Geschichte muss Stellung beziehen

Zum Tod des amerikanischen Historikers Fritz Stern

Als Sohn jüdischer Eltern im Jahr 1926 in Breslau geboren, floh Fritz Stern mit seiner Familie 1938 vor den Nationalsozialisten in die USA. Dort studierte er Geschichte und wurde 1953 mit einer Arbeit über radikalnationalistische Strömungen im Deutschland des 19. Jahrhunderts promoviert.

Im Mittelpunkt von Sterns Forschungen standen die kulturelle und politische Entwicklung Europas, insbesondere Deutschlands des 19. und 20. Jahrhunderts. So machte er das Versagen der deutschen Eliten für den Aufstieg des Nationalsozialismus verantwortlich. Mit Deutschland versöhnt hat ihn Mitte der 1950er-Jahre die Begegnung mit den Widerstandskämpfern des 20. Juli 1944.

Zusammen mit Helmut Schmidt, mit dem Fritz Stern eine Freundschaft verband, veröffentlichte er 2010 einen Gesprächsband, in dem sie über die Ursachen von Nationalsozialismus und Holocaust, aber auch über aktuelle Entwicklungen diskutierten.

Fritz Stern warnte angesichts des Rechtsrucks in Europa in den vergangenen Jahren vor einem Zeitalter der Angst und neuer autoritärer Systeme. Dagegen rief er dazu auf, so 2010 auf der Tagung "Europa – Kontinent der Versöhnung?" der Friedrich-Ebert-Stiftung in Warschau, "das, was in der zerbrechlichen Gemeinschaft dieses Kontinents [...] erreicht wurde", wertzuschätzen und zu beschützen – "und zwar durch Besonnenheit und Hingabe, durch aktives Handeln" (nachzulesen in der Tagungsdokumentation, PDF).

Die FES wird Fritz Stern ein ehrendes Andenken bewahren. Dies gilt für sein wissenschaftliches Werk wie für seine politischen Interventionen.

nach oben