmt, während die Arbeitsnachfrage sinkt. Dem Modell von Basu liegt allerdings eine inverse Arbeitsangebotsfunktion zu Grunde: Sinkt der Lohn unter den „kritischen“ Lohnsatz, führt das nicht zum Rückgang sondern zum Anstieg des Arbeitsangebots, da die Kinder als zusätzliche Arbeitsanbieter auftreten.

[17] Vgl. Anker, R. / Melkas, H. (1996), S. 9.

[18] Anker, R./ Melkas, H. (1996), S. 10.

[19] Darüber hinaus wird besonders von den Gewerkschaften der Einbezug der Konvention Nr. 100 – die Beseitigung geschlechtsspezifischer Lohndiskriminierungen – gefordert.

[20] Der genaue Wortlaut der Konvention ist im Internet nachzulesen unter http://ilolex.ilo.ch:1567/scripts/convde.pl?C138 .

[21] Die übrigen vier sog. Kernarbeitsstandards hatten zum gleichen Zeitpunkt zwischen 133 und 155 Länder ratifiziert.

[22] Vgl. OECD (1996), S. 35.

[23] So der Titel einer Studie der ILO: „Child Labour. Targeting the Intolerable”. (1996).

[24] Bis Anfang diesen Jahres hatten bereits 57 Länder diese noch junge Konvention ratifiziert. Vgl. zum Wortlaut der Konvention   http://ilolex.ilo.ch:1567/scripts/convde.pl?C182  .

[25] Insbesondere wird immer wieder auf die geringe Durchsetzungskompetenz der ILO hingewiesen, die sich im Großen und Ganzen auf die Ausübung moralischen Drucks beschränkt.

[26] Die Unterscheidung in volkswirtschafts, -branchen- und produktbezogene Sozialklauseln führt erstmalig M.E. Kulessa in die Diskussion ein. Vgl. Kulessa, M. E. (1995), S. 21.

[27] Vgl. U.S. Department of Labor (1994) sowie U.S. Department of Labor (1995).

[28] Vgl. U.S. Department of Labor (1995), S. 23.

[29] Vgl. Pollmann, U. (1995), S. 55.

[30] Vgl. Pollmann, U. (1995), S. 87.

[31] H. Sabet legt in seiner Studie eindringlich dar, dass die Mehrheit der indischen Teppichproduzenten die Praxis der Schuldknechtschaft entschieden verurteilt. Vgl. Sabet, H. (1994), S. 31ff.

[32] Insofern wäre eine Begrenzung des Sanktionszieles auf die Bekämpfung der Kinderzwangsarbeit im Exportsektor weder notwendig noch sinnvoll.

[33] Vgl. Himes, K. R. (1997), S. 13.

[34] Vgl. Himes, K.R. (1997), S. 14.

[35] Folgende Angaben sind entnommen aus Boyden, J./ Myers, W. (1994).

[36] Vgl. Haas, D. (1999), S. 101ff.

[37] Vgl. Himes, K.R. (1997), S. 14.

[38] Ein Missbrauch besteht dann, wenn der Schutz der Arbeitnehmer respektive der Kinder im „Süden“ als Zielsetzung nur vorgeschoben wird, um mit Hilfe von Sozialklauseln einzelne Unternehmen oder Branchen des sanktionierenden Landes gegenüber Wettbewerbern zu schützen.

[39] Vgl. Scherrer, C. / Greven, T. (1999), S. 10.

[41] Vgl. ILO (1995), S. 27.

[42] Mit der Erweiterung der WTO-Ausnahmeregelung (Art. XX) auf die Verletzung von Kernarbeitsstandards ließen sich vielmehr bereits unilaterale Handelsbeschränkungen rechtfertigen. Vgl. auch Kulessa, M. E. (1995), S. 21f.

[43] Vgl. zu den Auswirkungen des Protektionismus der Industrieländer auf die Entwicklungsländer beispielsweise Nuscheler, F. (1995), S. 287ff.

[44] Vgl. für eine ausführliche Darstellung beispielsweise Wiemeyer, J. (1994).

[45] Vgl. World Bank (2000), S. 180.

[46] Schutzklauseln begründen verschiedene Ausnahmen von dem Verbot mengenmäßiger Importbeschränkungen des General Agreement on Trade and Tariffs (GATT). Unter anderem ist der temporäre Einsatz von Importbeschränkungen dann erlaubt, wenn ein Vertragspartner durch die Einfuhr von Produkten „überrascht“ wird und daraufhin die Produzenten konkurrierender Inlandsprodukte ernsthaft gefährdet sind. In jüngerer Zeit zeichnet sich - gerade als Reaktion auf die Beseitigung anderer nichttarifärer Handelshemmnisse (z.B. „freiwilliger“ Selbstbeschränkungsabkommen) ein verstärkter Rückgriff auf Schutzklauseln wie auch auf Anti-Dumping-Maßnahmen ab.

[47] Inwiefern dieser Spielraum tatsächlich genutzt wird, wäre im Fall unkonditionierter Handelserleichterungen allerdings nicht zu kontrollieren, was unter Umständen einen erheblichen Nachteil gegenüber konditionierten Anreizen darstellen kann.

[48] Vgl. Menck, K.W. (1990), S. 180f.


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