Politik und Gesellschaft Online
International Politics and Society 1/2001

Christian Ahlert

 

Democr@tic-Global-Governance.net

ICANN als Paradigma neuer Formen internationaler Politik

 

Devising effective and well-articulated international institutions, which
conform to a modified version of democratic norms that is appropriate
to them, is indeed a crucial problem of political design for the 21st century.

Robert O. Keohane, Joseph S. Nye, 2000

 

 

Nach neuen Formen des Regierens wird gesucht, die demokratisch und zugleich
global erfolgreich sein sollen - nach Demokratischem „Global Governance“ also. Die Globalisierung hat eine neue Klasse von Herausforderungen geschaffen, die quer zu traditionellen Konzepten demokratischen Regierens und der internationalen Politik liegen. Konsens, trotz unterschiedlicher Analysen, besteht darin, dass so, wie internationale Politik bisher organisiert war, die anstehenden globalen Probleme in zweierlei Hinsicht nicht gelöst werden können. Erstens sind traditionelle internationale Organisationen qua ihres institutionellen Designs nicht ausreichend effektiv und effizient, werden aber immer wichtiger. Und zweitens wird parallel zur Aufgabenerweiterung internationaler Institutionen deren mangelnde demokratische Legitimation immer mehr zum Problem.[1]

 

Aus der Politikwissenschaft kommen wenige konstruktive Vorschläge, dieses Dilemma zu lösen. Ziel des folgenden Beitrages ist es deshalb, neue Formen internationaler Politik aus einer ungewöhnlichen Perspektive vorzustellen. Die jedoch hat viel Neues, Anregendes und Aufregendes zu bieten: Im Cyberspace bilden sich neue, transnationale Deliberations- und Partizipationsformen.

 

Während sich im Cyberspace die Konsequenzen der Globalisierung quasi idealtypisch herausbilden, ist er zugleich auch ideales Versuchslabor für die Entwicklung und Erprobung neuer Demokratie-, Steuerungs- und Regierungsformen[2] - nicht nur theoretisch sondern auch empirisch. Im Netz der Netze hat es im Jahr 2000 die ersten weltweiten Online-Wahlen für das Direktorium der „Internet Corporation for Assigned Names and Numbers“ (ICANN) gegeben, einer Institution, die sich über das Netz selbst organisiert, sich weitgehend der Kontrolle nationaler Regierungen entzieht, „Openess and Transparency“ zum Organisationsideal erhebt, und dabei Schlüsselpunkte des globalen Kommunikationsnetzes verwaltet. Aufgrund dieses Machtpotenzials wird sie auch als Netzregierung bezeichnet. Die organisatorische Struktur von ICANN ist ein Experiment, bei dem neue Varianten globaler Willensbildung und Politikformulierung jenseits nationalstaatlicher Repräsentationsformen entstehen.  Deshalb eignet sie sich als Untersuchungsobjekt par excellence für „Democratic Global Governance“, an der sich sowohl die Möglichkeiten als auch die Probleme globaler Willensbildung, weltweiter Politikvermittlung, virtueller Politikprozesse und letztlich internationaler Politik exemplarisch studieren lassen.

 

Ist ICANN also Beispiel für eine vernetzte, supranationale Institution, die pragmatische, effiziente und effektive Lösungsmöglichkeiten für die gerechte Verwaltung eines internationalen Raumes anbietet, und darüber hinaus auch eine im demokratischen Sinne legitime Lösung, nämlich durch Einbeziehung der Nutzer? Kann sie als Schablone für demokratischere internationale Organisationen dienen? Welche spezifischen Probleme entstehen in diesem Politikumfeld?

 

Um diesen Fragen nachzugehen, werde ich zunächst die Charakteristika internationaler Organisationen und ihre grundlegenden Probleme unter den Bedingungen zunehmender Interdependenz vorstellen. Dies erlaubt es, ICANN im Vergleich und Kontrast zu betrachten.

 

 

Das Effizienz- und Demokratiedefizit internationaler Politik

 

Oft wird behauptet, dass der Nationalstaat sich im Niedergang befinde, da er angesichts der neuen Klasse von grenzüberschreitenden Problemen[3] nicht mehr effizient regieren könne, und mit ihm auch die Demokratie, da die geographische Übereinstimmung von Regelnden und Verregelten – die Übereinstimmung von Wahl- und Staatsvolk - durch grenzübergreifende Phänomene aufgehoben werde. Die vier elementaren Voraussetzungen traditionellen Regierens – Territorialität, Souveränität, Legitimität und Effektivität – drohen somit ins globale Nirwana abzuwandern.[4] Doch sind grenzüberschreitende Probleme nichts Neues.[5] Und internationale Politik war immer schon komplex, kompliziert und manchmal katastrophal,[6] aber stets auf die Lösung internationaler Probleme ausgerichtet. Neu hingegen ist, dass die alten Konzepte nicht mehr greifen:

 

Die dominante Organisationsform internationaler Politik in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg – die unter Eindruck des selben entstanden ist, um Frieden und Sicherheit in einer institutionalisierten Form zu fördern - war die Errichtung internationaler Organisationen.[7] In ihnen wurde die Welt stückweise mehr oder weniger erfolgreich koordiniert, normiert und verhandelt. Diese Organisationen funktionieren exklusiv und elitär, quasi nach Vorbild des britischen Clubs, in dem aristokratische Herren nach tradierten „codes of conduct“ Diplomatie betreiben – natürlich hinter verschlossenen Türen.[8] Dieses Modell funktionierte aus zwei Gründen sehr gut: Erstens erhöhten tradierte Verhaltensmuster Funktionalität, Stabilität und somit Effizienz politischer Aushandlungsprozesse. Und zweitens war gerade die Geschlossenheit und Intransparenz das Geheimnis erfolgreicher internationaler Organisationen. Außenseiter und Unwissende waren ausgeschlossen: „Under the club model a lack of transparency to functional outsiders was a key to political efficacy”.[9]

 

Dieses Modell ist spätestens seit Seattle, Washington und Prag unter Druck geraten, da die klassisch-politische Frage der Legitimität mit zunehmender Verve gestellt wird.[10] Wem sind die Organisationen unmittelbare Rechenschaft schuldig? Sind sie effizient und effektiv? Zum einen hat die immer weiter gehende Liberalisierung des Weltmarktes nicht nur die Sensibilität und Interdependenz der Märkte verschärft, sondern auch die politische Sensibilität der Bevölkerung. Hinzu kommt, dass die zunehmende Demokratisierung der Staatenwelt der Forderung nach mehr Partizipation des Einzelnen, auch in internationalen Fragen, mehr Vehemenz verleiht. So ist die Kritik an der Geschlossenheit internationaler Politik in den vergangenen Jahren stetig gewachsen. Die Forderung nach direkterem Zugang zeigt sich nicht zuletzt in der Zunahme von Nichtregierungsorganisationen. Ihre Zahl hat sich in den vergangenen zehn Jahren von 6.000 auf 26.000 erhöht, angefangen beim Worldwide Fund for Nature mit fünf Millionen Mitgliedern bis hin zum kleinsten nur virtuell existierenden Netzwerk.[11]

 

Vor diesem Hintergrund wird als Lösungskonzept „Global Governance“ propagiert. Die Bildung globaler Politiknetzwerke soll dabei den Steuerungsverlust der Nationalstaaten bei grenzüberschreitenden Problemen in den Begriff bekommen. Globalen Politiknetzwerken wird ein höheres Steuerungspotenzial transnationaler Probleme zugeschrieben, weil sie in der Lage sind, „in dynamischer nicht-hierarchischer Form die von grenzüberschreitenden Problemen betroffenen Akteure zusammenzubringen, um auf der Basis von Interessens- und Wissensdifferenzen in einem ergebnisoffenen Prozess nach tragfähigen Regelungsformen zu suchen".[12]

 

Im Gegensatz zur traditionellen Konferenzdiplomatie sind globale Politiknetzwerke idealerweise multisektoral, d.h. sie bilden Brücken zwischen allen relevanten Akteuren des jeweiligen Politikfeldes und bringen Vertreter von Nationalstaaten, Unternehmen, internationalen Organisationen, Expertengruppen sowie der Zivilgesellschaft (NGOs, Stiftungen, Kirchen usw.) zusammen.  Diese Organisationsform bietet die Möglichkeit, unterschiedliche Ressourcen wie Wissen, Geld, Infrastruktur, Einfluss und Erfahrungen effizient in das Regelungsfeld einzubinden und so die Regulierungsfähigkeit des Politikfeldes wieder zu gewinnen. Grosso modo scheinen globale Politiknetzwerke deshalb eine Antwort zu geben auf die Inkongruenz zwischen territorial bestimmten politischen Räumen und grenzüberschreitenden Phänomenen wie dem Internet oder der Umweltverschmutzung.

 

Der Haken liegt indes in der Ablösung von der demokratisch-nationalstaatlichen Basis. Effizienter wäre die internationale Politik vielleicht, auch offener für mehr Beteiligung, aber sie bliebe undemokratisch. So fordern deshalb Benner und Reinike exemplarisch, “nach Formen demokratischen Regierens jenseits des Nationalstaates zu suchen, in die globale Politiknetzwerke eingebunden werden können“. [13]

 

Die Globalisierung entzieht der Demokratie den nationalstaatlichen Boden, während das globale Partizipationsvakuum den Ruf nach mehr direkter Teilnahme verstärkt, und das Internet selbst die Verbreitung demokratischer Normen fördert.[14] An die Bildung einer transnationalen Demokratie mögen jedoch selbst kosmopolitische Utopisten nicht glauben. Zwar fordern Held[15] und Höffe[16] exemplarisch eine Weiterentwicklung der Demokratie nach dem kosmopolitischem Vorbild, da die globale Ordnung den handelnden Individuen gegenüber durchaus offen sei und die gegenseitige Durchdringung des Globalen und Lokalen eine Demokratie mit aktiver Bürgerbeteiligung wieder auf die Tagesordnung setze. Doch wie kann auf Weltebene ausreichende demokratische Legitimation geschaffen werden? Wie können demokratische transnationale Formen des politischen Aushandelns aussehen? Von politikwissenschaftlicher Seite kommen wenig konstruktive Vorschläge. Vielversprechender erscheint der Blick auf die neue, virtuelle Welt, die neue Formen globaler Partizipation und Deliberation entwickelt.

 

 

Regieren im Internet

  

Aufgrund seiner einzigartigen technischen Infrastruktur (Architektur) hat das Internet die traditionellen Bestimmungskonstanten sozialer Interaktion - Raum und Zeit – weitgehend außer Kraft gesetzt und ist so zum Anstoß fundamentaler sozialer, kultureller, politischer und ökonomischer Umwälzungen geworden. Die Zugehörigkeit zum digitalen Raum ist im Gegensatz zum territorial definierten Nationalstaat nicht geographisch bestimmt.[17] Weder gibt es eine eingrenzbare „Staatsbürgerschaft“, noch verfügt das Internet bislang über eine der Figur des souveränen Staates vergleichbare Sanktionsmacht, die Regeln und Entscheidungen netzweit Geltung verschaffen könnte.

 

Michael Froomkin hat das Internet als „orderly anarchy” beschrieben.[18] Das deutet darauf hin, dass sich das Netz mit einem Minimum an Kontrollmechanismen begnügt, die aus seiner technischen Architektur resultieren, d.h. aus jenen Regeln, welche die Form und topologische Position all der Operationen bestimmen, die zusammen den Datenfluss bewerkstelligen.[19] Die Architektur des Netzes ist auf seine spezifische Entwicklungsgeschichte zurückzuführen. Das Internet koordinierte sich selbst, ohne die aktive Einmischung der Politik oder auch nur die Steuerung durch eine zentrale Instanz – was zu dem Begriff „Internet-Self-Governance“ beigetragen hat.[20] Als Grundlage der Interaktion im Netz diente zunächst die „Nettiquette“, eine Reihe ungeschriebener ethischer Normen, deren Nichtbeachtung zu einer kollektiven Abstrafung und öffentlicher Kritik anderer Netzteilnehmer führt. Auch als sich das Internet im Laufe der 1990er Jahre vom Forschungsnetzwerk zum weltumspannenden Megamedium wandelte, kam im Gegensatz zu anderen Medien niemand auf die Idee, eine spezielle nationale Rechtsordnung zu entwerfen oder internationale Verträge über Datenkommunikation im „World Wide Web“ abzuschließen.[21]

 

Lösungsmodelle für technische Probleme werden im Internet via Mailinglisten und „Requests for Comments“ (RFCs) so lange diskutiert bis „rough consensus“ über die technisch beste Lösung entstanden ist. „Rough consensus“ bedeutet “something less than full unanimity, but more than a simple majority” und hinterlässt weniger Frustration als einfache Mehrheitsentscheidungen.[22] Dieses Steuerungsmodell wurde vor allem in der Internet Engineering Task Force (IETF) entwickelt. Die Konsensfindungsprozesse erfolgen nicht ortsgebunden. Physische Anwesenheit ist während der Aushandlungsprozesse nicht notwendig. Als Produkt dieses virtuellen, transnationalen Aushandlungsprozesses ist gleichsam die „technische Verfassung“ des Netzes entstanden, die einer digitalen „Gesetzessammlung“ gleicht.

 

Über die Setzung technischer Normen in dezentraler und transparenter Form schreibt Michael Froomkin: „The Internet standards process may be the first important international decision-making process, and perhaps the first contemporary rule-making process of any kind to meet Habermas’ demanding criteria for a legitimate law-making process“.[23] In summa ist dieser Prozess außerordentlich erfolgreich. Das Netz ist schneller als alle anderen Medien gewachsen. Dabei sind hier neue, auf „Offenheit und Transparenz“ beruhende, international arbeitende Organisationen entstanden. Ohne sie würde das Netz nicht funktionieren und das Netz würde ohne sie nicht funktionieren.[24]

 

 

Gründung der ICANN:

Von der virtuellen One-Man-Show zur weltweiten Internetverwaltung

 

In dem technisch komplexen und anarchischen Umfeld der „Internet-Governance“ ist 1998 die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) entstanden. Der Prozess, der zu ihrer Gründung führte, kann exemplarisch als eine neue Form von deliberativer Supranationalität gewertet werden, in der Staatsvertreter, Experten und Bürger in ungewohnter Konstellation aufeinandertreffen.

 

Einer der wichtigsten technischen Standards des Netzes ist das „Domain Name System“ (DNS), das von ICANN koordiniert wird. Primäre Aufgabe des DNS ist es sicherzustellen, dass alle E-mail- oder Webadressen weltweit einzigartig sind. Die Einführung des Systems wird Jon Postel zugeschrieben, der seit 1969 in die Pentagon-Forschung zur Entwicklung dezentraler Kommunikationssysteme einbezogen war. Er arbeitete später am Information Sciences Institute (ISI) der University of Southern California. Dort gründete er 1989 die „Internet Assigned Numbers Authority“ (IANA), die Vorgängerin der ICANN, welche die weltweite Koordination der Namensvergabe übernahm. Die IANA koordinierte sowohl die Vergaberechte für „Country-Code-Domains“, wie z.B. „.de“, und der generischen „Top-Level-Domains“ (TLDs) wie .com, .org, .net, .int, .mil, und .edu. Eine weitere historische Besonderheit, die das Verständnis der ICANN-Situation erleichtert, ist, dass die TLDs auf der Basis eines Monopolvertrages der US-Regierung mit der Firma „Network Solutions“ (NSI) vergeben wurden.

 

Die Namen werden von NSI nach der Reihenfolge der Anträge weltweit vermarktet. Die Identität des Antragstellers wird in der Regel nicht überprüft. Nach der Entwicklung von „Browsern“, wie Netscape oder Mosaic, explodierte Anfang der 1990er Jahre nicht nur die Anzahl der Internetnutzer exponentiell, sondern proportional dazu auch die registrierter Internetadressen. Damit wurde das Netz auch als kommerzieller Raum entdeckt. Deshalb stieg insbesondere die Zahl der registrierten Namen unter .com besonders stark an. Das trieb die tradierte Organisationsstruktur des Netzes in eine Krise. Die Zahl der Streitfälle um „gute“ Namen im Netz, die leicht zu verstehen, zu finden und zu erinnern sind, wuchs fast genauso schnell an wie die Zahl der vergebenen Adressen. Verstärkt wurde diese Krise noch durch die Monopolstellung von NSI, das durch den „dot-com-Boom“ zur Goldgrube geworden war.[25] Im April 1999 waren 7,2 Millionen Internetadressen vergeben, wovon NSI 5,4 Millionen verkauft hat.

 

Die Legitimität der Zuteilungsorganisation IANA, die im Wesentlichen autokratisch von einer Person – Jon Postel – geführt wurde, geriet in Zweifel. Erste Versuche, eine neue, international anerkannte, effiziente und effektive Steuerungsstruktur zu finden, gingen 1996 von Jon Postel selbst aus. Zusammen mit dem Internet Architecture Board (IAB), der Internet Society (ISOC), der International Telecommunications Union (ITU), der World Intellectual Property Institution (WIPO) und der International Trademark Association (INTA) wurde nach einer Lösung gesucht: So wurde das „International Ad Hoc Committee“ (IAHC) gegründet. Nach einigen Monaten emsiger Konsultation via E-mail und Zusammenkünften am Genfer See unterzeichneten am 30.4.1997 rund 80 Institutionen das „Memorandum of Understanding of the Generic Top Level Domain Name Space of the Internet Domain Name System“. In diesem war vorgesehen, ein „Council of Registrars“ (CORE) nach Schweizer Recht zu gründen, in dem zunächst 28 Registrars – Registrierungsstellen für Internetadressen - NSI weltweit Konkurrenz machen sollten. Zudem wurde ein „Policy Oversight Committee“ (POC) aus Vertetern der IANA, ISOC, INTA, ITU und WIPO gebildet. Daneben sollten sieben neue TLDs geschaffen werden, um die Namensknappheit zu beseitigen.[26]

 

Dieser Vorschlag wurde als Kulturbruch gewertet und stieß auf Kritik seitens der Internet Community, die eine Verstaatlichung des Netzes befürchtete, wenn die International Telecommunications Union als klassische internationale Organisation eine dominante Rolle einnehmen würde. Entscheidender aber war die Haltung der US-Regierung. Die Clinton Administration veröffentlichte am 1.7.1997 das „Framework for Global Electronic Commerce“.[27] In diesem wurde das „Memorandum of Understanding“ mit keinem Wort erwähnt. Vielmehr wurde propagiert, dass der Privatsektor die Führung übernehmen und dieser Maxime folgend auch das Domain Name System von der Privatwirtschaft und nicht von der UN-Bürokratie verwaltet werden sollte.

 

Eine “Interagency Working Group” der US-Regierung sollte Vorschläge ausarbeiten „(1) what contribution government might make, if any, to the development of a global competitive, market based system to register Internet Domain Names and (2) how best to foster bottom-up government of the Internet”. Die US-Regierung schlug vor „to create a contractually based self-regulatory regime that deals with potential conflicts between domain name usage and trademark laws on a global basis without the need to litigate”. Dieser so eingeleitete Prozess führte zur Gründung der ICANN. Nach einigen Anhörungen im Amerikanischen Kongress wurde im sog. „Green Paper“ die Gründung einer „privaten, gemeinnützigen Gesellschaft“ vorgeschlagen.[28] Nach Kritik aus der Internet Community, aber auch von der EU, modifizierte die US-Regierung das Green Paper und veröffentlichte am 5.5. 1998 das „White Paper“, welches Bedenken der Internet Community und der EU hinsichtlich “broad international representation” berücksichtigte.[29] Hierin wurde festgelegt, dass ICANN auf vier Prinzipien basieren solle:

  • Stabilität,
  • Wettbewerb,
  • privater „bottom-up“-Koordinierung und
  • globaler Repräsentation.[30] 

Die letzte Prämisse mündete letztlich in den weltweiten Online-Wahl-Prozess.

 

Am 2.7. 1998 schließlich wurde der entscheidende Schritt zur Konstituierung der ICANN getan: Der Internetkultur folgend wurde im Netz ein „Request for Comments on the Registration and Administration of Internet Domain Names“ veröffentlicht.[31] Daraufhin wurde eine lose Gruppierung aus Netzexperten und anderen „Stakeholdern“ gegründet - das „International Forum on the White Paper“ (IFWP). In diesem Prozess war das Netz zugleich Diskussionsgegenstand und Diskussionsmedium: Eine globale Online-Diskussion über die „Bylaws“ – die Struktur der künftigen Internetverwaltung - begann. Virtuelle Verhandlungen, in denen Tausende von E-mails ausgetauscht wurden und an der sich Organisationen und Individuen aus über 50 Ländern beteiligten, brachten im Verlauf von drei Monaten fünf Entwürfe der „Bylaws“ zustande.[32] Die kritischen Punkte betrafen dabei immer das „faire“ internationale Ausbalancieren zwischen kommerziellen und privaten Interessen in der Repräsentationsstruktur der zu gründenden Organisation. Am 2.10.1998 sandte Jon Postel im Namen der IANA dem amerikanischen Handelsminister William Daley die Bylaws der ICANN: „This organization will be unique in the world – a non-governmental organization with significant responsibilities for administering what is becoming an important global resource.”[33]

 

Des weiteren wurde die Arbeitsstruktur der ICANN festgelegt. An der Spitze stehen neunzehn Direktoren. Je drei Direktoren werden von den „Supporting Organizations“, welche die wichtigsten Internet-Stakeholder repräsentieren sollen, entsandt. Neun Direktoren sollen von der „internet community at large“ gewählt werden, also der Gesamtheit der Internetnutzer. Diese Zahl wurde für die erste Wahl auf fünf beschränkt.[34] Drei Unterorganisationen kümmern sich um die Aufgaben

  • Namen: Domain Name Supporting Organization,
  • Nummern: Address Supporting Organization,
  • Standards: Protocol Supporting Organization (PSO).[35]

Alle diese Unterorganisationen haben eigene Websites und Mailinglisten - die meisten sind frei zugänglich. Hier ist festzuhalten, dass die genannten „Stakeholder“ nur teilweise zu traditionellen Internetgruppierungen gehören und Neulingen – Vertretern kommerzieller Interessen – eine Stimme geben. Deshalb ist die Gründung von ICANN von der technischen Gemeinde des Internet mit viel Skepsis begleitet worden, was zu dem wiederkehrenden Vorwurf führte, dass die amerikanische Regierung nationale bzw. kommerzielle Interessen privilegiere.[36] Unbestreitbar ist jedoch, dass die Entstehung von ICANN politischen und wirtschaftlichen Interessen Einfluss verschafft, die bislang von der Verwaltung des Internet weitgehend ausgeschlossen waren.

 

 

Offenheit, Transparenz, weltweite Wahlen – ICANN als Versuchslabor für demokratische Formen von Global Governance

 

Um ICANN zu legitimieren, hat es im Jahr 2000 weltweite Online-Wahlen für ihr Direktorium gegeben. ICANN soll das globale Internet nach demokratischen Normen regulieren. Stehen wir also vor der Errichtung einer repräsentativen Online-Demokratie? Kann das Internet sogar vom Motor und Sinnbild der Globalisierung zum Paradigma einer kosmopolitischen und transnationalen Demokratie avancieren?[37]

 

Zum einen war den Washingtoner Politstrategen klar, dass ICANN, um erfolgreich zur zentralen Internetregierung zu avancieren, nicht einfach per US-Dekret die Macht im Cyberspace übernehmen konnte. Zum anderen war auch klar, dass ICANN sich in der Internetkultur emanzipieren und die „Internet-Stakeholder“ repräsentieren müsse. Der Logik internationaler Politik in offenen Systemen folgend benötigt ICANN, um weltweit technische (somit auch rechtliche) Standards und Normen für die Netzkommunikation durchzusetzen, weltweite Legitimation. Deshalb benötigt sie die Unterstützung aller für das Netz wichtigen Gruppierungen. Denn würde ICANN exklusive Entscheidungsstrukturen schaffen, würden diese von Nichtbeteiligten als nicht bindend betrachtet und in einem offenen System wie dem Cyberspace an Effizienz verlieren. ICANN kann also nur effizient funktionieren, wenn alle mitmachen (dürfen) und dies im Sinne der Netzkultur erfolgt. Also versucht ICANN im Auftrag des amerikanischen Wirtschaftsministeriums, neben den Computerfachleuten, die bisher die technische Seite des Internets gesteuert haben, wie die Internet Engineering Task Force, auch die relevanten internationalen Organisationen wie die World Intellectual Property Organisation (WIPO) und die International Telecommunications Union (ITU) sowie die Vertreter nationaler Regierungen einzubinden.

 

Die Einbeziehung der Techniker, Spezialisten und Diplomaten erstaunt nicht. Sie sind die angestammten Akteure innerhalb internationaler Organisationen wie der ITU. Sie nutzen diese als Forum zum Austausch von Expertenwissen und als Plattform zum Abschluss internationaler Verträge. Sie sind traditionelles Werkzeug zur Regelung internationaler Politikfelder, bei denen die Vertreter nationaler Regierungen entsprechend des Politikfeldes eine stärkere oder schwächere Rolle spielen – bei der ICANN explizit schwächer, insofern schon erstaunlich. Die Einbindung der Internetorganisationen wie der IETF überrascht auch deswegen nicht, weil ohne die Expertise der „Techniker des Netzes“ ICANN nicht sinnvoll funktionieren kann. Gemeinsam ist den eben genannten Akteuren und Organisationsformen jedoch, dass sie sich alle über ein bemerkenswertes Maß an Bürgerferne auszeichnen.

 

Überraschend und schwierig hingegen ist, dass ICANN versucht, mehr Legitimation durch die Einbeziehung auch der Betroffenen zu erzeugen. Die Repräsentation der Internetnutzer wurde als eine Prämisse im „White Paper“ des US-Wirtschaftsministerium[38] festgehalten und es war das US-Wirtschaftsministerium, das ICANN verpflichtet hat, weltweite Wahlen im Internet zu veranstalten.

 

Gemessen an seinen Aufgaben verfügt ICANN über vergleichsweise geringe finanzielle[39] und personelle Ressourcen - das Hauptquartier in Kalifornien hat neun Angestellte. Trotzdem hat ICANN versucht, weltweit für jeden zugänglich zu sein. Deshalb fanden bisher Treffen in informeller Atmosphäre in Singapur, Berlin, Santiago, Los Angeles, Kairo und Yokohama statt.[40] Die Teilnahme an diesen Treffen ist gratis, erfordert keine Registrierung oder Akkreditierung und steht jedem offen. Die Treffen selbst werden live im Netz übertragen und bieten jedem Interessierten die Möglichkeit der "remote participation“.[41] In Ton, Bild und Schrift kann man der Veranstaltung folgen, in virtuellen Gruppen mit anderen „remote participants“ diskutieren, und über E-mail gezielt in die Diskussion eingreifen. Alle Protokolle der Treffen müssen auf der ICANN-Website veröffentlicht werden, die damit gleichsam zum virtuellen Hauptquartier avanciert. Besonders bemerkenswert ist die Entwicklung von Online-Foren, in denen Interessierte Internet-Nutzer anstehende Entscheidungen der ICANN untereinander und mit den ICANN-Direktoren diskutieren.[42]

 

Vertretern von Regierungen und zwischenstaatlichen Organisationen ist eine Mitgliedschaft im Direktorium der ICANN verboten. Diese Regelung ist eine der zentralen Charakteristika der ICANN-Konstruktion. Dennoch sind Regierungsvertreter natürlich mit von der Partie. Im Governmental Advisory Committee (GAC)[43] sitzen Repräsentanten unterschiedlicher Nationen, aber auch internationaler Organisationen wie der WIPO oder ITU. Hier werden Fragen nationaler Gesetzgebung und internationaler Abkommen, die ICANN berühren, diskutiert und dem Board dann öffentlich in Form von nicht-bindenden Empfehlungen unterbreitet. Allein die Existenz einer institutionalisierten Regierungsbeteiligung als Teil der ICANN ist wiederholt scharf kritisiert worden. Ausdruck tradierter Handlungsmodi, zugleich aber ideales Beispiel der Differenz zwischen „Konferenzdiplomatie“ und Gewohnheiten der „Internet Community“ ist das Beharren des GAC, Teile ihrer Treffen hinter verschlossenen Türen zu veranstalten. Deshalb haben Kritiker Befürchtungen geäußert, das GAC diene als "a tool for the governments of the world to gain a measure of control over the ... difficult-to-regulate Internet".[44]

 

 

Die ICANN-Wahlen

 

In der „Verfassung" der ICANN ist festgelegt, dass neun von achtzehn Direktoriumsmitgliedern von der Gesamtheit der Mitglieder gewählt werden müssen, ein Status, der im Prinzip der gesamten digitalen Weltbürgerschaft offen steht.[45] Die Internetbürger haben vom 1.-10. Oktober 2000 jedoch erst einmal nur fünf Direktoren in einer direkten Wahl gewählt – da es sowohl vielfältige technische Probleme als auch politische Bedenken (insbesondere der Amtsinhaber) hinsichtlich der Durchführung weltweiter Wahlen im Internet gab. Um dem Grundsatz globaler Repräsentation gerecht zu werden, sollte das Wahlsystem sicher stellen, dass jeweils einer der Repräsentanten aus einer der von ICANN definierten fünf Weltregionen stammt – so wählt jede Region nur einen Direktor.

 

Bei ungefähr 375 Millionen Inter-Nutzern[46] stellt sich natürlich die Frage: Was ist überhaupt der kollektive "Demos" des Cyberspace: Individuen oder Organisationen, normale Inhaber von E-mail-Adressen oder „domain holders“, potenzielle oder aktuelle Nutzer?[47] Industrievertreter und Mitglieder des ICANN-Direktoriums verstehen ICANN als Organisation mit wichtigen, aber im wesentlichen nur technischen Kompetenzen, und folgern daraus, dass ICANN nicht an demokratischen Standards gemessen werden könne. Anderen hingegen erscheint die ICANN als potenzielle Internetregierung, die über die Kontrolle des „A-Root-Servers“ eine Art „life and death power over the Internet“ hat.[48] Sie heben deshalb die demokratische Messlatte viel höher.

 

Das waghalsige weltweite virtuelle Demokratieprojekt wurde als undemokratisch kritisiert, als dilettantischer Legitimationsbetrug verhöhnt und als prinzipiell nicht durchführbar abgelehnt. Doch die Wahl fand trotz aller Kritik statt.[49]

 

ICANN war zum Zeitpunkt der Formulierung und Ausgestaltung des Wahlprozederes nur einer kleinen elitären Gruppe bekannt. Um die Durchführung der Wahl vorzubereiten, bildete ICANN ein „Membership Advisory Committee“ (MAC), das in Zusammenarbeit mit dem Berkman Center an der Harvard University verschiedene Mitgliedermodelle entwarf, diskutierte und sammelte.[50] Um die Wahl bei den Internetnutzern bekannt zu machen, verfiel ICANN auf internettypische "Grassroot“-Mobilisierungs-Methoden: Sie suchte weltweit Gruppen von Freiwilligen, die in regionalen "Membership Implementation Task Forces" die Internet Community mobilisieren und sensibilisieren sollten.[51] Diesen Freiwilligen stand als einzige Ressource ihre persönliche Motivation zur Verfügung. Reale Treffen zur Koordination waren ausgeschlossen - sie kosten Geld. Es blieben Mailing-Listen, die von ICANN für jede Task Force kreiert wurden. Der deutsche Teil der europäischen Task-Force hat zudem einen Wahlaufruf bei der Spiegel-Initiative „I-cann-election“ platziert.[52]

 

Wähler mussten zuerst Mitglied der ICANN werden. Aber jeder Person, die älter als 16 Jahre war, eine E-mail-Adresse und eine reale und verifizierbare Postadresse hatte, stand die Mitgliedschaft offen. Aufgrund der genannten Werbekampagnen sind deutsche Internet-Nutzer in der ICANN überproportional vertreten: Sie stellten zum Zeitpunkt der Wahl 20.475 der insgesamt 35.942 europäischen ICANN-Mitglieder.[53] Aber während Anfang Juni 2000 die meisten der ICANN-registrierten Nutzer noch aus USA, Deutschland, England und Frankreich kamen, veränderten nationalistische Kampagnen im Juli die Statistik fundamental. Nach einer kurzen Kampagne, an der auch die japanische Regierung beteiligt war, stellte Japan die meisten Mitglieder – über 15 000. Dann fiel der Wahlcomputer wegen Überlastung aus. Viele Neuregistrierungen konnten nicht mehr entgegengenommen werden. Nachdem auch noch die chinesische Regierung eine nationalistische Gegenkampagne gestartet hatte, ging gar nichts mehr. In nur zwei Tagen hatten sich mehr als 15.000 Chinesen erfolgreich registriert. Insgesamt waren es über 34.000. Weltweit hatten sich am 31. Juli, dem Ende der Registrierungsperiode, 158.000 Mitglieder registriert. In Asien waren es 93.782, gefolgt von Europa mit 35.942, Lateinamerika mit 6.486 und, weit abgeschlagen, Afrika mit 787 Mitgliedern.

 

Ein weiterer Aspekt der transnationalen Partizipationsmöglichkeiten im Netz betrifft die Nominierung der Kandidaten für die Wahl. Während ICANN selbst durch ein Nominierungs-Komitee "hochqualifizierte" Kandidaten auswählte, was natürlich zu erheblicher Kritik führte, konnten die Internetnutzer auch eigene Kandidaten nominieren. Jeder Kandidat, der sich selbst vorschlug, bekam eine Website von ICANN, auf der er sich selbst präsentieren konnte. Mittels PIN-Nummer konnten die Mitglieder dann ihre Unterstützung für einen Kandidaten kundtun. Bemerkenswert war, dass diese Periode der Kandidaten-Unterstützung über vier Wochen dauerte, alle Ergebnisse einsehbar waren, und abgegebene Stimmen wieder geändert werden konnten. Problematisch war allerdings, dass ICANN die E-mail-Adressen ihrer Mitglieder/Wähler nicht publizierte. Es gab also keine Möglichkeit der direkten Kommunikation zwischen Wählern und Kandidaten. Um diesem Kommunikationsdefizit  entgegenzuwirken, wurden in netzdemokratischer Manier Websites wie www.applyatlarge.com entwickelt.[54] Dort hatten ICANN-Mitglieder dann die Möglichkeit, ihre eigenen Chatrooms und Mailinglisten zu starten. 

 

Dass in den USA nicht nur das Internet weiter verbreitet ist als im Rest der Welt, sondern "E-Campaigning" schon zur politischen Kultur gehört, bewiesen die zahlreichen „campaign sites“, die während des virtuellen Wahlkampfes dort entstanden. So entwickelte der Kandidat Emerson Tiller einen Wahlkampfauftritt, der dem von George W. Bush oder Al Gore in nichts nachstand.

 

Für Europa wurde schließlich der durch die Medien bekannte Hacker Andy Müller-Maguhn gewählt.[55] Damit hat sich bestätigt, was zu erwarten war: Die von den Mitgliedern selbst für die Wahl nominierten Kandidaten hatten die besten Wahlchancen in Europa, wo das Netz als basisdemokratisch gilt. Die vom Nominierungskomitee der ICANN vorgeschlagenen Kandidaten – immerhin fünf von sieben – waren von Anfang an als „von oben herab diktiert“ disqualifiziert. Gleichzeitig spiegelt das Wahlergebnis deutlich die Mitgliedsverhältnisse innerhalb Europas wider. In Deutschland konnten die meisten Nutzer für Registrierung und Wahlteilnahme gewonnen werden (fast 50 Prozent der aktiven europäischen ICANN-Mitglieder). Es gab dort die effektivsten Kampagnen zur Mitgliedermobilisierung. Zu erwähnen sind die von Spiegel-Online gestartete Initiative „i-can-election“[56] sowie das Projekt der Bertelsmann-Stiftung „Democratic Internet“.

 

In Nordamerika machte ein von den Nutzern nominierter Kandidat das Rennen. Der ICANN-Kritiker, Karl Auerbach, siegte knapp vor Barbara Simons. In den drei anderen Wahlregionen Afrika, Asien/Australien und Lateinamerika folgten die Wähler Vorschlägen des ICANN-Nominierungskomittees, quasi als Beweis einer politikwissenschaftlichen Binsenweisheit: Jeder Region ihre Politikkultur - auch im Cyberspace. Die einen lieben Basisdemokratie, die anderen Demokratie von oben.

 

Die erste globale Online-Wahl hat also ein Ergebnis, aber was halten wir davon? Wie ist sie abgelaufen – transparent und ohne Probleme? Ist sie also legitim?

 

Selbst bis kurz vor der Wahl waren nur wenige Webseiten auf Englisch verfügbar – was vielfach als US-amerikanische Ignoranz gegenüber dem weltweiten Demokratieversuch gewertet wurde. Während der Registrierungsphase war der Registrierungs-Server über zwei Wochen lang nicht erreichbar. Niemand weiß, ob nicht 500.000 Internet-Nutzer gerne zu ICANN-Wahlbürgern geworden wären. Die Mitgliedernominierung war in Europa auf zwei Kandidaten beschränkt: Offenbar wurden die europäischen ICANN-Mitglieder als so unberechenbar angesehen, dass sie bei der Wahl an die Hand genommen werden sollten. Es gab keine Online-Foren, die den individuellen Mitgliedern der ICANN, die Möglichkeit gegeben hätten, zu diskutieren und so von der anonymen Nutzer-Masse zum „Cyber-Demos“ zu avancieren.

 

Bis jetzt sind nur rudimentäre Statistiken über die Wahlbeteiligung in den Regionen und Ländern verfügbar – wie auch keine plausible Erklärung, warum mehr als die Hälfte der registrierten ICANN-Mitglieder keine Stimme abgaben: Desinteresse, Betrug bei der Registrierung oder technische Probleme. Die Wahl selbst verlief nicht ohne Probleme: Während der ersten beiden Tage der Wahl konnte kaum jemand wählen. Insgesamt kann man die Wahl deshalb weder ablehnen noch vorbehaltlos gut heißen. Nach der Wahl ist ICANN also weder eine Weltregierung für das Internet noch zu einer wirklich demokratischen Veranstaltung geworden.  Transparenter und demokratischer wird sie trotzdem sein.

 

Vielversprechend und transnational lief indes der Wahlkampf der Kandidaten im „Question and Answer Forum“.[57]  Dort antworteten die Kandidaten auf Fragen der ICANN-Mitglieder: Sobald ein Kandidat eine Frage beantwortete, erschienen Frage und Antwort im Web. In der so entstandenen Diskussion grenzten sich die Kandidaten inhaltlich und im Auftreten eindeutig voneinander ab. Einige antworteten schneller und mit höherer Frequenz, während andere sich vor allem inhaltlich abzugrenzen versuchten. Für die Wähler wurden so unterscheidbare Kandidatenprofile herausgebildet und politische Standpunkte formuliert. Dazu trugen auch Fragebogen einiger „Advocacy Groups“, wie dem amerikanischen Center for Democracy and Technology (CDT)[58] oder dem Internet Democracy Project bei, die graphisch aufbereitete Profile der Kandidaten auf ihren Websites erstellten.

 

Wird ICANN aber auch nach der Wahl die Aufmerksamkeit der Internet-Nutzer bekommen? Das wird nicht zuletzt davon abhängen, ob effektive Diskussionsmethoden bereitgestellt werden. Einen Hinweis auf die Partizipations- und Mobilisierungsbereitschaft geben die Aktivitäten der ICANN-Community. So hatte der Förderverein für Information, Technologie und Gesellschaft (FITUG) eine europäische Mailingliste gegründet, auf der sich Kandidaten mit Mitgliedern austauschten - auch über die Wahl hinaus.[59] Dort wird versucht, einen „Rat“ zu etablieren, der den ICANN-Mitgliedern als virtuelles Parlament und Kanal für ständigen Input ins ICANN-Direktorium dient. Als sinnvolle Ergänzung hierzu erscheint ein Modell, das James S. Fishkin in einer Studie im Auftrag von ICANN vorgeschlagen hatte. Es bietet die Möglichkeit, eine Verbindung zwischen dem ICANN-Direktorium, den Mitgliedern und den Internet-Nutzern (dem Volk) herzustellen. Gleichzeitig schafft es, so Fishkin, eine Balance zwischen den Zielen der Partizipation und Repräsentativität einerseits und den Gefahren des Betrugs und der Blockierung sinnvoller Entscheidungsfindung - die im grenzenlosen Cyberspace schwerwiegender sind als bei geographisch fixierten Wahlen - andererseits herzustellen. Das von Fishkin vorgeschlagene, „deliberative polling" genannte Verfahren besteht darin, dass ein zufällig ausgewähltes, statistisch repräsentatives Sample aus Internetnutzern über anstehende Entscheidungen der ICANN informiert und technisch in die Lage versetzt wird, darüber zu diskutieren.[60]

 

 

ICANN ein Paradigma für Democratic Global Governance

 

In summa kann man festhalten, dass sich an der Entwicklung ICANNs exemplarisch darstellt, wie sich ein neuer Typus internationaler Organisation in statu nascendi herausbildet, der bei optimistischer Betrachtung vielleicht als Paradigma für künftige virtuelle internationale Institutionen stehen kann, die mit Hilfe des Internets regulieren, koordinieren und regieren. Man kann aus dem ICANN-Experiment zweierlei lernen:

·         Internationale Organisationen können mit relativ geringem personellen und finanziellen Aufwand viele Menschen erreichen, wenn sich diese selbst organisieren und online über Politikoptionen diskutieren können.

·         Eine solche Organisation benötigt andere Regeln als klassische Organisationen.

 

Wie zu verhindern ist, dass ICANN in der Informationsflut von unten nach oben nicht untergeht, wie die „signal-to-noise-ratio“ optimiert werden kann und sich Informationsmonopole und die Bildung von Insidercliquen verhindern lassen, das sind die Fragen, um die es gehen wird. ICANN hat gezeigt, wie ein komplexes Zusammenspiel von Akteuren mit verschiedenem Status – Internet-Nutzer, Computerexperten, internationale Organisationen, Unternehmen, Staaten - virtuell von der lokalen Ebene auf die globale übertragen werden kann. Das Internet hat das Potenzial, Hierarchien aufzubrechen, da es die Kosten von Kommunikation, Konsultation und Koordination enorm senkt.[61] Macht kann zwischen mehr und mehr Menschen aufgeteilt werden, ohne dass Organisationseffizienz wesentlich eingeschränkt wird. Diese Möglichkeiten werden im Falle von ICANN idealtypisch offenbar. Hinter seinen Organisationsformen und Steuerungsmechanismen steht zwar noch der nationale Staat als Initiator und Kontrolleur, doch neben ihm stehen in zunehmenden Maße in der Tradition der Internetkultur Wissenschaftler, Ingenieure, Experten, Anwälte und last but not least der gemeine Internet-Bürger und relativieren seine Rolle.

 

Im und mit dem Netz ist es möglich, dass supranationale Organisationen ihre eigenen „constituencies“ unabhängig von geographischer Lage selbst organisieren. Universalistischen, kosmopolitischen Idealen entspricht dies jedoch nur bedingt. Auf globaler Ebene scheint eher die Idee einer Verbraucherdemokratie zu funktionieren, da das aktive und passive Wahlrecht für Institutionen wie ICANN, die ein quasi-öffentliches Gut wie das Internet verwalten, nicht aufgrund des Geburts- oder Wohnortes vergeben wird, sondern aufgrund der Benutzung oder Beteiligung an diesem. Deshalb können auch die Anforderungen an Legitimation, Repräsentation und letztlich an die Demokratie nicht einfach von der nationalen auf die internationale Ebene übertragen werden – Beteiligung ist auf der internationalen Ebene stark issue-spezifisch determiniert. Versuche, Repräsentationsansprüche nationaler Provenienz auf die internationale Eben zu übertragen, müssen deshalb scheitern.

 

Bisher leidet der ICANN-Prozess noch unter der Abwesenheit demokratietheoretischer Rückbindung, die anknüpfen müsste an demokratische Modelle, die einmal für den Athener Markplatz gedacht waren. Er leidet auch unter dem Mitwirken zu vieler Juristen, die den Geist der ICANN nach juristischer Rationalität verklausulieren. Eines jedenfalls zeigt ICANN bereits: Internationale Politik kann vom Cyberspace lernen.

 

 

 

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[1] So konstatieren vor allem Anhänger der Global-Governance-Theorien: Commission on Global Governance (1995): Our Global Neighborhood, Oxford: Oxford University Press; Rosenau, James N. / Ernst-Otto Czempiel 1992 (Hrsg.) Governance without government: order and change in world politics, Cambridge: Cambridge University Press; Rosenau, James N. (1995) “Global Governance in the Twenty-First Century”. In: Global Governance 1, S. 5-29. Aber auch viele der sog. Realisten stimmen dem Demokratiedefizit internationaler Organisationen mittlerweile zu.

[2] Vgl. Leggewie, C., C. Maar (Hrsg.) (1998): Internet & Politik. Von der Zuschauer- zur Beteiligungsdemokratie. Köln: 1998

[3] Vgl. z.B. Zürn, Michael (1998): Regieren jenseits des Nationalstaates. Globalisierung und Denationalisierung als Chance (Frankfurt am Main, Suhrkamp).

 

[4] Vgl. Richter, Emanuel (1998): „Demokratie und Globalisierung“. In: Klein, Schmalz-Bruns (1998): Politische Beteiligung und Bürgerengagement in Deutschland. S. 171-202

[5] Paul Hirst and Graham Thomson (Nov.1995): “The Problem of Globalization”. In: Economy and Society, Vol.24, Nr.4. Hirst und Thompson belegen, dass die Globalisierung auf ökonomischer Ebene schon vor dem ersten Weltkrieg begann.

[6] Hierzu insbesondere: Kenneth N. Waltz: Man, the State and War (New York: Columbia University Press 1959)

[7] vgl.: Keohane, Robert O. und Nye, Joseph S. (2000): The Club Model of Multilateral Cooperation and Problems of Democratic Legitimacy. Paper prepared for the American Political Science Convention, Washington D.C., August 31-September 3, 2000

[8] Diese Metapher – da sie so treffend die Organisationsweise vieler internationaler Organisation, nämlich nach Vorbild des aristokratischen, britischen Clubs beschreibt - habe ich von Keohane und Nye (2000) übernommen.

[9] Keohane und Nye, S.4

[10] Eine breite Diskussion über Struktur und demokratisches Defizit der WTO hat sowohl auf wissenschaftlicher Ebene, wie auch in den Feuilletons der Tageszeitungen, begonnen. Siehe beispielhaft: Wahl, Peter (2000): „Zwischen Hegemonialinteressen, Global Governance und Demokratie“. In: Internationale Politik und Gesellschaft, Nr.3

[11] Economist, December 11, 1999, S. 21

[12] Benner, T., W. Reinicke (1999): „Politik im globalen Netz“. In: Internationale Politik, Nr.8, S.25-32.

[13] ebenda

[14]  Vgl.: Barber, Benjamin (1996). Jihad versus McWorld, How the Planet is Both Falling Apart and Coming Together and What This Means for Democracy. New York: 1996

[15]  Vgl.: Held, D. (1995): Democracy and the Global Order. Oxford: 1995.

[16] Vgl.: Höffe, O. (1999): Demokratie im Zeitalter der Globalisierung. München: 1999.

[17] Vgl. Post, David, “Anarchy, State, and the Internet: An Essay on Law-Making in Cyberspace”. In: Journal of Online Law, http://www.law.cornell.edu/jol/post.html, sowie Healy, David (1997): “Cyberspace and Place: The Internet as Middle Landscape on the Electronic Frontier”. In Porter, David (1997): Internet Culture.

[18] Froomkin, Michael, Habermas@discourse.net. Unpublished Paper. S.4

[19] Hofmann, Jeanette (1998): „Am Herzen der Dinge – Regierungsmacht im Internet“. In: Gellner, Winand und von Korff, Fritz (Hg.): Demokratie und Internet, Baden-Baden 1998,
S. 55-77.

[20] Gillet und Kapor (1997): Self-Governing Internet: Coordination by Design

In: Brian Kahin u, James H. Keller (Hg.): Coordinating the Internet. Cambridge, Massachusetts (1997), S. 3 - 38

[21] Worauf hier nicht näher eingegangen werden kann, aber sicherlich mit der Dominanz neo-liberaler Ansichten – weniger Kontrolle ist besser - in den USA zusammenhängt.

[22] Vgl. http://cyber.law.harvard.edu/consensus.htm.

[23] Froomkin, Michael, Habermas@discourse.net. Unpublished Paper. S.4

[24] Der Prozess der Standardsetzung weist mittlerweile aufgrund der gestiegenen kommerziellen Bedeutung sowie der Zunahme der beteiligten Personen erhebliche Probleme auf. Doch hier sollte vor allem der Unterschied der Internet-Entscheidungskultur zur tradierten internationalen Politik deutlich gemacht werden.

[25] Vgl. hierzu: http://www.nsi.com

[26] .firm für Unternehmen, .store für Handelsunternehmen, .arts für kulturelle Einrichtungen, .info für Informationsdienste, .rec für touristische Angebote, .nom für Individuen und .web für Internetdienste

[27] The White House (1997): A Framework for Global Electronic Commerce v. 1.7.1997,

http://www.whitehouse.gov/WH/New/Commerce/read.html

[28] DOC (1998): Management of Internet Names and Addresses (White Paper). http://www.ntia.doc.gov/ntiahome/domainname/6_5_98dns.htm

[29] DOC (1998a): A Proposal to Improve Technical Management of Internet Names and Addresses. Discussion Draft 1/30/98 (Green Paper). http://www.ntia.doc.gov/ntiahome/domainname/dnsdrft.htm

[30] In den Worten des White Paper: “representation of all the various Internet constituencies, from the technical people who created and have nurtured the Internet from its earliest days, to the commercial interests who now see it as an important business tool, to individual users from around the globe".

[31] NTIA (1997): RFC on the Registration and Administration of Internet Domain Names, Washington, 1.17.1997, http://www.ntia.doc.gov/ntiahome/domain

[32] IFWP-Discussion: http://cyber.law.harvard.edu/ifwp

[33] Postel, Jon (1998): Letter of Jon Postel to William M. Daley, 2.10.1998, http://www.iana.org/submitted/sub-letter

[34] http://www.icann.org/minutes/minutes-10mar00.htm#00.18

[35] Die  Protocol Supporting Organization (http://www.aso.icann.org/) repräsentiert die drei “Regional Internet Registries” - die American Registry for Internet Numbers (http://www.arin.net/), die Regional Internet Registry for Europe (http://www.ripe.net/), und das Asia Pacific Network Information Centre (http://www.apnic.net/) -,die zusammen genommen für die weltweite Vergabe von IP-Adressen  zuständig sind. Mitgliedschaft in den Registries ist generell offen für “any interested individual or organization”, bestehen aber prinzipiell aus Internet-Service-Providern, die über die Mitgliedschaft IP-Adressen an ihre Kunden vergeben.

Die “Address Supporting Organization” repräsentiert die Internet Engineering Task Force (IETF), das World Wide Web Consortium, die International Telecommunications Union, und das European Telecommunications Standards Institute. Die IETF ist auch offen für “any interested individual”, besteht jedoch zum überwiegenden Teil aus Informatikern. In den übrigen drei Organisationen dominieren große, internationale Telekommunikations- und Computerunternehmen.

Die “Domain Name Supporting Organization” (http://www.icann.org/dnso/dnso1.htm) schließlich repräsentiert sechs kommerzielle Interessengruppen. Die „ccTLD registries” (wie DENIC); „business and commercial entities“; die “gTLD registries” (für .net, .org., .com zuständige registries); die „Intellectual Property constituency“; ISPs und „connectivity providers”; Registrars - und nicht zuletzt die “Non-commercial Domain Name Holders constituency”.

[36] Vgl. Mueller, Milton (1998): The 'Governance' Debacle: How the Ideal of  Internetworking Got Buried by Politics. http://www.open-rsc.org/essays/mueller

[37] Ahlert, Christian: „Die Zukunft der Demokratie. Das Internet wählt seine Regierung“. In: Telepolis Online, http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/5526/1.html.; und ders.: „ICANN wird die Zukunft des Internet gestalten“. In: Telepolis Online, http//www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/5110/1.html.

 

 

[38]  “Management of Internet Names and Addresses”, http://www.ntia.doc.gov/ntiahome/domainname/6_5_98dns.thm.

[39] Die Jahresausgaben der ICANN betrugen 1999: 1, 466 Mio. US $. Die Finanzierung der ICANN ist noch nicht abschließend geregelt. So haben sich die nationalen Registrare wie DENIC (zuständig für .de) geweigert, Rechnungen der ICANN zu bezahlen, weil diese ihnen zu hoch erschienen. Bemerkenswerter Weise haben sie dennoch mehrere hunderttausend Dollar an ICANN gespendet. Auch haben Unternehmen aus der Computer- und Telekommunikationsbranche ICANN finanziell unter die Arme gegriffen, Cisco Systems mit 150,000 $, MCI Worldcom Corporation mit 500,000 $, 3Com Corporation mit 175,000 $, Deutsche Telekom mit 200,000 $.

[40] Siehe: http://www.icann.org/meetings.htm

[41] Ein Beispiel befindet sich unter: http://cyber.law.harvard.edu/icann/pressingissues2000/briefingbook/remoteparticipation-sample.gif

[42] http://www.icann.org/mbx/: Dass dieses Interface aktiv genutzt wird, beweisen die Zahlen. Am 28.10. waren dort unter dem „thread: Introduction of new TLDs“ 2380 Nachrichten zu finden.
Trotz dieser prinzipiell, offenen Kommunikationskultur wird ICANN immer wieder für nicht transparente Entscheidungen kritisiert: Kommentare von Esther Dyson hierzu unter:  http://www.cpsr.org/conferences/dns99/spkr-Session-5.htm - Dyson.  In einem Brief vom 27. Oktober 1999 an ICANN kritisiert das Small Business Association Office of Advocacy: "Many of ICANN's notice deadlines are too short for small businesses and individuals to respond in a timely and informative manner.  Far-reaching policy thus far has been adopted after very brief comment periods - which can be as short as a week. . . . Procedural difficulties also extend to ICANN's handling of comments after they are received. . . . The current organization of posted comments is jumbled and slow. . . . [And] ICANN offers no meaningful effort to offer evidence that a process exists to ensure that all comments are considered."  See http://www.sba.gov/advo/laws/comments/icann99_1027.html.

[43] http://www.icann.org/governmental-com.html

[44] http://www.icannwatch.org/archives.htm

[45] http://members.icann.org

[46] etforecast: www.etforecasts.com/pr/pr500.htm

 

[47] Berkman Center: ICANN At Large Membership At a Crossroads

http://cyber.law.harvard.edu/icann/pressingissues2000/briefingbook/at-large-membership.html

 

[48] Post, David (1999): Governing Cyberspace, or Where is James Madison When We Need Him? http://www.temple.edu/lawschool/dpost/icann/comment1.html

 

[49] Der zeitlicher Ablauf der Wahl war wie folgt:

  • Februar bis Juli 2000: Anmeldung als Wähler (über http://members.icann.org)
  • August bis 9. September 2000: Vorwahlen unter den selbstnominierten Kandidaten
  • 1. bis 10. Oktober 2000: Wahl aus den bis zu sieben Kandidaten pro Region
  • 2001: Studie über Wahlablauf und -ausgang. Mitgliedschaft wieder möglich?

 

[50] Siehe hierzu: http://www.icann.org/membership-com.html

[51] http://ww.icann.org/mitf.htm

[52] Wahlaufruf der MITF http://www.spiegel.de/netzwelt/icann

[53] Für Mitgliederstatistiken siehe: http://www.icannchanel.de

[54] Andere Seiten, die in die Kategorien Watchdog-Organisation, Wissenschaft und Information unterteilt werden können sind: www.cdt.org, www.icannwatch.org, www.icannchannel.de, www.icannchannel.org, www.icannnot.org etc..

[55] Anmeldungen: 158.593; Aktivierung der Mitgliedschaft bis 8. September: 76.504; endgültige Anzahl aktivierter Mitglieder: 76.183. Wahlbeteiligung: 44,6%

[56] http://www.spiegel.de/netzwelt/icann und http.//www.democratic-internet.de. Beiden Initiativen kann keine nationalistische Motivation vorgeworfen werden, die auf deutsche Dominanz in Europa bei der ICANN-Wahl zielte. Das Bertelsmann-Projekt, vom Autor dieses Beitrages initiiert, war von vornherein zweisprachig angelegt, die Spiegel-Initiative war darauf ausgerichtet, europäische Partner zu finden.

[57] Http://members.icann.org/qa.html

[58] Das CDT hat vielfach in den ICANN-Prozess eingegriffen. Unter http://www.cdt.org findet man vielfältiges Hintergrundmaterial zum Thema. Hier ist auch noch anzumerken, dass es kein europäisches Äquivalent zu amerikanischen Internet-Lobby-Organisationen gibt.

[59] icann-europe@fitug.de

[60] Fishkin, J. (1999): Deliberative Polling As a Model for ICANN Membership

http://cyber.law.harvard.edu/rcs/fish.html

[61] Wie Jessic Mathews schreibt, “above all, the information technologies disrupt hierarchies, spreading power among more people and groups. In lowering the costs of communication, consultation, and coordination they favor decentralized networks over any other mode of organization.”
Mathews, J. (1997): “Power Shift”. In: Foreign Affairs. Nr. 76, (1997), S. 58

 

 


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